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Romane in Leichter Sprache gesucht

Begonnen von Merlinda, 02. November 2016, 12:20:31

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Merlinda

So, ich werfe meine Frage mal hier in den Raum:
Kennt ihr Fantasyautoren, die in Leichter Sprache schreiben?
Ich schreibe meinen Bachelor über das Thema "Leichte Sprache - Wie tragen Fantasybücher in Leichter Sprache zur Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigung bei?"
Mein Problem: Ich habe (fast) keine Romane in Leichter Sprache gefunden. Von Fantasy mal ganz zu schweigen.
Ich habe die Leiterin der Bibliothek der Deutschen Menschenrechte als Interviewpartnerin. Allerdings kann sie mir nur Übersetzungen von Rechtsbüchern bieten.
Romane in Leichter Sprache haben alle irgendwie einen Hintergedanken, die einen Lehreffekt erzielen wollen. (Buch über ein lesbisches Pärchen z.B.)
Ich hab mir jetzt überlegt, dass ich Fantasyautoren frage, wie sie die Entwicklung auf dem Markt sehen und ob sie es sich vorstellen könnten in Leichter Sprache Bücher zu schreiben. Oder ob sie bereit wären ihre Werke übersetzen zu lassen. (Falls sich jemand angesprochen fühlt bitte melden :D. )
Und falls jemand weitere Infos zu dem Thema mag, dem kann ich meine Gliederung und weitere Gedanken zu dem Thema schicken.
Ich bin mal auf eure Ideen zum Thema Leichter Sprache in der Fantasy gespannt. ;)

Maubel

Was ist denn Leichte Sprache? Vom Titel her, kann ich mir etwas zusammenreimen, aber vielleicht erklärst du das noch mal? Ich dachte nämlich erst daran, nicht so kompliziertes Geschwafel zu schreiben, aber es geht ja doch eher um Beeinträchtigungen, also noch mal leichter?

Malinche

@Merlinda: Das gehört nicht wirklich in den Kaffeeklatsch, ich sehe das im weitesten Sinne als ein Schreibthema. Soll ich das mal abtrennen, damit wir einen eigenen Thread dafür haben? Denn das Thema ist spannend und es wäre schade, wenn das hier im Off Topic untergeht, wo es außerdem einfach nicht hingehört.
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Merlinda

@ Malinche
Das wäre superlieb, wenn du das verschieben könntest.
Tut mir Leid, dass ich dir Zusatzarbeit mache. :/

@ Maubel
Ich würde es dann im neuen Thread nochmal genau definieren?

Tigermöhre

Ich musste auch erstmal googlen, was "Leichte Sprache" bedeutet. Wenn ich das richtig verstehe, geht es vom Sprachniveau in Richtung Leseanfänger, oder? Richtige Romane sind mir so noch nicht untergekommen. Nur Kurzgeschichten für Kinder. Davon habe ich im Fantasybereich auch ein paar hier herumfliegen. ;)

Seine Romane übersetzen lassen fände ich spannend. Da Menschen mit Beeinträchtigung wahrscheinlich nicht nur über 7-jährige Kinder lesen wollen.

Berjosa

Aus dem Stand fallen mir da auch keine Titel oder Autoren ein, aber vielleicht könnte sich eine Anfrage bei der Phantastischen Bibliothek lohnen?

Die sind u.a. in Sachen Leseförderung schwer aktiv, und ich könnte mir vorstellen, dass es da Berührungspunkte gibt.

pink_paulchen

Ich empfehle den "Spaß am Lesen Verlag". Der übernimmt Bestseller und Klassiker in einfache Sprache und hat beispielsweise "Dr. Jekyll und Mr. Hyde" im Angebot aber auch "In 80 Tagen um die Welt".
Hilft dir das?

Maubel

Zitat von: Merlinda am 02. November 2016, 12:30:56
@ Maubel
Ich würde es dann im neuen Thread nochmal genau definieren?

Ich habe es mittlerweile auch gegooglet, aber als Info wäre es oben sicher nicht verkehrt, damit alle etwas anfangen können.

Wenn ich mir so die Regeln ansehe, scheint Fantasy einfach schwierig zu übersetzen zu sein. Z.B. wird ja auch eine bildhafte Sprache vermieden, aber gerade das Fantasygenre arbeitet ja mit Bildern. Ich stelle mir zumindest gerade sehr schwer vor, mein NaNo-Buch auf aktive, kurze Sätze runterzubrechen. Da geht ja dann unheimlich viel an Atmosphäre verloren. Dass das leichter zu lesen ist, ist keine Frage, aber macht das überhaupt Spaß?
Ich verstehe total, dass die Leichte Sprache für Gesetzestexte u.ä. unabdinglich ist und es da so eine Version geben muss - hilft vielleicht auch mal bei anderen. Auch bei Bedienungsanleitungen oder ähnlichen Sachtexten, aber bei Romanen sehe ich das schwieriger. Auch Menschen mit Beeinträchtigungen wollen von Romanen ja unterhalten werden und was bringt ihnen das, wenn sie es zwar lesen können, aber nie irgendeine Stimmung aufkommt? Da würde ich dann wohl eher zum Hörbuch greifen. Zum Lesen lernen, ist es wieder anders rum ... hmm, ich finde das ist eine richtige Gratwanderung, ob sich das überhaupt lohnen würde.
Ich kenn aber leider keine.

zDatze

In meiner Heimat-Bib haben wir von "Tschick" von Wolfang Herrndorf in Leichter Sprache. Ich werde mich mal bei der Kollegin erkundigen, die sich mit dem Thema näher befasst hat, ob sie eine Literaturliste hat. Sie hatte zumindest einmal davon gesprochen, dass sie noch ein paar Bücher einstellen möchte, die in leichter Sprache verfasst sind.

Für alle, die sich für das Thema interessieren. Auf dieser Seite gibt es eine kurze Leseprobe von Tschick, die in Leichter Sprache verfasst ist.

Sprotte

Ganz tolle Informationen rund um "Leichte Sprache" hat der NDR (Norddeutscher Rundfunk).

Zit

Hm, Bücher in Leichter Sprache wären mir auch neu. Ich kenne, ehrlich gesagt, auch nur Einfache Sprache, da ja noch ein bisschen komplexer sein darf.

So wie es aussieht, gibt es in Dresden neuerdings ein Kompetenzzentrum Leichte Sprache – vielleicht gibt es so etwas auch in deiner Nähe?
Ansonsten gibt es noch Netzwerk Leichte Sprache, die Leselisten anbieten. (Aber das wirst du schon gefunden haben?) Zumindest tacuht unter ihren Lesetipps auch der Passanten Verlag auf, der ein paar Klassiker wie Moby Dick oder Undine im Angebot hat, aber auch Neuerscheinungen rausbringt.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Evanesca Feuerblut

Die Lebenshilfe Berlin hat vor einem Jahr ein Buch ausgeschrieben, für das man Kurzgeschichten in Leichter Sprache schreiben sollte.
Sie organisieren außerdem einen Lesekreis für das Lesen von Geschichten in Leichter Sprache, vielleicht findest du da noch einen Ansprechpartner?
Hier sind Telefonnummern und Kontaktdaten angegeben, man muss nur etwas scrollen.

chaosqueen

Ich möchte mal kurz Danke sagen für diesen Thread, weil mir Einfache oder Leichte Sprache bisher nur einmal in Verbindung mit "na toll, dann lernen die Kinder gar keine richtige Sprache mehr" untergekommen ist. Ich hab das so zur Kenntnis genommen, ohne mir Gedanken zu machen, was genau das eigentlich ist und wem es durchaus nützlich ist.

Ich hab mir den Tschick-Auszug durchgelesen. Als normal lesebegabter Mensch ist es erstaunlich anstrengend, fast nur Hautsätze zu lesen, aber tatsächlich kommt dennoch einiges vom Text rüber, auch ohne bildhafte Sprache.

Ich kann mir allerdings auch vorstellen, dass es kaum Fantasy in Leichter Sprache gibt. Wobei sich der Herr der Ringe da eigentlich anbietet:

Hobbits leben im Auenland. Sie sind klein. Sie essen gerne und sind fröhlich.
Sauron ist ein böser Magier. Er will die Weltherrschaft.
Gandalf ist ein guter Magier. Er kommt weder zu früh noch zu spät. Er kommt immer zur richtigen Zeit.
Frodo ist ein Hobbit. Er hat einen Ring geerbt. Den Ring hat sein Onkel gefunden. Der Ring hat sehr viel Macht.
Sauron will den Ring. Gandalf will das verhindern. Frodo muss sich mit zwei Freunden auf eine lange Reise machen.
Unterwegs finden sie weitere Freunde. Sie nennen sich die neun Gefährten. Gemeinsam durchstehen sie viele Gefahren und einer von ihnen stirbt.
Sie lernen böse Orks und gute Elben kennen und einen Mann, der immer singt.
Frodo fällt es immer schwerer, der Macht des Ringes zu widerstehen. Der Ring kann unsichtbar machen. Aber dann kann Sauron den Ringträger sehen.
Die Gefährten müssen durch eine dunkle Mine und werden fast getötet. Gandalf rettet sie vor einem Balrog. Ein Balrog ist ein uralter Feuerdämon. Gandalf stürzt mit dem Balrog in die Tiefe. Die anderen können so flüchten.
Später treffen sie weitere Elben. Dann müssen sie sich trennen.
Während die anderen die Welt retten, bringen Frodo und Sam den Ring nach Mordor. Das ist Saurons Land. Hier steht der Schicksalsberg. Der Schicksalsberg ist ein Vulkan. Nur in seinem Feuer kann der Ring zerstört werden.
Sauron und der böse Magier Saruman führen die Orks in einen Krieg gegen die Elben und Menschen. Denen kommen wandernde Bäume zu Hilfe.
Am Ende werfen Sam und Frodo den Ring in den Vulkan und alles ist wieder gut. Sie reisen auf Adlern nach Hause und feiern ein Fest. Die Elben verlassen Mittelerde.

Na gut, da hab ich arg viel ausgelassen, aber ich stelle fest, dass das sogar Spaß macht! :D

Allerdings finde ich es leichter, eine bestehende Geschichte auf leichte Sprache herunterzubrechen, als von Anfang an in Leichter Sprache zu schreiben - vielleicht ist das mit ein Grund, dass es so wenig Literatur in Leichter Sprache gibt? Abgesehen davon, dass ich sicher nicht der einzige Mensch bin, dem das bisher überwiegend unbekannt war.

Kamen

#13
Okay, ich oute mich mal als Pseudo-Expertin in Leichter Sprache.
Für meine Arbeit letztes Jahr mit Sanjani musste ich unseren Homepage-Auftritt in Leichter Sprache übersetzen. Zum Glück haben wir das dann nicht selbst machen müssen ;).
In Münster sitzt eigentlich das größte und kompetenteste Netzwerk für Leichte Sprache. Wie schon vorher irgendwo verlinkt, das Netzwerk Leichte Sprache. Ich würde dir empfehlen, dass du dort mal nachfragst. Direkt ist immer die beste Lösung.


Fantasy ist eine Art zu erzählen.
Dort gibt es viele fremde Namen.
Oft sind sie in Englisch.
Englisch spricht man eng-lisch
und es ist eine fremde
Sprache.

