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Spitzznamen und sprechende Eigennamen auf Deutsch und Englisch

Begonnen von Sukie, 11. Dezember 2017, 23:18:56

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Sukie

Ich muss diesen Thread mal kurz hervorkramen. Und zwar übersetze ich gerade einen Roman ins Deutsche. Darin wird ein Verbrecher als the Knife bezeichnet. Wundervoll, im Englischen kann man das so toll mit der Großschreibung kennzeichnen. Im Deutschen wird Messer halt prinzipiell groß geschrieben. Ich hatte nun überlegt, ob ich den Namen stattdessen kursiv setze. Wie würdet ihr das handhaben? Alternativ könnte man natürlich auch Das Messer schreiben, sprich, den Artikel groß, aber wie nutzt man das dann im fließenden Satz? "Ich habe mit Dem Messer gesprochen"?

Habt ihr Ideen?

Genau dasselbe Problem mit eingedeutschten Lokalitäten. Zum Beispiel eine Taverne namens Himmel und Hölle. Kursiv setzen? Oder einfach so lassen und hoffen, dass der Leser nicht darüber stolpert?
"Impossibility is a kiss away from reality." (Sense8)

Fianna

Finde ich eigentlich sehr passend, bei Locke Lamora wurde das auch immer so in den Erzählfluss eingebunden.

Maja

#2
Ich würde es ganz normal bei "das Messer" belassen. Oder einfach nur "Messer". Beispiel wäre hier zum Beispiel der gute alte "Mackie Messer" aus der Dreigroschenoper. In der englischen Fassung ist er "Mack the Knife", aber an der Stelle muss man bedenken, dass Genovennamen im Deutschen anders gebildet werden. Aus "Mack the Knife" könnte man auch "Messer-Mackie" machen - das ist eine Frage, was mehr wippt. Aber Artikel spielen in deutschen Ganoven- und Spitznamen praktisch keine Rolle, anders als im Englischen. Wenn du dann den Artikel nicht nur verwendest, sondern dazu auch noch groß schreibst, stößt du die Leser mit der Nase darauf, dass hier etwas nicht stimmt.

Es geht ja nicht darum, einen Text so eins-zu-eins ins Deutsche zu übersetzen, dass der Leser sich daraus das englische Original herleiten kann, sondern ein flüssiges, der Zielsprache angemessenes Leseerlebnis zu liefern. Im Englischen muss "Knife" groß geschrieben werden, weil das Wort vom Objekt zum Namen wird. Im Deutschen wird per se beides großgeschrieben, aber aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass es sich hier um einen Namen handelt, ohne dass du krampfen muss. Und "Mack Das Messer" wirkt wirklich ausgesprochen verkrampft.

Aber eine Bitte habe ich noch: der tintenzirkel begrüßt Threadnekromantie. Aber dann muss der neue Beitrag auch zum alten Thread passen. Wenn es beim alten Thema um kursivgeschriebene Orts-, im neuen aber um großgeschriebene Eigennamen geht, sind das hinreichend verschiebene Dinge, um einen neuen Thread aufzumachen. Frisst ja kein Brot.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Sukie

Danke für eure Antworten.

@Maja: Geht klar, nächstes Mal direkt ein neuer Thread.

Also das lieber klein und nichts davon kursiv?
Mein Mann hat beim Problelesen auch gerade gemeint, dass es ihm nicht gefällt, wenn die Artikel großgeschrieben sind. Aus den Kontext kann man es sich definitiv herleiten, zumindest nach mehreren Sätzen.

@Fianna : Dort wurde auch der Artikel großgeschrieben?
"Impossibility is a kiss away from reality." (Sense8)

chaosqueen

Wenn der Artikel Teil des Eigennamens ist, muss er groß. Und bitte dekliniert werden. Kursiv setzen würde ich nichts, das stört meinen Lesefluss erheblich und hebt den Namen hervor, was aber nicht der Sinn ist - in meinem Kopf klingt das dann immer so, als stünde auf einer Speisekarte Rindergulasch, extra "lecker" - die Hervorhebung irritiert und sorgt im schlechtesten Falle dafür, dass man sie ins Gegenteil verkehrt.

