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Launischer Schreiberling

Begonnen von zDatze, 05. November 2007, 23:56:52

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zDatze

Um gleich zur Frage zu kommen (klingt vllt doof, aber egal):

Hattet ihr schon mal den Drang Geschichten/Romane zu schreiben, die sich stilisch und vom Erzählerischen unterscheiden wie Tag und Nacht?

Ich überlege grade etwas Neues anzufangen, einfach um ein bisschen Abwechslung reinzubringen, aber irgendwie macht sich die Geschichte selbstständig und will so gar nicht zu meinen bisherigen schriftlichen Ergüssen passen ...
Ein Sprung heraus aus meinen düstern Weltuntergangszenarien in mittelalterlicher Umgebung und hinein in eine moderne Welt durchsetzt mit Magie und Action.


@mods: wenn hier falsch bitte verschieben  :)

Grey

Hm. Meine Geschichten unterscheiden sich alle recht stark voneinander, sowohl vom Schreibstil als auch von den Settings her ... und ich habe kein Problem damit. Beantwortet das deine Frage? Bin mir nicht sicher ob ich verstehe was du meinst ...

Zitat von: zDatze am 05. November 2007, 23:56:52
@mods: wenn hier falsch bitte verschieben  :)

BTW, ich glaube nicht, dass es nötig ist, diesen Satz dazuzuschreiben. Wenn nötig, kommen die Mods da auch von ganz allein drauf ... ::)

Coppelia

Ja klar. Man nennt das "Vielseitigkeit". ;) Aber der Stilwechsel an sich ist einfach eine Sache, die jeder Schreiber beherrschen sollte, von flapsig zu pathetisch. Das gehört zum Handwerkszeug.
Aber wie das bei den Lesern ankommt, frag ich mich manchmal schon. Mein erster veröffentlichter Roman war schließlich tragisch und hochpathetisch, mit sehr ausgesuchtem Stil. Der, an dem ich jetzt schreibe, ist derb, lustig und flapsig erzählt. Ob das die Leser nerven würde? Wenn ja, ist es ihr Pech. :P
Mir scheint fast, es treibt mich immer zu lustigen Büchern, wenn ich was Ernstes geschrieben habe. Aber mein Erzählstil hängt immer von der Hauptfigur ab.

Dorte

Ich mag vielseitige Autoren. Das ist es, was mich schon immer bei Neil Gaiman fasziniert hat - der hat die ganze Bandbreite von "Pratchett" bis "Steven King" drauf. ;) Man weiß bei einer Geschichte von ihm nie, was einen nun erwartet. Besonders schön ist das bei seinen Kurzgeschichten.
Ich finde, als Schreiberling schreibt und schreibt und schreibt man ja im Laufe seines Lebens wie blöde. Im eigenen Interesse muss man dabei unterschiedliche Dinge schreiben, sonst wird es einem wohl irgendwann langweilig.

Grey

Naja, wie Coppi schon sagte, es variiert auch stark mit den Charakteren. Al zum Beispiel *kann* überhaupt nicht pathetisch reden ... Man muss jedem schon seinen eigenen Sprechstil zugestehen, selbst wenn der nur über den Erzähler ausgedrückt wird.

zDatze

#5
Ich versuche es mal mit einem Beispiel:
Du ließt ein Buch von einem dir (noch) unbekannten Autor und es "mutiert" sehr schnell zu deinem Lieblingsbuch. Es ist witzig, zugleich aber auch ernst und einfach fantastisch erzählt -  einfach genial.
Wenn du also ein weiteres Buch von diesem Autor zwischen die Finger kriegst, rechnest du (mit gutem Grund) damit ein weiteres Lieblingsbuch entdeckt zu haben, doch es stellt sich als ein Reinfall heraus.  Es unterscheidet sich einfach extrem im Erzählstil von dem anderen Buch, obwohl es in einer ähnlichen Umgebung spielt.
Ich denke, in Autor sollte doch auch irgendwie einen wiedererkennbaren Stil haben.

