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Wohin mit dem ersten Roman?

Begonnen von Hochkogler, 19. Januar 2018, 07:18:30

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Hochkogler

Hallo allerseits,

da sich mein Erstling dem Ende nähert strecke ich seit ein paar Wochen meine Fühler in alle Richtungen.

Suche ich mir eine Agentur, gehe ich selber bei den Verlagen die Klinken putzen oder werde ich SPler?

Eine endgültige Antwort habe ich noch nicht, aber was mir bei meiner Suche aufgefallen ist:

Viele Verlage setzen mittlerweile auf eine SPler Sparte.
Z.b. Knaur mit neobooks.
Dort MUSS man mittlerweile sein Werk auf der hauseigenen pod Seite zum Verkauf stellen, dann gilt das Manuskript quasi als eingereicht.
Danach darf man hoffen von einem Lektor der vertretenen Verlage entdeckt zu werden.

Wie auf der Seite beschrieben hängt diese "Entdeckung" ganz stark von den Verkaufszahlen des Romans ab.

Zusammengefasst macht mir das wirklich ein wenig Angst, weil:

- Eine normale Manuskripteinreichung nicht mehr möglich ist.

- Der Verlagsvertrag von Verkaufszahlen abhängig ist, sprich geschicktes Marketing, Social Media Präsenz und eine stabile Fanbase bereits vor dem ersten Buch vorausgesetzt werden.

- Das Buch, egal ob dort erfolgreich oder nicht, als veröffentlicht gilt. Ich kann damit also nirgendwo anders mehr hin bzw. würde kein anderer Verlag/Agentur mehr Interesse daran haben.

Oft gibt es auch schon Ausschreibungen die augenscheinlich dem Entdecken neuer Talente dienen sollen, derzeit z.b. bei Piper.
Der Erfolg ist aber nicht abhängig von einer Jury (die auch nicht immer zu 100% objektiv ist) sondern von einem Fanvoting.
Es entscheidet in beiden Fällen also nicht die Qualität der Arbeit, sondern die Größe der Fanbase.

Ich finde solche Entwicklungen sehr besorgniserregend, es würde über kurz oder lang dazu führen dass jeder Autor nur mehr "am Markt" schreibt um überhaupt noch eine Chance zu haben.
Und nicht jeder ist ein Marketinggenie, wenn dem so wäre bräuchte man sowieso keinen Verlag mehr.

Was denkt ihr da so drüber?

Lg


Kaeptn

#1
Moin,

du musst dir eins klarmachen: Ohne Agentur kommst du bei Heyne, Piper und Konsorten sowieso nicht rein. Deren Programmplätze sind in der Hauptsache mit Übersetzungen und Stammautoren belegt, für die wenigen freien Plätze die dann noch bleiben, lassen die sich von den Agenturen was anbieten oder machen eben (selten) Ausschreibungen. Ich war mal auf einem Bloggertreffen bei Piper vor 3 Jahren, da kam auch die Frage auf, wie hoch die Wahrscheinlichkeit sei, dass ein unverlangt eingereichtes Manuskript veröffentlicht werde. Lektorin und Programmleiter sahen sich an, zuckten die Schultern. "Ich glaube eins, seit ich hier bin", war dann die Antwort.
Mein Eindruck: Die Sichtung von unverlangten Manuskripten haben die großen Verlage an Agenturen outgesourced.

neobooks ist in erster Linie SP-Dienstleister, dass sie ein Tor zu Droemer oder rowohlt sein können, ist wohl eher als Werbung und Unterscheidungsmerkmal von vielen anderen Dienstleistern zu verstehen. Ich habe neobooks auch mal als Dienstleister benutzt und mich nie "beworben".

Was dir bleibt, sind Agenturen, die zahlreichen Kleinverlage oder eben SP.
Von einer aktuellen "Trendwende" kann man da übrigens nun wirklich nicht mehr sprechen, der Trend ist schon seit einigen Jahren so.

