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[Artikel] Urteil: Haftung bei Linksetzung

Begonnen von Nycra, 09. Dezember 2016, 10:52:21

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Nycra

Der Amtsschimmel macht es uns mal wieder schwer. In diesem jüngsten Urteil erkennt das LG Hamburg an, dass ein gesetzter Link auf eine Seite mit urheberrechtsverletzenden Inhalten schon zur Haftung führen kann. Dies gilt für jeden, der mit seiner Seite eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, das kann sowohl für Autorenhomepages als auch für Autorenseiten auf Facebook gelten.

D.h. wenn ihr einen Link zu einem befreundeten Autoren setzt, müsst ihr vorher prüfen, dass keine dieser verlinkten Seiten eine Urheberrechtsverletzung begangen hat, siehe hier.

Für mich heißt das, dass ich alle Links auf meinen Seiten zu anderen Autorenseiten rigoros löschen werde, weil noch nicht klar ist, ob man auch haftet, wenn der Betreiber der verlinkten Seite, nach der bereits erfolgten Prüfung doch noch eine Urheberrechtsverletzung begeht. Denn das würde bedeuten, ich müsste jede dieser Seiten täglich auf Urheberrechtsverletzungen kontrollieren.

Lothen

Ich bin mir nicht sicher, aber ich verstehe das so, dass die Linksetzung mit Gewinnerzielungsabsicht getätigt werden muss.

ZitatGelten sollte dies zumindest dann, wenn der entsprechende Link mit Gewinnerzielungsabsicht bereitgestellt wurde

D.h. diese Regelung wäre nur dann relevant, wenn ich z.B. als Coverdesigner auf eine Autorenseite verlinke, deren Cover ich designt habe und wo ich am Gewinn beteiligt bin. Auch blöd, aber auf die Seiten befreundeter Autoren zu verweisen, an deren Werken man nicht mit Gewinn beteiligt ist, sollte von der Regelung nicht betroffen sein.

Nycra

#2
Jain, genau da ist nämlich das Problem. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das auch für deine Autorenseite gilt, wenn du bereits veröffentlicht hast, weil durch einen Beitrag machst du auf deine Seite in Verkaufsabsicht aufmerksam. Und wenn du das mit einem Link kombinierst, der ggf. auf eine entsprechende Seite führt, machst du dich angreifbar. Das Gericht hat hier leider sehr schwammig formuliert.

Edit:
Zitat von: Lothen am 09. Dezember 2016, 11:01:33
Auch blöd, aber auf die Seiten befreundeter Autoren zu verweisen, an deren Werken man nicht mit Gewinn beteiligt ist, sollte von der Regelung nicht betroffen sein.
Meiner Meinung nach greift das nur, wenn deine Seite nicht kommerziell ist, also du selbst nicht auch Bücher o.a. verkaufen willst.

Drachenfeder

Ich habe davon auch vor ein paar Tagen gehört, weil ich gemeinsam mit einer Bloggerin ein Gewinnspiel "Die dunkelbunten Farben des Steampunk" durchführe. Sie hat mir gesagt, dass man nun ziemlich aufpassen muss und einem nur noch Steine in den Weg gelegt werden.

Ganz ehrlich, ich blicke da überhaupt nicht mehr durch, was man darf und was nicht.

Wenn ich es einigermaßen verstehe, darf ich noch nicht mal andere Autorenwebsites auf meiner einen verlinken? Und auch auf FB keine Werbung mehr für meine eigenen Sachen machen? Na dann können wir kleinen Autoren aber einpacken.



Lothen

@Nycra : Genau das ist der Punkt, der mir nicht klar ist. Bezieht sich das "nicht komerziell" auf die Seite, auf der sich der Link befindet, oder auf den Link selbst. Das ist schon ein Unterschied. Aber ich finde das auch massiv schwammig ...

ZitatUnd auch auf FB keine Werbung mehr für meine eigenen Sachen machen?
Also das sollte kein Problem sein. Es geht ja nur darum, dass man belangt werden kann, wenn die Seite, die man verlinkt, eine Urheberrechtsverletzung begangen hat. Wenn du deine eigene Seite verlinkst und du hast auf der eine Urheberrechtsverletzung begangen, dann bist du ja so oder so dran. ;) Link hin oder her.

Nycra

Zitat von: Drachenfeder am 09. Dezember 2016, 11:18:40
Und auch auf FB keine Werbung mehr für meine eigenen Sachen machen? Na dann können wir kleinen Autoren aber einpacken.
Nein, das stimmt nicht. Für deine eigenen Sachen darfst du Werbung machen. Du musst nur sicherstellen, dass, falls du Links verwendest, der Zielort (die Seite, auf die du verlinkst) keine geklauten Inhalte verwendet.

Verlinkst du also auf deine Verlagsseite, sollte das kein Problem sein, ebensowenig auf Amazon. Verlinkst du dagegen auf meine Autorenseite von FB oder meine Homepage, musst du vorher (alle!) meine Inhalte prüfen, ob ich jemandes Urheberrecht verletze. Das fängt im Übrigen bei Kopien von Zeitungsausschnitten an, für die es keine schriftliche Genehmigung geht über verwendete Schriftfonds und Bilder bis zuRenzensionszitate ohne Genehmigung. Auch spannend ist es, wenn du ein Gewinnspiel oder eine VÖ von einem befreundeten Autor teilst, dann musst du auch da überprüfen, ob derjenige nicht irgendwas Verbotenes gepostet hat.

Mit diesem Urteil werden allen, nicht nur Autoren, unverhältnismäßige Steine in den Weg gelegt. Ich gehe davon aus, dass hier irgendwann nachgebessert wird und man mit einem einfachen Haftungssauschluss (Für die Inhalte der verwendeten Links übernehme ich keine Haftung) aus der Sache rauskommt. Bislang kann man den Satz zwar reinschreiben, aber es ist nicht sichergestellt, ob man sich damit rettet.

@Lothen Momentan gehe ich von beiden Richtungen aus, weil das Urteil eben genau das nicht definiert. Bis zu einer gerichtlichen Entscheidung, die diesen Sachverhalt genau klärt, müssen wir eben vom Schlimmsten ausgehen.  :happs:

Alana

Wir könnten ja Links generell verbieten. Lasst uns das Internet schließen. Dann ist auch das Problem mit der Ebook-Piraterie gelöst. Win win, würde ich sagen. :P
Alhambrana

Nycra

Zitat von: Alana am 09. Dezember 2016, 11:32:22
Wir könnten ja Links generell verbieten. Lasst uns das Internet schließen. Dann ist auch das Problem mit der Ebook-Piraterie gelöst. Win win, würde ich sagen. :P
Tom Orgel hat es ähnlich drastisch formuliert - das es genau darauf hinauslaufen könnte. Es ist einfach lächerlich, wie Gerichte am Bedarf vorbeientscheiden. Ich meine, wer kann denn sicherstellen, dass niemals auf einer verlinkten Seite urheberrechtsverletzende Dinge auftauchen. Manchmal passiert das ja auch aus Versehen, man wird darauf hingewiesen, ändert das und gut. Aber dann gleich in Sippenhaft genommen zu werden ist lächerlich. Ich möchte den Richter sehen, der sich hinsetzt und sämtliche Inhalte einer Website auf derartige Verletzungen hin durchsucht - ganz abgesehen davon, dass ich nichtmal erkennen würde, wenn eine Rechteverletzung vorliegt.  ::)

Janika

Wir hatten das Thema just am Dienstag in der Medienrecht-Vorlesung, und gestern oder vorgestern habe ich dann von dem Urteil gelesen. Es ist doch echt zum Mäusemelken. :wums:

Zitat von: Alana am 09. Dezember 2016, 11:32:22
Wir könnten ja Links generell verbieten. Lasst uns das Internet schließen. Dann ist auch das Problem mit der Ebook-Piraterie gelöst. Win win, würde ich sagen. :P
Genau, dann muss dafür auch keine Lösung mehr gesucht werden, dann haben die Zeit, sich andere Dummheiten auszudenken. ::)
Immer eine Handbreit Plot unter dem Federkiel haben.

