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Fantasy - Nur noch "Zyklen" und "Chroniken"?

Begonnen von Sturmbluth, 03. Mai 2016, 10:11:50

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Araluen

Zitat von: Maubel am 03. Mai 2016, 10:53:29
Also ich muss sagen, dass es schwer ist, gerade bei Fantasy alles in ein Buch zu quetschen. War Herr der Ringe ja auch nicht ;)
Doch, soweit ich weiß, hat Tolkien den Herrn der Ringe als einzelnes Buch geschrieben und der Verlag hatte damals gesagt, dass so ein dicker Schinken sich nicht verkauft. Deshalb wurden dann drei Bände draus. Deshalb gibt es auch die rote Ausgabe, in der alle drei Bände in einem Band zusammengefasst sind.
Vermutlich liegt hier auch einer der Gründe für mehrbändige Reihen. Dicke Schinken sind respekteinflößend. Die Wahrscheinlichkeit eine größere Leserschaft und damit Käufer anzuziehen, indem man einfach die Seitenzahl reduziert und dafür einfach die Anzahl der Bände erhöht, steigt vermutlich. Zumindest kenne ich viele in meinem Freundeskreis, die gerne lesen, aber wenn sie bei mir im Regal den zweiten Band (in der englischen kompletten Version) der Kingkillerchronicles oder meine anderen 600+ Seiten Wälzer stehen sehen, schütteln sie nur fassungslos mit dem Kopf. So ein dickes Ding würden sie nie anrühren.
Auf dem deutschen Buchmarkt ist mir aufgefallen, dass vor allem erfolgreiche Reihen aus dem englischsprachigen Raum bei deutschen Verlagen noch weiter aufgesplittet werden: Wheel of time oder Kingkiller Chronicles fallen mir da spontan ein und ich glaube auch Salvatores Forgotten Realms sind im Englischen dicker. Aber da bin ich mir gerade nicht sicher, ob das erst auch im Englischen bei den Neuauflagen passierte. Ich hatte auf jeden Fall schon öfter das Problem, wenn ich zweisprachig gelesen habe, heraus zu finden, welchen deutschen Band ich denn brauchte, um am Ende des englischen zweiten Bandes weiter zu machen. Im Deutschen war ich dann gut und gerne bei Band vier oder fünf.

Und dann gibt es natürlich die Reihen, die erfolgreich sind und deshalb noch einen und noch einen Band bekommen, obwohl eigentlich schon alles erzählt ist. Wer da aber gierig ist, lässt sich schwer sagen - Verlag oder Autor? Vermutlich beide. Maubel erwähnte da ja die Schwarzen Juwelen. Vielleicht ist mir was entgangen, aber das Schwert der Wahrheit las sich für mich genauso. Bis Band sieben oder so war es noch schön zu lesen, aber dann... zerfaserte es für mich. Warrior Cats fällt mir auch noch ein. Da gibt es ja mittlerweile sogar mehrere Staffeln zu je sieben Bänden oder so. Meist trifft das aber nicht auf einen Zyklus zu, sondern eher auf Reihen, deren Bände prinzipiell in sich abgeschlossen sind, man aber immer neue Geschichte aus der Welt zu lesen kriegt. Oder wenn das Sequel vom Sequel zum Sequel raus kommt.

Mit einer Reihe zu debüttieren, stelle ich mir auch schwer vor. Der Verleger geht da wirklich ein großes Risiko ein. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass Bücher gern gesehen sind, die zwar abgeschlossen sind, aber Potential zur Fortsetzung lassen. Verkaufen die sich gut, gibt der Verlag die Fortsetzung in Auftrag und bald hat man eine Serie.

