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Superhelden/Superkräfte - sind Bücher dafür das falsche Medium?

Begonnen von Vic, 16. März 2016, 16:21:30

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Vic

Ich spiele schon seit längerem mit einem Plot bei dem es um einen Superhelden ginge - also ganz klassisch ein Protagonist der durch einen Unfall/Zufall bestimmte Fähigkeiten erlangt und damit gegen das Böse kämpft (so ganz platt ausgedrückt). Es hat nun einen recht komplexen Plot und ganz  so einfach ist das alles nicht, aber worauf ich eigentlich hinaus will, ist folgendes:
Ich kenne solche Plots nicht aus Büchern. Ich kenne sie tatsächlich nur aus Comics oder Filmen.

Meine Freundin meinte nun, sie findet das schwer zu übertragen weil viele Dinge, die für sie in Comics funktionieren ihr spontan "albern vorkommen" wenn sie sie in einem Roman vorfinden würde. Ich weiß tatsächlich auch was sie meint, weil es mir auch so geht, dass ich ein bisschen damit kämpfe wie sich das comichafte Feeling am besten in einen Roman übertragen lässt, der nun tatsächlich KEINE Parodie und KEINE Komödie werden soll, sondern tatsächlich etwas sehr Düsteres und Tragisches.

Meine Frage an euch ist also: Ist es eurer Meinung nach überhaupt möglich die Prämisse "Superkräfte" in einem ernsthaften Buch zu benutzen oder funktioniert nur das nur im Rahmen eines Comics?
Oder kennt jemand vielleicht sogar einen Roman der so etwas thematisiert? Mir fällt spontan nur "Hero" von Perry Moore ein - sehr schönes Buch, sogar LGBT - wo das ganz für mich ab nur bedingt funktioniert hat.

Tintenteufel

https://parahumans.wordpress.com/
Es ist nicht nur möglich, es ist mit entsprechendem Geschick sogar eine der besten und beliebtesten Serien der letzten Jahre. ;) 1,3 Millionen Wörter, das Watchmen der Literatur.  Das nur als Beispiel,  es gibt auch noch im klassischen Verlagswesen einige. Worm ist allerdings das beste.

Die Plotfrage ist darüber hinaus keine des Genres, sondern der Struktur.
Hab grad leider nicht viel Zeit. :(

Loki

Die Antowort ist wie immer "Möglich ist alles"!  ;D
Kann es mir auch gut vorstellen. Es kommt halt sehr auf die Story an. Batman als Buch - sicher. Deadpool - eher nicht so.

Dino

Mal eine Gegenfrage: Was genau würde Deiner Freundin denn albern vorkommen? Denn die Aktionen die man sonst bebildert in Comics vorfindet kann man doch ebenso gut beschreiben (ich denke hier an das typische "kawumz" wenn der Held jemanden gegen eine Wand schmeißt). Bilder sparen dem Autor / Zeichner in dem Fall ja "nur" die Beschreibungen was passiert und unterstreichen durch Farbwahl und ähnlichem die Stimmung die vermittelt werden soll (das soll an dieser Stelle nicht herabwertend gegenüber Comiczeichnern rüberkommen falls es sich so anhört).
Vielleicht bist Du zu sehr von dem Gedanken befangen dass die meisten Superhelden ursprünglich in Comics vorkommen. Denn was unterscheidet einen Superhelden mit tragischer Geschichte von einem Vampir mit tragischer Geschichte in der Erzählung der Geschichte?
Für mich gibt es da absolut kein Problem  :)

Bei der Frage nach Romanen fällt mir ad hoc leider keiner ein.
Der Dino wurde von der Realität gefressen. Die Antwort kann daher etwas später erfolgen.

Sascha

Kein Roman, sondern Groschenheftchen, aber auch als Bücher erschienen: Perry Rhodan. Die ganze Mutanten da incl. Gucky dem Mausbiber sind doch nichts anderes als Superhelden. Teleportation, Telepathie, Psychokinese, mit Gedankenkraft Feuer erzeugen oder durch Stromleitungen sausen, wie sollte man das sonst nennen als Superkräfte?

