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Probleme mit Verlag

Begonnen von IngaSommar, 18. September 2017, 16:06:55

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IngaSommar

Hallo ihr Lieben!

Ich bin Grafikerin und gerade in einer ziemlichen Zwickmühle.
Vor ein einiger Zeit habe ich in einem Autorenforum angeboten, kostenlose Cover für Autoren zu gestalten, weil ich es lernen und mich damit irgendwann selbstständig machen wollte.
So. Nun haben sich natürlich viele Autoren bei mir gemeldet, was mich sehr gefreut hat. Darunter war auch eine sehr liebe Dame, deren Manuskript bei einem Verlag war, jedoch gefiel ihr das Buchcover vom Verlagsgrafiker absolut nicht.
Sie bat mich also, ihr ein neues Cover zu gestalten.
Das habe ich auch getan, über 4 Monate hinweg.

Sie hatte unglaublich viele Änderungswünsche(Über 15, 5 völlig verschiedene Entwürfe entstanden) und war auch sehr pingelig, sodass sie irgendwann auch sagte, dass der Verlag mir die vielen Stunden bestimmt vergüten wird.
Nun hat sich der Verlag gemeldet (nach über einem halben Jahr, übrigens...) und wollte mit mir über den Preis des Covers sprechen.
Der Herr meinte, normalerweise würden sie hauptsächlich mit Grafikern arbeiten, die ihre Arbeit umsonst zur Verfügung stellen. Und wenn man doch einen Grafiker bezahlen würde, so würde sich der Lohn zwischen 50€ und 100€ bewegen, mehr würde jedoch keiner bekommen.

In meinen Augen ist das Cover jedoch mindestens 400€ wert... ich weiß jetzt nicht genau, was ich tun soll. Ich möchte der Autorin keine Probleme machen, aber ich will meine Kunst auch nicht für 5Cent pro Stunde verschleudern.

Habt ihr eine Idee, wie ich das am besten angehen soll? Ich habe noch nie zuvor mit einem Verleger wirklich verhandeln müssen und es wäre einerseits schade, wenn ich das Cover und die vielen Stunden umsonst geopfert hätte, aber für 100€ will ich meine Zeit und meine Fähigkeiten auch nicht verkaufen.

Vielen Dank schonmal, ich hoffe, jemand kann mir ein wenig weiterhelfen...
Glg Inga

IngaSommar

Oha, ich habe ein wichtiges Detail übersehen:
Wenn ich mehr als 100€ für das Cover möchte, so müsse angeblich die Autorin alles darüber hinausgehende aus eigener Tasche bezahlen. Na toll.

Golden

#2
Naja, du hast ja ab Anfang an für umsonst gearbeitet, von daher hast du schlicht gesagt Pech gehabt.
Du kannst dir jetzt überlegen, ob du das Angebot annimmst oder ablehnst beziehungsweise nach einer höheren Vergütung fragst.

Ein Möglichkeit wäre natürlich, dass du das Cover für den angebotenen Preis verkaufst und als Referenz verwendest.
Eventuell wäre es auch eine Möglichkeit, weitere Aufträge von dem Verlag zu bekommen. Da müsstest du dir aber überlegen, ob du für den Preis arbeiten würdest und solltest vorher klar kommunizieren, was für 100 Euro in dem Paket enthalten wäre und wie viele Änderungswünsche (falls es überhaupt welche gibt) möglich wären.

Maja

Ich denke auch, dass du an der Stelle auf deiner Arbeit sitzen bleiben wirst. Es ist nicht Ärger mit dem Verlag, den du hast. Es ist Ärger mit dir selbst.

Du hast für umsonst gearbeitet. Als die Autorin Änderung über Änderung haben wollte, hättest du sagen müssen "Stop. Das geht weit über das hinaus, was ich dir für umsonst bieten kann, aber lass uns über einen Preis sprechen". Stattdessen hast du weitergearbeitet, Version über Version, ohne der Autorin einmal vor Augen zu führen, was das für ein Aufwand ist. Dann sagt die Autorin "Ach, der Verlag bezahlt bestimmt dafür" - und du, statt zu sagen "Okay, gib mir einen Ansprechpartner, das muss ich abklären", verlässt dich darauf und arbeitest weiter, ohne mit demjenigen, von dem du am Ende das Geld haben wirst, deine Gehaltsvorstellungen abgesprochen zu haben.

Dass der Verlag aus allen Wolken fällt, wenn das Cover plötzlich 400 Euro kosten soll, wundert mich nicht. Ich vermute, dass es sich um einen kleineren Verlag handelt - die Großen lassen sich schlichtweg nicht in ihre Cover reinreden. Und ein kleiner Verlag hat das Geld nicht. 400 Euro übersteigt bei weitem das, was ein Autor selbst an Tantiemen erwarten kann. Sie können höher ausfallen, aber üblicherweise verdient man an einer Kleinverlagveröffentlichung nicht viel. Oft nicht mal die hundert Euro, die der Designer für das Cover bekommt. Deine gesamten Stunden vergütet zu bekommen, so hart das jetzt klingt, kannst du abschreiben.