MonstersMagic

Zitat von: Kaeptn am 19. Januar 2018, 08:13:25
neobooks ist in erster Linie SP-Dienstleister, dass sie ein Tor zu Droemer oder rowohlt sein können, ist wohl eher als Werbung und Unterscheidungsmerkmal von vielen anderen Dienstleistern zu verstehen. Ich habe neobooks auch mal als Dienstleister benutzt und mich nie "beworben".

Man muss sich witzigerweise auch gar nicht wirklich bewerben. Sticht das Buch durch hohe Verkaufszahlen oder sehr engagierte/präsente Autoren hervor, kommen die Anfragen ganz alleine. ABER man sollte nicht davon träumen, dass es dabei um Printprogramme geht. Mittlerweile scheint mir, dass hier 'nur noch' die eLabels nach schnellem und bereits erfolgreichen Nachwuchs suchen.  :hmmm:

Churke

Zitat von: Hochkogler am 19. Januar 2018, 07:18:30
Ich finde solche Entwicklungen sehr besorgniserregend, es würde über kurz oder lang dazu führen dass jeder Autor nur mehr "am Markt" schreibt um überhaupt noch eine Chance zu haben.

Das ist der moderne Monopolkapitalismus. An die Stelle des Verlegers alter Schule sind Manager und Verlagskaufleute getreten, die mit optimierten Prozessen die Renditeerwartungen ihrer Eigentümer erfüllen müssen. Bei den Agenturen wird es mitunter auch um das Delegieren von Verantwortung gehen. "Das hat mir die Agentur empfohlen" ist Gold, wenn ein Titel floppt.

Kaeptn

Wenn man böse ist, kann man auch noch sagen: Das grandiose an den Agenturen ist ja aus Verlagssicht, dass man Aufgaben dorthin outgesourced hat, und die Autoren das über die Vermittlungsgebühr auch noch selber bezahlen.

Maria

Da ist leider etwas dran.

Dass man seine Fanbase vor Erscheinen des Buches aufbauen soll, ist in Amerika schon ziemlich üblich. Dort aber hauptsächlich bei Sachbüchern, wo man einen Expertennamen braucht.
Das Buch hier habe ich mir mal besorgt, es liest sich ganz unterhaltsam:
https://www.amazon.com/Get-Known-Before-Book-Deal/dp/158297554X/ref=as_li_ss_tl?ie=UTF8&qid=1496185204&sr=8-1&keywords=christina+katz&linkCode=sl1&tag=wwwwritersont-20&linkId=a2a729ff603d51517bc4a5b7fbcf4007

Maja

#6
Knaur ist - meines Wissens nach - der einzige Verlag, der unverlangt eingereichte Manuskripe ausschließlich über eine Plattformveröffentlichung akzeptiert, bzw. einem dann attraktive Angebote für Selfpublisher aufschwatzen will - die Grenzen zum DKZV sind da inzwiscen wirklich sehr unschön verschoben, und auch wenn ich das Glück habe, im offiziellen Knaur-Label ganz klassisch mit Vorschuss veröffentlicht worden zu sein, haben sie mit den Neobooks-Ebooks ein Angebot, bei dem der Autor zur Kasse gebeten wird. Ich habe von Neobooks wirklich keine hohe Meinung, und kein Autor sollte gezwungen werden, einen unlektorierten Text der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Aber dann bietet man sein Manusrkript eben nicht bei Knaur an. Alle anderen Verlag haben die üblichen Infos zu "Unverlangt Manuskript einsenden", nur dass inzwischen der Papierweg offenbar völlig ungebräuchlich gewordne ist (vor ein paar Jahren waren noch viele Verlage, die auf einem Ausdruck bestanden, schon um zu vermeiden, dass Autoren Dutzende Verlage gleichzeitig bombardieren - die Hoffnung war, wenn es den Autor was kostet, gibt der sich mehr Mühe). Diese unverlangten Manuskripte werden auch geprüft, und das nicht nur als Augenwischerei (Arbeitszeit kostet den Verlag schließlich auch Geld).

Ich kenne aus den letzten Jahren (ist allerdings eher fünf her als drei) mehre Beispiele für (ehemalige) Tintenzirkler, die mit unverlangten Manuskripten bei größeren Verlagen landen konnten (wer sich erinnert: z.B. JulyRose bei Piper, Lynn bei Ueberreuther). Wahrscheinlich ist das nicht, aber möglich. Ich rate trotzdem keinem dazu, aus dem einfachen Grund: Wenn man es mit einem dicken Hund wie einem großen Verlag zu tun hat, will man als Autor eine Agentur im Rücken haben. Die Arbeit der Agentur hört ja nicht mit dem Anbieten des Manuskripts auf - sie fängt damit erst an. Und die Verträge bieten so viele mögliche Fallstricke, dass man einen Agenten haben sollte. Selbst JulyRose hat sich seinerzeit eine Agentur genommen, nachdem sie vom Verlag die Zusage hatte, um den Vertrag und den ganzen Rest darüber abzuwickeln.

Wenn man als Autor in einen großen Verlag will, braucht man eine Agentur. Nicht um reinzukommen. Aber um nicht gefressen zu werden.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Aljana

Deinen letzten Satz finde ich sehr schön gesagt, Maja, denn das ist der Eindruck, den ich über die Jahre gewonnen habe.

Ansonsten zur Trendwende: Neil Gaiman hat es in seiner Rede 2012 kommen sehen und gesagt, der Markt ändert sich und dass es natürlich nicht nur Gutes mitbringt, aber, und das ist ganz wichtig, eben auch neue Chancen abseits des klassischen Agent-Verleger-Weges. Man kann heute unendlich kreativ werden, um sich und seine Titel am Markt sichtbar zu machen und ganz viele jung 'hippe' Autoren schreiben tatsächlich am Markt.
Die posten in großen Gruppen glitzernde Cover und erzählen von ihren Ideen, fragen, ob sie das so schreiben sollen, ob das wen interessiert, und ihr glaubt gar nicht, bei was die Leute alles begeistert 'Klar doch' rufen.

Die Frage, die du dir stellen Protoxin ist, welche Art Autor bist du? Eher der, der promoted werden möchte? Wobei, stell dir bitt nicht vor, dass ein Verlagsvertrag dir das große Werberundumsorglos-Paket bringt. Aber ein guter Verlag hilft. Oder aber sagst du: Kann ich alles selbst lernen, ich will doch nur ein Publikum erreichen.
Alle Wege sind möglich. Alle können hocherfolgreich sein. Aber nicht, wenn du nicht deine Stärken kennst und dich selbst in eine Sackgasse manövrierst.

Mir hat mal jemand gesagt, und ja, Gott war ich dumm, das nicht zu glauben: "Die eigentlich Arbeit eines Autoren beginnt NACH der Veröffentlichung." Und man kann darüber diskutieren, aber es ist mal zu sicherlich 80% wahr.

Also, was glaubst du, was zu dir passen würde? Was denkst du, wie es ablaufen wird, wenn du den einen oder anderen Weg gehst?
Kannst du die Marketing-Arbeit eines SPlers stemmen? Bist du kreativ und offen genug, dich dem Markt zu stellen? Bist du geduldig genug, vielleicht jahrelang auf einen Agenten und dann Vertrag zu warten? Kannst du mit der Unwägbarkeit leben, dein Buch vielleicht nie veröffentlicht zu sehen, weil es über den klassischen Weg nicht wird?
Und dann ganz wichtig: Was ist denn dein Erstling für ein Buch? Ein Einteiler (Gut bei der Verlagssuche) oder ein Mehrteiler (mach dich tendenziell auf seeeeehr lange Wartezeiten gefasst)?


Gruß Aljana

Aphelion

#8
In Bezug auf Aljanas Post würde ich ganz klar zwischen verschiedenen Arten von Kreativität unterscheiden. Das dazugehörige Handwerk ist hier mitgemeint.

Marketingkreativität ist nicht Schreibkreativität. Manche können beides, manche nicht. Einige sind Marketinggenies, die mittelmäßig oder sogar eher schlecht schreiben - andere sind schriftstellerische Genies, die absolute Marketingnieten abgeben.

Die meisten liegen irgendwo dazwischen. Sowohl schreiben als auch werben lassen sich allerdings lernen. Nicht jeder hat Talent für das eine oder andere, aber ein ausreichendes Mittelmaß kann jeder erreichen, der halbwegs intelligent ist, ernsthaft lernt/übt und Zeit investiert.

Insofern denke ich nicht, dass die eigentliche Arbeit erst nach der Veröffentlichung beginnt. Überlegt mal, wie viel Zeit und Energie ihr vorher ins Schreiben gesteckt habt. Die meisten schreiben mehrere Jahre, bis sie etwas Gutes produzieren. Aber beim Marketing soll das aus dem Stand gehen?

Inzwischen wird fast überall erwartet, dass Marketing "mal so eben nebenbei" geht. Aber so einfach ist es eben nicht, deshalb geht es auch so oft schief. Insofern steckt hinter diesem Irrtum in meinen Augen auch eine Geringschätzung von Marketingberufen.

In dem Zusammenhang fällt mir auf, dass viele Selbstverleger zwar über professionelles Coverdesign, Lektorat und Korrektorat nachdenken, aber selten über professionelle Vermarktung. Klar: Irgendwo muss (oder sollte, kann ...) man sparen. Aber wenn jemand stilsicher ist und ohnehin kaum Rechtschreibfehler macht, aber eine Marketingniete ist, ergibt es vielleicht eher Sinn, sich das Lektorat oder Korrektorat zu sparen und dafür eine Werbeagentur zu beauftragen.

Das ist definitiv kein Muss, aber eine ebenso legitime Überlegung wie Lektorat oder Cover in Auftrag zu geben. Die Frage ist: Wo liegen die individuellen Stärken und Schwächen und wo benötigt ein Autor Hilfe? Die Antwort kann sehr unterschiedlich sein – sie hängt außerdem von der persönlichen Zielsetzung ab. Manche Autorinnen wollen, dass ihr Werk so gut wie möglich ist, andere wollen primär Geld verdienen. Meistens ist es beides, aber der Schwerpunkt kann innerhalb dieses Kontinuums unterschiedlich gesetzt werden.

Dementsprechend ist der eine Autor vielleicht zufrieden, ein "lesbares" Buch herauszubringen, das professionell vermarktet wird, während der andere auch noch den letzten Cent investiert, um dem Buch den letzten Feinschliff zu verpassen, wobei kein Geld für die Vermarkung übrig bleibt. Das lässt sich auf andere Ressourcen übertragen, v.a. auf die Arbeitszeit. Wie bei meinem ersten Beispiel, so sind auch das zwei Extreme und die meisten bewegen sich irgendwo dazwischen.

Carolina

http://www.e-book-news.de/indie-lounge-matthias-herbert-im-interview/

Zum Thema Marketingagentur. Dieser Autor hat sich ein Bein ausgerissen und die Webseite mit seinem Fantasy-Epos ist nicht mal mehr erreichbar. Er hat richtig übel viel Geld versenkt, wie viel, kann ich leider nicht googeln, stand vermutlich in seinem Blog. Ich bilde mir ein, dass es ein Betrag von 30.000 war, aber mit Vorsicht zu genießen.

Eine Werbeagentur bringt es nicht im Selfpublishing. Jedenfalls kenne ich niemanden, der damit etwas auf die Beine gestellt hätte.

Aphelion

#10
Anja, es gibt auch Horrorstorys über grauenvolle Lektoren und Coverdesigner ... ;)

"Jedenfalls kenne ich niemanden [usw.]": Ja, weil es viel seltener ist, s.o.

