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Fremdsprachliche Ortsnamen kursiv hervorheben?

Begonnen von Fafharad, 21. August 2016, 11:52:58

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Fafharad

Hallo Zirkler,

ich verzweifle gerade an spanischen Straßen- und Ortsnamen. Mein Text hat ein halbes Jahr in der Schublade gelegen, und jetzt stolpere ich beim Lesen über Sachen wie "Calle Pedrell" oder "Plaza de las Tres Culturas".
In vielen Romanen sind fremdsprachliche Ausdrücke kursiv gesetzt; bei unübersetzbaren Flüchen oder Ausrufen verfahre ich genauso. Das Experiment, die Ortsnamen ebenfalls so hervorzuheben, befriedigt mich nicht, weil dadurch zuviel kursive Formatierung in den Text kommt. Und die Übersetzung ins Deutsche geht auch nur bedingt: Beim "Platz der drei Kulturen" funktioniert das, aber eine "Pedrell-Straße" klingt nun mal nicht, als befände sie sich in Mexiko-Stadt. Und eigentlich möchte ich das einheitlich handhaben.

Zur Veranschaulichung:
ZitatDie schwarze Silhouette des nächtlichen Besuchers draußen auf der Calle Pedrell zeichnete sich scharf gegen die fahle Straßenbeleuchtung ab.
Und jetzt kursiv:
ZitatDie schwarze Silhouette des nächtlichen Besuchers draußen auf der Calle Pedrell zeichnete sich scharf gegen die fahle Straßenbeleuchtung ab.

Ganz schlimm wird es bei mehreren Namen in einem Satz:
ZitatMeine Sphäre spiegelte nicht mehr die Ersatzteilläden im Ex Hipódromo de Peralvillo, sondern die Innenhöfe der vecindades von Morelos.
"Vecindades" als unübersetzbarer Begriff würde ich kursiv stehen lassen; das andere sind Namen von Barrios in Mexiko-Stadt. Da der Name einer Stadt grundsätzlich nicht formatiert wird, muss das wohl auch für Stadtteile gelten, oder?

Wie macht ihr das?

Malinche

Ich setze fremdsprachliche Ortsnamen nie kursiv, ähnlich wie in deinem letzten Beispiel ist die Formatierung bei mir Ausdrücken vorbehalten, die mangels prägnanter Übersetzbarkeit in der Originalsprache stehen bleiben. Übersetzt werden Ortsnamen bei mir auch nie, selbst wenn es ginge, ich mag das auch in anderen Büchern nicht so lesen, weil das für mich zum Ambiente beiträgt und daher in den Text eingebettet gehört - was ich kursiv setze, ragt für mein Gefühl immer so ein bisschen raus und unterbricht erstmal den Lesefluss, weil es schreit: He, Fremdkörper!

Natürlich kann man gucken, ob man es schafft, die Dosierung von Ortsangaben in einem Satz möglichst gering zu halten, einfach, damit der Leser sich nicht erschlagen fühlt. Aber formatierungstechnisch mache ich da nix.
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

flowrite

Die Kursivsetzung kommt für mich auch nur bei nichtübersetzten Phrasen in Frage sowie bei der szenischen Einführung, also der werkweit erstmaligen Erwähnung neuer fremdsprachiger Begriffe und Namen.

Layka

Ich bin da auch ganz bei Malinche. Ständige kursive Ortsangaben reißen mich nur aus dem Lesefluss, weil es einen als Leser richtig darauf stößt, dass es eine andere Sprache ist. Dabei fügt es sich ansonsten ganz selbstverständlich in den Text ein, spätestens wenn man einen Ortsnamen mehrmals gelesen hat. Wenn ich beispielsweise im Urlaub bin und mich auf Deutsch mit meiner Begleitung über den Weg unterhalte, fällt mir ja auch nicht jedes Mal auf, dass ich fremdsprachige Straßennamen verwende und ich betone das auch nicht, aber genau den Effekt hat kursive Schreibung bei mir.
lights out.

Esaia

Ich denke auch, dass die Ortsnamen durch die Formatierung eher schlechter hängenbleiben, weil der Leser immer das Gefühl hat, dass damit irgendetwas "anders" oder "komisch" sei.
Wenn man ein neues Wort oder einen neuen Namen hört, wird der normalerweise einfach in den Wortschatz eingereiht, da man dieses Wort jetzt mit zB bestimmten Farben o.ä. verbindet (zB die wundervollen Sonnenuntergänge in Calle Pedrell). Man muss es nur ein paar Mal lesen und schon weiß man genau, was es ist und was darin passiert etcpp.

Ich habe auch generell manchmal das Gefühl, dass jede Person zwei (oder mehr) Ebenen des Denkens hat. Zum einen das "wörtliche Denken" in dem man praktisch stumme Selbstgespräche führen kann - und dann noch die Ebene, wenn man in diesen Selbstgesprächen praktisch für das andere "Ich" nicht hörbar denkt. - Oh Gott, ich hoffe ihr versteht mich? XD -
Jedenfalls sind die Gedanken dann so abstrakt, dass ein bestimmtes Wort keinen Unterschied macht, weil einzig und allein das Gedachte zählt.
Als Beispiel: Wenn ich daran denke, mich im Sommer auf die Wiese zu setzen auf genau den Platz, an dem es schattig ist, dann ist es mir in erster Linie egal, ob ich mich jetzt unter einem "Baum" oder einem "tree" setze.

Demnach: Wenn die Personen aus meinem Buch durch eine Stadt mit einem Berg, einer Kirche und hinten an der Ecke ein blaues Haus laufen, dann ist es mir egal, ob die Stadt Düsseldorf, San Gimignano oder Calle Pedrell heißt. :)

Khevira

Ich versuche so wenig Kursivsetzung wie möglich zu benutzen, weshalb ich fremdsprachige Eigennamen auch nicht anders formatieren würde. Ortsnamen wie "Plaza de las Tres Culturas" sind für deutsche Ohren zwar nicht so geläufig, aber durch den Klang des Namens oder auch durch die Etablierung des Settings ist klar, dass es sich um einen spanischen Namen handelt. So unterbricht die Kursivsetzung den Lesefluss eher, als dass sie den fremden Namen hervorhebt. Falls der Name häufiger erwähnt wird, stört es noch extremer.
Ansonsten würde ich lediglich Gedanken, Ausrufe, reine Fantasienamen oder auch Zaubersprüche (wie zum Beispiel in Harry Potter) kursiv setzen.

Waldhex

Ich vermeide Kursivschreibung so gut es geht. Namen würde ich auf keinen Fall kursiv schreiben. Ich habe in meinen bisherigen Büchern englische Worte für die Städte etc. verwendet. Personen die kein Englisch können (soll es auch heute noch geben) stolpern da genauso drüber, wie jemand der kein spanisch kann über einen spanischen Begriff. Trotzdem würde wohl keiner auf die Idee kommen, z.B. London Tower kursiv zu setzen. Mich würde so eine kursive Schreibweise eher stören und meine Aufmerksam wäre beim weiteren Lesen eher dahingehend: Das ist kursiv geschrieben, was ist daran besonderes, das muss doch jetzt erklärt werden.

Mogylein

Ich würde in deinem Beispiel fremdsprachige Orte oder Begriffe kursiv schreiben, wenn die Perspektive, aus der sie genannt werden, nicht Muttersprachler dieser Sprache ist. Wenn jetzt eine deutsche Figur nach Mexiko-Stadt reist und dort von vecindades oder Plaza de das tres culturas spricht, würde es für mich passen, aber für einen Muttersprachler sind das Begriffe wie jeder andere auch und damit würde mich die Formatierung aus dem Text reißen.
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- abgewandeltes Programmiersprichwort

Fafharad

Das ist ja mal ein aussagekräftiger Konsens. Danke, Leute!  :)

Meine Hauptsorge war ja, dass bestimmte Wörte für Verwirrung sorgen könnten ("Calle? Das schreibt sich doch mit K und ist überhaupt kein spanischer Name."). Aber ich denke, das kann ich dem Leser zumuten. Da die Story ausschließlich in Mexiko spielt, dürfte auch schnell eine Gewöhnung an spanische (Orts-)Namen eintreten.

Layka

Wenn du im Kontext klar machst, dass es sich um eine Straße handelt, sollte der Leser schon verstehen, dass das eben irgendein Straßenname ist. Die Übersetzung von calle braucht er dazu ja nicht unbedingt zu kennen. Da würde ich mir also an deiner Stelle nicht allzu viele Sorgen drum machen :)
lights out.

Akirai

Zitat von: Fafharad am 21. August 2016, 20:05:44
Das ist ja mal ein aussagekräftiger Konsens. Danke, Leute!  :)

Meine Hauptsorge war ja, dass bestimmte Wörte für Verwirrung sorgen könnten ("Calle? Das schreibt sich doch mit K und ist überhaupt kein spanischer Name.").

Wie @Layka schon gesagt hat, wenn du das dementsprechend einführst ( "Sie gingen in die Calle Pedrell. Es war eine schmale Gasse mit besonders krummen Kopfsteinpflaster " - also so oder so ähnlich, ich habe ja keine Ahnung, wie groß die Straße ist  ;D ), dann sollte es klappen. Vorsichtig würde ich bei der Häufung der fremsprachigen Begriffe sein. Um ehrlich zu sein, deinen dritten Satz musste ich
a) dreimal und
b) schön langsam lesen, um den Sinn zu verstehen. Sicherlich ist jeder fremdsprachliche Begriff erstmal ein Stolperstein, über den der Leser aus der Geschichte stolpern kann. Aber ein bisschen mitarbeiten dürfen sie ja doch, oder, wie du es gesagt hast:

Zitat von: Fafharad am 21. August 2016, 20:05:44
Aber ich denke, das kann ich dem Leser zumuten. Da die Story ausschließlich in Mexiko spielt, dürfte auch schnell eine Gewöhnung an spanische (Orts-)Namen eintreten.


Fianna

Ich oute mich mal als Kursivschreiber. Wenn ich so einen altägyptischen oder erfundenen Begriff habe, bei dem ich davon ausgehe, dass ihn wirklich niemand versteht - das mache ich kursiv.

Bei Fantasy-Begriffen gibt es in der Regel die Überschneidung, dass der Erzähler kein Muttersprachler ist. Im altägyptischen nichtn

Ich beschränke mich aber auf eine Handvoll Begriffe mit Wiedererkennungswert. Da soll der Leser sich bitte merken, was sie bedeuten.

Araluen

Ich habe da jetzt noch nicht so viele Erfahrungen gesammelt, auch wenn das Problem auch bald auf mich zukommt. Was ich aber sagen kann, ist, dass bei der deuetschen Ausgabe von Carlos Ruiz Zafons Barcelona-Reihe auf besondere Hervorhebungen der spanischen Straßen- und Ortsnamen verzichtet wurde. Irgendwann findet man sich als Leser mit den Eigennamen auch ab. Es sind Eigennamen, da muss man nicht unbedingt wissen, was sie bedeuten.
Als positiv empfinde ich da immer kleine Kartenausschnitte, der handlungstragenden Orte. Da findet man sich schnell zurecht udn kreigt eine Verbindung zud em fremdsprachigen Eigennamen ohne die Bedeutung zu kennen.

chaosqueen

Ich bin noch eine Stimme gegen die Kursivschreibung. Mir geht es da genauso, wie Malinche und auch Waldhex schreiben: Es reißt mich aus dem Lesefluss, weil eine kursive Schreibweise für mich immer eine Hervorhebung bedeutet, ich warte also darauf, was jetzt so besonders an der verdammten Straße ist. Immerhin hast Du sie kursiv gesetzt!

Ich glaube, dass die allermeisten Leser damit zurechtkommen, fremdsprachige Ortsnamen unübersetzt im Text zu finden. Mich verwirrt es immer, wenn ich ein Buch lese, das zum Beispiel in Barcelona spielt, und dann haben sie die Straßennamen übersetzt. Hä? Auch, wenn ich gerade genug Spanisch kann, um calle als Straße zu identifizieren, stört mich dass auch in japanischen, englischen oder anderen Büchern aus nicht-deutschen Kulturkreisen. Als hätte der Übersetzer Angst, den Leser zu überfordern (und Bücher, die auf Deutsch geschrieben wurden aber im Ausland handeln, dürfen auch gerne die echten Ortsnamen verwenden).