Sandersons Sturmlichtchroniken sind für mich ein Kapitel für sich. Ich lese ihn wirklich gerne, aber die Reihe so überhaupt nicht. Aber da vermute ich stark, dass da kein Verlag mit der Peitsche hinter steht. Er hat selbst einmal gesagt, dass die Reihe sein Baby sei, quasi sein Jugendtraum, den er irgendwann mal niederschreiben wollte. Und für mich liest es sich auch so. Wie das Kind einer Mutter, die aus lauter Mutterliebe nicht merkt, dass ihr Sohn ein ein total verzogener Satansbraten ist. Aber Sanderson kann auch anders. Er hat gute, knackige Serien und auch Einzelwerke. Aber das ist ein anderes Thema.

Ich persönlich lese gerne Zyklen, soalnge sie nicht mehr als sieben Bände umfassen. Lieber sind mir aber drei oder fünf Bände. Allerdings kann ich verstehen, dass man vorsichtig ist mit solchen Reihen. Ich überlege uach immer zweimal, ob ich schon wieder eine neue anfange und tue dies meist nur unter der Voraussetzung, dass ich weiß, wie viele Bände es werden.

Sturmbluth

Zitat von: Araluen am 03. Mai 2016, 13:12:43
Auf dem deutschen Buchmarkt ist mir aufgefallen, dass vor allem erfolgreiche Reihen aus dem englischsprachigen Raum bei deutschen Verlagen noch weiter aufgesplittet werden: Wheel of time oder Kingkiller Chronicles fallen mir da spontan ein und ich glaube auch Salvatores Forgotten Realms sind im Englischen dicker.
Habe mal gelesen, dass das der deutschen Sprache geschuldet ist, die in der Übersetzung den Text länger werde lässt, so dass man es nicht mehr sinnvoll in ein Buch bekommt.


Zitat von: Araluen am 03. Mai 2016, 13:12:43Ich persönlich lese gerne Zyklen, soalnge sie nicht mehr als sieben Bände umfassen. Lieber sind mir aber drei oder fünf Bände. 
Mein Problem ist immer: woher weiß ich vorher, dass die Länge auch Substanz bietet. Ich habe festgestellt, dass Rezensionen auf Amazon nicht meinem persönlichem Geschmack entsprechen. Dort werden Dinge bejubelt, die ich für sterbenslangweilig halte  :wums: ;)


Churke

Zitat von: Aljana am 03. Mai 2016, 12:37:15
gib doch mal ein Beispiel für Reihen, wo du das Gefühl hast, das Autoren die Geschichte nur 'gestreckt' hätten. Wie gesagt, bei den meisten Reihen hab ich nicht das Gefühl (außer Eragon) und abbrechen tu ich die meist aus anderen Gründen.

Aus der Schattenkämpferin kann man aus dem Stand 40 % wegstreichen.
Es gibt AutorInnen, die sich nicht kurz fassen können. Bei Licia Troisi merkt man einfach, dass sie Seiten schinden will.

Aljana

Zitat von: Sturmbluth am 03. Mai 2016, 13:21:21

Mein Problem ist immer: woher weiß ich vorher, dass die Länge auch Substanz bietet. Ich habe festgestellt, dass Rezensionen auf Amazon nicht meinem persönlichem Geschmack entsprechen. Dort werden Dinge bejubelt, die ich für sterbenslangweilig halte  :wums: ;)



Aber das Problem hat doch letzten Endes jeder. Alle Reihen, die ich zuletzt abgebrochen habe, wurden mir ganz wärmstens von jemandem ans Herzgelegt (Abercrombie Kriegsklingen, Die schwarzen Juwelen ) Da müssen wir alle durch. Und das Problem zusätzlich ist, dass wir ja eigentlich total übersättigt sind. Grade wir Autoren neigen ja dazu unterbewusst auch alles mit dem zu vergleichen, was wir so schreiben würden, wie wir schreiben würden etc.
Wie weit kann sich jemand, in dessen Kopf stündlich neue Welten entspringen, tatsächlich auf die Welten von anderen einlassen?

Das Hasswort meines Mannes in der Hinsicht ist 'Nostalgik'. Man sucht etwas das so ist wie ... Und vom reinen Inhalt wird das vielleicht auch hinkommen, aber was der Leser eigentlich meint ist: Ich suche etwas, dass in mir das gleiche Gefühl erzeugen kann wie ... .
Das aber ist schlicht unmöglich. Weswegen ich zum Beispiel manche mir sehr liebgewordenen Bücher niemals nochmal lesen würde. Einfach, weil ich ein anderer Mensch war, als sie mir in die Finger fielen und ich mir das wundervolle Gefühl, das sie hinterlassen haben, nicht kaputt lesen wollen würde.

Zuletzt noch zu dem was @Dämmerungshexe gesagt hat: Ja, auch ich denke, die Trilogie ist die Weiterführung des klassischen Dramas in drei Akten. Weswegen ich gut Trilogien liebe aber nur weniger mit vierfach Reihen anzufangen weiß. Da wirkt immer was überflüssig oder noch nicht komplett.

Araluen

Goldene Regel: Lese bei Amazonrezensionen die mit drei Sternen. Da kriegst du ein halbwegs verwertbare Meinung - unabhängig von dem Artikel, um den es geht.
Drei- und fünfbändige Reihen weisen in der Regel auf eine gewollte Struktur hin. Wie schon von Aljana und als erstes Dämmerungshexe erwähnt wurde, hat man hier dann entweder einen Drei- oder Fünfakter. Deshalb sind mir solche Zyklen auch am liebsten. Sieben ist auch noch so eine magische Zahl aus em Märchenbereich und deshalb wohl noch gerne genommen ;) Ansonsten hilft es wohl nur Klappentexte lesen und zwar von allen Bänden. Gibt der rote Faden so rein überschlagen und aus dem Bauch heraus genug für mehrere Bände her?
Aber eine wirkliche Antwort liefert das auch nicht. Ich habe die Chroniken von Siala gelesen. Mir hat sie wirklich Spaß gemacht. Es ist eine Questreise. Ein Dieb soll an den gefährlichsten Ort der Welt reisen und ein Artefakt bergen, um die Welt zu retten. Passt auch in einen Band. Es wurden aber drei draus. Der direkte oben erwähnte rote Faden wurde im ersten Band kurz angerissen. So wirklich los ging es erst im zweiten. Am Ende dachte ich mir dann: Es hätte ruhig noch etwas mehr sein können. Vor allem kam es einen weder langweilig noch gestreckt vor, obwohl es so lange dauerte, bis die Geschichte quasi begann.
Ein Patentrezept für die Wahl des Buches gibt es nicht. Das ist aber nicht die Schuld von Zyklen. Die können da genauso wenig für wie Einzelwerke. Der Kauf eines Buches ist eben immer eine Lotterie.

Ja, die deutsche Sprache ist etwas länger als die englische. aber ob nun 600 oder 650 Seiten kann doch eigentlich egal sein, wobei ich nun nicht weiß, ob es im deutschen Verlagswesen eine Art Stichzahl gibt, die Romane nicht überschreiten dürfen. Untergekommen ist mir dieses Phänomen auch nur bei Reihen, die bereits im englischsprachigen Raum gefeiert wurden.

@Aljana: Das Phänomen kenne ich. Ganz hart hate es mich bei Christoph Marzi getroffen. Die Bände zur uralten Metropole hatte ich allesamt verschlungen. Als ich damit fertig war, hatte ich Fabula von ihm entdeckt und war total enttäuscht. Ich wollte den Zauber der uralten Metropole und habe ihn nicht bekommen. Natürlich nicht, es ist eine völlig andere Geschichte. Erst mit einem Jahr Abstand als der zweite Band heraus kam, habe ich mir Fabula noch einmal vorgenommen und musste mir eingestehen, dass ich der Geschichte unrecht getan hatte.

Valkyrie Tina

#20
Zitat von: Churke am 03. Mai 2016, 13:30:34
Zitat von: Aljana am 03. Mai 2016, 12:37:15
gib doch mal ein Beispiel für Reihen, wo du das Gefühl hast, das Autoren die Geschichte nur 'gestreckt' hätten. Wie gesagt, bei den meisten Reihen hab ich nicht das Gefühl (außer Eragon) und abbrechen tu ich die meist aus anderen Gründen.