Majas Einwand, dass man aber auch mal schauen sollte, wie Ganovnnamen in nterschiedlichen Sprachen überhaupt gebildet werden, finde ich auch hilfreich. "Das Messer" als Beinamen / Spitznamen finde ich völlig okay, Messer-Mackie ebenfalls (nicht für Deine Übersetzung, sondern aus Majas Beispiel). Das passt dann zu Ganoven-Ede und N****r-Kalle. ;)

Fianna

Mir fallen jetzt spontan nur Dinge ohne Artikel ein (habe die Bücher verliehen), aber es war alles groß geschrieben und kursiv, wenn ich mich recht entsinne. Also erzählt er z.B., das den Karren ein Gebrochenes Tier zieht (und man denkt sich als Leser nur "Wutt? Was is'n das?").

Im Englischen wir der Artikel ja nicht dekliniert, oder? Da müsste es doch immer "The Knife" heißen. Im Deutschen würde ich daher den Artikel weglassen und nur das Messer kursiv machen. Das ist ja im Prinzip ein Eigenname.

Churke

Zitat von: chaosqueen am 13. Dezember 2017, 16:03:06
Wenn der Artikel Teil des Eigennamens ist, muss er groß.

Wenn das Der Führer wüsste?  ;)
Spaß beiseite, ich bin mir da nicht so sicher. Artikel im Namen wie "von", "van", "zu" usw. schreibt man ja auch klein.
Gleiches gilt für den Abu-Bakr al-Baghdadi, wobei al-Baghdadi "der Bagdader" heißt.
Häufig wird bei arabischen Namen sogar das "Bin" (Sohn) oder "Bint" (Tochter) klein (ab)geschrieben, weil die Leute es für einen Artikel halten.
Früher wurde bei europäischen Umschriften der Artikel häufig zum Namen gezogen. Also "Albagdadi", oder, politisch unverfänglich, bei Heine "Almansor", den man natürlich auch al-Mansor schreiben kann, wenn man sich wichtig machen will.  ::)
Aber Dasmesser ist natürlich Quatsch, am gebräuchlichsten scheint mir, den Artikel einfach wegzulassen.

Sukie

Ich finde alle Seiten irgendwie logisch. Das macht es auch so schwer. Ich habe mich jetzt dazu entschieden, den Artikel klein zu schreiben, da er in groß doch irgendwie den Lesefluss stört.
Dafür habe ich ihn in seiner Vorstellung etwas hervorgehoben:

ZitatWie ließe sich sonst wohl die Anwesenheit des Messers erklären. Das Messer war schließlich niemand, der sich mit Personen wie dem Gaukler oder seiner Meute Kindern abgab.

Der zweite Satz begann im Englischen mit "he".

"Impossibility is a kiss away from reality." (Sense8)

Aphelion

Wenn du Messer aber wie einen Namen behandelt willst, müsste es dann nicht "Anwesenheit von" heißen - also "von Messer"? Vor allem der Artikel mit Genitiv wirkt wirklich sehr hochgestochen, finde ich, was überhaupt nicht zum zweiten Satz passt.

Namen werden im Deutschen in der Regel ohne Artikel verwendet - hier stimme ich Maja zu. Dann ist in meinen Augen auch klar, dass es sich nicht um einen Gegenstand handelt. "dem Gaukler" passt wiederum, weil das umgangssprachlich ist und zu "sich (nicht) mit jemandem abgeben" passt.

Ich habe vor Kurzem nochmal "Globalia" gelesen. Da wird ein solcher Name (Fräser) auch einfach ohne Artikel o.ä. verwendet. Die Gewöhnung war auch beim ersten Lesen überhaupt kein Problem. :)

Luna

Ich stimme ebenfalls Maja zu - im Deutschen würde ich einfach nur "Messer" schreiben, denn das "das" davor macht aus einem Messer eben DAS Messer.
Solche Spitznamen werden ja meist eh vergeben, weil jemand häufig mit etwas stark in Verbindung gebracht wird. Im Englischen wahrscheinlich eine Signaturwaffe, ein Messer (oder ein Dolch, je nach Zusammenhang). Im Deutschen würden wir den halt nicht als DAS Messer bezeichnen - eher als Messer, oder vielleicht sogar "die Klinge" ?