Carolina

Na dann viel Spaß beim Geldausgeben.  :rofl:

Maja

Zitat von: Anja am 25. Februar 2018, 21:11:06
Zum Thema Marketingagentur. Dieser Autor hat sich ein Bein ausgerissen und die Webseite mit seinem Fantasy-Epos ist nicht mal mehr erreichbar.
Ich komme noch auf die Seite. Sie sieht allerdings aus, als wäre sie seit Jahren nicht gewartet worden. Und auch wenn der Autor ein erfahrener Drehbuchautor war/ist, denke ich nicht, dass er das Sujet "Fantasy-Roman" gut beherrscht oder versteht. Die Cover sind grauslich. Den Plot, so wie er auf der webseite zusammengefasst wird, hat man schon n-mal gehört (junge Jäger erfährt überraschend, dass er der Auserwählte ist). Und in dem verlinkten Artikel ist ein Satz für mich ein rotes Tuch "Innerhalb weniger Wochen wuchs die Reihe auf 14 Bände an". Man kann 14-bändige Zyklen schreiben. Man kann auch schnell gut schreiben. Aber man darf nicht versuchen, ausgerechnet mit einem Vierzehnteiler den Markt zu erobern, ohne damit baden zu gehen.

Das sind, grob gesagt, alle Anfängerfehler auf einem Haufen. Und ein Verlag oder eine Agentur hätten ihm den Zahn schnell gezogen. Bei Mehrteilern muss man beachten, dass sich jeder Band schlechter verkauft als sein Vorgänger. Niemand steigt mit Band 11 ein, und die, die es versuchen, verstehen nur Bahnhof. Egal wie gut das Marketing ist - man kann keinen Vierzehnteiler machen, ohne sein Geld zu versenken.

Als meine Agentur mich neu hatte, war sie noch jung, enthusiastisch, und ein bisschen unerfahren. Sie haben mich unter Vertrag genommen mit einem Mehrteiler, dessen Umfang ich mit "Voraussichtlich zehn Teile, die ersten vier sind fertig" angegeben haben. Es waren vier tolle Teile, kein Zweifel, aber alle Verlage haben uns das gleiche gesagt: Zu umfangreich für einen No-Name. Es hat uns Türen geöffnet, und ich habe schließlich eine Trilogie verkaufen können. aber da war der Verlag sehr eindeutig: Mehr als Trilogie is nich.

Was mache ich mit meinem Mammutwerk? Erstmal irgendwann dran weiterschreiben, es liegt seit Jahren auf Eis. Und sollte der Zyklus irgendwann fertig werden, dann ist das doch eher ein typischer Selfpublishing-Kandidat, es sei denn, ich werde wirklich noch mal motzbollerisch erfolgreich. Für die Entscheidung, was man als Fantasyautor sein will, Selfpublisher oder Verlagsautor, ist daher auch die Frage nach dem Umfang des Werkes und dem jährlichen Titelausstoß entscheidend. Das eine sind die erwähnten Mehrteiler - das allealleräußerste, was man einen Verlag geben kann, und auch nur, wenn man vorher etwas anderes veröffentlich, sind fünf Bände. Dann ist Sense. Alles, was mehr Teile hat als das: Mach es selbst. Und selbst dann rechne damit, die Unkosten wieder reinzukommen.

Das andere ist die Anzahl der Bücher, die du veröffentlichen möchtest. Fünf Bücher im Jahr schreiben, die beiden besten auswählen und Verlagen anbieten (oder alle fünf anbieten und hoffen, dass zwei genommen werden). Aber kein großer Verlag macht mehr als ein, maximal zwei Bücher mit einem Autor pro Jahr. Kleinverlage haben da manchnal eine höhere Taktung mit ihren Haus-und-Hofautoren, aber bei den großen muss man sich beschränken. Selbstverleger hingegen machen manchmal ein Buch pro Monat, und ihre Leser erwarten dann auch eine derartige Frequenz, während Verlage vermeiden wollen, dass eine Übersättigung stattfindet.