Aus der Schattenkämpferin kann man aus dem Stand 40 % wegstreichen.
Es gibt AutorInnen, die sich nicht kurz fassen können. Bei Licia Troisi merkt man einfach, dass sie Seiten schinden will.

...Und da kommt es auch ganz stark auf den persönlichen Geschmack an. High Fantasy arbeitet nun mal sehr viel mit Beschreibungen und Hintergründen. Dir kommt das vielleicht wie Seiten schinden vor, aber wir haben hier einige Autoren im Forum, die gerne mit solch blumigeren Teilen arbeiten, und ich glaube, von denen würde sich keiner "Seiten schinden" vorwerfen lassen wollen.

ZitatMein Problem ist immer: woher weiß ich vorher, dass die Länge auch Substanz bietet. Ich habe festgestellt, dass Rezensionen auf Amazon nicht meinem persönlichem Geschmack entsprechen.

Und das ist das Problem, was jeder Leser hat: wie find ich das Zeug, das mich interessiert? Wobei es doch wohl auch haufenweise Fantasybücher gibt, die ein- oder zweibändig sind? Richtig hochgepusht werden meistens die Reihen, vor allem in den Medien. Warum? Weil es Zeit braucht, um ein Phänomen zu werden. GOT wurde erst mit der Fernsehserie der Megahit, und Herr der Ringe ist... 40 Jahre (?) alt.

Übrigens: @Sturmbluth kann es sein, dass der Beitrag bald woanders ist. Ich bin mir nämlich fast sicher, dass der in einen anderen Thread gehört. In dem Fall wird er von einem Admin umgetopft. Also, nur damit du dich nicht wunderst.

edit: hat sich mit Aljana überschnitten.

edit2: der Soundtrack für diese Diskussion: Epic Rap battle of history  ;D

Denamio

Irgendwo ist es interessant, mir begegnen beim Lesen oft Szenen, die für mich reine Füllszenen sind. Passiert mir beim Schreiben auch, dass einzelne Szenen einfach keinen größeren Sinn haben, aber auch nicht rauskönnen weil sie zu sehr in die sonstige Handlung eingeschrieben sind.
Das gehört wohl auch zum Handwerk und zum Lernprozess. Auf der anderen Seite übertreiben manche Autoren es. Ich erinnere mich an eine Reihe, die mittlerweile nur noch ein verblasstes Echo in meinem Kopf ist. Es ging irgendwie um das übliche Fantasyzeug, hatte aber den Twist, dass es über tausende Jahre erzählt wurde und die Helden von Band 1 die Legenden von Band 2 waren. Toll. Gefällt. Aber dann kam irgendwann ein Buch in dem nichts passiert ist, die Halblinge sind einfach von a nach b gereist. Klar haben sie unterwegs Abenteuer erlebt, aber das komplette Buch war überflüssig und auch das nächste ging so weiter.
Seit dem Moment heißen die Füllszenen bei mir Hobbit Reiseberichte.

Mittlerweile reagiere ich richtig allergisch auf die Reiseberichte, das Buch landet unweigerlich in der Ecke und ich warne Freunde und Kollegen davor es zu lesen. Besagte Reiseberichte häufen sich für mich bei Reihen die über drei Bücher hinaus gehen. Seitdem lese ich so etwas nur noch, wenn jedes Buch eine in sich geschlossene Geschichte hat. Es kann immernoch den großen Überplot, Verbindungen zwischen den Werken und der Kampf gegen das große Böse geben, klar.
Aber innerhalb eines Buches muss zumindest eine größere Sache für mich anfangen und enden. So halte ich es auch mit dem Schreiben, jedes Buch soll bei mir, für sich genommen, eine abgeschlossene Sache sein, etwas das man außer Reihe lesen kann und trotzdem seinen Spaß mit hat. Der größere Plot und das große Krabumm erschließt sich dann den Leuten, die allen Büchern in der Reihe folgen. Das ist zumindest meine Wunschvorstellung. Auf eine Art ist das wohl sehr von üblichen TV-Serienformaten inspiriert.

Aljana

Dieses Lied :D  :rofl:


aber hey, beide haben ihre Daseinsberechtigung ;)

















Auch wenn HdR einfach das epischste epische Epos aller Zeiten bleiben wird.  :versteck:

Trippelschritt

Bei dem Vorwurf, ein Autor würde Seiten schinden, muss man sehr vorsichtig sein. Straffen kann man alles, aber das ist nicht der Punkt. Bei Tolkiens Herr der Ringe wüsste ich nicht, was man da streichen könnte. Es ist ein Weltenbauer-Roman, und wer die Schönheit dieses Romans nicht erkennen kann, weil er Aktion bevorzugt, hat einfach am eigenen Beschmack vorbeigekauft. Ich hatte den Eindruck von Seitenschinderei ausgerechnet bei George Martin Band 5 (engl. Zählung), den ich auch prompt nicht beenden konnte. Bei Reiseromanen ist es ähnlich. Es gibt Leser, die mögen das einfach nicht. Das sind für mich Geschmacksfragen. In extrem langen Reihen ist es allerdings schwer für einen Autor, die Spannung oben zu halten. Selbst bei Erikson bin ich weggestorben, obwohl der eine Linie hat und das Rad der Zeit war mir auch zu lang. Und Harry Potter? Da hat sich einfach der Stil geändert und rs wurden sozialkritische Themen aufgenommen. Stinklangweilig, wenn man so etwas nicht mag. Vieles ist also Geschmacksache

Als Autor mag ich Trilogien, weil ich Weltenbau liebe. Und eine sorgfältig konstruierte Welt macht soviel Arbeit, dass man mehr als ein Buch für sie schreiben möchte. Mein Verlag mag Trilogien, weil sie sich besser bewerben lassen und die Leser sind ebenfalls zufrieden. Die Unzufriedenen mögen auch ein einzelnes Buch nicht, weil sie andere Ausrichtungen bevorzugen. Und so scheint die Trilogie ein guter Kompromiss zu sein für verschiedene Interessen.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Tigermöhre

Zitat von: Araluen am 03. Mai 2016, 13:39:55
Goldene Regel: Lese bei Amazonrezensionen die mit drei Sternen. Da kriegst du ein halbwegs verwertbare Meinung - unabhängig von dem Artikel, um den es geht.

Ich fange immer mit den ein stern Rezensionen an, und arbeite mich zu den vier Sternen hoch. Die fünf Sterne Rezensionen lese ich nur, wenn es nicht genug andere gibt. Meistens sind die nämlich der größte Blabla. Meiner Meinung nach, sind die 1-2 Sterne häufig am Ausführlichsten. Es ist halt einfacher zu schreiben, was man nicht mag, als was man mag. Natürlich muss man dann auch sehr bewusst abwägen, ob man sich an dem Kritisierten stört oder nicht. Wenn jemand z.B. bemängelt, dass es keine Romanze in dem Buch gibt, ist das für mich ein Pluspunkt.


Beim Herrn der Ringe hatte ich beim letzten Lesen mal auf die Landschaftsbeschreibungen geachtet. So schlimm finde ich sie nicht. Wirklich schlimm ist die Ayla-Reihe. Der 4. (?) Teil beinhaltet fast nur Landschaftsbeschreibungen und Zusammenfassungen der ersten drei Teile. (Da frage ich mich sowieso, ob die autorin der Meinung ist, dass ihre Leser blöd sind. Ich habe selten Bücher gelesen, bei denen wirklich alles! immer und immer wieder ausführlich erinnert und wiederholt wird.) Das ist übrigens auch eine Reihe, bei der man meiner Meinung nach wirklich jedes Buch um mindestens die Hälfte kürzen kann, ohne dass sie irgendwas verlieren.

Aircaina

Ich persönlich lese auch lieber Einteiler. Was total sinnlos ist, weil ich selbst an einem Mehrteiler schreibe. Für Verlag und Autor ist es sicherlich nicht ganz risikolos, auf Trilogien und Co. zu setzen. Das ist vermutlich auch der Grund, warum es sich nicht als Debüt anbietet. Ich weiß nicht, in wie weit sich dieses Risiko lohnt. Wenn der Plan aufgeht, verdient man daran bestimmt nicht schlecht. Wer sich in eine Reihe verliebt hat, legt die auch nicht mehr aus der Hand. Und dann gibt es auch die Leute, die eine Reihe selbst dann zu Ende lesen, wenn sie sie eigentlich nicht so sehr mögen.

Bei den Büchern gibt es recht viele Fälle, bei denen man merkt, dass man die ganze Geschichte nicht in ein Buch hätte pressen können. Bei den Reihen, wo man das Gefühl hat, dass es Szenen gibt, die nichts zur Handlung beitragen, bin ich grundsätzlich vorsichtig. Manchmal sind diese Szenen doch irgendwie wichtig, um zum Beispiel die Gefühle eines Charakters klar zu machen. Das ist mir viel lieber, als Bücher, die rein die Handlung vorantreiben. Ich habe eher Probleme mit Szenen, in denen eine Reise sehr lange beschrieben wird, auf der eigentlich nichts passiert. Klar ist es schwierig, da einen Übergang zum nächsten Handlungsstrang zu finden. Aber ich erinnere mich jetzt noch an ein paar Kapitel im ersten Eragon, die ich vor zehn Jahren gelesen habe, und in denen eine solche Szene sehr lange ausgetreten wurde. Zumindest kam es mit damals so vor. Ich habe das Buch geliebt, aber an der Stelle hätte ich es beinahe aus der Hand gelegt.

Vielleicht ist es auch eine Art Tradition, dass Bücher im Fantasy Genre oft Mehrteiler sind. Einerseits natürlich, weil oft eigene Welten erfunden werden und sich demnach ausschweifende Beschreibungen anbieten. Manchmal bräuchte man sie nicht unbedingt, aber ich kann schon nachvollziehen, wenn man seine Welt auch detailliert darstellen will.
Andererseits habe ich manchmal wirklich das Gefühl, dass Einteiler so stark in der Unterzahl sind, dass es fast schon normal ist, dass man so viele Chroniken, Zyklen und Trilogien im Buchhandel findet. Und weil man es so sehr gewohnt ist, machen sich manche Autoren vielleicht Sorgen, dass man keine ordentlichen Einteiler schreiben könnte.  :hmmm:
Das ist aber ein rein subjektiver Eindruck.

Mein Professor hat mal gesagt, dass das auch viel mit Kommerz zu tun hätte. Der Leser soll süchtig gemacht werden. Wobei das echt oft nach hinten losgeht, wenn man das erste Buch liest und dann schon keine Lust mehr auf mehr hat.  :snicker:

Ich persönlich tue mich schwer damit, einem Autor vorzuwerfen, dass er Seiten schindet. Ich bin nicht im Kopf des Verfassers eines Buches und möchte deshalb nicht mit Vorwürfen um mich werfen. Manchmal macht es eben doch Sinn. Ein Freund von mir beschwert sich immer darüber, wie unglaublich lang und häufig in "Die Nebel von Avalon" Spinnräder beschrieben werden. Und Stephen King kann auch einfache Dinge wie eine Schreibmaschine auf gefühlten zehn Seiten beschreiben. In beiden Fällen trägt es zur Atmosphäre bei. Man mag es, oder nicht. Ich finde es auch beeindruckend, was Tolkien für eine Welt geschaffen hat, wobei ich besonders die Ausarbeitung der Sprachen toll finde. Aber ich konnte es nicht lesen. Der Schreibstil war nicht so meins und die Umgebungsbeschreibungen, von denen so oft geschwärmt wird, gingen irgendwie total an mir vorüber, während ich zum Beispiel die von Lovecraft absolut klasse finde. Es ist halt immer auch eine Geschmacksache.