Flossenschwinge

#10
Ich kann nur nach meinem Gefühl als Leser gehen. Immerzu von einem Mann als 'das Messer' zu lesen, fände ich auf Dauer irritierend.

Den Artikel würde ich mir für Situationen aufheben, in denen ein echtes Messer auftaucht. Die Bezeichnung selbst würde ich vielleicht beim ersten Mal kursiv oder in einfache Anführungszeichen setzen, damit eindeutig ist, dass es sich um einen Spitznamen handelt. Danach würde ich nur noch Messer schreiben, also in normaler Schrift. Es gibt ja auch genug Nachnamen wie König, Wolf oder Fuchs, bei denen aus dem Zusammenhang klar wird, dass eine Person gemeint ist. Man gewöhnt sich recht schnell daran.


FeeamPC

#11
Ich erinnere mich an die [Ersetzung: rassistische Fremdbezeichnung für indigene Völker]bücher meiner Kindheit. Wenn da jemand Grauer Wolf hieß, ging der nächste Satz weiter mit ... der Graue Wolf ritt durch die Prärie ... oder so ähnlich. Bestenfalls noch zusammengezogen als Grauwolf. So, wie die Kavallerie die Langmesser waren, oder die Langen Messer.

Edit: das waren damals völlig normale und gebräuchliche Ausdrücke und so hießen die Bücher eben: I.N.D.I.A.N.E.R.B.Ü.C.H.E.R.- Das hier durch den zensierten Ausdruck zu ersetzen, ist nicht sinnvoll, da es das Verständnis meiner Aussage behindert.

flowrite

"Messer" würde mir auch zusagen, wobei ich aber, in einer Buchhandlung irgendwo mittendrin in deinem Buch schmökernd irritiert sein könnte, glauben, dass das ein echter Name ist, abgekürzt nach Bundeswehrmanier statt "Herr Messer".

Denkbar vielleicht auch "Messermann", gibt dem noch einen dunklen, fast bedrohlichen Touch.

Usaria

Hey Leute

Bei der ganzen Diskusion frage ich mich wieso der englische Spitzname The Kneif überhaupt umgeändert werden muss. Wie du schreibst handelt es sich dabei ja um einen Namen und wieso übersetzen. Wenn das Original im englischsprachigen Raum spielt, dann würde ich diesem Ganoven auch seinen englischen Spitznamen oder Hauptnamen lassen. Harry Potter wurde ja auch nicht bei der Übersetzung zu Hennry Schmid oder so.
Ich finde generell dass man nicht alles übersetzen muss. Wenn die Potagonisten ausländische Namen haben dann sollen sie diese auch bei der Übersetzung behalten. Ich finde es schon bei Mangas und Animes  doof wenn die Charaktäre deutsche Namen bekommen siehe Yu-Gi-Oh! Oder auch die Kickers!
Wenn dies jetzt auf auf Romane übergeht, dann gute Nacht!

Maja

Wenn das Original im Englischsprachigen Raum spielt, dann werden die Figuren auch alle Dialoge in englischer Sprache führen. Die im Buch dann eben auf Deutsch wiedergegeben ist, weil der Autor das Buch nicht auf Englisch geschrieben hat. Warum dann ein einzelner Spitzname unübersetzt bleiben sollte, wenn der Rest Deutsch ist, ergibt keinen Sinn. Anders, wenn das Buch in Frankreich spielt und eine Figur einen englischsprachigen Spitznamen hat. Solbald etwas von der Handlungssprache des Buches abweicht, kann man es so stehenlassen.

Es geht hier ausdrücklich nicht um Namen. Namen haben in ihrem Ursprung eigentlich immer eine Bedeutung - ob nun der Name einer Elfe wörtlich übersetzt heißt "die am Freitag nackt badet" oder auch Johannes wörtlich "Gott ist gnädig". Bei Eigennamen steht diese Bedeutung aber üblicherweise nicht im Mittelpunkt. Sie zu übersetzen, würde zu sehr von der eigentlichen Funktion, Name zu sein und nicht Beschreibung, ablenken. Anders verhält es sich bei Spitznamen. Diese sind beschreibender Natur und sollten daher für den Leser verständlich sein - ob das Buch nun in England spielt oder im alten China.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt