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Frauen in Führungspositionen

Begonnen von LinaFranken, 08. März 2016, 02:50:39

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Dino

Zitat von: JarlFrank am 08. März 2016, 15:56:25

Ist auch irgendwie schade, dass die Karriere heutzutage so im Zentrum steht, denn für die meisten Menschen hat das nicht viel mit Selbstverwirklichung zu tun. Viele Leute beschweren sich über ihren Job und machen ihn im Endeffekt nur des Geldes wegen, und ein hohes Gehalt ist ihnen wichtiger als Zufriedenheit im Job. Dadurch verschenkt man auf der Arbeit eigentlich nur Lebenszeit, die anders besser genutzt wäre.

Hier muss man aber auch wieder beachten, dass viele Faktoren die sich auf die Zufriedenheit auswirken u.a. Urlaub, Hobbys, gutes Essen um nur einige Beispiele zu nennen, eng mit Geld verwoben sind.
Klar bringt mich ein Job in dem ich glücklich bin sehr weit, da man einen Großteil seines Lebens auf der Arbeit verbringt. Gleichzeitig ist Urlaub für viele ein Faktor der maßgeblich die Zufriedenheit beeinflusst und Urlaub kostet Geld. Also stellt sich die Frage, ob man das "bisschen" mehr Stress auf der Arbeit nicht in Kauf nimmt um dafür 2-3 Mal pro Jahr in den Urlaub zu fahren statt einmal alle 2-3 Jahre.
Und genauso geht das Spiel bei Hobbys (z.B. gehe ich reiten und möchte ein eigenes Pferd) und Ernährung (z.B. kaufe ich lieber Bio-Sachen aus dem Reformhaus, gehe jedes Wochenende teuer aus) Deswegen finde ich es problematisch zu sagen, dass man etwas wegen des Geldes tut. Denn kaum jemand nimmt wohl einen blöden Job in Kauf lediglich um sich an seinem Kontostand zu erfreuen sondern nutzt die Karriereleiter vielleicht nur um einen anderen sehnlichen Wunsch zu erreichen.
Der Dino wurde von der Realität gefressen. Die Antwort kann daher etwas später erfolgen.

Pygmalion

Zur Gesamtdiskussion möchte ich nicht viel beitragen, einfach weil ich die meisten Beiträge nicht gelesen habe  :P
Aber @JarlFrank
ZitatNaja, dieser Karrierefokus der in den letzten Jahrzehnten so umhergeistert ist noch keine Jahrtausende, nichtmal Jahrhunderte alt. Im Mittelalter gab es genug Leute, die das Weltliche ganz aufgaben um sich dem Geistlichen zu widmen, sowohl unter Männern als auch unter Fraue

Das ist nun echt ein ziemlich einfaches Mittelalterbild ;) Du glaubst, im Kloster/als Geistlicher gab es keinen Aufstieg, keine Karriere? Zum Einen wurden die Frauen zu Großteil zur Versorgung ins Kloster gesteckt (Viele Männer auch), zum Anderen war die Geistliche Laufbahn eben eine der wenigen für Frauen, wo sie überhaupt Karriere machen konnten.
Sämtlicher Geistlicher Besitz und auch so Ämter wie Bischof waren mit großer Machtfülle versehen und auch Bischöfe haben sehr gerne und oft an Kriegen teilgenommen, um ihre eigene Macht zu erweitern. Die religiöse Komponente war im Mittelalter zwar auch sehr wichtig und hat quasi alle Lebensbereiche durchzogen, dennoch war man nicht unbedingt altruistisch veranlagt.
Ich muss Fianna aber in soweit widersprechen, dass natürlich auch viele Adlige/Ritter (Das ist nicht zwingend dasselbe) auf die Kreuzzüge gezogen sind. Anders wären die sicher nicht so erfolgreich geworden. Auch da werden religiöse Überlegungen eine Rolle gespielt haben, aber natürlich je nach Persönlichkeit schwankend auch Prestige, Macht, Landerwerb/Erweiterung.
Was die Freizeit der Bauern angeht: Da bin ich doch skeptisch. Mag für die Freibauern gelten und die, wo es keine Leibeigenschaft gab, aber alle anderen mussten schon recht viel ackern und Hand und Spanndienste für ihren Landherren leisten. Das hing natürlich vom Herrn ab (Adel oder Kloster hat große Unterschiede gemacht). Ob die nun zufriden waren, ist eine andere Frage. Sicher sind auch heute noch eine ganze Reihe Menschen mit ihrem normalen Job zufrieden, der wenig Karrierechancen bereit hält.

