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Hütet euch vor Orks oder war Tolkien ein Rassist?

Begonnen von Maria, 10. September 2019, 13:20:56

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AlpakaAlex

Zitat von: Amanita am 03. Oktober 2019, 17:11:29
Da sollte doch durchaus noch eine Differenzierung möglich sein zwischen tatsächlich unterdrückten Gruppen, deren Kultur systematisch zerstört wurde, wie beispielsweise bei den amerikanischen Ureinwohnern und anderen, die mächtige eigene Staaten haben und Deutschland gegenüber in der internationalen Politik auf Augenhöhe auftreten, oder eher überlegen sind wie Japan, China und Indien.
What the ... Sorry, aber Indien als Land, das auf Augenhöhe behandelt wird? Ich bitte dich! Indien ist eins der Länder, die Jahrelang unter der Kolonialisierung gelitten haben. Deren Kultur zu einem nicht unerheblichen Teil auch von der Kolonialisierung durch das britische Imperium massiv zerstört und verändert wurde. Die bis heute auch ausgebeutet werden von westlichen Ländern. Ja, Indien ist als Kultur international gesehen noch immer Unterdrückt. Und ich fange dabei gar nicht damit an, dass man willkürlich eine Grenze durch das Land gezogen hat, die bis heute Grund für Konflikte, die jederzeit zu einem Krieg führen könnten, ist.

Und auch mit China. Chinesen haben massiv unter Kolonialisierungsversuchen gelitten und auch das zeigt sich noch bis heute in der Gesellschaft. Ich sage nur Opium-Kriege. Ja, China wurde nicht so weitläufig kolonialisiert, wie andere Länder, wurde aber dennoch massiv angegriffen in der Gier nach Land, Wohlstand und - in diesem Fall - Tee.

Und Japan ... nun, Japan ist ein komplizierter Fall. Denn ja, Japan wurde nie selbst kolonialisiert und hat stattdessen Jahrhunderte lang selbst Kolonialisierung betrieben, was ja immerhin auch eins der Themen im zweiten Weltkrieg gewesen war. Japans Rolle ist nicht passiv. ABER dennoch wurde durch ... wie soll man es nennen? ... frühen Neokolonialismus ein großer Teil der japanischen Kultur zerstört. Das war kein Kolonialismus mit Menschen und Gewalt, sondern ein kultureller Kolonialismus, der in den Köpfen stattgefunden hat. Die Meiji-Restauration, die sich enorm auf die japanische Kultur ausgewirkt hat, war nicht etwas, bei dem man sich so dachte: "Och, ja, seien wir einfach mal mehr wie der Westen", sondern entstand durch sanften Zwang, nämlich indem man Japan bedrohte es vom Handel, als dieser immer wichtiger wurde, abzuschneiden.

Es ist nun einmal so: Es gibt sehr wenig Länder auf der Welt, die nicht zu irgendeinem Zeitpunkt von europäischen Mächten (also speziell Großbritannien, Spanien, Portugal, Frankreich, Belgien, Niederlande oder Deutschland) gelitten haben und deren Kultur nicht zwanghaft in Teilen Unterdrückt oder verändert wurde durch diese Mächte oder eben später dann den USA.

Es gibt durchaus weiße Länder, die daran eher weniger beteiligt waren, aber es gibt kaum nicht-weiße Länder, die nicht direkt oder indirekt davon betroffen waren und deren Bewohner nicht bis heute rassistische Diskriminierung erfahren. Und genau das ist nun einmal der Punkt: Diese Kulturen werden in unseren Medien wieder und wieder (bis heute) missrepräsentiert. Mal mit rassistischer Absicht, mal weil sich ein wenig aufgeklärter Nerd denkt, er könnte diese Kultur als cooles exotisches Setting nutzen. Aber in allen Formen ist es eben Rassismus, der dadurch weitergetragen wird.

Die Sache ist nun einmal, dass es für uns sehr schwer ist, dies emotional nachzuvollziehen, wie es ist, wenn die Medien, die die Welt beherrschen (denn ja, auch wenn es natürlich international immer eigene Medien gibt, sind es doch vor allem die aus dem englischsprachigen Raum, die international verbreitet werden) deine Kultur als Klischee darstellen, dich prinzipiell als monströsen Bösewicht darstellen und all das. Weil wir nun einmal im weitesten Sinne der Kulturkreis sind, von dem es aussieht.

Und nein, wir behandeln China und Indien definitiv nicht auf Augenhöhe. Auch politisch nicht.
 

Alana

#181
Was Austausch und Aneignung angeht: stell dir doch nur mal vor, du wärst in Indien und würdest von einer Frau in ihr zu Hause eingeladen, es würde ein echter Austausch auf Augenhöhe stattfinden und am Ende des Abends würde sie dir einen ihrer Saris schenken. Ich denke, du würdest niemals auf die Idee kommen, diesen Sari auf einer Faschingsparty zu tragen. Du hättest zu viel Respekt davor, um ihn wie ein normales Faschingskostüm zu behandeln. Und genau das ist für mich das Ergebnis von echtem Austausch. Gegenseitiger Respekt.
Alhambrana

FeeamPC

#182
Mag sein, dass wir die Chinesen und Inder nicht auf Augenhöhe sehen. Zumindest die Chinesen tun das mit uns aber genauso viel oder  wenig. Für die sind wir dieses ungehobelten Barbaren aus dem Westen, deren Know-How man sich sichert, um sie danach in die Tasche zu stecken. Und dieses Denken ist nicht mal so unberechtigt, sie haben uns ein paar Jahrtausende kultureller Entwicklung voraus und hätten schon einmal die Möglichkeit gehabt, die Welt zu beherrschen.
Und was die gegenseitige Kolonisation und Herabsetzung anderer Länder und Völker angeht- das ist durch die ganze Geschichte hindurch bei allen Völkern passiert. Auch wir waren mal am anderen Ende der Kolonial-Skala (zugegeben etliche Jahrhunderte her).  Wenn man die Zeiträume lang genug wählt, relativiert sich alles. Wir sitzen heute auf unserer relativ kleinen Zeitinsel und betreiben Nabelschau.
Nein, ich befürworte die Kolonialzeit nicht. Aber ich sehe sie auch nicht als absolutes Hindernis für eine friedliche, wohlwollende Mischung von Kulturen. Und auch wenn es nicht immer nach eurem Denken richtig ist, was andere Leute machen, solltet ihr wenigstens akzeptieren, dass es ohne böse Absichten erfolgt. Wie heißt es so schön in der Bibel (die durchaus in vielem Recht hat): Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.

P.S.: Diese Diskussion hat mich weit gebracht, wenn ich jetzt schon mit der Bibel argumentiere ...

Angela

ZitatMag sein, dass wir die Chinesen und Inder nicht auf Augenhöhe sehen. Zumindest die Chinesen tun das mit uns aber genauso viel oder  wenig. Für die sind wir dieses ungehobelten Barbaren aus dem Westen, deren Know-How man sich sichert, um sie danach in die Tasche zu stecken.
So ist es. Wir mögen ja unsere Überheblichkeit anderen gegenüber ablegen wollen, aber andere haben absolut nicht das Problem uns gegenüber.

Alana

#184
Was die böse Absicht angeht:

Tolkien war ein Mann seiner Zeit. Er wusste nichts von dieser Diskussion, weil sie damals noch nicht geführt wurde und es die Vokabeln, mit der wir sie heute führen, noch gar nicht gab. In seinen Büchern gibt es dafür einiges, das man ihm durchaus positiv anrechnen kann (Diversität im engen Rahmen seiner Zeit, Bemühung um Völkerverständigung und durchaus drunterliegende Themen wie Rassismus z.B. zwischen Zwergen und Elfen). Tolkien hat nicht mit böser Absicht rassistische Motive reproduziert, da bin ich sicher. Und ich bin auch absolut der Meinung, dass man das in der Diskussion berücksichtigen muss. Das bedeutet aber nicht, dass man die Bücher nicht als Diskussionsgrundlage z.B. für internalisierten Rassismus heranziehen sollte.

Wenn nun aber ein Autor heutzutage mit dem Thema Diversität konfrontiert wird, und immer noch sagt: "ach, das geht mich nichts an, ich reproduziere alles wie früher, ich meine es ja nicht böse" dann finde ich das zumindest merkwürdig.