Kaeptn

Hier ein weiterer Artikel dazu http://www.golem.de/news/angriff-auf-verlinkung-lg-hamburg-fordert-pruefpflicht-fuer-kommerzielle-webseiten-1612-124965.html

Vor allem der konkrete Fall ist absurd. Da hat jemand ein Creative Commons Foto genommen, verändert und auf seine Seite gestellt - aber nicht auf den Urheber hingewiesen. Und darauf hat dann jemand verlinkt.

Ob man "nur den verlinkten Inhalt" oder "die ganze Seite" prüfen muss, ist unklar, die beiden beteiligten Kanzleien interpretieren das unterschiedlich. Normalerweise könnte man ja auf die nächste Instanz hoffen, aber leider wurde das Urteil vom Beklagten akzeptiert.

Es zeigt aber wiedermal, was passiert, wenn Juristen über Dinge urteilen, von denen sie keine Ahnung haben.

Nycra

Zitat von: Kaeptn am 09. Dezember 2016, 11:43:08
Ob man "nur den verlinkten Inhalt" oder "die ganze Seite" prüfen muss, ist unklar, die beiden beteiligten Kanzleien interpretieren das unterschiedlich. Normalerweise könnte man ja auf die nächste Instanz hoffen, aber leider wurde das Urteil vom Beklagten akzeptiert.
Als alte Pessimistin gehe ich vom worst case scenario aus. Ich arbeite zwar in einer Anwaltskanzlei, die mich im Zweifel in so einem Fall kostenlos vertreten würde, aber darauf will ich es wirklich nicht ankommen lassen.

Alana

Würde bedeuten, dass ich den legal von meinem Verlag auf youtube bereit gestellten Buchtrailer nicht mehr verlinken darf, weil es dort vor rechtsverletzenden Inhalten wimmelt. Ja. Das ist doch mal ein sinnvolles Urteil.
Alhambrana

Nycra

Zitat von: Alana am 09. Dezember 2016, 11:51:18
Würde bedeuten, dass ich den legal von meinem Verlag auf youtube bereit gestellten Buchtrailer nicht mehr verlinken darf, weil es dort vor rechtsverletzenden Inhalten wimmelt. Ja. Das ist doch mal ein sinnvolles Urteil.
Hoppala, soweit hab ich gar nicht gedacht, aber ja, da könntest du tatsächlich Recht haben.  :hmmm:

Drachenfeder

Wenn ich das alles so lese glaube ich sehr stark, dass die Gerichte sich da irgendwie übernommen haben und schnell wieder rumrudern werden. Zumindest was schon angesprochen wurde, eine Lockerung kommen wird.




Nycra

Das hoffe ich, @Drachenfeder.

Was mir gerade noch gekommen ist: Wie würde denn ein Fall gehandhabt, bei denen man eine Seite verlinkt, die zwar keine urheberrechtliche Verstöße begangen hat, aber selbst wiederum einen Link geteilt hat, die auf eine betroffene Seite verweist? Damit würden die ja gemäß diesem Urteil auch einen Urheberrechtsverstoß begehen. Wie weit zurück müsste man dann prüfen, dass man da vollkommen sicher ist? Das ist doch vollkommen lächerlich.

@Alana Könnte sein, dass Youtube in dem Fall nur als Plattform auftritt und die Channel als eigene Seite gelten. Das wäre zumindest mein Argument, um hier gegen eine mögliche Anzeige vorzugehen, denn Youtube stellt ja nur die Plattform bereit, nicht die Inhalte.

Gott, je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr Knoten bekomme ich in ins Hirn. :gähn: