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Black Moment / Krise vor oder nach Plotpunkt 2 / 3

Begonnen von traumfängerin, 09. Mai 2018, 17:18:09

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traumfängerin

Da die Terminologie in unterschiedlichen Schreibratgebern nicht eindeutig ist, ist es der Titel des Threads auch nicht.  ;D Um folgendes geht es: Bisher habe ich mich beim Plotten vor allem an Cathy Yardleys "Rock your plot" orientiert, eine um einen achten Punkt erweiterte 7-Punkte-Plot-Methode. Ihr Plotsystem sieht wie folgt aus:

1. Inciting Incident
2. Plotpunkt I
3. Pinch Point I
4. Midpoint / Plot Point II
5. Pinch Point II
6. Plot Point III
7. Black Moment
8. Resolution

Plotpoint I leitet in den 2. Akt hinüber, Plotpoint III (den sie als 3 und nicht als 2 bezeichnet, da sie den Midpoint auch als Plotpoint bezeichnet) leitet in den 3. Akt hinüber. So weit stimmt ihr System mit den meisten anderen Systemen überein (sei es die Heldenreise, Blake Snyders Beat Sheets oder auch Waldscheidts Plot & Struktur). Worin es sich allerdings unterscheidet, ist die Reihenfolge von Black Moment (oder Krise oder dunkelste Nacht der Seele - dieser eine Moment eben, in dem alles für den Protagonisten verloren erscheint) und Plotpunkt 2 (oder 3, wenn man den Midpoint mitzählt). Sie versteht den Plotpoint III als einen ziemlich schönen Moment, einen Ruhe-vor-dem-Sturm-Moment, nach dem den Protagonisten der Black Moment umso heftiger trifft. Das erschien mir bisher sehr logisch, ich habe das auch in genug Filmen und Büchern wiedergefunden, und es verführt mich als Autorin dazu, besonders fies zu meinen Figuren zu sein - und natürlich wollen wir das alle im Grunde unser schwarzen Seelen sein.  :P

Nachdem ich nun in der letzten Woche mich jedoch intensiv mit unterschiedlichen Plotsystemen auseinandergesetzt habe, habe ich dabei festgestellt, dass die meisten anderen Systeme die Reihenfolge von Black Moment und Plotpunkt 2 meist vertauschen. Erst gibt es diesen einen Moment, in dem alles verloren erscheint, dann muss der Protagonist irgendwie dazu kommen, seinen Weg (wie auch immer dieser aussehen mag) dennoch weiterzugehen, um den Bösewicht zu besiegen, die Welt zu retten, die Liebe zu finden oder was auch sonst immer das Thema des Romans von ihm fordert. Der Moment dieser Entscheidung ist für diese Systeme der Plotpunkt 2, der dann auch zwangsläufig in den 3. Akt überleitet. Und ja, auch das erscheint mir sehr logisch, und natürlich finde ich auch diesen Punkt in genügend Filmen und Romanen wieder.

Aber welcher von diesen Punkten ist denn jetzt wirklich der Plotpunkt 2 / 3, und an welche Reihenfolge von Black Moment - Plotpunkt 2/3 sollte man sich jetzt halten? An sich ist das zwar irrelevant, solange am Schluss ein guter Roman dabei herauskommt, aber ich finde die Frage sehr spannend, bin ich doch immer noch auf der Suche nach dem perfekten Plotmodell für mich. Wie macht ihr das beim Plotten? An welcher Reihenfolge von Black Moment und Plotpunkt 2 / 3 orientiert ihr euch? Ich selbst finde beides schlüssig, was für eine Entscheidung nicht besonders hilfreich ist.  ;D

Edit: Bisher klingt es ein wenig so, als würden Yardley und die anderen einfach unterschiedliche Punkte als Plotpunkt 2 / 3 definieren. Anderseits sprechen sowohl Yardley als auch z.B. Snyder davon, dass beim Plotpunkt 2 /3 eine neue Information gegeben wird, bzw. das letzte Puzzlestück gefunden wird, das man für die Lösung, den Kampf oder was auch immer braucht. Und alle sprechen davon, dass der Plotpunkt 2 / 3 in den 3. Akt hinüberleitet, was wiederum dafür spricht, dass sie doch vom gleichen Punkt sprechen - und es tatsächlich nur die Reihenfolge von Black Moment / Plotpunkt 2/3 ist, die sich unterscheidet. Jetzt bin ich vollends verwirrt. Hilfe!  :d'oh:

Zit

#1
Ich würde eher sagen, dass der Black Moment nochmals so eine Art Pinch Point ist und dramaturgisch nach dem letzten Plot Point Sinn ergibt. Der Black Moment könnte das retardierende Moment im Drama sein oder, was er wohl zumeist eher ist, der übertragene Tod, den der Protagonist sterben muss, um stärker als je zuvor wieder aufzuerstehen*, um den Antagonisten platt machen zu können. Es ist mehr die finale, innere Wandlung des Protagonisten, meiner Meinung nach, und nicht das letzte Puzzlestück für den Plot (= letzter Plot Point).

* Libbie Hawker bezeichnet diesen Punkt in ihrem Plotschema wortwörtlich als Death. Allerdings muss der Protagonist dafür nicht wirklich sterben sondern er überwindet endlich seinen charakterlichen Schwachpunkt (Flaw), der ihn die ganze Zeit daran gehindert hat, der zu werden, der den Antagonisten besiegen kann. (Also, wenn jemand Höhenangst hat, dann überwindet er die. Oder statt immer nur egoistisch zu sein, erkennt er seinen Fehler und opfert sich für andere und rettet so die Welt.) Damit der Protagonist aber auch umso heller leuchten kann nach dem Tod, muss der Black Moment/ Tod selbst ihn natürlich am Boden zerstört zurücklassen, finde ich.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Zauberfrau

#2
Ich sehe das ähnlich wie @Zitkalasa . Und würde das auch wie Hawker als Death bezeichnen. Das ist so der Sofakrabbler zum Schluss, der in den Filmen die Fingernägel kürzt und in Büchern die Nacht zum Tag werden lässt. Showdown eben. Hier ist die Zerreißprobe für den Prota. Entweder er besteht die Krise oder er geht an ihr zugrunde. Ich würde auch nicht sagen, dass da ein letztes Puzzlestück für den Plot hinzugefügt wird. In diesem Moment sind alle Puzzlestücke da und ergeben ein Bild. Wenn diese Krise, dieser Todesmoment vorbei ist, gibt es kein Fortsetzen mehr. Der Plot ist vollständig und alle Rätsel sind gelöst, die Geschichte endet. Und weil eben danach nichts mehr kommen kann, finde ich gerade "Death" eine gute Bezeichnung dafür: Das logische Ende (der Tod) der Geschichte. Und das meine ich jetzt nicht negativ. Danach ist einfach nur alles gesagt.

Das was du da noch ansprichst, @traumfängerin , mit Black Moment quasi in Akt 3, das ist glaube ich das frühere Schema des klassischen Dramas in 5 Akten. Da ist es tatsächlich so, dass genau in der Mitte der höchste Punkt ist.

Ich denke mal, dass jedes Schema seine Berechtigung hat. Es gibt bestimmt Geschichten, die fließen besser mit dem Black Moment ganz am Ende, und es gibt Geschichten, die sich mehr am klassischen Drama orientieren.
Ich liebe ja die Knaller am Ende, bin ich ganz ehrlich. Bei mir muss da "Blut fließen"  :snicker: Und deshalb ist das mit dem Plotpoint III als schönster Moment im Geschehen auch vollkommen korrekt. Denn damit ist der Fall für den Prota am höchsten.
Aber ich weiß auch, dass mein Sohn sich eine Jugendstory ganz im klassischen Drama ausgedacht hat (wenn er sie denn endlich mal aufschreiben würde, tststs). Da sind auch zwei Jugendliche, die sich kennenlernen, eine Krise durchleben, sich in der Mitte ziemlich fetzen, es danach noch einmal halbherzig probieren und am Ende doch auseinandergehen. Da haben wir beide festgestellt, dass es genau ins klassische Drama passt.

Ich würde mich nicht so sklavisch festlegen wollen. Ich denke, beim Vorausplanen und -plotten muss man abwägen, welches Schema die Geschichte wohl am besten erzählen kann  :buch:

Cailyn

Ich habe den Eindruck, dass es tatsächlich an den Begrifflichkeiten liegt. Es kommt halt wirklich darauf an, was Cathy Yardley unter den Punkten versteht. Ich kenne z.B. den Black Moment als festen Bestandteil der wichtigsten Stufen nicht und dennoch kommt er vor.
Bei mir ist der 3. Plotpoint der, bei dem vor allem der Antagonist oder die antagonistische Kraft zu Höchstform auffährt. Dort merkt der Prota, dass die Hürden beinahe unüberwindbar sind. Was der Prota beim Midpoint erkannt/erahnt hat, wird nun pure Wirklichkeit. Der Prota kriegt "das Böse" so richtig zu spüren.
Der Black Moment hingegen ist bei mir dann eher eine "innere" Hürde und hat meist damit zu tun, dass der Prota irgendwas ändern muss, weil er den Antagonisten sonst nie wird besiegen können. Es ist ein persönlicher Tiefpunkt, wo er die Möglichkeit hat, entweder in die Spur zu kommen oder zu versagen. Dieser black moment kann kurz nach dem 3. Plotpoint kommen oder kurz vor der Climax.

Aber wie gesagt, ich kenne die Definition von Cathy Yardley nicht. Vielleicht versteht sie darunter etwas ganz anderes.