Zitat von: Angela am 03. Oktober 2019, 19:13:07
ZitatMag sein, dass wir die Chinesen und Inder nicht auf Augenhöhe sehen. Zumindest die Chinesen tun das mit uns aber genauso viel oder  wenig. Für die sind wir dieses ungehobelten Barbaren aus dem Westen, deren Know-How man sich sichert, um sie danach in die Tasche zu stecken.
So ist es. Wir mögen ja unsere Überheblichkeit anderen gegenüber ablegen wollen, aber andere haben absolut nicht das Problem uns gegenüber.

Puh und da muss ich gestehen, musste ich erst mal ziemlich schlucken. Ich finde solche Aussagen ziemlich krass, vor allem vor dem Hintergrund, dass mit genau solchen Argumenten im dritten Reich Hetze gegen die Juden betrieben wurde. Es ist einfach nicht richtig, ein ganzes Volk über einen Kamm zu scheren und genau das ist Rassismus. Wie viele Chinesen kennt ihr persönlich? Glaubt ihr wirklich, dass wir hier in Mitteleuropa die einzigen sind, die uns Gedanken darüber machen, unsere Mitmenschen nicht zu verletzen? Ich finde solche pauschalisierten Aussagen ehrlich gesagt ziemlich furchtbar und überhaupt nicht hilfreich. Außerdem glaube ich auch wirklich nicht, dass das stimmt.
Alhambrana

FeeamPC

Lies bitte mal genau, was ich geschrieben habe:
genauso viel oder genauso wenig.
Wenn das pauschalierend ist, ist es deine Beurteilung auch (und jetzt bin ich echt sauer. Wenn ihr schon Worte klauben müsst, dann bitte genau!)

AlpakaAlex

Zitat von: FeeamPC am 03. Oktober 2019, 18:38:30
Mag sein, dass wir die Chinesen und Inder nicht auf Augenhöhe sehen. Zumindest die Chinesen tun das mit uns aber genauso viel oder  wenig. Für die sind wir dieses ungehobelten Barbaren aus dem Westen, deren Know-How man sich sichert, um sie danach in die Tasche zu stecken. Und dieses Denken ist nicht mal so unberechtigt, sie haben uns ein paar Jahrtausende kultureller Entwicklung voraus und hätten schon einmal die Möglichkeit gehabt, die Welt zu beherrschen.
Und das ist natürlich total ungerechtfertigt, wenn man bedenkt, was im Rahmen des Kolonialismus alles passiert ist, ne? Aber ja, über so ein wenig Genozid sollte man natürlich schnell hinwegsehen. Genau so wie über einen Plan, einfach die Bevölkerung eines halben Landes Drogenabhängig zu machen.

Und wir sollten auch nicht vergessen, wie die reichen, westlichen Ländern noch bis vor sehr kurz China behandelt haben: Als Müllhalde. Als Quelle für billige Arbeitskräfte. Was auch unter anderem Ursprung von der Bootleg-Kultur ist - immerhin ist vieles davon ohnehin für einen Hungerlohn in China produziert. Dadurch kamen die ganzen Pläne und dergleichen schon durch China durch, weil es da produziert wurde. Diverse Bootlegs wurden von denselben Leuten produziert, die auch die Fabriken im Auftrag des Westen geführt haben.

China musste in der Weltwirtschaft überleben. Die politischen historischen Entwicklungen in China hängen sehr eng mit den Einflüssen des Westens und der Kontrolle des Westens über die Weltwirtschaft zusammen.

Davon abgesehen ist es nun einmal wie Alana sagt: Es stimmt einfach nicht, dass China auf die Art mit dem Westen umgeht, wie anders herum.

Zitat von: FeeamPC am 03. Oktober 2019, 18:38:30
Und was die gegenseitige Kolonisation und Herabsetzung anderer Länder und Völker angeht- das ist durch die ganze Geschichte hindurch bei allen Völkern passiert.
Nein. Das ist einfach nur falsch. Das ist, als würdest du sagen: "Ja, aber andere Länder hatten ja auch Gefangenenlager", wenn es um den Holocaust geht. Der westliche Kolonialismus war (und ist) pure Form von kultureller Gewalt. Er ging mit mehreren Genoziden einher. Diverse Kulturen, die es nicht mehr gibt oder die man explizit versucht hat auszulöschen. Sklaverei. Komplette Umgestaltung der Kulturen und Länder. Entmachtung von Regierungen und Ersetzung durch Marionetten (etwas, das bis heute stattfindet). 

Und das schlimmste: Es wurden so gut wie keine Reperationen gezahlt. Und diverse kulturell wichtige Schätze befinden sich noch immer in den Händen der Kolonialkulturen. Bekanntestes Beispiel sollten die Kronjuwelen "von England" sein, von denen ein Teil ursprünglich Indie gehörten und auch da ein wichtiger kultureller Bestandteil waren.

Und das ist ohne auf Dinge, wie Eugenie und Rassenlehre zu sprechen zu kommen - erneut, etwas, das diverse Leute bis heute verbreiten und was bis vor nicht allzu langer Zeit an diversen Schulen, auch in Deutschland,  unterrichtet wurde. Nicht zu vergessen die bis heute anhaltende systematische Benachteiligung von nicht-weißen Menschen in vielen Feldern (auch international, da der Westen nun einmal den globalen Markt beherrscht und damit weiterhin auch politisch andere Länder kontrollieren kann). 

Kulturelle Aneignung ist ein Teil von dieser noch immer anhaltenden post-kolonialen Unterdrückung.

Zitat von: FeeamPC am 03. Oktober 2019, 18:38:30
Aber ich sehe sie auch nicht als absolutes Hindernis für eine friedliche, wohlwollende Mischung von Kulturen.
Wenn du einfach Aspekte aus einer anderen Kultur verwendest, dann ist daran nichts wohlwollend oder friedlich. Es ist eine Form von Diebstahl. Ein kultureller Austausch ist eine Sache, aber das hier ist kein Austausch. Denn Austausch würde, wie schon gesagt, brauchen, dass beide Seiten dieselbe Position haben. Doch das ist weiterhin nicht der Fall.

Und es ist nun einmal, wie Evanesca schon sagte: Es geht nun einmal auch darum, dass sich Dinge angeeignet werden, die man angehörigen der Kultur verboten, gestohlen oder anders verhindert hat.

Am Ende sind die Kulturen selbst diejenigen, die entscheiden, inwieweit und in welchem Kontext es okay ist, dass jemand anderes Aspekte und Artefakte ihrer Kultur benutzt.
 

Alana

@FeeamPC

Ich habe das hier gelesen:

ZitatFür die sind wir dieses ungehobelten Barbaren aus dem Westen, deren Know-How man sich sichert, um sie danach in die Tasche zu stecken.

Und darauf habe ich mich bezogen. Das wird durch den Satz davor in meinen Augen auch nicht relativiert. Tut mir leid, dass du sauer bist. Es geht mir nicht ums Anprangern oder Wortklauben. Die Aussage lag mir einfach wirklich schwer im Magen, vor allem, weil ich mir sicher bin, dass du das nicht so meinst, wie es bei mir wahrscheinlich ankam, aber genau das ist eben der Kern des Problems.

Ich glaube, ich ziehe mich jetzt hier zurück, das schlägt mir zu sehr aufs Gemüt.
Alhambrana

Silvia

#188
Mal eine Verständnisfrage - was ist denn das dann, wenn Länder/Regionen Feiern und Traditionen von woanders übernehmen? Halloween und Weihnachten sind ja inzwischen rund um den Erdball gewandert, das Oktoberfest wird neuerdings auch in Dresden und Frankfurt Oder gefeiert, dieses Farbenfest aus - Indien? - gabs schon in Berlin ... ist das jetzt auch Aneignung fremder Kultur, rassistisch und diskriminierend? Oder nicht eher a) gutes Marketing, man verdient ja nicht schlecht damit und b) den Leuten gefällts!

FeeamPC

@NelaNequin : Wo, bitte, habe ich Kolonialismus oder gar Konzentrationslager gerechtfertigt? Ich habe lediglich festgestellt, dass sich so etwas wie ein roter Faden durch die ganze Menschheitsgeschichte zieht. Vor 2000 Jahren waren wir die Kolonialisierten, denen man mit Gewalt kam, 1900 Jahre später haben wir es umgekehrt gemacht. Beides nicht richtig. Aber beides kein absolutes hindernis dazu, dass sich Menschen auch friedlich vertragen können oder?
Obwohl mich gerade unsere Diskussion daran zweifeln lässt, denn mir scheint, ihr wollt missverstehen, was ich meine.

Also, noch einmal ein letzter Versuch: Ihr seht das zu absolut. Zu schwarzweiß. Wir Menschen sind nicht so. Weder unsere Biologie, noch unsere Geschichte, noch unser Wissen, noch unsere Gefühle. Es gibt Graustufen von falsch und richtig dazwischen, und diese Graustufen sind unendlich viel häufiger als ganz schwarz und ganz weiß. Das nämlich sind nur genau zwei Möglichkeiten. Von tausenden.
Ich versuche, in diese Diskussion einzubringen, dass wir alle mit diesen Graustufen leben müssen, weil wir die menschliche Art nicht einfach ändern können. Dass da vielen schiefgeht, im Argen liegt, ist leider so, aber ihr ändert es nicht durch einen empörten Aufschrei, sondern nur durch leise, kleine Schritte der Überzeugungsarbeit.
Ja, ich kann einen Staudamm, der ein schönes Tal ertränkt, sprengen und das Tal wieder freilegen- und in Kauf nehmen, dass hunderte von Menschen dabei zu Schaden kommen. Oder aber ich gehe hin und hole das Wasser Eimer für Eimer raus. Dauert länger, sieht manchmal so aus, als ob nichts passiert, aber das Wasser wird trotzdem weniger. Und ich richte unter dem Damm weniger Schaden an. (Oberhalb ist der Schaden eh schon passiert, als das Tal geflutet wurde, dagegen hilft auch keine schnelle Sprengung).

Habe ich mich dieses Mal verständlich ausgedrückt?

Trippelschritt

#190
@ Alana, aber auch an alle anderen

Nur zum allgemeinen Verständnis: Wenn man generalisiert: die Deutschen, die Amerikaner, die Chinesen etc. kann das nicht jeden einzelnen der entsprechenden Gruppe eineziehen. Heißt es nicht: Keine Regel ohne Ausnahme. Aber wenn man eine Generalisierung so scharf versteht, dass sie keine Ausnahmen zulässt, dann kann man gar keine Aussagen mehr über Gruppen treffen.

Für die Chinesen vor Mao, war das Reich der Mitte davon überzeugt, dass sie die Kultur erfunden hatten und der Rest der Welt qaus Barbaren bestand. Dass ausgerechnet diese Barbaren dann die besseren Waffen hatten und ihre Kutlur in die Knie zwang, hat dieses stolze Volk sehr geschmerzt. Und auch heute ist diese Haltung noch überall in China zu finden. Dort gilt wer, der Macht und Ansehen hat und der Stärkere ist. Das ist das Prinzip hinter "Gesicht haben". Es ist nicht mehr ganz so schlimm wie früher, und  - ja - der westliche Einfluss bringt neue Ideen, aber mit Freundlichkeit allein kommt man in China nicht weiter. Es ist jetzt zwar schon fast 20 Jahre her, dass ich das letzte Mal in China war, aber das hat sich kaum geändert. (In HongKong war ich auch später noch mal.) In China gibt es zwei Arten von Lachen, die Langnasen nur schwer auseinanderhalten können. Chinesen können sehr lustig sein und lachen gerne. Aber sie lachen auch gerne andere aus. Und wer sich das gefallen lässt, hat jeden Respekt verloren.

China ist so anders als Europa, dass es für uns nur sehr schwer zu verstehen ist. Aber trotz allem, es trieb mich immer wieder dorthin und bei jedem Besuch traf ich neue Freunde und Kollegen und auf die alten Spielchen. Könnt Ihr Euch vorstellen, dass in Deutschland ein Deutscher einem chinesischen Geschäftsmann auf einem internationalen Flughafen mangelnden Anstand vorwirft? Kann euch passieren in Beijing oder sonst wo. Andererseits saß ich einmal mit vier  Chinesen in einem deutschen Zugabteil. Die würdigten mich keines Blickes, aßen in "chinesicher" Art (schmatzend und schlürfend und den Abfall auf den Boden werfend). Als ich aussteigen musste, wünschte ich den Herren noch eine schöne Fahrt. Keine Ahnung, ob sie mich verstanden, aber der Kern meiner Botschaft war klar. Die vier Herren verbeugten sich tief (im Sitzen) und zeigten ein herzliches Lächeln, denn jemand aus dem Gastland hatte ihnen Ehre angetan, die sie nun zurückgaben.

Ich habe ein ganzes Fass an Anekdoten aus meiner beruflichen Tätigkeit. Warum ich das hier erzähle? Ganz einfach. Bevor man sich nach einem Menschen aus einem ganz anderen Kulturkreis richtet, muss man diesen Kulturkreis erst einmal erlernen. Und wenn man ihn erlernt hat, braucht man nur noch ganz allgemein Respekt vor dem anderen zu haben. Über die dann noch auftretenden Missverständnisse kann man dann gemeinsam lachen. Generalisierungen können auch anders herum falsch sein. "Die Chinesen sind gar nicht so. das glaube ich nicht" Oder Ähnliches.

Die FeeamPC hat im Großen und Ganzen schon Recht mit ihren Äußerungen. Wenn es einen Vorteil verspricht, versuchen diese Leute einen erst einmal über den Tisch zu ziehen. Nehmt es sportlich, wenn es ihne gelingt.

Liebe Grüße
lTrippelschritt

AlpakaAlex

Zitat von: Silvia am 03. Oktober 2019, 21:15:07
Mal eine Verständnisfrage - was ist denn das dann, wenn Länder/Regionen Feiern und Traditionen von woanders übernehmen? Halloween und Weihnachten sind ja inzwischen rund um den Erdball gewandert, das Oktoberfest wird neuerdings auch in Dresden und Frankfurt Oder gefeiert, dieses Farbenfest aus - Indien? - gabs schon in Berlin ... ist das jetzt auch Aneignung fremder Kultur, rassistisch und diskriminierend? Oder nicht eher a) gutes Marketing, man verdient ja nicht schlecht damit und b) den Leuten gefällts!
Das ist es ja, worum es hier geht: Es geht um den Kontext. Wenn in anderen Ländern bspw. Oktoberfest gefeiert wird, dann schadet es Deutschland nicht, da Deutschland eins der mächtigsten Länder der Welt ist - und dabei oftmals auch noch einen Teilgewinn macht, da oftmals deutsches Bier auf diesen Internationalen Immitagen ausgeschenkt wird.

Und Halloween und Weihnachten sind sowieso noch einmal eine komplett andere Sache, da diese oft anderen Kulturen aufgezwungen wurden. Im sanftesten Fall wurden sie einfach durch die Besiedlung und das Feiern dort übernommen. Dann war es kultureller Austausch und nicht einfach Übernahme einseitiger Natur. (Was bei Halloween eher die Frage ist, inwieweit wir über die frühe Christianisierung und Samhain sprechen müssen. Das hängt durchaus mit dem Thema zusammen, hatte damals jedoch noch einmal einen anderen Kontext.)

Was das Farbenfest angeht, muss ich sagen, dass ich nicht weiß, was die kulturelle Bedeutung davon ist und wie die Ausübung in anderen Ländern konzeptuell und durch andere kulturell signifikanten Eigenschaften daran angelehnt ist - und natürlich ob dies ein aktiver Versuch ist, davon zu profitieren, wie Deutschland halt nun einmal oft an Oktoberfesten profitieren kann.

Aber wie gesagt: Die beste Daumenregel ist "Wenn eine kolonialisierte Kultur Aspekte einer kolonialen Kultur übernimmt, dann ist es meist harmlos, da kein Schaden existiert. Übernimmt eine kolonialkultur Aspekte einer kolonialisierten Kultur, entsteht oftmals Schaden, weshalb es mit Vorsicht zu betrachten ist."

Zitat von: FeeamPC am 03. Oktober 2019, 21:15:37
@NelaNequin : Wo, bitte, habe ich Kolonialismus oder gar Konzentrationslager gerechtfertigt?
Ich habe nichts davon gesagt, dass du es gerechtfertigt hast. Ich habe gesagt, dass du es lächerlich verharmlost. Und das tust du, wenn du sagst "Na ja, es gab vorher auch Kolonialisierung." Ja, auch andere kulturen haben Kolonialisiert. Aber keine andere Kultur hat dies auf eine nur annährend so zerstörerische und kriegerische Art auf einer auch nur annährend so großen Skala getan, wie Europa den Rest der Welt kolonialisiert hat. Und der Schaden dauert bis heute an. Kolonialisierung dauert bis heute an.

Kulturelle Aneignung, in der kritisierten Art, ist ein Teil davon. Es ist ein Teil der Kolonialisierung. Da gibt es keine Graustufen. Du leidest nicht darunter. Und so wie du redest, hast du auch nie mit jemanden gesprochen, der unter kultureller Aneignung leiden musste. Auch an dem Leid ist kein Grau. Es ist Leid. Und wer an kultureller Aneignung teilnimmt, der richtet Leid an.

Du musst lernen, dich auch einmal eine andere Perspektive einzulassen, als deine eigene. Lese Bücher, idealerweise Bücher, die nicht von weißen Menschen geschrieben wurden, über Kolonialismus und Rassismus. Weil wenn eine Sache, aus sämtlichen deiner Beiträge herausspricht, dann, dass du nie aus der weißen Perspektive herausgegangen bist.
 

Trippelschritt

#192
Zitat von: NelaNequin am 03. Oktober 2019, 21:42:55

Ich habe nichts davon gesagt, dass du es gerechtfertigt hast. Ich habe gesagt, dass du es lächerlich verharmlost. Und das tust du, wenn du sagst "Na ja, es gab vorher auch Kolonialisierung." Ja, auch andere kulturen haben Kolonialisiert. Aber keine andere Kultur hat dies auf eine nur annährend so zerstörerische und kriegerische Art auf einer auch nur annährend so großen Skala getan, wie Europa den Rest der Welt kolonialisiert hat. Und der Schaden dauert bis heute an. Kolonialisierung dauert bis heute an.

Du musst lernen, dich auch einmal eine andere Perspektive einzulassen, als deine eigene. Lese Bücher, idealerweise Bücher, die nicht von weißen Menschen geschrieben wurden, über Kolonialismus und Rassismus. Weil wenn eine Sache, aus sämtlichen deiner Beiträge herausspricht, dann, dass du nie aus der weißen Perspektive herausgegangen bist.

Ich respektiere Deine Leidenschaft. Vielleicht ist auch Verzweifelung dabei, dass Du anderen immer wieder sagst, was sie zu tun und zu lassen haben. Jedenfalls springt mich das aus so vielen Deiner Beiträge an. Aber trotzdem. Es stimmt nicht, was Du behauptest. Die größten Kolonialisierungen kamen nicht aus Europa, sondern aus dem nahen Osten. Erst mit Alexander und dann später mit den Römern wurde Europa aktiv. Und die Römer kolonisierten nebenbei auch noch einen großen Teil der Germanen.

Liebe Grüße
Trippelschritt

FeeamPC

Nur soviel, @NelaNequin , ich hatte bereits mit dem AIM (American Indian Movement) zu tun, als du vielleicht noch nicht einmal geboren warst. Ich unterstütze die Gesellschaft für bedrohte Völker seit Jahrzehnten. als ich (vor 60 Jahren! im Kindergarten war, hatte ich bereits eine japanische Freundin dort, deren Familie bei uns im Haus ihre Wohnung hatte (und deren eigene, japanische Mutter ihr zu Fasching einen Kimono anzog), wir hatten 30 Jahre später in unseren Mütterzentrum multikulturelle Gruppen, in denen unsere Kinder bereits vor dem Kindergarten fremde Sprachen lernen konnten, ich habe in meiner Familie und meinem Bekanntenkreis alle Varianten von körperlicher und geistiger Behinderung oder Erkrankung, die du dir vorstellen kannst (schon mal in Bethel gewesen?), plus meine täglichen Erfahrungen und der Apotheke, und meine  ziemlich multikulturelle Famile ist mittlerweile von Honkong bis Brasilien über die ganze Welt verteilt, inklusive diverser Mischehen verschiedener Ethnien. Also unterstelle mir bitte nicht, ich würde mir darüber zu wenig Informationen holen.
Ich habe nur inzwischen lange genug gelebt, um zu lernen, dass es mit jugendlichem Idealismus nicht soviel zu reißen gibt, wie man gerne möchte, und dass zu Toleranz auch gehört, das Nicht-Können anderer Menschen zu akzeptieren und sie nicht missionieren zu wollen.

Silvia

Zitat
Du musst lernen, dich auch einmal eine andere Perspektive einzulassen, als deine eigene.

...
Du auch.
...

Echt, ich weiß bei dieser Diskussion nicht mehr, was ich noch schreiben soll. Wir kommen nicht zueinander.