Man muss an der Stelle auch bedenken, dass ein Buch in einem Verlag eine deutlich längere Vorlaufzeit hat und deutlich mehr Zeit im Lektorat verbricht. So viele Lektoratsdurchgänge, wie mein "Kettlewood" hatte, bis sowohl meine Lektorin als auch ich es für fertig erklärt haben, hätte ich mir als Selfpublisherin niemals leisten können. Die meisten Selfpublisher spendieren ihrem Buch zumindest ein Korrektorat, manche legen auch eine sprachliche Redaktion drauf, aber in dem halben Jahr, das Kettlewood im Lektorat verbracht hat, hätten viele Selfpublisher wahrscheinlich drei Bücher schreiben und veröffentlichen können (ganz zu schweigen von den dreieinhalb Jahren, die meine "Fälscher" jetzt im Lektorat sind, aber das ist kein typischer Fall, sondern das, was passiert, wenn Autorin und Lektor beide nicht in den Quark kommen)

Und dann ist das noch (@Protoxin) der Elefant im Raum: Es geht um deinen Erstling. Den Erstling fertig schreiben, Überarbeiten, Aufpolieren und einer Agentur oder gleich dem Verlag anbieten: Gute Sache, mach das. Es ist eine Möglichkeit, einen Eindruck zu hinterlassen, an den man später anknüpfen kann - wenn man das dritte, vierte, fünfte Buch anbietet. Ich kenne viele Autoren, die in Verlagen veröffentlicht worden sind. Ich kenne niemanden, der es geschafft hätte, seinen ersten fertigen Roman zu verkaufen (spätestens drei Bücher später möchte man das dann auch gar nicht mehr) :) Aber: Trotzdem versuchen.

Ich habe meinen Erstling 1997 fertiggestellt. Bis 1999 hatte ich ihn dann so weit überarbeitet, dass ich bereit war, es zu wagen. Ich habe Exposee und die ersten dreißig Seiten an meine beiden Traumverlage geschickt. Der eine hat sehr freundlich abgesagt, weil sie schon einen Titel mit ähnlicher Thematik in Vorbereitung hatten (habe ich erst für eine Ausrede gehalten, stimmte aber tatsächlich - Verlage haben keine Ausreden nötig, wenn sie eine Absage verschicken). Der andere Verlag war Klett-Cotta, und die damalige Lektorin hat allen Ernstes das Gesamtmanuskript angefordert - für einen unverlangt eingesandten Erstling, wohlgemeint! Natürlich ist es am Ende doch eine Absage geworden, das Buch hatte einfach noch zu viele strukturelle Schwächen.

Aber damit hatte ich meinen ersten Eindruck hinterlassen. Zehn Jahre später hat meine Agentur dem Verlag dann meinen Zehnteiler angeboten. Wieder eine freundliche Absage: Die Schreibe gefällt, aber gute Güte, dieser Umfang! Nächster Versuch, 2012: Falsches Genre. Dann sagte der Lektor "Aber die Frau Ilisch schreibt ja auch High Fantasy. Kann ich da nochmal was sehen? Einteiler oder Trilogie, bitte". Habe meinen Lieblingsroman eingereicht, Einteler, achthundert Seiten. Anderthalb Jahre gewartet. Der erwarteten Absage (nach anderthalb Jahren war klar, Lektor ist nicht geflasht) vorausgegriffen, ersten Band der Trilogie poliert, Exposee für Band zwei und drei aufgesetzt, und am Ende wirklich den Vertrag bekommen.

Es lohnt also immer, es zu versuchen. Auch wieder und wieder, wenn man dazwischen ein bisschen Zeit verstreichen lässt. Wenn du es mit den Verlagen wagen willst: Such eine Agentur. Bereite dich auf Enttäuschungen über Enttäuschungen vor, auf endlose Wartezeiten und noch mehr Enttäuschung. Und das ist noch, bevor jemand auch nur daran interessiert ist, dich zu fressen. ;) Wenn du jetzt veröffentlichen willst, sofort, und nicht erst in fünf bis zehn Jahren: Tu es im Alleingang. Aber sei gewarnt, dass dein Erstling vielleicht einfach noch nicht so gut ist wie dein Zehntling.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Evanesca Feuerblut

ZitatIch kenne niemanden, der es geschafft hätte, seinen ersten fertigen Roman zu verkaufen (spätestens drei Bücher später möchte man das dann auch gar nicht mehr) :) Aber: Trotzdem versuchen.
Das habe ich tatsächlich geschafft, an meinen absoluten Wunsch-Kleinverlag. Allerdings war die Rohfassung 2009 fertig und ich habe das Buch im Dezember 2014 so weit gehabt, dass ich es anbieten konnte. Und seitdem ist es im Lektorat. Könnte ich mir im SP auch nicht leisten.

Und weil ich dir nicht nur widersprechen, sondern auch zustimmen will: Das ist auch meine Taktik. Ich schreibe Einzelbände (mein Verlagsbuch, die Märchenspinnerei-Sachen), damit ich irgendwann bekannt genug bin, um meinen Neunteiler loszuwerden. An dem ich in der Zwischenzeit herumpoliere. (Geschrieben ist er.)
Leider sind meine Vampire so groß, dass ich nicht glaube, dass ich die im SP/Alleingang stemmen kann. Daher möchte ich dafür doch einen Verlag im Rücken. Der dann auch, nachdem die Reihe hoffentlich gut gelaufen ist, die darauf aufbauende Folgereihe auch noch haben will. Und so weiter.

Alana

#14
Mit einem guten Stoff kann man auch ganz ohne online Plattform als völlig unbekannter Debütautor bei einem Großverlag landen und sogar das ganz dicke Marketingpaket bekommen. Eine Agentur empfiehlt sich dabei aber immer, wie Maja sagt. Wenn du also zu einem großen Verlag möchtest, dann würde ich dir auch empfehlen, dich einfach bei Agenturen zu bewerben.

Marketing beginnt meiner Meinung nach schon vor dem Schreiben, indem ich mir überlege, was ich schreibe und wie ich es schreibe, damit es sich gut verkaufen lässt. Und nein, das kompromittiert einen nicht als Künstler. Die wahre Kunst ist es nämlich, sich beim Schreiben so selbst zu verwirklichen, dass es auch viele Leute lesen wollen, zumindest, wenn man Unterhaltungslitertur schreiben und diese veröffentlichen möchte. Ich halte es sogar für die allerwirksamste Marketingstrategie, die man fahren kann, sich genau über den Markt zu informieren und dann das zu schreiben, was gerne gelesen wird. Im Idealfall läuft man damit keinen Trends nach, sondern erkennt sie, bevor sie sich entwickeln, so dass man kein "me too" ist, sondern ein Vorreiter. Dabei ist es natürlich ganz besonders wichtig, sich selbst treu zu bleiben und nur die Dinge zu schreiben, die man wirklich schreiben möchte und die einen wirklich bewegen. Aber das schließt sich nicht aus, es ist nur oft nicht leicht, den richtigen Weg dafür zu finden. Wenn das gegeben ist, und man ein gut verkaufbares Projekt hat, dann klappt es meistens auch mit der Agentursuche und mit dem Verlag. Andersrum ist es etwas schwieriger, weil man da das Glück haben muss, dass ein Verlag gerade genau das sucht, was man geschrieben hat. Kann natürlich auch klappen, kann auch sehr gut laufen, aber wenn nicht, hat man sich die Arbeit umsonst gemacht. Im Selfpublishing ist der Druck, die richtigen Stoffe zu schreiben, sogar noch höher, da die Leser da noch viel enger auf ganz bestimmte Themen gepolt sind. Das ist zumindest mein Eindruck. Deswegen muss man sich gut überlegen und gut recherchieren, ob das, was man schreibt, im SP besser aufgehoben ist oder im Verlag, wo man oft andere Zielgruppen erreicht. Da fängt Marketing an und das ist letztendlich das, was sich am stärksten auswirkt. Denn wenn das Produkt nicht passt, oder die mögliche Zielgruppe für dein Buch einfach nur 100 Leute umfasst, dann kannst du mit dem besten Marketing der Welt nichts ausrichten.

Daher ist es wichtig, mit dem richtigen Stoff an die Agenturen heranzutreten, da würde ich persönlich die Zeit investieren und nicht in den Aufbau einer Online-Plattform, was ohne (anstehende) Veröffentlichung ohnehin sehr schwierig ist.
Alhambrana