Fianna

Ich habe das doch nicht bestritten.
Aber: die Mehrheit kam aus anderen Verhältnissen. Eine Mehrheit ist in meinem Sprachgebrauch mathematisch gemeint (mehr als 50 %), und darüber können wir gerne diskutieren, von mir aus auch per PN wegen Offtopic.

Aber ich habe nicht bestritten, das nicht alle bei Null neu anfangen mussten, da legst Du mir was in den Mund.

Tintenteufel

Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, dass mittelalterliche Gesellschaft mit Karriere relativ wenig anfangen konnte und das Konzept eher selten war. Nicht, weil die Leute sich nicht in ihrer Lebenslage verbessern wollten damals, sondern weil Job, Aufstiegsleitern und bessere Bezahlung in einer Ständegesellschaft, wo man Scheißeschipper wurde, wenn der Papa auch Scheißeschipper war und man gefälligst die Tochter eines Scheißeschippers heiratet ehm...ja. Heißt nicht, dass es das nicht gegeben hat, aber dass wir bei einem Problem im modernen Kontext nicht mit mittelalterlichen Argumenten kommen sollten. :omn:

Überhaupt das Thema Karriere finde ich in dem Zusammenhang merkwürdig, Dämmerungshexe. Es ging ja eben nicht darum, ob man sich überhaupt dafür entscheiden muss. Sondern wie das mit Frauen ist, die sich nun einmal für eine Karriere entschieden haben. Und die werden sabotiert, an jeder Ecke. Bei der Bezahlung, der Unterstützung und der Elternzeit.
Wobei ich mich gerade frage, wie sehr eigentlich diejenigen Frauen sabotiert werden, die sich für so eine Haushaltsrolle entscheiden. Auch das ist ja eine legitime Entscheidung, wenn man Karriere eben ausschlägt oder eine andere einschlägt, Schreiben beispielsweise, bloggen, kreative Arbeit usw. die sich nicht an einen Chef koppeln muss. Ich höre die Schwarzer schon im Grab rotieren.  ;D

Was @Lemonie da anspricht, halte ich auch für das wichtigste: Implizite Vorurteile. Das fängt bei der Art der Kommunikation an (Frauen reden eben nie deutlich...) und geht bis zur Sache mit den Nägeln. Ich persönlich kenne auch viele Frauen, die sich die Nägel gar nicht machen und einige Kerle mit Nagellack, aber das nur am Rande.
Es gibt ja beispielsweise eine endlose Reihe an Studien, die zeigen: Die Frauenquote kommt ganz von selbst, wenn die Einstellungsbögen anonymisiert werden. Wenn nur auf Grundlage der eingereichten Dokumente entschieden werden würde, Name (der vermeintlichen Herkunft wegen) und Geschlecht rausgestrichen, bildet sich eine ziemliche 50:50 Quote ab.
Man müsste also nichtmal mit einer hirnrissigen Quote arbeiten, sondern könnte den Einstellungsprozess gesetzlich vorschreiben. Oder fördern - das würde auch viele rassistische Probleme bei der Hürde lösen.

Und @Lina: Ich möchte dir nicht zu nahe treten, aber das mit den starken Frauen als starken Gegensatz halte ich für Küchenpsychologie. Es gibt auch jede Menge starke Frauenfiguren, schon vor dem Feminismus und einer Überladung mit starken, muskelbepackten, blonden, Schwerter schwingenden Hünen in dünnen Leibchen. Jane Eyre, Scarlett Letter, bei Chaucer, Shakespeare, Kleist, selbst schon in der Odyssee ist Odysseus' Frau clever, wortgewandt und sehr darauf aus, sich nicht einfach erobern zu lassen von irgendwelchen jungen Hähnen. Genauso gibt es sensible Jungs schon eine ganze Weile, selbst wenn die im klassischen Rollenbild bleiben. :) Werther z.B. ist ein Softie vor dem Herrn.

