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[Psychologie] Wie fühlt sich Verliebtsein an?

Begonnen von Jen, 27. Januar 2016, 13:58:11

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Jen

Ich weiß wirklich nicht, ob das hier der richtige Ort für diese Frage ist. Ich habe eine Weile sehr intensiv gesucht und bin auf diesen genialen Thread von Shin gestoßen, der mir aber leider nicht weiterhilft.
Meine Frage ist nicht, was der Unterschied zwischen (z.B.) a- oder bi-sexuell ist, sondern was Liebe allgemein ist. Wie sich Verliebtsein anfühlt.

Romantik und Liebe habe ich bislang sehr selten beschrieben, und auch nur auf Grundlage dessen, was ich aus Film, Serien, Büchern, Comics, Zeichnungen und tausend anderen Dingen aufgeschnappt habe.

Stimmt das mit der "rosaroten Brille"? Wie verändert sich ein Mensch (nicht nur ein Charakter!), wenn er verliebt ist?
Gibt es ein vergleichbares Gefühl (beispielsweise Glück oder das Hingezogen-sein, das wir z.B. zu Serienfiguren spüren)?
Wie groß sind die Unterschiede zwischen "Ich-liebe-meine-Eltern" und "Ich-liebe-meinen-Partner"?
Reicht es, einen Liebesroman zu lesen und sich die Methodiken des fremden Autors anzueignen; oder anders gefragt: Muss man schon einmal verliebt gewesen sein, um realistisch darüber zu schreiben?

???

Wie ihr euch vielleicht denken könnt, steht bei mir als nächstes ein Projekt an, in dem klassisches Verliebtsein ein Thema sein wird. Keine Randerscheinung, keine bereits kaputte Beziehung - eine richtige, wachsende Liebe.
Und da ich selbst noch nie verliebt war, frage ich mich, ob ich es überhaupt probieren sollte, und falls ja, was ich beachten muss.

Ich danke euch im Voraus für eure Antworten!  :prost:
Guilty feet have got no rhythm.

Sipres

#1
Ich denke, wir müssen jetzt erstmal zwischen "verliebt sein" und "Liebe" differenzieren. Verliebt sein ist ein berauschenden Gefühl. Alles scheint perfekt zu sein, der Partner ist einfach total toll in jeder Hinsicht, Fehler gibt es gar nicht an ihm/ihr. Liebe ist, wenn du merkst, dass dein Partner sehr wohl Fehler hat (im Normalfall sogar eine ganze Menge) und du ihn/sie trotzdem - oder vielleicht auch gerade deswegen - nicht verlieren willst.

Die Sache mit der rosaroten Brille: Ja, das stimmt. Man wird ein ganz anderer Mensch. Man selbst bemerkt es nicht unbedingt, aber deine Umwelt wird dir das früher oder später mitteilen. Inwiefern diese Veränderungen sind, ist aber von der Person abhängig.

Zu deiner Frage, ob man verliebt gewesen sein muss, wenn man darüber schreiben will: Man muss auch nicht aus einem Flugzeug gestoßen werden, in den Händen eine scharfe Bombe, die, wenn du sie nicht während des Falls entschärfst, die ganze Welt sprengt, um darüber zu schreiben. Okay, das Beispiel ist doof, das weiß ich selbst. Aber im Endeffekt kommt es nur darauf an, ob du es schaffst, die Emotionen wiederzugeben. Das sollte durch Beobachtungen durchaus möglich sein.

Shedzyala

#2
Zitat von: Sipres am 27. Januar 2016, 14:09:41
Alles scheint perfekt zu sein, der Partner ist einfach total toll in jeder Hinsicht, Fehler gibt es gar nicht an ihm/ihr. Liebe ist, wenn du merkst, dass dein Partner sehr wohl Fehler hat (im Normalfall sogar eine ganze Menge) und du ihn/sie trotzdem - oder vielleicht auch gerade deswegen - nicht verlieren willst.
Hier muss ich doch gleich widersprechen: Natürlich hat der Partner auch Fehler, wenn man verliebt ist, man findet sie nur total knuffig. Ich muss da grad eine gute Freundin von mir denken, die mir über ihren jetzigen Mann in der Anfangszeit erzählte, er würde so unglaublich niedlich schnarchen, davon könnte sie ja gar nicht genug kriegen! Ein Jahr später war dann seine OP, damit er nicht mehr schnarcht ;D

Wie du merkst, fühlt sich verliebtsein für jeden ein wenig anders an. Bei mir würde ich sagen, es hat etwas von Zwangsgedanken, nur im ganz positiven Sinne. Jeder Moement ohne den anderen wird zur Warteschleife, durch die ich durch muss, damit mein Leben ganz schnell wieder geht. Und natürlich gibt es kein anderes Gesprächsthema als sie oder ihn, wodurch man seinen Freunden unglaublich auf die nerven geht.
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Jen

Hihi, und ich finde euch gerade knuffig.  ;D Das mit dem Schnarchen finde ich gerade sehr toll!
Danke euch!  :knuddel: Das hat mir schon mal ein gutes Grundgefühl gegeben.
Guilty feet have got no rhythm.

Lothen

Ich kann noch hinzufügen, dass ich meinen Freund in unserer "Anfangsphase" immer extrem vermisst habe, wenn wir uns längere Zeit getrennt haben. Wir haben in zwei verschiedenen Städten gewohnt (ca. 120 km auseinander) und uns nur am Wochenende gesehen, da hab ich sonntags schonmal ein Tränchen verdrückt, wenn ich wieder nachhause fahren musste. ;)

Alles in allem würde ich übrigens Sipres recht geben: Als einigermaßen empathischer Mensch sollten wir in der Lage sein, uns in andere Personen hineinzuversetzen, auch, wenn wir die Gefühlslage noch nicht erlebt haben. Zum Glück. ;) Ich denke, auf die Frage, wie sich verliebtsein anfühlt, wirst du von 100 Leuten 100 Antworten kriegen, ich denke, da gibt es kein richtig oder falsch.

Spannend ist dann wiederum die Frage, wie man das sprachlich/inhaltlich umsetzt. Da kann einem das Lesen von ähnlichen Themen sicherlich weiterhelfen.

Tanrien

#5
Für jemanden, der/die noch nie verliebt war, würde ich es damit vergleichen, wie wenn du dir jemanden als gute Freund/gute Freundin wünscht - die Person ist einfach cool, du stellst dir vor, wie es wäre, mit ihm/ihr befreundet zu sein und vielleicht mit den gleichen Leuten Billiard spielen zu gehen, etc., du imitierst vielleicht den Kleidungsstil, du versuchst, wenn ihr euch begegnet, interessant zu sein und mehr über die andere Person zu erfahren. Das ganze ist dann nochmal ein wenig anders, ob nur romantische Liebe beispielsweise oder auch sexuelle, das ändert Faktoren. Aber so vom "Schwärmfaktor" ist es mit den Beats bei einer wachsenden Freundschaft vergleichbar. Je nach Typ dann eben mehr oder weniger obsessiv, mehr oder weniger mutig/schüchtern, etc.

Allerdings denke ich nicht, dass du das wirklich an Info brauchst.
ZitatReicht es, einen Liebesroman zu lesen und sich die Methodiken des fremden Autors anzueignen
würde ich nämlich Bejahen. Natürlich nicht nur ein Buch, aber eben ein paar. Leser füllen die Lücken eh aus und jede Liebe und jedes Verliebtsein ist eh anders. Wenn du dir anguckst, was in regulären Romanen teilweise als (heterosexuelles) Verliebt-Sein beschrieben wird, reicht schon die Erwähnung, dass X in Y verliebt ist, und die Leser glauben dir. Eine tiefe, platonische Freundschaft (gerade zwischen Mann und Frau) wird dagegen eher nicht abgenommen. Siehe den Thread zu "Und alles ohne Liebe" (oder so ähnlich). Die Leute wollen ja meistens Liebe sehen und glauben dir da vieles. Es reicht also, aus meiner Sicht, ein paar Beats zu treffen und den Rest füllst du willkürlicher.

(Gleichzeitig mit Lothen und Jen.)

Jen

#6
Zitat von: Tanrien am 27. Januar 2016, 14:27:06
Eine tiefe, platonische Freundschaft (gerade zwischen Mann und Frau) wird dagegen eher nicht abgenommen. Siehe den Thread zu "Und alles ohne Liebe" (oder so ähnlich). Die Leute wollen ja meistens Liebe sehen und glauben dir da vieles. Es reicht also, aus meiner Sicht, ein paar Beats zu treffen und den Rest füllst du willkürlicher.

Ja, über den Thread bin ich eben auch gestolpert, habe aber nicht allzu weit gelesen.
Ich verstehe genau, was du mit der Freundschaft meinst - in einem anderen Projekt (der Akademie) wollte ich zwei Figuren absolut nicht zusammenbringen, weil das so vorhersehbar war. Und ganz plötzlich haben sie sich geküsst.  ;D Habs gar nicht kommen sehen. Und doch passt es perfekt. Deine anderen Tipps helfen mir auch weiter!  :knuddel:

Danke auch an @Lothen:knuddel:
Ein, zwei Liebesromane habe ich hier (ich lese dieses Genre eher selten), die werde ich mir wohl zu Gemüte führen. Da meist "Show, don't tell" gilt, helfen mir auch Serien weiter. Man merkt schon anhand der Blicke, was zwischen zwei Charakteren gehen könnte.  :vibes: Das finde ich total spannend. (Und ja, vielleicht will ich auch einfach Serien gucken  :versteck:)
Guilty feet have got no rhythm.

Asterya

Hmm, das ist ja tatsächlich sehr abhängig von den einzelnen Personen und bei mir auch schon wieder ein bisschen was her.... Generell ist das verliebt sein ein recht kurzer Zustand, ich habe mal gelesen, dass der nur ein paar Wochen anhält. In der Phase des Verliebtseins treten bei vielen diese klassischen körperlichen "Symptome" wie Herzklopfen, so ein kribbelndes Bauchgefühl und so weiter auf. Wenn die Phase des Verliebtseins abgeklungen ist, zeigt sich, ob daraus dann Liebe entstanden ist.
Als wahre Liebe würde ich die Gefühle zwischen Personen nur bezeichnen, wenn es weit über das körperliche hinausgeht, man sich wirklich in- und auswendig kennt mitsamt allen Schwächen und Fehlern. Bei den kleineren Fehlern würde ich Shedzyala zustimmen, die sieht man zwar während man frisch verliebt ist, die stören einen aber nicht. Die wirklich gravierenden Fehler/Charakterschwächen bemerkt man ja oft erst später.
Das ständige Geplapper über den/die Angebetete fällt für mich in die Phase des Verliebtseins. Da muss dann alle Welt erfahren, wie toll der Mensch ist und die Freunde sich im Zweifel Ohrenschützer zulegen. Wirkliche Liebe ist dann eigentlich schon wieder viel zu persönlich, um so offen darüber zu reden, zumindest für mich.
You wake up every morning to fight the same demons that left you so tired the night before. And that, my love, is bravery.

Guddy

#8
(edit: Auf dem Laptop schreibe ich extrem langsam und wurde von allen überholt.. Entschuldigt, wenn ich hier vielleicht wiederhole :/ )

Ich finde anders als Sipres sehr wohl, dass man merkt, dass man sich verändert. Die Schmetterlinge im Bauch (die an ein flaues Gefühl erinnern, nur positiver. Als ob man in freudiger Erwartung eines Fallschirmsprunges ist: Aufgeregtes Kribbeln in der Magengegend, wenn man an den Anderen denkt, dazu ein automatisches Lächeln...), die Gedanken, die sich nur um den anderen zu drehen scheinen, verstärkte Tagträume(und der plötzliche Fokus auf die andere Person), das Ungewisse, das man in der Anfangsphase noch hat - all das ist anders und das merkt man* auch körperlich, ich zumindest ar mir dessen auch bewusst.
Plötzlich werden Details wichtig wie eine kleine Geste, ein Blick, es ist unfassbar aufregend, jedes Mal, wenn er/sie den Raum betritt. Da stockt auch schon mal der Atem und man erschauert vor Aufregung. Jede Berührung ist etwas besonderes.
Es ist ein warmes, kribbelndes Gefühl.
- wenn man weiß, dass es erwidert wird oder zumindest noch Hoffnung besteht. Wenn man unglücklich/unerwidert verliebt ist, sieht es noch ganz anders aus. Da ich allerdings noch nie unglücklich verliebt war, kann ich dazu auch nur verwandte Gefühle geben.

Natürlich gibt es da noch Abstufungen. Bspw. kann man unsicher sein, fast ängstlich ("Mag er mich wirklich?" "Bin ich nicht zu hässlich?" etc., allerdings intensiver als normalerweise), manchmal ist es vielleicht schwächer oder stärker ausgeprägt. Manche Paare überspringen die Phase des Verknalltseins (fast) komplett oder erleben sie anders.

Liebe ist wirklich anders als Verliebtsein. Das ist für mich vom Gefühl mit einer tiefen Freundschaft vergleichbar, nur dass da im besten Fall noch das romantische Kribbeln hinzukommt. Manche Paare "verlieben sich immer wieder neu". Die Liebe zur Familie ist(meistens) "angeboren", die Liebe zum Partner "gewählt" und/oder gewachsen. Man liebt oder liebt nicht, ich schätze, dass es die wenigsten (akut) beeinflussen können, selbst wenn der Partner einem nicht gut tut oder man weiß, dass es keine Zukunft haben kann.

ZitatReicht es, einen Liebesroman zu lesen und sich die Methodiken des fremden Autors anzueignen; oder anders gefragt: Muss man schon einmal verliebt gewesen sein, um realistisch darüber zu schreiben?
Nein, finde ich nicht. :) So, wie ich liebe, liebt vielleicht kein zweiter, doch die Grundsteine sind wohl ähnlich. Insofern kann man sich das auch "anlesen" und aus Filmen usw. erfahren, es wird ohnehin niemand nachprüfen können und wollen, ob dieser Protagonist "richtig" liebt und du es richtig darstellst. Es gibt so viele unterschiedliche Konzepte, Gefühlsspektren und Persönlichkeiten, ich schätze, solange du dich in die Charaktere einfühlst und dich an vergleichbaren Gefühlen wie Glück, Freude etc. orientierst, wirst du es gut machen.
Letztlich müssen wir Autoren Empathie beweisen und auch Dinge schreiben können, die wir nicht selber erlebt haben (können), finde ich.

*Jeder liebt anders, daher kann man es nicht 100%ig verallgemeinern. ;)

Jen

Oioioi, danke für eure Beiträge!  :knuddel: :knuddel:
Das Kribbeln im Bauch kenne ich sogar auch.
Eure Beschreibungen helfen mir auf jeden Fall weiter! Tausend Dank!

Zitat von: Guddy am 27. Januar 2016, 14:38:27
Liebe ist wirklich anders als Verliebtsein.

Das ist für mich gerade eine richtige Erkenntnis!  :o Da steckt ein echt interessanter Prozess hinter! (Und Prozesse sind IMMER gut für Charaktere  ;D )

Zitat von: Guddy am 27. Januar 2016, 14:38:27
Insofern kann man sich das auch "anlesen" und aus Filmen usw. erfahren, es wird ohnehin niemand nachprüfen können und wollen, ob dieser Protagonist "richtig" liebt und du es richtig darstellst. Es gibt so viele unterschiedliche Konzepte, Gefühlsspektren und Persönlichkeiten, ich schätze, solange du dich in die Charaktere einfühlst und dich an vergleichbaren Gefühlen wie Glück, Freude etc. orientierst, wirst du es gut machen.
Letztlich müssen wir Autoren Empathie beweisen und auch Dinge schreiben können, die wir nicht selber erlebt haben (können), finde ich.

Das erleichtert mich gerade wirklich. Ich habe zwar insgeheim auf so eine Antwort gehofft, aber jetzt macht sie mich sehr glücklich.  :vibes:
Guilty feet have got no rhythm.

Asterya

Wichtig wäre vielleicht auch noch, ob die Figuren das erste Mal verliebt sind. Die erwähnten Zweifel im Sinne von "Bin ich zu hässlich/dumm/nervtötend" treten natürlich viel heftiger auf, wenn man schon die eine oder andere negative Erfahrung in Sachen Liebe gesammelt hat.
Ich gehöre zu den Menschen, die eher wenig körperlich empfinden, ich spüre zwar auch Herzklopfen, aber wenn mir manche Freunde erzählen, was sich da bei ihnen im Körper abspielt, kann ich echt nur staunen. Ich weiß nicht, ob das daran liegt, aber mir persönlich ist diese Liebe-auf-den-ersten-Blick-Sache noch nie passiert. Ich habe mich bisher fast ausschließlich in Menschen verliebt, die ich schon lange kannte, oft wurden die dann in dem Moment auch erst attraktiv für mich.
Mir wurde mal gesagt, dass ich hübscher geworden wäre, als ich gerade "glücklich" verliebt war, es kann also durchaus sein, dass anderen eine Veränderung auffällt.
You wake up every morning to fight the same demons that left you so tired the night before. And that, my love, is bravery.

canis lupus niger

#11
Hm, was ich zum Gefühl des Verliebtseins beisteuern kann:

sofortiges Herzrasen, wenn man an denjenigen/diejenige denkt, wenn man ihn/sie sieht, oder auch nur in irgendeinem Menschen irgendwo zu erkennen glaubt

Und man denkt an denjenigen/diejenige ständig, bzw. glaubt, ihn/sie ständig und überall zu sehen. Totale geistige Fixierung auf diese Person. Alles andere wird zumindest vorübergehend nebensächlich: Freunde, Hobbies, Familie, Ziele, z.T. sogar die Weltanschauung, ...


Und gegenüber der Verliebtheit, die echte, tiefe Liebe, für mich bedeutet das tatsächlich das ungläubige und dankbare Bewusstsein, dass der andere alle meine Schwächen kennt und mich trotzdem liebt. Ist ein Zitat aus "Rendezvous mit Joe Black", stimmt aber für mich zu hundert Prozent!

Denamio

#12
Bei mir war es damals so, dass ich es erst richtig gespürt habe, nachdem sie wieder nach Hause gefahren ist. Wir hatten uns online kennengelernt und zu einem Konzert verabredet. Es war nicht direkt der Slow Motion Moment. Ich hab mich einfach in ihrer Nähe wohl gefühlt, wir haben gelacht, uns über die Konzertveranstalter geärgert und hatten eine gute Zeit. Schlimm wurde es erst, als ich dann nachher alleine war. Im Zug nach Hause habe ich Rotz und Wasser geheult, völlig an der Vernunft vorbei wollte ich ihr hinterher. Zuhause habe ich dann unruhig gewartet das sie wieder online kommt. Zwei Wochen später bedankte sie sich fürs Konzert (ich hatte gezahlt), beschimpfte mich und setzte mich auf die Ignoreliste. Das wären in kurzer Folge Teenie-Verliebtsein und Realitätscheck ;D.

Liebe hingegen fühlt sich für mich anders an. Es ist nicht so wild und ultimativ, bestimmt nicht mehr absolut jede Minute. Bei mir ist es eine Art Grundzufriedenheit wenn ich in der Nähe meines Partners bin. Ich denke weniger in "Ich Fragen" sondern in "Wir Fragen". Also nicht "Wie löse ich das Problem?" sondern "Wie können wir das Problem lösen?". Am meisten Freude habe ich beim Wünsche erfüllen, auch die stillen die nicht verbal benannt werden. In den Moment fühle ich die Liebe am Stärksten. Es ist eine gewisse Anziehung und Wärme. Der Tumult des Verliebtseins ist da vielleicht ungleich heftiger und intensiver, in Film und Buch ja sogar oft das Leitmotiv, aber die wirkliche Liebe ist anders. Sie geht tiefer, ist ruhiger und irgendwie erwachsener.

Wenn ich es bildlich beschreiben müßte: Ein Sturm wütet auf dem Meer, zwei Verliebte paddeln in einem Boot das jeden Moment zerbrechen kann. Beide wissen das. Jede Welle ist ein Hoch, gefolgt von der Angst draufzugehen wenn nur etwas das Ideal stört. Im gleichen Sturm sitzen zwei Personen die sich Lieben (edit: Nicht so!) in einem Boot. Ringsherum brechen die Wellen heran, Wasser spült über das Deck. Sie lächeln sich an und trinken erst einmal ungerührt den Tee fertig. Komm Welle, komm Sturz, komm Regen.

Sonnenblumenfee

#13
Zitat von: Lothen am 27. Januar 2016, 14:24:39
Ich kann noch hinzufügen, dass ich meinen Freund in unserer "Anfangsphase" immer extrem vermisst habe, wenn wir uns längere Zeit getrennt haben.
Das kann ich voll bestätigen, wobei für mich in der Phase völligen Verliebtseins unter "längere Zeit" auch schon mehrere Stunden fallen konnten  ;D, also zum Beispiel vom Nachmittag bis zum nächsten Morgen (selbst wenn man in der Zeit ständig per SMS etc. in Kontakt ist)

Zitat von: Asterya am 27. Januar 2016, 14:56:18
Wichtig wäre vielleicht auch noch, ob die Figuren das erste Mal verliebt sind. Die erwähnten Zweifel im Sinne von "Bin ich zu hässlich/dumm/nervtötend" treten natürlich viel heftiger auf, wenn man schon die eine oder andere negative Erfahrung in Sachen Liebe gesammelt hat.
Ich glaube, dass das auch von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein kann. Ein Mensch, der von sich aus schon ziemlich unsicher ist, hat die Gedanken möglicherweise bei der ersten Liebe häufiger als jemand, der eigentlich selbtssicher ist, aber schlechte Erfahrungen gemacht hat (gerade, wenn es um Teenager geht). Also würde ich das "natürlich" ein wenig in Zweifel ziehen wollen  ;)

Zu körperlichen Symptomen kann ich noch beisteuern, dass ich viel weniger Schlaf gebraucht habe. Normalerweise schlafe ich so 6-8 Stunden pro Nacht. In der Zeit meines ersten Verliebtseins reichten dann plötzlich vier Stunden, ohne dass ich müde war.
Dagegen war meine Konzentrationsfähigkeit deutlich gesunken, meine Gedanken sind ständig zu meinem Freund gewandert. Teilweise bin ich mitten in Konversationen komplett abgedriftet  :versteck:

Ich kann auch bestätigen, dass ich das Verliebtsein inklusive der körperlichen Auswirkungen aktiv wahrgenommen habe.

Und ich bin auch der Meinung, dass man übers Verliebtsein schreiben kann, wenn man es noch nie selbst war - hab ich selbst auch schon gemacht und mir hat das bisher niemand angekreidet.

EDIT: hat sich mit Denamio überschnitten.

EDIT 2: als Unterschied zur Liebe fällt mir noch ein, dass sich Liebe (für mich) irgendwie subtiler anfühlt. Verliebtsein bestimmt das ganze Denken, ich habe das aktiv gemerkt. Vor ein paar Monaten (da war ich mit meinem Freund gerade dreieinhalb Jahre zusammen), habe ich bemerkt, dass die Momente, an denen man merkt, dass man den anderen liebt, "kleiner" werden. Ich musste quasi darüber nachdenken. Als ich das ein paar Minuten gemacht habe, waren es nicht weniger Sachen als in der Verliebtheits-phase, aber sie waren nicht so überwältigend insgesamt.
"Discipline is my freedom" - Gretchen Rubin

HauntingWitch

Zitat von: Jen am 27. Januar 2016, 13:58:11
Gibt es ein vergleichbares Gefühl (beispielsweise Glück oder das Hingezogen-sein, das wir z.B. zu Serienfiguren spüren)?

Ich kann dazu noch etwas ergänzen. Es ist tatsächlich ähnlich, aber nicht gleich. Der wesentliche Unterschied zur realen Verliebtheit besteht darin, dass man die Person nicht einfach nur anhimmelt, sondern nicht ohne sie sein kann. Man hat das Gefühl, man kann nichts mehr ohne diese Person tun und denkt ständig, wirklich ständig an sie, auch wenn die Person nicht anwesend ist. Reales Verliebtsein hinterlässt die schon vielfach erwähnten körperlichen Symptome. Bei mir ist es zwar schon eine Weile her, aber ich habe dann immer auch so eine Art Benebeltsein und wie ein Brennen unter der Haut gespürt, aber im positiven Sinn. So ähnlich wie High sein, vermutlich (ich war selbst noch nie High und kann das nur aus Beobachtungen an Bekannten schliessen ;)).

Das Verliebtsein in fiktive Figuren oder Promis ist ja in der Regel nur Schwärmerei und Eskapismus (nicht, dass das etwas Schlechtes wäre ;D), aber man hat nicht das Gefühl, man müsse gleich sein Leben mit der Serienfigur oder dem Promi verbringen. Bei realem Verliebtsein hat man das sehr wohl. Bei Teenagern z.B. verwischt das oft auch.