Maria

Krimis sind häufig kurz und knackig. Daher war auch das erste Vollstreckerbuch ein sehr kurzer Fantasyroman. Ich habe die Welt angerissen, und mich mehr auf die Interaktion der Personen konzentriert.
Aus den Blogrezensionen hat sich dann rasch herauskristallisiert, dass Fantasyleser mehr wissen wollen, als nur was passiert. Sie wollen Hintergründe wissen, erwarten einen guten Weltenbau.
Nun, genau deshalb habe ich dann Band 2 geschrieben, der eigentlich Band 0.5 ist, also die Entwicklung der Hauptfigur und mehr Einblick in die Welt zeigte. Ich liebe Weltenbau. Immer wenn ich eine Welt konstruiere, muss geklärt werden, wie die Leute dort die Zeit messen, wie sie dunkle Räume erhellen und wie sie von A nach B reisen, welche Glaubenssysteme die Werte der Menschen bestimmen usw...

Wer Brandon Sanderson und seine Stormlight Archive kennt, weiß, wie grandios diese Welt aufgebaut ist. Der erste Band springt von einem Flecken zum nächsten, zeigt wie gewaltig die Unterschiede auf dieser einen Welt sind und langweilt überhaupt nicht. Das ganze Buch atmet die Freude des Erschaffens, die fünfzehn Jahre, die der Autor in dieses Juwel von Weltentwickung gesteckt hat. Man sieht es auch an den Grafiken im Buch
http://brandonsanderson.com/books/the-stormlight-archive/the-way-of-kings/stormlight-1-maps-and-illustrations/

Nicht dass jede Fantasywelt soviele Details braucht. Ich kann verstehen, dass Fans, wenn sie Fantasy lesen, einen gewissen Seitenumfang erwarten, geschuldet der Tatsache, dass der Rahmen passen muss, damit der Plot darin den der Welt eigenen Regeln der Logik folgen kann.

Daher denke ich, dass der Wunsch der Verlage, dass Fantasygeschichten sich über mehrere Bände hin erzählt werden, nicht nur eine Geldbeschaffungsmaschine sind sondern oft auch dem Wunsch der Leser entsprechen, die nicht so schnell aus ihrer Welt auftauchen wollen und dem Wunsch der Autoren, ihre mit Liebe und Mühe geschaffenen Welten noch etwas länger als Schauplatz zu benützen und wirklich auszuerzählen, was die Leser interessieren könnte.

Churke

Zitat von: Valkyrie Tina am 03. Mai 2016, 13:43:06
Zitat von: Churke am 03. Mai 2016, 13:30:34
Zitat von: Aljana am 03. Mai 2016, 12:37:15
gib doch mal ein Beispiel für Reihen, wo du das Gefühl hast, das Autoren die Geschichte nur 'gestreckt' hätten. Wie gesagt, bei den meisten Reihen hab ich nicht das Gefühl (außer Eragon) und abbrechen tu ich die meist aus anderen Gründen.

Aus der Schattenkämpferin kann man aus dem Stand 40 % wegstreichen.
Es gibt AutorInnen, die sich nicht kurz fassen können. Bei Licia Troisi merkt man einfach, dass sie Seiten schinden will.

...Und da kommt es auch ganz stark auf den persönlichen Geschmack an. High Fantasy arbeitet nun mal sehr viel mit Beschreibungen und Hintergründen. Dir kommt das vielleicht wie Seiten schinden vor, aber wir haben hier einige Autoren im Forum, die gerne mit solch blumigeren Teilen arbeiten, und ich glaube, von denen würde sich keiner "Seiten schinden" vorwerfen lassen wollen.

Mein Fehler - der Beitrag hat durch übereifriges Kürzen einen unbeabsichtigten Zungenschlag bekommen.
Wenn jemand gerne ausgreifend formuliert, ist das Stil und keine Seitenschinderei.
Bei Frau Troisi verhält es sich aber so, dass man einen kompletten Erzählstrang streichen kann, der in einer überflüssigen Rückblende erzählt, was man sowieso schon weiß, obwohl es für die papierdünne Handlung irrelevant ist.
Aber man musste ja eine Triologie daraus machen.  ::)

Valkyrie Tina

Zitat von: Churke am 03. Mai 2016, 16:12:06
Zitat von: Valkyrie Tina am 03. Mai 2016, 13:43:06
Zitat von: Churke am 03. Mai 2016, 13:30:34
Zitat von: Aljana am 03. Mai 2016, 12:37:15
gib doch mal ein Beispiel für Reihen, wo du das Gefühl hast, das Autoren die Geschichte nur 'gestreckt' hätten. Wie gesagt, bei den meisten Reihen hab ich nicht das Gefühl (außer Eragon) und abbrechen tu ich die meist aus anderen Gründen.

Aus der Schattenkämpferin kann man aus dem Stand 40 % wegstreichen.
Es gibt AutorInnen, die sich nicht kurz fassen können. Bei Licia Troisi merkt man einfach, dass sie Seiten schinden will.

...Und da kommt es auch ganz stark auf den persönlichen Geschmack an. High Fantasy arbeitet nun mal sehr viel mit Beschreibungen und Hintergründen. Dir kommt das vielleicht wie Seiten schinden vor, aber wir haben hier einige Autoren im Forum, die gerne mit solch blumigeren Teilen arbeiten, und ich glaube, von denen würde sich keiner "Seiten schinden" vorwerfen lassen wollen.

Mein Fehler - der Beitrag hat durch übereifriges Kürzen einen unbeabsichtigten Zungenschlag bekommen.
Wenn jemand gerne ausgreifend formuliert, ist das Stil und keine Seitenschinderei.
Bei Frau Troisi verhält es sich aber so, dass man einen kompletten Erzählstrang streichen kann, der in einer überflüssigen Rückblende erzählt, was man sowieso schon weiß, obwohl es für die papierdünne Handlung irrelevant ist.
Aber man musste ja eine Triologie daraus machen.  ::)

No worries, ich stimm dir teilweise sogar zu.
Hätt ich (für mich) überflüssige Szenen aus Twilight streichen dürfen, wär am Schluss eine Novelle draus geworden - aus der Trilogie!  ;D

Lothen

Zitat von: AircainaVielleicht ist es auch eine Art Tradition, dass Bücher im Fantasy Genre oft Mehrteiler sind. Einerseits natürlich, weil oft eigene Welten erfunden werden und sich demnach ausschweifende Beschreibungen anbieten. Manchmal bräuchte man sie nicht unbedingt, aber ich kann schon nachvollziehen, wenn man seine Welt auch detailliert darstellen will.

Ich glaube, Beschreibungen sind nicht unbedingt der springende Punkt, sondern die Handlung per se. Die meisten Fantasy-Geschichten weisen nun einmal eine gewisse epische Breite auf, es geht um große, teils weltumspannende Konflikte wie Kriege, politische Umstürze, Katastrophen usw. So etwas sinnvoll in einem Roman unterzubringen ist ein Ding der Unmöglichkeit, zumindest dann, wenn man eine plausible Entwicklung und eine sinnvolle Auflösung anbieten möchte.

Wie Maria schon sagte, Krimis sind in der Regel kurz und knackig und auch Liebesgeschichten finden in der Regel am Ende des Romans ein abgeschlossenes Ende. Fortsetzungen sind zwar möglich, aber eben nicht unbedingt erforderlich. Bei großen Fantasy-Epen, wo es um den Kampf Gut gegen Böse oder eine komplette politische Neuordnung geht kann man nicht erwarten, dass das zwischen zwei Buchdeckel passt.