Ok, ich sehe ein dass es einfach Geschmacksache ist, ob ein Buch gefällt oder nicht. (Bei diesem Thema hatte ich schon oft heftige Diskussionen mit einer Freundin, da ich ihre Lieblingsbücher oft nicht sonderlich spannend fand ... bin vllt zu anspruchsvoll^^)
Oder ich drehe generell meine Anforderungen runter, wenn ich ein weiteres Buch von demselben Autor lese.

Aber würdet ihr ein drittes Buch von diesem Autor dann noch ansehen, nachdem ihr einmal so enttäuscht wurdet?

Klar, jeder entwickelt sich weiter mit jedem Wort das er schreibt und Stillstand in dieser Entwicklung ist nicht wünschenswert. Nicht für den Leser und auch nicht für den Autor.

Manja_Bindig

Ein guter Stil zeichnet sich darin aus, dass er in der Basis konstant ist, sich aber dennoch flexibel dem Genre und dem Thema der Geschichte anpasst - entsprechend kann man zwar erkennen, dass eine Geschichte von mir ist, egal wie lang oder kurz sie ist, ob sie humoristisch ist, ein Drama oder weiß der Geier was - einige Merkmale sind immer wiederzufinden, mein Sinn für Humor(der überaus schräg ist, merkt man an meinen wenigen humoristischen Sachen), meine Vorliebe für leisere Töne, meine Angewohnheit, bei Bettszenen diffus zu schreiben, nicht ins Detail zu gehen - und vor allem die Tatsache, dass ich irgendwo zwischen auktorialem Erzähler und personalem Erzähler schwebe. Ich erzähle zwar aus auktorialer Perspektive(3. Person Einzahl), stehe aber immer neben einer bestimmen Person, aus deren Blickwinkel ich die Welt betrachte - und ab und an springe ich alle paar Absätze zwischen den Personen, betrachte ein paar Absätze lang die Welt nur aus einem Winkel, dann ein paar Absätze aus einem anderen - und lass alle anderen Winkel wegfallen. Das klingt verwirrend, aber bis jetzt habe ich noch keien Beschwerden gehört, deswegen bleibe ich dabei.
Das ist meine Basis, die wird sich nicht ändern. Maximal verfeinern und ausreifen.

Was sich immer wieder ändert:
Satzlänge, Zeitgefühl und Atem einer Geschichte(sind die Sätze abgehackt oder haben sie eine ausgewogene Länge?), Verwendung gewisser Stimmungsworte(um Stimmungen zu vermitteln), Einsatz von Beschreibungen - da bin ich wiederum sehr variabel. Das hängt auch davon ab, ob ich Fantasy schreibe, oder ob ich in der realen Welt ansiedle, ob es Fantastik ist oder weiß der Fuchs was. Das bestimmt Erszählstruktur, wie ich die Stränge der Handlung miteinander verbinde, etc... und eventuell auch, wie ich mit meinen hochgeschätzten dezenten Tönen umgehe. Ab und an muss ich eben auch mal meine Basis um Einsturz bringen und weniger angedeutet, als klar schreiben.
Wenn eine Geschichte sich wie die andere liest, hast du nämlich ein arges Problem, entsprechend sollte man bei einem gefestigten Stil bei seiner Thematik variabel sein.

Ich verstehe, was du sagen willst, zDatze, aber solche Fälle sind eher die Ausnahme als die Regel. Bei MArion Zimmer Bradley war es so, dass einige ihrer letzten Romane von Diana L. Paxon fertig geschrieben wurden und dabei hat Frau Paxon Bradleys Aufzeichnungen als Grundlage genommen - trotzdem lesen sich die "Ahnen von Avalon" extrem anders als die "Nebel von Avalon". Anderer autor, anderer Stil, extrem anderer Stil sogar.
Andererseits unterscheiden sich Bradleys "Darkover"-Romane sehr von den "Avalon"-Büchern. Von der Colin-McLaren-Reihe nicht zu reden und TRAPEZ läuft ja eh außer Rahmen. Aber seltsamerweise merkst du immer, dass es die Bradley war, die das geschrieben hat, weil eben eine gewisse Basis in dem stil steckt, die sich durch alle ihre Bücher zieht.

Ob ich bei deinem Beispiel-Autor noch ein Buch in die Hand nähme... hängt davon ab, ob er "Hohlbein" heißt. Dann nämlich garantiert nicht. :)

Grey

Schon klar, aber wie ich schon sagte, ist es meiner Ansicht nach viel wichtiger, ob der Erzählstil zu den Charakteren passt. Ist doch logisch, dass dir nicht jedes Buch von einem Autor gleich gut gefällt. Ist doch bei Musik genauso (und bei allen anderen Kunstformen eigentlich auch): Selbst von deiner allerliebsten Lieblingsband gefallen dir nicht alle Lieder gleich gut. Das heißt aber ja nicht, dass danach nichts mehr kommt, was man wieder supergenial finden kann. Die Fähigkeit, solche Bücher zu produzieren, wird der Autor wohl kaum verlieren.

Lynn

Ich denke, einen solchen Stilwechsel von einem Buch zum anderen kann sich nur ein gut eingeführter Autor mit treuer Fangemeinde erlauben. (und der vielleicht die entsprechenden Anlagen schon in vorhergehenden Büchern angedeutet hat)
Bei einem Neuling, der in seinem zweiten Roman einen ganz anderen Stil liefert, als bei seinem ersten, halte ich das für sehr gewagt. Wobei ich mir da gut vorstellen könnte, dass der Verlag da überhaupt nicht mitspielt. Immerhin hat er das zweite Buch - wie ein potentieller Leser auch - in der Annahme gekauft, dass er die gleiche Qualität / Stil wie bei dem Ersten bekommt. Wenn der Autor da dann mit einem vollkommen anderen Stil um die Ecke kommt - der im schlimmsten Fall noch nicht einmal mehr Zielgruppenkonform ist ...  :no: nee, ich glaube, das geht in die Hose.

Und ich muss Grey absolut rechtgeben: Der jeweilige Stil muss zu den Figuren passen.

Dreamcatcher

Also, auf mich trifft das auf alle Fälle zu. Mein allererster Roman spielte in einer erfundenen Frühzeit und war leicht phantastisch angehaucht. Mein nächster handelte von einer Gruppe von Leuten aus unserer Welt, die es in eine parallele verschlägt und der, an dem ich jetzt schreibe, ist eine Geistergeschichte, die in der Jetztzeit angesiedelt ist.
Meine Kurzgeschichten reichen von Fantasy über Horror bis zu SciFi oder Humor.

Ich finde, wandelbar zu sein ist gerade das tolle am Schreiben.^^

Coppelia

#10
Wenn man als Autor und Mensch auf mehreren Gebieten gut ist, wäre es sinnfrei und auch traurig, das Potential nicht zu nutzen, weil man denkt, man müsse bestimmte Erwartungen erfüllen. Wenn sich irgendwann mal herausstellen sollte, dass man es wirklich muss, kann man sich ja immer noch darum kümmern. ;) So ist jedenfalls meine Meinung.

Wobei ich wahrscheinlich auch beim Stilwechsel letztendlich meine Autorenschaft nicht verleugnen könnte, vermute ich. Dazu ist meine Vorliebe für die Perspektive "böser" Figuren zu ausgeprägt. Außerdem habe ich vermutlich eine typische Dialogführung und bestimmte Elemente, die bei mir häufig oder auch nie vorkommen ...
Mir gefällt es aber nicht, wenn man den Autor aus einem Text "heraushört". Wenn man nicht an den Autor denkt, solange man liest, das gefällt mir.

Wenn man ohne "krasse" und besonders individuelle Hauptfiguren schreibt, mag man den Schreibstil in unterschiedlichen Büchern unverändert lassen, aber der politisch engagierte, hochgebildete Philosophenmagier erzählt die Geschichte einfach anders als der halborkische Schläger oder der exotische naturverbundene Schwertkämpfer.
George Martin zeigt in seinem Wälzer, wie der Erzählstil wechselt, je nachdem, welche Figur gerade erzählt. Das junge Mädchen erzählt mit kindlichem Vokabular, der Zyniker bemerkt andere Dinge als der idealistische junge Mann ...

Lavendel

Ich finde ja eh, dass Bücher nicht auf Basis des Autorennamens bewertet werden sollten (was in den nächsten 200 Jahren wahrscheinlich nicht passieren wird^^). Wenn ich jetzt eine/n beliebige/n Literaturkritiker/in nehme und ihm/ihr einen neuen Roman von Stephen King gebe, aber einen ganz anderen Namen draufschreibe, wird das Buch wahrscheinlich anders bewertet, als wenn immer noch fett Stephen King auf dem Cover prangen würde.

Andererseits hat der Name natürlich einen enormen Einfluss auf die Verkaufzahlen, deshalb kann man ihn eben nicht einfach ignorieren  ::). Und ein bisschen eitel wär man da ja auch schon, oder?
Es ist nicht ohne Grund so, dass manche Autoren sich ein offenes Pseudonym zulegen. Wie John Banville zum Beispiel, der seit neustem Krimis als Benjamin Black schreibt. Man kriegt eben keinen typischen Banville, wenn man so einen Krimi liest und das sollen die Leser wissen. Beugt Überraschungen vor, ist aber gleichzeitig auch eine gute Marketingstrategie, weil ja alle, die Banville gerne lesen, wissen: Oh, der schreibt jetzt Krimis, da will ich doch mal sehen, wie die so sind.

Ich finde es aber enorm wichtig, dass man als Autor/in eine gewisse Wandlungsfähigkeit an den Tag legt. Nichts ist langweiliger, als einer Geschichte unter den Rock zu gucken und zu merken, dass immer wieder der gleiche Kerl druntersteckt. Will heißen, wenn sich Erzähltechniken zu stark wiederholen, dann werden Geschichten vorhersehbar und langweilig.

Um Figuren glaubhaft darzustellen, muss man den Erzählstil variieren, das wurde ja schon mehrfach gesagt. Wenn man also den Stil nicht variieren will, dann muss man immer ähnliche Figuren verwenden, um sie glaubhaft und lebendig zu machen. Das, zusammengenommen mit strukturellen Übereinstimmungen, würde bedeuten, man schreibt im Prinzip immer die gleiche Geschichte nur in grün. Und das wäre zumindest mir nach allerspätestens drei Büchern zu langweilig.

Dorte

Stellt euch mal vor, Shakespeare hätte nur Königsdramen geschrieben, weil die so gut ankamen. Kein Mittsommernachtstraum. Kein Othello. Das wäre doch echt traurig gewesen.
Stellt euch mal vor, Steven King würde nur Horror schreiben. Nichts mit "Die Verurteilten" oder dem Film "Stand by me", der auf "Die Leiche" basiert.
Stellt euch mal vor, Astrid Lindgren hätte nur Bücher im Stil von Pippi Langstrumpf geschrieben. Nichts mit "Ronja Räubertochter" und "Die Brüder Löwenherz".
Und Michael Ende? "Jim Knopf" in allen Ehren, aber ich möchte "Momo" auf keinen Fall missen!
So kann man ewig weitermachen. Von den großen Autoren haben doch die meisten ganz verschiedene Dinge geschrieben. Es ist doch furchtbar, wenn man sich als Autor auf einen Stil festlegt, nur damit man potentielle Leser nicht enttäuscht. Man ist doch nicht nur Textlieferant, sondern auch Schriftsteller!
Sicher finden nicht immer alle Leser alles gut. Aber die Leser, die man mit einem Experiment verliert, gewinnt man dafür vielleicht in anderen Zielgruppen. Oder vielleicht auch nicht.
Darf man denn als jemand, der sein erstes Buch im Fantasyspektrum veröffentlicht hat, keine Krimis oder Liebesromane schreiben? Muss man immer witzig sein, nur weil das erste Buch eine Komödie war?
Och nö! Wozu schreibt man dann?

Cailin

#13
ähem ... ich will ja jetzt nicht den Literaturwissenschaftler raushängen lassen - und vielleicht missverstehe ich ja auch etwas in der Disskussion - aber ich habe das Gefühl, dass da eben einiges durcheinander geht, bzw in einen Topf geworfen wird. :hmmm:

Vielleicht sollten wir mal abgrenzen, worüber wir genau disskutieren:
-den Stil in dem der gesamte Roman geschrieben ist (also z.B. höchst elitäres upperclass nasehoch Oxford Englisch, mit Sätzen die sich jeder über mindestens fünf Zeilen erstrecken und sechsfach verschachtelt sind vs. simples lowerclass Minenarbeiter Englisch bei dem ein Satz nur aus Subjekt, Prädikat und Objekt besteht)
und
- den Stil, in dem der Autor einzelne Personen sprechen lässt, um sie anschaulicher zu machen.

Also Basis Stil (sozusagen der - wie auch immer gefärbte - Hintergrund) und Personen Stil (also die entsprechende Farbe, mit der auf den Hintergrund zusätzlich gemalt wird) - sorry, ein besserer Vergleich fällt mir keiner ein.

Oder sprechen wir über die unterschiedlichen Genres in denen ein Autor schreibt (z.B. Fantasy und Liebesroman)?

Dortes Shakespeare - Beispiel ist für mich z.B. weniger eine Stil als eine Genrefrage.
Ähnlich ist es bei Lindgren. Sie hat - zumindest meiner Meinung nach - Zielgruppenkonform geschrieben (Ein weiteres Beispiel wäre hier auch Preußler Z.B. die Kleine Hexe vs Krabat). Das hat aber nichts mit ihrem Schreibstil zu tun. Sie ist ja nicht plötzlich von Hochsprache zu prolliger Jugendsprache (was nicht heißt, dass die Jugend automatisch Proll spricht - wollte ich nur eingefügt haben, ehe die Formusjugend über mich herfällt  ;)) gewechselt.

Da sollten wir - denke ich - klar abgrenzen.



Coppelia

#14
Zitatden Stil in dem der gesamte Roman geschrieben ist (also z.B. höchst elitäres upperclass nasehoch Oxford Englisch, mit Sätzen die sich jeder über mindestens fünf Zeilen erstrecken und sechsfach verschachtelt sind vs. simples lowerclass Minenarbeiter Englisch bei dem ein Satz nur aus Subjekt, Prädikat und Objekt besteht)
und
- den Stil, in dem der Autor einzelne Personen sprechen lässt, um sie anschaulicher zu machen.
Genau das bedingt sich. Allerdings kann ich jetzt nicht sagen, Cailin, ob du es als zusammengehörig betrachtest oder nicht.

Ich mach mal ein paar freche ciceronische Selbstzitate, um zu zeigen, was ich meine. ;)
(Wenn ich die Bücher mal an Verlage schicke, behalte ich mir vor, die kurzen Textstellen wieder zu löschen.)

Perspektiventräger: Yun, 25 Jahre alt, Krieger eines Naturvolkes. Er sieht gerade ein, dass der Meeresgott Yanka sein Opfer nicht akzeptiert hat. Yun wollte sein Leben opfern, um seine Stadt zu retten, aber es hat nicht geklappt. Die Sätze sind fließend und recht lang, die Sprache poetisch und metaphernreich, und gerade an dieser Stelle geht es sehr pathetisch zu. ;) Zielgruppe sind fantasy-interessierte Menschen, nicht wirklich Kinder und Jugendliche.
ZitatYun rührte sich nicht, sondern starrte an den Mann vorbei. Dayama war gefallen, die Mikuskinder hatten sich ergeben. Und er allein trug die Schuld daran.
Yanka ...
Die Gestalt des geschuppten Elementarherrn schwamm durch Yuns Geist. Schlimmer als der körperliche Schmerz war die Erkenntnis.
Er lebte. Und das bedeutete, er war wertlos.
Lieber hatte Yanka die Zerstörung seines Tempels, ja das Ende Dayamas geduldet, als das Leben eines Kriegers anzunehmen, den er für nichtswürdig erachtete.
Immerhin wusste Yun jetzt, dass König Dahrayo die Schlacht überlebt hatte. Aber wie konnte er ihm jemals wieder in die Augen sehen? Und Yambwi, diese tapfere Seele, wie konnte er auch nur daran denken, zu ihr zurückzukehren? Unter keinen Umständen würde sie ihn nun zum Mann nehmen, und wenn sie ihm hundertmal versprochen war. Die zukünftige Königin brauchte einen Krieger an ihrer Seite, der von den Göttern geschätzt wurde, niemanden wie ihn, den sie zurückwiesen und ausspieen.
Was für ein Narr war er gewesen! Hatte er wirklich geglaubt, Yanka zwingen zu können, sein Leben gegen die Rettung der Stadt einzutauschen? Dieser Hochmut hatte sein Volk die Freiheit gekostet. Er hatte so sehr versagt, wie es einem Mann nur möglich war. Selbst wenn er unverletzt wäre, wie sollte er wieder die Kraft finden, aufzustehen und einem anderen Menschen ins Gesicht zu blicken? Yanka strafte ihn grausam, er gestattete ihm nicht einmal, durch die Hand seiner Feinde zu sterben.
,,Da kommt wer", sagte der Mann, der ihm zu trinken gegeben hatte. ,,Jetzt sollten Sie besser nur dann reden, wenn man Sie etwas fragt."

Perspektiventräger: Schweifstern, 15 Jahre. Der Junge ist gerade in eine Rauferei geraten und geschlagen worden, dafür schämt er sich. Die Sätze sind wesentlich kürzer, die Sprache einfacher. Auch der Denkhorizont des Jungen ist deutlich begrenzter. Der Text ist an dieser Stelle weder lustig noch ernst. Zielgruppe sind Kinder/Jugendliche ab 12.
ZitatSie gaben einander einen Klaps auf die Schultern und verabschiedeten sich. Graupfads Meisterin war wesentlich strenger als seine, und Schweifstern wusste genau, was es für ihn bedeutete, erst jetzt in die Bibliothek zu kommen. Die Sonne ging eben auf, ihr Licht färbte die Stadt gelb und rot. Er wäre gern stehen geblieben, um den Sonnenaufgang zu beobachten, aber das konnte er sich nun wirklich nicht mehr erlauben.
Schweifstern seufzte und pochte gegen die Tür, aber aus dem Inneren der Hütte war keine Antwort zu hören. ,,Meisterin?"
Die Tür war nur angelehnt, er stieß sie auf. Mitten im Raum saß seine Meisterin Wasserweg mit überkreuzten Beinen auf dem Boden. Sie hatte den Kopf gesenkt, das grau gesträhnte Haar fiel ihr offen über die knochigen Schultern. Unter halb gesenkten Lidern hervor starrte sie auf ein sonderbares Gebilde aus Ton, das sie offenbar an Ort und Stelle errichtet hatte. Es nahm fast das gesamte Innere der Hütte ein, der rötliche Ton schimmerte noch feucht. Schweifstern trat ein und räusperte sich, weil sie ihn noch immer nicht beachtete. Nun zuckte sie doch erschrocken zusammen und wandte sich zu ihm um.
,,Ah, Schweifstern." Ihr faltiges Gesicht verzog sich zu einem herzlichen Lächeln, und sie richtete sich auf. ,,Wie bist du hereingekommen? Ich habe dich gar nicht kommen hören."
,,Durch die Tür." Schweifstern war nicht nach einem Grinsen zumute, trotzdem fühlte er sich gleich besser, als er das freundliche runde Gesicht seiner Meisterin sah. Über ihre Stirn und die Wangen zog sich als dunkel verfärbte Narbe das Zeichen Turm, unter dessen Schutz die Baumeister standen. ,,Tut mir Leid, dass ich so spät komme."
Sie musterte ihn aus leicht zusammengekniffenen Augen, das Alter hatte ihre Sehkraft geschwächt. ,,Ich hatte dich schon eher erwartet. Aber du blutest ja! Ist dir etwas zugestoßen?"
Schweifstern zuckte unbehaglich die Schultern. ,,Es ... gab eine Rauferei auf der Straße."
,,Offenbar hast du mittendrin gesteckt. Hier, nimm dieses Tuch. In der Dose dort hinten auf dem Regal sollte noch ein Klecks Salbe sein."
Mit dem feuchten Tuch, das sie ihm in die Hand drückte, tupfte sich Schweifstern gehorsam grüne Salbe aus einer Specksteindose auf die aufgeplatzte Lippe. Die Salbe roch scharf und würzig, wie ein Frühlingsmorgen in den Wäldern. Natürlich tat es weh, aber die Erinnerung, wie er vor Graupfads Augen von der Jägerin niedergeschlagen worden war, schmerzte wesentlich mehr.