Evanesca Feuerblut

Ich habe erst neulich was in die Richtung gelesen, "Basaltblitz" ist eine Art Superheldenserial (mit bisher drei Bänden, soweit ich weiß).
Von daher ist alles möglich, auch wenn ich "Basaltblitz" an sich etwas... schräg fand.

Slenderella

Amrûn hat da doch so eine Reihe ... Gladium?
Jedenfalls kommt das dem schon sehr nahe.
Ich brauch noch eine Katze
Und ein Beil wär nicht verkehrt
Denn ich gehe heute abend
Auf ein Splatter-Pop-Konzert

Tanrien

Zitat von: Sascha am 16. März 2016, 17:37:45
Kein Roman, sondern Groschenheftchen, aber auch als Bücher erschienen: Perry Rhodan. Die ganze Mutanten da incl. Gucky dem Mausbiber sind doch nichts anderes als Superhelden. Teleportation, Telepathie, Psychokinese, mit Gedankenkraft Feuer erzeugen oder durch Stromleitungen sausen, wie sollte man das sonst nennen als Superkräfte?
Na ja, in dem Sinne wäre ja irgendwie alles aus Fantasy und Science Fiction "Superhelden"... Ich würde da schon klarer abgrenzen, ohne jetzt Perry Rhodan schlecht machen zu wollen.

Es gibt ja auch Bücher, die mit dem Superhelden-Dasein wie man es gerade aus Comics (vor allem US-Amerikanischen) kennt, auf ganzer Breite auseinandersetzen, ob ernsthaft oder humorvoll oder oder oder. Und "Superheroes" ist ja schon ein eigenes Genre, sowohl in Comics als auch in Film und Buch, auch wenn es Elemente aus Science Fiction und Fantasy übernimmt. Man kann sicher streiten, ab wann zum Beispiel ein "Vampire helfen Leuten in ihrer Stadt in Verkleidung"-Roman eher zu Urban Fantasy oder eher zum Superhelden-Genre gehört. Aber Letzteres hat, das muss man ihm zugestehen, eben auch seine eigenen Tropes, Klischees, Leser, Autoren, Stars, seine eigene Geschichte, eigene Schreibkonventionen, etc. pp. Genug, um aus meiner Sicht als eigenes (Misch/Unter-)Genre gesehen werden zu dürfen.

Gerade im YA-Bereich denke ich bei den Beispielen an "Hero" von Perry Moore, was Vic schon genannt hat, wie ich gerade sehe, und an "Santa Olivia" von Jacqueline Carey, die beide auch mit ernsteren Themen umgehen, weil das die ersten waren, die ich dazu gelesen habe. Es gibt auch ganze Listen: Bei Goodreads zum Beispiel. (Außerdem hab ich selbst mal einen Roman mit Superhelden geschrieben... Hach, gute Zeiten. 2007/2008. Findet man auch noch online, wenn man mich googelt.)

Vic, ich würde dir empfehlen, einfach mal in gute Bücher mit Superhelden reinzugucken, wie alles an Tropes, etc. da umgesetzt wird und um zu sehen, wie man Sachen beschreiben kann. Wenn du dich drin vertiefen willst, kannst du auch Fanfiction angucken. Ich finde, in Bezug auf die Threadfrage, dass es absolut möglich ist. Das Genre in Buchform ist kleiner, meiner Meinung nach, weil sich bestimmte Sachen in Comics eben anders und in ihrer Andersartigkeit möglicherweise je nach Medium besser ausdrücken. Ein bisschen SFX wirkt schlicht anders, genau wie ein Bild. Aber Geschriebenes wirkt auch anders als ein Comic. Und genau wie es auch ernsthafte Comics mit Superhelden gibt (mal den Klassiker: Watchmen), kann es auch gute Superhelden-Bücher geben. (Und wenn nicht, musst du sie schreiben.)

Fianna

Ich finde, es ist in Büchern sogar besser umzusetzen, in gewissen Dingen. Spezialeffekte sind umsonst und Du kannst Dich in der Hinsicht austoben. Die Bildsprache kann nicht ganz so plakativ verwendet werden, dafür kannst Du andere Dinge, wie z.B. das erste Mal Fliegen, viel eindringlicher darstellen, indem Du den Leser in die Perspektive und die Gefühle des Protagonisten einbindest, anstatt ihn nur zu zeigen, wie er mit einem breiten Grinsen jauchzend Salti in der Luft schlägt.

Waldhex

Ich kenne kein Buch mit Superhelden, aber ich kann es mir gut vorstellen. Vor allem das, was Fianna geschrieben hat. Es ist für mich eine Frage der Umsetzung. Natürlich wirkt es in einem Buch lächerlich, wenn man schreibt, dass der Superheld eine rote Unterhose über einer blauen Leggins trägt, aber man kann die "Berufskleidung" ja auch etwas dezenter gestalten und schon wirkt das nicht mehr lächerlich. Auch Kampfszenen und ähnliches können m.E. viel detailreicher dargestellt werden und es können auch die Gedanken des Helden einfließen (hat gar nicht weh getan - gleich nochmals).

Von daher - einfach probieren und dann ein paar Betaleser drauf ansetzen.

Tanrien

Zitat von: Fianna am 16. März 2016, 19:41:43
Ich finde, es ist in Büchern sogar besser umzusetzen, in gewissen Dingen. Spezialeffekte sind umsonst und Du kannst Dich in der Hinsicht austoben. Die Bildsprache kann nicht ganz so plakativ verwendet werden, dafür kannst Du andere Dinge, wie z.B. das erste Mal Fliegen, viel eindringlicher darstellen, indem Du den Leser in die Perspektive und die Gefühle des Protagonisten einbindest, anstatt ihn nur zu zeigen, wie er mit einem breiten Grinsen jauchzend Salti in der Luft schlägt.
Finde ich einen super Punkt, Fianna! Mir ist gerade noch der Punkt hier ins Auge gestoßen
Zitat von: Vic am 16. März 2016, 16:21:30
Ich weiß tatsächlich auch was sie meint, weil es mir auch so geht, dass ich ein bisschen damit kämpfe wie sich das comichafte Feeling am besten in einen Roman übertragen lässt, der nun tatsächlich KEINE Parodie und KEINE Komödie werden soll, sondern tatsächlich etwas sehr Düsteres und Tragisches.
und ich frage mich, ob das "comichafte Feeling" wirklich das ist, was du meinst/willst/brauchst, wenn ich dich da richtig verstehe. Ob es sich da nicht eher um - gut in Romanform übertragbare - Tropes, Charaktertypen, eben das ganze typische am Genre handelt, was Superhelden charaktersiert. SFX und die intensivere Bildsprache findet man ja jetzt auch in den Lustigen Taschenbüchern, beispielsweise, und generell in Comics ohne Superhelden. Da wäre für mich die Verbindung also gar nicht mal so eng.

Denamio

Zitat von: Tanrien am 16. März 2016, 19:30:34
Zitat von: Sascha am 16. März 2016, 17:37:45
Kein Roman, sondern Groschenheftchen, aber auch als Bücher erschienen: Perry Rhodan. Die ganze Mutanten da incl. Gucky dem Mausbiber sind doch nichts anderes als Superhelden. Teleportation, Telepathie, Psychokinese, mit Gedankenkraft Feuer erzeugen oder durch Stromleitungen sausen, wie sollte man das sonst nennen als Superkräfte?
Na ja, in dem Sinne wäre ja irgendwie alles aus Fantasy und Science Fiction "Superhelden"... Ich würde da schon klarer abgrenzen, ohne jetzt Perry Rhodan schlecht machen zu wollen.

Würde ich bei Science Fiction auch, aber xyz war da schon etwas speziell. Die Mutanten haben ganze Raumschiffe zusammengeklatscht, im Alleingang Armeen aufgehalten und wurden auch gefeiert wie Superhelden. Dazu hatte die Reihe typische Superhelden Probleme: Überstarke Superhelden, die dann hurtig wortwörtlich aus dem Raum/Zeit Kontinuum rausgeschrieben werden mussten und es gab mehrmals zuviele Superhelden, da kam nicht selten die Axt rein in einem gewaltigen Rundumschlag. Und vor kurzem haben sie aufgegeben das unter Kontrolle zu bekommen und machen einen Re-Boot.
So, war xyz jetzt Perry Rhodan oder X-Men? ;D

Ich glaub aber der große Unterschied zwischen Superhelden Comics und Büchern liegt im Szenenaufbau und im "Pacing". Comics leben für mich viel von heroischen Posen und verschwindenden Füßen (Insider-Witz), da explodiert was im Hintergrund, der Held steht lässig davor, hämmert einen platten Spruch über Freiheit raus und wirkt trotz allem irgendwo super-cool.
Versuch ich das gleiche in Buchform, äh... "Hinter Spinnenmännlein explodierte das Hochhaus, das Licht tanzte über seine Spandexmaske und er hockte sich auf dem Boden, den Po zum Himmel gestreckt. "Freiheit muss man sich verdienen".

Von daher kann ich schon verstehen, dass Bedenken auftauchen wenn man die Bildsprache 1:1 übersetzt. Auf der anderen Seite kann man in Büchern wunderbare "Badass" Momente aufbauen, wenn alles gegen die Heldin spricht und sie praktisch nur mit Frechheit und Sturheit haarscharf den Sieg davonringt, die Kleidung hinüber, das Gesicht voll Dreck, die Stadt in Trümmern und mittendrin, kaum auf den Beinen, steht die Heldin, raucht sich eine und mault über Freitage. Dann wirkt das ähnlich heftig wie die Heldenpose. Also, alles eine Frage des Aufbaus.

Fianna

Ich denke, wenn man sich zu sehr an das "comichafte Feeling" klammert, ist das der Fehler, der das Projekt zum Stolpern bringen kann.

Ansonsten kannst Du doch alles mögliche Tolle damit machen, was in einem Comic oder Film eben nicht geht. Die Nähe zu den Gefühlen wurde schon angesprochen. Aber was wäre denn mit getrennter Innen- und Außensicht? So etwas ist in bildlastigen Medien nicht möglich, in einem Buch dagegen wunderbar umsetzbar.
Beispielsweise jemand, der Gutes tut, aber es hasst, nur nach außen nicht zeigt - oder jemand, der nur "versehentlich" Leute rettet, zum Helden wird und diese Popularität nutzt, allerdings eigentlich komplett selbstsüchtig handelt, nur zufällig mit positivem Ergebnis (beispielsweise wird ein Mensch nur gerettet, weil er als Kugelschutz fungieren soll, als dieser sich jedoch überschwänglich bedankt, fällt der Superheld in die passenden Antworten).
Mir fallen nicht soviele Beispiele ein, aber man kann mit dem Gegensatz Erzählstimme + Handlungen & wie sie ankommen soviel machen... das ist in Comics und Filmen nicht möglich.

Löse Dich doch etwas von diesen Comicvorstellungen, schreibe keinen zweitklassigen Comic, sondern ein erstklassiges Buch.

Trippelschritt

Bücher sind dafür DAS Medium! Es gibt eine alte Tradition in der SF mit Superhelden. Sowohl Einzelpersonen als auch Gruppen. Romane wie Kurzgeschichten. sie sind nur ein wenig aus der Mode. Aber wohl kaum aus dem Geschmack. X-men kommen immer noch gut an. Ich habe schon seit Jahren die Idee, darüber einmal etwas zu schreiben, aber immer drängt sich etwas anderes vor. Bei mir ist es aber eine Gruppe von Personen, kein Einzelheld.
Fang also beruhigt an. Wenn es misslingt, liegt es nicht am Genre. Wenn es ein Erfolg wird, auch nicht. Schreib also einfach ein gutes und spannendes Buch.

Viel Erfolg
wünscht Trippelschritt

Araluen

Warum sollte es nicht funktionieren? Du solltest dich nur nicht daran festbeißen, einen Comic in ein Buch umwandeln zu wollen, auch wenn es den Comic zu deiner Geschichte nicht gibt. Das wird vermutlich weniger funktionieren. Aber eine Geschichte mit Superhelden statt mit Magiern und Vampiren, warum nicht?
Als Beispiel fällt mir die Reckoners Reihe von Brandon Sanderson ein - Steelheart, Fireflight, dritter Band und Kurzgeschichte Mitosis