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Grammatikalische Kleinigkeiten

Begonnen von Ratzefatz, 21. November 2007, 06:23:44

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Blaurot

"Ich wünsche mir..." steht im Präsens Indikativ, also wünschst du es dir (und denkst dabei vermutlich auch, dass es möglich ist, es zu bekommen)

"Ich wünschte mir..." steht im Präteritum Indikativ (in der Vergangenheit hast du dir etwas gewünscht, was vermutlich auch möglich war) oder im Konjunktiv 2 (zwar würdest du es dir wünschen, aber du weißt selbst, dass es unmöglich ist).

Oder?

Coppelia

#886
Ohne Gewähr und eigentlich für die ganze Sache auch nicht wichtig, aber mich hat das gerade an eine Sache erinnert, die ich während des Studiums gelernt habe: Das mittelhochdeutsche Wort "wellen" (wollen) benutzt teilweise den Konjunktiv/Optativ als Ersatzformen des Indikativ Präsens. Optativ heißt der Wunschmodus, der im Deutschen, soviel ich weiß, keine eigenen Formen (mehr?) hat, sondern Konjunktivformen benutzt. Der Ausdruck des Wunsches selbst führt dazu, dass der Wunschmodus benutzt wird. Unser Wort "wollen" hat bis heute ein paar von diesen Formen. Ich habe den Verdacht, dass es mit "wüschen" im Neuhochdeutschen genauso sein könnte. Die Bedeutungen sind ja sehr ähnlich. So erklärt sich vielleicht, dass man häufiger "ich wünschte" anstelle von "ich wünsche" sagt, was ja eigentlich grammatisch logischer ist. Es könnte ein Optativ mit der grammatischen Form eines Konjunktivs sein.
Aber ob das stimmt, kann euch wohl nur ein richtiger Sprachwissenschaftler sagen. 

flowrite

Wenn eine Fee vor mir flatterte und mir drei Wünsche frei gäbe, könnte ich sagen: "Ich wünsche, dass ich sein kann wie sie" Niemals könne, da sehe ich einen Franzosen vor mir, der Deutsch als Fremdsprache lernt und versucht, eloquent zu reden, dazu auf Gedeih und Verdeib seinen subjonctif in unsere Grammatik zwingt.
Fortan hätte ich die Fähigkeit, ihr hinsichtlich Aussehen und Verhalten aufs Haar zu ähneln, von der ich nach Belieben Gebrauch machen könnte, wann immer mir danach ist. Da es nun aber weder eine Fee gibt, noch irgend eine andere Möglichkeit, den Wunsch wahr werden zu lassen, und ich auch nicht scharf darauf bin, dass der Leser/Hörer mich für einen Esoheini hält, für den Wünsche ans Off bei günstiger energetischer Konstellation grundsätzlich erfüllbar sind, muss ich beide Satzteile in den Konjunctiv II (irrealis) setzen.

Noch mal kurz zum Können: Handelt es sich um die gewünschte Fähigkeit tatsächlich darum, sich in sie quasi zu verwandeln und wieder zurück, nach Lust und Laune umzuschalten also, dann ist das ja legitim. Sonst, wär es ein Wunsch nach einem Dauerzustand, würde ich ganz natürlich ohne Können schreiben: "Ich wünschte, ich wäre sie" oder vornehmer "ich wünschte, sie zu sein" oder, je nach Kontext, "Ach, wär ich doch sie."

Thaliope

#888
Ha, dank Flowwrite hab ichs endlich kapiert.

Mir war die ganze Zeit klar, dass "wünschte" in diesem Ausdruck nicht Vergangenheit ist, sondern Konjunktiv II, aber ich wusste nicht, warum. Und dank der Ausführung hab ichs kapiert:

Der Indikativ würde stehen, wenn wir im Märchen wären, wenn der Wunsch in Erfüllung gehen könnte. Ich wünsche, ich könnte wie sie sein, wäre eine Sprechhanldung, die diesen Wunsch tätigt.
Im "Ich wünschte" schwingt dann die entzauberte Realität mit: Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich mir wünschen, ich könnte wie sie sein. Aber wir wissen ja alle, dass das nicht geht.

Deshalb ist das "wünschte" richtig, und das "könnte" sowieso, weil das ja erst recht irreal ist.

EDIT: Das mit dem Optativ ist natürlich auch noch eine Variante, fällt mir auf. Aber an der richtigen Form des Satzes ändert es nichts ;)

Ryadne

Vielen Dank für die Einschätzungen und eure Ausführungen. Dass "wünschte" Konjunktiv II sein müsste, war mir zwar auch noch klar, aber begründen konnte ich es nicht. ;)

Ary

Konjunktivproblem...
Ich schrieb: "Ihr war als läge das Gewicht des gesamten Berges auf ihr"
Lektor macht daraus: "Ihr war als liege das Gewicht..."
Ich bin verwirrt. Ich halte meins für richtig. Geht eventuell beides? Dann würde ich nämlich gern meins behalten, weil esmir vom Sprachgefühl her besser gefällt.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Thaliope

Hab ich neulich nochmal ausgiebig gelernt :)
Läge ist richtig, Konjunktiv II, weil nicht real.

Ary

Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Nycra

Für mein Gefühl ist "läge" richtig, weil "liege" der Konjunktiv im Präsens ist und nicht im Präteritum.

@Thaliope war schneller.

Sipres

Hi Leute, mal eine kleine Frage. Heißt es eigentlich "der Archipel" oder "das Archipel"? Laut Duden ist es maskulin, aber wenn man mal googelt, findet man eine Menge, wo es "das Archipel" heißt. Ich finde den neutralen Artikel persönlich ansprechender, will mich aber nicht zum Volldepp machen.

Sprotte

Google zeigt eben auch die ganzen Falschschreibungen. Das ist wie bei mir, ich will immer "das Apostroph" schreiben. Ist falsch, aber Gewohnheit ist drin. Das ist wie mit "schrieen" - ein Rechtschreibverbrechen, das sich durch Words Rechtschreibprüfung epidemisch vermehrt hat.
Wenn Duden maskulin sagt, nehmen wir maskulin.

Sipres

Dann werd ich "es" männlich machen. Danke, Sprotte.

chaosqueen

Yepp, der Archipel. :) Ist wie mit Katzenstreu, die wird durch ständige Wiederholung des falschen Artikels auch nicht zum Neutrum. ;)

(Beim Apostroph muss ich mich aber auch immer zur Raison rufen, weil ich ständig denke, es hieße "das Apostroph" *seufz*).

Lothen

Ihr Lieben, ich hab eine kurze Frage.

Es geht um das Wort "unverhofft", das mir ein Beta im Text angemerkt hat, weil er fand, dass ich das von der Bedeutung her nicht korrekt verwende. Jetzt bin ich selber ein bisschen verwirrt und bin mir einfach nicht sicher, ob er recht hat.

Hat "unverhofft" für euch eine positive Komponente (also etwas Gutes, das eintritt, ohne, dass man damit gerechnet hat). Ich persönlich empfinde es eher als Synonym für unerwartet oder überraschend, unabhängig davon, ob das Ereignis positiv, negativ oder neutral ist.

Wie seht ihr das?

Sprotte

Duden und ich stimmen mit Dir überein. Etwas Unverhofftes ist häufig sogar etwas, was man als sehr unwahrscheinlich empfindet, dass es noch eintreten kann. Aber eine wertende Komponente hat es nicht.