Tintenteufel

#34
Memo an die Mods: Tintenteufel ist zu dumm, einen PN Knopf zu finden.  :-[ Tut mir leid, bitte löschen. Ich gelobe, ab jetzt alles doppelt zu prüfen.

canis lupus niger

#35
Zitat von: Fianna am 08. März 2016, 16:04:25
Zitat von: JarlFrank am 08. März 2016, 15:56:25
Im Mittelalter gab es genug Leute, die das Weltliche ganz aufgaben um sich dem Geistlichen zu widmen, sowohl unter Männern als auch unter Frauen.
Heute umso mehr. Das würde ich heute sogar anders, nämlich höher, bewerten, da viele Klostereintritte einfach in dem "Versorgt sein" begründet lagen. Mit verschiedenen Möglichkeiten von sozialen Hilfesystemen ist es heute nicht mehr nötig, Nonne oder Mönch zu werden, damit man was zu essen hat.

Da kommt noch hinzu, dass im realen Mittelalter eine Frau, die nicht verheiratet war, automatisch für eine "unanständige" Frau gehalten wurde, die es mit jedem treibt, denn immerhin galten Frauen damals als "triebhaft und willensschwach", also als "von Natur aus schlecht". Sie selber und jeder Mann musste vor ihrer Lüsternheit  geschützt werden. So blieb Frauen, die nicht heiraten wollten oder konnten, um "versorgt", bzw. in einer "ehrenhaften" Situation zu sein, nur in ein Kloster oder eine ähnliche Einrichtung einzutreten. Das war für Töchter des Adels, für die keine standesgemäße Ehe arrangiert werden konnte, machmal der einzige Weg: mithilfe einer angemessenen "Mitgift" in ein Kloster entsorgt zu werden. manche  konnten im Lauf ihres Lebens sogar zur Äbtissin aufsteigen und eine Art "Führungsposition erlangen. Aber grundsätzlich war auch eine Äbtissin immer einem geweihten Priester unterstellt, denn, wir wissen es ja, Frauen sind lüstern und schwach und bedürfen der männlichen Führung. *Ironiemodus aus*

Ary

Trotzdem haben es auch im Mittelalter Frauen geschafft, auch gegen die Männer anzustinken. Hildegard von Bingen war eine nicht gerade wenig durchsetzungsfähige Äbtissin, von der mächtige Männer sich sogar beraten ließen.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Akirai

#37
Zitat von: Tintenteufel am 08. März 2016, 18:05:38
Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, dass mittelalterliche Gesellschaft mit Karriere relativ wenig anfangen konnte und das Konzept eher selten war. Nicht, weil die Leute sich nicht in ihrer Lebenslage verbessern wollten damals, sondern weil Job, Aufstiegsleitern und bessere Bezahlung in einer Ständegesellschaft, wo man Scheißeschipper wurde, wenn der Papa auch Scheißeschipper war und man gefälligst die Tochter eines Scheißeschippers heiratet ehm...ja.

Zitat von: Aryana am 09. März 2016, 09:28:07
Trotzdem haben es auch im Mittelalter Frauen geschafft, auch gegen die Männer anzustinken. Hildegard von Bingen war eine nicht gerade wenig durchsetzungsfähige Äbtissin, von der mächtige Männer sich sogar beraten ließen.

Teils teils teils ... (und ich greife jetzt einfach mal eure beiden Zitate raus, wenn ich darf, ja?  ;D ).
Nach meinem Wissen (das sicherlich unvollständig ist), hat Tintenteufel durchaus Recht. Ich entsinne mich, dass es in mittelalterlichen "Welt / Glaubens"-Vorstellungen u.a. das Prinzip der great chain of being / scala naturae gab. Vereinfacht dargestellt: Gott hat die Geschöpfe der Welt in einer "Rangliste" eingeordnet. Da haben sie bitte schön auch zu bleiben (so die Menschenvorstellung), und wer das nicht macht, verfällt der (Tod?)Sünde der Hybris, da er sich von seinem Platz wegbewegt, den Gott ihm zugeteilt hat. Von daher galt wohl auch das Prinzip "Bleib an deinem Platz!". Was natürlich nicht hieß, dass so mancher Glücksritter nicht dagegen verstoßen hat.


Auf der anderen Seite haben Aryana und natürlich die anderen Poster hier Recht.
Es gab immer wieder einzelne, aus unserer Sicht herausragende (weibliche) Persönlichkeiten, die gegen das "Etablissement" verstoßen haben. Ich beschäftige mich ein bisschen mit England / Britannien, von daher fielen mir spontan Boudica (führte einen Aufstand der Iceni (?) gegen die röm. Besatzer an, der allerdings letztendlich erfolglos niedergemacht wurde), Aethelflaed of Mercia (in der Ehe hatte wohl sie die Hosen an ... So ein Reich regiert sich schließlich nicht von alleine!) oder Grace o'Malley (ihr irischer Name will mir nicht mehr einfallen, jedenfalls war sie Gegenspielerin von Königin Elizabeth I.) ein. Drei Frauen aus ganz versch. Zeiten, von der Antike über das Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit. Wenn wir uns für "Deutschland" oder den Rest der Welt umsehen würden, würden wir vermutlich noch mehr von solchen Beispiele finden.
Außerdem bot die Kirche auch immer Aufstiegs- und Karrieremöglichkeiten, und das nicht nur für Frauen. Wie oft regierten kirchliche Würdenträger wie weltliche Fürsten, wie oft mussten Bischöfe Heere in die Schlacht führen, wie oft betätigten sich Kirchenmänner als Förderer von Kunst und Kultur? Kirche bedeutet(e) oft genug "Macht". Die Akzente mögen sich im Laufe der letzten Jahrhunderte verschoben haben (vom Heerführer zum Kulturförderer und dann noch in was weiß ich welche Richtungen).

Zitat von: JarlFrank am 08. März 2016, 15:56:25
Naja, dieser Karrierefokus der in den letzten Jahrzehnten so umhergeistert ist noch keine Jahrtausende, nichtmal Jahrhunderte alt. Im Mittelalter gab es genug Leute, die das Weltliche ganz aufgaben um sich dem Geistlichen zu widmen, sowohl unter Männern als auch unter Frauen. Ins Kloster gehen statt als Händler oder Handwerker einen Profit zu erarbeiten, oder auf Kreuzzug gehen statt seine eigenen Ländereien zu erweitern waren Alternativen, die von vielen wahrgenommen wurden, da Karriere eben nicht das Maß aller Dinge war. Und die einfachen Bauern und Handwerker waren zufrieden, solange genug Essen auf dem Tisch war - er hatte seinen Platz in der Welt und war damit zufrieden. Ein mittelalterlicher Bauer hatte übrigens im Schnitt mehr Freizeit als der moderne Mensch, der sich so um seine Karriere sorgt.

Öhm, join ... Es gibt sicherlich die Fälle, in denen Leute ins Kloster / auf Kreuzzug gingen, weil sie es aus religiöser Überzeugung taten. Spontan fällt mir jetzt der Kinderkreuzzug ein - nach meiner Information war das wirklich aus religiöser Überzeugung. Aber grundsätzlich hat Fianna Recht: Ein neues Land bietet neue, unbegrenzte Möglichkeiten. Das war nicht erst mit der Besiedlung von Amerika so, sondern auch im Mittelalter gang und gäbe, vergleiche doch einfach mal die Eroberung von Irland durch die Engländer im 12. Jhd. Den engl. Wikipedia-artikel zu 1169 finde ich persönlich ganz gut gemacht.

So, mein Wort zum Sonntag / Mittwochvormittag. Sollte ein Historiker Fehler in meinem nach bestem Wissen und Gewissen zusammengebastelten Beitrag entdeckten, bitte ich um Rückmeldung - ich lerne gerne dazu.  :)

Noch ein Wort zum Schreiben:
Eigentlich lustig, bei mir ist das phasenweise immer anders  ;D
Ich hatte schon Geschichten, in denen es viele starke Frauen gab. In die verliebten sich die Männer reihenweise und gleich beim ersten Anblick: Sie waren fürsorglich, dickköpfig, durchsetzungsstark (oder einfach nur dickköpfig?), allerdings wurden sie auch mal im rechten Moment entführt, damit die Helden ihren Auftritt bekamen. Die Bösewichtinnen waren meistens femmes fatales und hinterhältig bis zum geht nicht mehr.
Ich hatte aber auch schon Geschichten, da fehlten die Frauen ganz oder waren in der Minderheit vertreten.
Meinem jeweiligen Setting widersprach das auch nicht zwingend, mal waren die Strukturen eben "matriarchalischer" ausgelegt und manchmal eben nicht.

Fianna

Du zählst starke / einflussreiche Frauen im mittelalterlichen England auf und vergisst Alienor von Aquitanien?! :'(

Akirai

 :rofl:
Wie gesagt, die Liste ließe sich endlos und je nach eigenen Präferenzen fortführen.
*Fianna drück*

Franziska

Ich konnte jerzt noch nicht allen Beiträge lesen, aber ich stumme Schedzyala und Asterya zu. Das hast du sehr gut zusammengefasst, Asterya, Belästigung habe ich in der Uni zum Glück noch nicht erlebt, aber  es kommt sicher vor. Ich habe Soziologie studiert und mich auch mit dem Thema beschäftigt und alle meine Professorinnen, deren Spezialgebiet das ist, sind für eine Frauenquote. Erstens wird sich so wie es ist einfach nichts andern, das wurde lange genug versucht. Manchmal brauchen Strukturen einen Anstoß um sich zu anderen. In anderen Länder funktioniert es ja schon.  Wenn es erstmal selbstverständlich ist, dass Frauen Führungspositionen haben, dann  wird es sicher einfacher. Ich sehe aber auch, dass das nicht von heute auf morgen geht.  Und dass Frauen  auch häufig tatsächlich nicht so viel arbeiten wollen, wie es diese Positionen erfordern.  Daher  bin ich  für das skandinavische Modell.  Es muss für alle normal sein nicht Vollzeit arbeiten zu müssen und Eltenzeit zu nehmen, auch für Männer und Kitaplätze müssen
n ausgebaut werden und das Ehegattesplitting abgeschafft. Nur dann funktioniert das auch.

Sternsaphir

Zitat1. Was denkt ihr darüber? Frauenquote? Gar nicht erst nach Geschlecht unterscheiden? Mehr Förderung? Eine Frage der mangelnden Kita-Plätze? etc..etc.. Was sagt ihr?

Ich möchte auch nicht eingestellt werden, nur weil ich eine Frau bin. Das klingt schon nach Mitleids-Job.
Andererseits war ich jetzt so lange arbeitslos, dass ich schon ernsthaft darüber nachdenke, ob ich nur noch mit unfairen Mitteln zu einer Stelle komme.
Ich denke, eine Förderung bräuchten Frauen nicht, aber z.B. mehr Kita-Plätze wäre super. Eine meine Schwägerinnen konnte lange Zeit nicht arbeiten gehen, weil kein Kita-Platz zu finden war. Diese Schere zwischen Job/Karriere und Familie ist nicht immer einfach zu bewältigen und es werden den Frauen gern auch Steine in den Weg gelegt. Auch wenn man es nicht mehr auf dem Papier zu stehen hat: "Sie sind ungeeignet, weil Sie eine Frau sind!", dann steht halt "Sie sind ungeeignet!" Punkt.
Meine Schwägerin wurde so einmal abserviert, obwohl sie für den höheren Posten in ihrer Firma die beste Kanditatin war. Sie wurde dennoch nicht genommen und die Stelle blieb noch lange frei. Aus Hintertürgeflüster wurde ihr dann zugetragen, dass man lieber einen Mann wollte. Leider gab es keinen geeigneten. Also blieb die Stelle weiterhin frei.

Mich stören auch die allgemeinen Vorurteile.
Frauen, die sich für ihren Job entscheiden, gelten als karrieregeil und kinderfeindlich. Frauen, die sich für ihre Familie entscheiden, nennt man gern auch mal "Heimchen".
Macht man beides, gilt man weder als gute Mutter ("sie schiebt die Kinder in die Kita ab, um ihrem Job nachzugehen und sich zu "verwirklichen"") noch als gute Arbeitnehmerin/geberin ("ständig ist was mit den Kindern").
Egal wie man/frau es macht, es ist verkehrt. Ich sage nicht, dass diese Vorurteile immer und überall passieren, aber ich höre das Geunke immer mal wieder.
Vor allem dass dem "Sich selbst verwirklichen" gern ein negativer Beigeschmack angehängt wird, als wäre es eine Straftat, finde ich nicht gut. Was spricht denn dagegen, wenn man noch etwas anderes in seinem Leben tun will als essen, schlafen und Kinder in die Welt setzen?


Zitat2. Wie ist das in euren Büchern? Spielt das eine Rolle? Habt ihr erfolgreiche, weibliche Protas? Wiederspricht dem das Setting?

Gute Frage.
Ich glaub bei mir herrscht meistens Gleichberechtigung. Frauen sind genauso stark und mutig wie Männer und prügeln auch schon mal ihren Bruder oder Gatten aus der Gefahr oder sie werden zumindest genauso gleich behandelt, auch wenn sie andere Aufgaben als Männer haben.
Ich hab aber auch schon über Matriachate geschrieben, wo halt die Mutter das Sagen hat und Männer mehr oder weniger nur stören.
Momentan versuche ich mich im abgeschwächten Patriachat. Das ist gar nicht so einfach, stelle ich fest. (Arrangierte Ehen, der Sohn muss die Ehre der Mutter verteidigen, die Gattin bleibt eher im Haus und bestellt höchstens die Felder)
Aber genauso schreibe ich gern über Spannungen und Dirskriminierungen, wenn meine Protas nicht "der Norm" entsprechen oder einfach durchs Raster der Gesellschaft fallen: z.B. Frauen, die sich nicht weiblich genug benehmen (davon hab ich eine ganze Menge *hust*).


FeeamPC

Solange wir noch über Gleichberechtigung diskutieren müssen, haben wir sie noch nicht.

Aber: Die rechtliche Lage der Frauen war nicht immer identisch mit ihrer tasächlichen. Auch im Mittelalter hat mancher Mann lieber seine Frau entscheiden lassen, einfach, weil er besser damit fuhr. Auch im Mittelalter haben Herrscher Rat bei ihren Frauen gesucht, es nur nicht an die große Glocke gehängt. Auch im Mittelalter haben Frauen hoch offiziell Unternehmen geführt, sei es, dass sie verwitwet waren und der Erbe noch minderjährig, sei es tatsächlich aus eigenem Recht.

Und umgekehrt gibt es heute genügend Frauen, die lieber Heimchen am Herd sein möchten und dem Mann die anstrengende Berufswelt freiwillig überlassen (zumindest, solange sie noch nicht geschieden sind und dann beruflich arbeiten müssen, ob sie wollen oder nicht).

Die Vorurteile der Gesellschaft haben sich zwar gemildert, sind aber nicht aus der Welt.
Der Mann verdient, die Frau bleibt zu Hause?
Wozu hat die überhaupt eine Ausbildung gemacht, da hat die Gesellschaft Geld zum Fenster herausgeschmissen.
Der Mann verdient, die Frau ebenfalls?
Denken die überhaupt nicht an das Wohl ihrer Kinder? Haben die überhaupt welche? Geldgierige Egoisten!
Die Frau verdient, der Mann bleibt zu Hause?
Toll, dass der das mitmacht- aber so eine würde ich nicht haben wollen/sein wollen. Der Ärmste!
Der Mann macht Karriere?
Hat er sich redlich verdient.
Die Frau macht Karriere?
Entweder die hat sich die Leiter raufgeschlafen, oder das ist eine Quotenfrau.

usw.
Alle Varianten sind nach wie vor im Umlauf.

Eine Frau glaubwürdig herüberzubringen, die in einem Fantasy-Buch eine Führungsposition hat, ist allein schon aufgrund dieser Vorurteile eine Herausforderung.
Dazu kommt der tatsächlich vorhandene Muskel-Faktor: Männer sind in den meisten Fällen einfach körperlich stärker, und das dürfte beim Schwertschwingen nicht ganz ohne Folgen bleiben.

Fianna

#43
Es kommt drauf an, was für eine Kampfart man wählt: in einem Heer, alle schön in einer Reihe und man vertraut darauf, dass die Rüstung das Gröbste abhält und der Kamerad hinter dir über Deine Leiche steigt und Deinen Platz einnimmt?
Das geht auch ohne viel Körperkraft.

Oder eher eins gegen eins? Da kommt es dann darauf an, ob die Waffen eher Kraft oder Wendigkeit erfordern. In klassischer Bewaffnung habe ich als Frau vielleicht nicht soviel Kraft, um einem Mann mit einem Schlag den Arm zu brechen (wodurch ihn die Schmerzen ablenken würden und mir Gelegenheit geben, den Kampf zu gewinnen), aber wenn ich schneller oder wendiger bin oder die Schwachstellen seiner Rüstung ausnutze (mein Freund verweist dabei immer auf die Beine, was ich seltsam finde - vielleicht sollte ich mal zu deren Learn-by-yourself-Training mitgehen und zuschauen), dann kann ich auch schon einen Kampf überleben.

Und wenn leichtere Bewaffnung eher Richtung fechten geht, dann ist der Kraftaufwand auch nicht so entscheidend.

Je weniger Kraft eine Kämpferin hat, desto schneller muss sie sein.
Allerdings gibt es ja auch stabil gebaute oder muskulöse Frauen (da fällt mir fiktiv als Erstes Brienne von Tart ein), die können eben nicht alle super schlank, zierlich und sexy-hexy durch die Gegend laufen. Wobei sogar Jennifer Roberson ihren sexistischen Krieger den abweichenden Körperbau seines Lustobjektes bemerken lässt. Auch sexualisiert dargestellte Frauen können entsprechende Muskeln haben.

Sie sehen dann eben nicht so aus wie auf den unsäglichen 80-Jahre-Covern, und man kann seinen starting character nicht innerhalb weniger Monate zu der Meisterkämpferin machen.

Problematisch ist es eher in der Masse, aber Einzelfälle - oder eine ganze Reihe von "Karrierrefrauen" - kann man ohne weiteres in militärische Führungspositionen bringen, auch mit dem entsprechenden Muskelaufbau.
Es kommt eben darauf an, wie die Gesellschaft gestaltet ist, inwiefern die Damen Zugang haben, sich diesen Muskelaufbau und weitere kampftechnische Kenntnisse zu erwerben und in welchem Ausmaß es ihnen trotz theoretischem Zugang erschwert wird.

Waldhex

Ich finde den Threat sehr interessant. Bei uns in der Abteilung hatten wir quasi das Gegenteil. Als ein Kollege die Stelle gewechselt hat, waren wir uns alle einig, dass auf jeden Fall wieder ein Mann auf die Stelle muss. Einfach aus der Überlegung heraus, dass es dann weniger Zickereien gibt, wobei wir im großen und ganzen schon ein gutes Team sind. Wir sind derzeit 11 Frauen und 5 Männer, aber auf "meinem" Stockwerk ist es derzeit nur ein Mann und die anderen männlichen Kollegen fast immer im Außendienst. Es haben sich aber auch nur zwei Männer auf die Stelle beworben, da fiel die Wahl dann auch leicht. Der Neue fängt dann am Montag an.  :)

In meinen ersten beiden Büchern waren Männer und Frauen eigentlich gleichberechtigt (zwei Ermittlerteams, eins von einer Frau angeführt, eins von einem Mann). Mein derzeitiger Roman ist in einem mittelalterlichen Setting und nach dem Lesen der ganzen Posts ist mir aufgefallen, dass da Frauen nur als Nebenfiguren vorkommen und da nicht oft. Dafür wird beim kommenden Buch eine Frau die Hauptprota sein. Der Anfang steht schon und funktioniert nur mit einer Frau.