Allein das Wort Fantasy in Leichter Sprache zu erklären ist schwer. @chaosqueen : Deine Sätze sind schön kurz, aber die Schwierigkeit sind die Fremdwörter und einige Dinge, die jemand mit Lese- und Lernschwäche nicht verstehen kann (wie zum Beispiel das Erscheinen von Gandalf *gg*)
Aber es ist wirklich ein total faszinierendes Thema! Merlinda, die anderen haben schon eine Menge Links gepostet, bei denen du schauen kannst. Es gibt in jedem Bundesland eine/n Behindertenbeauftrage/n, der/die auch für das Thema Leichte Sprache zuständig ist. In der Flüchtlingsarbeit wird es natürlich auch extrem oft benutzt, da es wirklich gut erklären kann.


Ich habe noch einen Leitfaden für Leichte Sprache als Pdf, mit dem ich viel gearbeitet habe.

[Edit] Hier noch einen Link der Aktion Mensch, der extrem gut ist und wichtige Infos bringen kann: Bücherei für Leichte Sprache
Mein Sternzeichen? Schwalbenschwanz, Aszendent Gummiente

Aphelion

Es ist natürlich schön, wenn durch eine Bewegung "von oben" so etwas wie Leichte Sprache ins Rollen kommt, aber letztlich sollte das nicht das Ziel sein. Genauso wie bei Übersetzungen aus anderen Sprachen gilt: Sie sind kein vollständiger Ersatz. Niemand kann z.B. erwarten, dass alle italienischen Autoren auf einmal (auch) Englisch schreiben, nur weil das der globalen Mehrheit der Leser entgegenkommt. Das geht auch in die Richtung: Warum gibt es so wenig Romane, die nur in leichter Sprache verfügbar sind? Weil dazu die Autoren aus dem Herzen der Zielgruppe fehlen, die "Muttersprachler" in gewisser Weise. (Der Vergleich hinkt an vielen Stellen, aber ich hoffe, die Richtung wird deutlich?)

Zitat von: Maubel am 02. November 2016, 13:20:30Da geht ja dann unheimlich viel an Atmosphäre verloren. Dass das leichter zu lesen ist, ist keine Frage, aber macht das überhaupt Spaß?
Kopfkino funktioniert auch mit Leichter und Einfacher Sprache und sprachliche Ausschmückung ist nicht alles, was Geschichten zu bieten haben. Natürlich kann ein Roman in Leichter Sprache Spaß machen! Das ist ungefähr so, als würdest du einem Gehbehinderten den Spaß am Basketballspielen im Rollstuhl absprechen (oder: den Spaß anzweifeln), weil das ohne Beine ja nur eine halbe Sache sei.

Selbst wenn wir davon ausgehen, dass ein Roman in Leichter Sprache nur eine halbe Sache ist und das Ganze zynisch in Zahlen packen: Nehmen wir an, eine Geschichte besteht aus 50% Handlung und 50% sprachlicher Schönheit. Für dich ist die Wahl zwischen Leichter Sprache oder keiner Leichten Sprache die Wahl zwischen 50% und 100%. Für jemanden, der die Option 100% (in diesem Beispiel) nicht hat, besteht die Wahl aus 0% und 50%. 50% sind nicht wertlos und können immer noch Spaß machen! Wenn du ansonsten nur 1% bekommst und auf einmal 50%, eröffnet sich dir eine ganz neue Welt - was jemand, der 95% nonstop gewohnt ist, vermutlich nur schwer nachvollziehen kann.

In der Realität lässt sich die Leseerfahrung allerdings nicht in kalte Zahlen fassen, weil du immer nur dein eigenes Empfinden hast.

Abgesehen davon sind Sprachverstehen und Lesen sehr komplexe Prozesse - wie komplex sie wirklich sind, fällt oft erst dann auf, wenn auf einmal etwas nicht (mehr) funktioniert. Hörbücher sind desalb nur für eine Minderheit innerhalb der Zielgruppe von Leichter Sprache eine Alternative: Auch gesprochene Sprache musst du verstehen.