Du hast ohne Vertrag gearbeitet, ohne Kostenvoranschlag, ohne Zeitplan. Du hast dir viel zu viel Arbeit gemacht, aber das ist nicht die Schuld des Verlags. Es ist nicht mal Schuld der Autorin, weil du ihr nie einen Rahmen gesetzt hast, immer auf Kommando gesprungen bist, ohne dich einmal im Vorfeld zu informieren, was für Beträge für Cover gezahlt werden. Verbuch es unter Lehrgeld, und denk beim nächsten Mal daran, von Anfang an mit Kostenplan und nicht ohne Vertrag zu arbeiten.

Tut mir leid, dass ich dir an der Stelle nichts positiveres sagen kann.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

IngaSommar

Ja, du hast vollkommen recht... Ich hätte das wirklich im Vorhinein abklären sollen.
Immerhin ein sehr wertvolles Lehrgeld, schätze ich.

Alana

#5
Ich verstehe ehrlich gesagt auch nicht so ganz, wieso du erwartest, dass der Verlag jetzt so viel Geld bezahlt. Du hast deine Arbeit doch umsonst angeboten. Dass man dir zwischendurch eine Vergütung angeboten hat, ist nett, wirkt jetzt so wie du es erzählst, auf mich aber auch nicht wie eine feste Vereinbarung, die dich dazu hätte bringen sollen, mehr Arbeit in das Cover zu stecken. Im übrigen gehen sehr gute Proficover von sehr erfahrenen Designern heute schon für ca. 300 Euro über den Tisch. Du sagst, dass du Anfänger bist, zumindest im Coverbereich, daher brauchst du natürlich für ein Cover wahrscheinlich viel länger als ein Profi. Diese Übungszeit dem Kunden in Rechnung zu stellen ist auch nicht die normale Vorgehensweise. Normalerweise übt man, bis man das Handwerk beherrscht und bearbeitet dann Aufträge, dann kann man auch besser abschätzen, was man dem Kunden in Rechnung stellen muss, damit man genug damit verdient. Sorry, wenn ich das so hart sage. Ich bin eigentlich wirklich sehr dafür, dass man seine Arbeitszeit vergütet bekommt, aber in diesem Fall finde ich, dass du dir selbst ein Bein gestellt hast. Ich hätte von Anfang an keine Cover umsonst angeboten, höchstens für Freunde und gute Bekannte. Das ist der Punkt, an dem du selbst deine Arbeit zu wenig wertgeschätzt hast. Verbuch es als Erfahrung und nimm dir jetzt mal in Ruhe Zeit, dir zu überlegen, was für dich und dein Business die beste weitere Vorgehensweise ist. Ach, und nimm die 100 Euro. Da es keinen Vertrag gibt, finde ich es ehrlich gesagt ziemlich anständig vom Verlag, dass er dir so viel bezahlt. :) Und weil das alles jetzt irgendwie viel härter klingt, als ich es möchte, kriegst du noch einen  :knuddel:
Alhambrana

Churke

Zitat von: IngaSommar am 18. September 2017, 16:06:55
In meinen Augen ist das Cover jedoch mindestens 400€ wert... ich weiß jetzt nicht genau, was ich tun soll. Ich möchte der Autorin keine Probleme machen, aber ich will meine Kunst auch nicht für 5Cent pro Stunde verschleudern.

Die Frage ist, um welche Art Verlag es sich handelt. Ein Kleinverlag, der für ein Cover 50 Euro einkalkuliert, wird dir niemals 400 Euro bezahlen können. Deshalb sollte man solche Dinge vorher klären: Ein Verlag, der 50 Euro für ein Cover kalkuliert, erwartet höchstens eines für 100 Euro. Und dann muss man der Autorin eben irgendwann sagen, dass ihr Änderungswünsche den Kostenrahmen sprengen.

Das klingt jetzt ziemlich dämlich von meiner Seite, aber zum Freiberufler (nicht im Rechtssinne gemeint) gehört auch die kaufmännische Seite. Vieles lernt man da wirklich auf die harte Tour.  :ithurtsandstings!:

Maja

Es ist leider eine harte Schule, durch die man als Freiberufler durch muss, und ich kenne niemanden, der nicht so eine Geschichte im Schrank hätte - Arbeit, auf der man sitzen geblieben und für die man nie bezahlt worden ist. In meinem Fall waren es zwei Hörspielskripte und mein Anteil am Konzept der ganzen Serie, in die ich viele Monate Arbeit gesteckt habe und für die ich am Ende keinen Cent gesehen habe. Und in dem Fall hatte ich einen Vertrag, der Hörspielverlag hat es schlichtweg nicht für nötig befunden, sich dran zu halten.

Aber wenn man seine Kunst zum Beruf machen will, gehört dazu, sich immer vor Augen zu rufen: Was kann ich für meine Arbeit verlagen? Und ist es mir das wert? Als Autor, z.B., darf man gar nicht erst auf die Idee kommen, in Dimensionen wie Stundenlohn zu rechnen. Allein in der Schreiben der Rohfassung fließen hunderte von Arbeitsstunden, plus Überarbeitung, Lektorat ... Am Ende bekommt man bei einem großen, renommierten Verlag einen Vorschuss von 5.000 Euro, zahlt tausend davon als Provision an den Agenten, und weiß, dass das Buch den Vorschuss nicht einspielen wird und man über diese 4.000 Euro hinaus kein Geld sehen wird für viele Monate, die man an Arbeit reingesteckt hat. Und das ist bei einem großen Verlag.

Man wird niht reich mit Kunst - das ist noch untertrieben. Man liegt oft weit unter dem absoluten Minimum. Mindestlohn? Darüber kann man in unserer Branche oft nur lachen. Deswegen ist es für mich wichtig, nur die Arbeiten zu machen, auf die ich auch wirklich Lust habe. Ich schreibe nichts, was ich nicht mag und nicht schreiben will - wenn ich Arbeit machen will, die mir keinen Spaß macht, kann ich mir auch einen Job suchen und mich richtig dafür bezahlen lassen.

Wichtig ist, sich klarzumachen, dass man kein Hansel ist. Weder als Autor, noch als Coverdesigner. Auch, wenn man für umsonst, oder buchstänblich umsonst, arbeitet - mach demjenigen, für den du das tust, klar, dass deine Arbeit etwas wert ist, und du auch. Lass dich nicht rumschubsen. Sag Stop. Dieser Markt brignt eine große Bereitschaft mit, seine Künstler auszubeuten. Fang nicht damit an, es mit dir selbst zu tun.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Alana

#8
Sehr schön zusammengefasst, Maja. Ich glaube wirklich, diese Fehler haben wir alle gemacht. Zum Beispiel die Rechte an einem Buch für immer und ewig weggegeben, weil man dachte, das gehört so. *räusper*

ZitatLass dich nicht rumschubsen. Sag Stop. Dieser Markt brignt eine große Bereitschaft mit, seine Künstler auszubeuten. Fang nicht damit an, es mit dir selbst zu tun.

Das unterschreibe ich. Du kannst tun, was du willst, aber du ganz persönlich solltest immer nur Entscheidungen treffen, mit denen du glücklich bist.

@IngaSommar: Übrigens wollte ich dir auch noch einen Tipp geben, was die Verhandlungen betrifft: Auch als Coverkünstler kann man eine Beteiligung an den Verkäufen oder eine Art Bestsellerbonus aushandeln. Natürlich ist das nicht viel und die Schwelle dafür ist meist sehr hoch (ein paar Cent pro verkauftem Buch, ab 10.000 verkauften Stück oder so), aber du kannst es ja mal versuchen, auch wenn nicht sehr wahrscheinlich ist, dass du davon was bekommst, denn 10.000 Stück muss man erst mal verkaufen. Aber wenn ein Buch sich richtig gut verkauft, liegt das ja oft auch am Cover, da ist das durchaus legitim, dass der Designer noch mal was bekommt, wenn das Buch so richtig einschlägt.
Alhambrana

FeeamPC

Das teuerste Cover, das ich je eingekauft habe, war das nach den Sätzen von Verwertungsgesellschaft Bild/Kunst bezahlte von einem der Märchenbücher. Das war ziemlich zu Anfang, als ich noch rosarot sah, was man im Buchgeschäft wohl verdienen kann, und hat mich 350 Euro gekostet. Aber das war vorher mit der Künstlerin abgemacht, und ich habe es sowieso nur gemacht, weil ich für den anderen Band ein Stockphoto zum sensationellen Preis von 54 Cent nehmen konnte. Trotzdem waren die Bücher auch zusammengenommen für den Verlag ein Minusgeschäft.
Hin und wieder gönne ich mir noch den Luxus eines nicht selbst gemachten Covers, aber wenn ich stets maßgeschneiderte Cover machen lassen würde, wäre der Verlag schneller pleite, als ich "Buch" sagen kann.
Ein Kleinverlagscover sollte nicht viel mehr als 50 Euro kosten. Wenn dieser Verlag 100 Euro anbietet, ist das großzügig.

Ahneun

#10
Du, @IngaSommar,
Dein Angebot, die Cover "umsonst", d.h. -> Du schreibst zu Lehrzwecken um Dich zu verbessern, anzufertigen, wie hast Du Dir den Fortgang Deiner Arbeit vorgestellt. Ich meine, wie geht es danach weiter? Die Rechte an Deiner Arbeit würden ja bei Dir liegen.
Es kommt ja ein Vertrag zwischen Dir und dem Autor, letzten Endes mit dem Verlag zustande, obwohl Du dafür keinen Preis ausgehandelt hast.
Darf jetzt ein von Dir entworfenes Cover weiter verwendet werden?

Im übrigen bin ich bei @Alana, nimm die 100 EUR und sei dankbar. Es ist 100 x besser als nix. Ein blaues Auge. Das tut jetzt erst mal weh, schlimmer wäre es, wenn Du daraus nichts lernst. Diese Frage hier zu stellen finde ich richtig und gut.
LG  :knuddel:
- Ein Diamant
ist