Perspektiventräger: Puncher, Alter unbekannt, Halbork-Schläger. Die Sprache ist einfacher, die Sätze mittelmäßig lang bis kurz, es sind umgangssprachliche Vokabeln vorhanden. Der Text ist nicht allzu ernst. Zielgruppe etwa wie beim ersten Text.
Zitat,,He, vorwärts, du alte Schlampe! Beweg deinen fetten Hintern!"
Lorraine, die scheckige Mähre, wandte den Kopf und bedachte ihn mit einem langen Blick, als wolle sie sich überzeugen, dass er noch ganz bei Trost war. Dann blieb sie stehen und senkte den Kopf. Wasser tropfte ihr von der borstigen Nase. Die Schlammbrühe reichte ihr bis über die Fesseln. Puncher fluchte und schlug auf ihren Rücken ein. Lorraine rührte sich keinen Meter. Er sprang ab, dass es spritzte, packte ihr Kopfstück und versuchte sie vorwärts zu zerren, während ihm kalter Schlamm oben in die Stiefel hineinlief. Aber gegen die Kraft der störrischen Stute richtete selbst seine Halborkstärke nichts aus. Es war vollkommen aussichtslos, Lorraine dazu zu bringen, auch nur einen weiteren Schritt gegen den Wind zu machen. Puncher lehnte er sich gegen die Flanke der Stute und schloss für einen Moment die Augen. Seine Kleidung war so nass, dass sie sich doppelt so schwer anfühlte, und er fror nicht einmal mehr, so ausgekühlt war er. Er fragte sich, ob eine Reise in Matsch und Regen das letzte sein musste, was er auf der Welt erlebte, doch schon einen Augenblick später erwachte sein Kampfgeist. So schnell würde er nicht aufgeben. Seine Ahnen lebten mit Sandstürmen und Frostnächten in der Wüste, und er sollte sich vor ein bisschen Regen geschlagen geben?
Nedd steckte seinen Kopf unter der Plane des Wagens hervor. Unter der Kapuze lugte nur seine spitze Nase heraus, der Rest war nicht zu sehen. ,,Kannst du nicht stärker ziehen?", rief er.
,,Vielleicht würde es besser gehen, wenn du mir helfen würdest, anstatt den Wagen noch schwerer zu machen", sagte Puncher ärgerlich.
,,Aber Punchy, ich wiege doch fast gar nichts." Nedd kletterte umständlich vom Wagen und watete zu ihm hinüber. Wahrscheinlich hat er Recht, dachte Puncher, denn sein Begleiter hatte nicht mehr Fleisch auf den Knochen als eine Vogelscheuche.
Sie packten beide Lorraines Kopfstück.
,,Und zieh!"

Ich denke, der Unterschied wird dadurch recht deutlich, oder? Es ist ja auch so, dass die Personen, die in einer Geschichte auftauchen, in Beziehung zum Buch an sich stehen. Der epische Stil wird gewöhnlich nicht benutzt, wenn man es mit einer lustigen Geschichte zu tun hat. Selten hat man umgangssprachlichen Stil be einer pathetischen und hochtragischen Geschichte.
Aber es gibt natürlich Genres, die ernst oder lustig sein können, z. B. Krimis.