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Wenn eure Geschichten euch zum Weinen bringen

Begonnen von PinkPuma, 18. Dezember 2015, 10:11:03

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FeeamPC

Eine gute Geschichte hat immer eine ihr innewohnende Logik und Folgerichtigkeit. Und genau deshalb kann man das Schicksal seiner Figuren nicht einfach ändern.

Kare

@FeeamPC - da stimme ich dir zu. Es fühlt sich dann einfach so an, dass die Geschichte den Tod oder das Leid eines Charas eben erfordert.

Aber das macht es dennoch nicht leichter, finde ich. Man spürt, dass man es tun muss, obwohl man es vielleicht nicht will.

Und natürlich hat man schon selber als Autor die Eigendynamik der Geschichte gelenkt, die am Ende vielleicht den Tod eines geliebten Charas erforderlich macht. Man hat ihn doch auf dem Gewissen, selbst wenn es sich in dem Moment so anfühlt, dass man einfach nicht anders kann, dass es sein muss.
"Die Vergangenheit interessiert mich nur soweit, wie sie mir hilft, die Zukunft zu planen."  ~ Dravos Kanael Salanos - "Drakan"


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Arcor

Erstaunlicherweise ist es bei mir wirklich komplett andersherum. Es ist nicht so, dass mich das Schicksal meiner Figuren komplett kalt lässt, aber irgendwie basiert es häufig auf einer "professionellen" Ebene. Ich bin der Autor, du bist meine Figur, und was dir passiert, passiert, weil die Story es so verlangt.  :darth:

Ich kann den ganzen Story-Hinterbau und die Konzeption nicht wirklich ausblenden, deswegen besteht da mitunter eine emotionale Distanz zu meinen eigenen Figuren. Ich leide schon mit, wenn ihnen was Schlimmes passiert, habe mich auch manchmal schon gefragt, ob das jetzt zu heftig ist, aber Tränen hatte ich noch nie in den Augen.

Bei Filmen und Büchern von anderen ist das dagegen komplett anders. Da reagiere ich mitunter ziemlich emotional.  :'(
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Big Kahuna

Ich hab das Pferd meines Protas getötet und geheult wie ein Schlosshund :'(

Loki

Als nicht komplett emotionsloser Autor merke ich schon ab und zu das Ziehen in Armen und Händen wenn ich kurz davor bin eine Hauptperson sterben zu lassen. Als würde mich mein Gewissen zurück halten wollen und zu einer Tasse Tee einladen um die Entscheidung noch einmal zu überdenken  ;D
Allerdings denke ich auch, dass in den meisten Fällen einfach die Geschichte den Tod fordert und nicht ich, der blutrünstige Autor. Nur ab und zu denke ich mir einfach - wenn jetzt keiner stirbt, stirbt die Glaubhaftigkeit  :omn:

Guddy

Zitat von: Big Kahuna am 16. Januar 2016, 10:14:30
Ich hab das Pferd meines Protas getötet und geheult wie ein Schlosshund :'(
Artax!
Die Szene, in der ich das Pferd meines Protas umbringen muss, steht mir auch unmittelbar bevor. Ich fürchte, das wird auch eine der schlimmsten Szenen für mich.

Fianna

Ich habe beschlossen, dass mein emotional etwas distanzierter Prota seine Pferde nicht mit Namen benennt, sondern durchnummeriert. Also habe ich in den Fließtext mal den Namen "Neunzehn" als Platzhalter eingeflochten, ich überlege noch ob das realistisch ist oder ob er erst die Dreizehn reiten soll.

Vic

Ab und an schon.
Es passiert nicht oft, aber manchmal. Meistens dann wenn mir Charaktere schon sehr ans Herz gewachsen sind und ich ihnen furchtbare Dinge antun muss und ab und an muss ich dann echt inne halten und mal ne Runde weinen.
(Ich bin aber eh sehr nah am Wasser gebaut, also von daher....)
Ich tue mich auch echt schwer Leute umzubringen. Und zwar weniger wegen dem Charaktere der stirbt sondern wegen denen die zurückbleiben.
Wenn am Ende alle tot sind, macht mir das gar nichts aus. Aber mich mit den Gefühlen deren auseinander zu setzen die grade jemanden verloren haben .... das macht mich echt fertig.
Liegt aber vielleicht auch an persönlichen Erfahrungen.
Mein Vater ist gestorben als ich 14 war und jetzt bin ich 33 und immer noch nicht drüber weg.  Irgendwie will ich das meinen Charakteren nicht zumuten .... auch wenn es manchmal nötig ist.

Aljana

Zitat von: Big Kahuna am 16. Januar 2016, 10:14:30
Ich hab das Pferd meines Protas getötet und geheult wie ein Schlosshund :'(

Ich stehe im Moment vor der entscheidung, dass ich den geliebten Hund des Protas eigentlich umbringen muss, weil realistisch und so. ICH WILL ABER NICHT!  :brüll:

Also muss ich mir jetzt eine an den Haaren herbeigezogene Gechichte einfallen lassen, dass ausgerechnet der Hund den Weltuntergang überlebt.

foxgirl

@Big Kahuna Ohje ja, wenn ich geliebte Tiere von Protagonisten töten muss, bin ich auch immer unheimlich traurig. Das geht mir allerdings auch schon in "fremden" Büchern und Filmen so. Da sterben Menschen und ich zuck nicht mal mehr, doch wehe sie bringen den Hund oder so um. Dann heule ich unter Garantie. Schon ein wenig eigenartig, wenn ich so darüber nachdenke :D.

KaPunkt

@Aljana Bring den Hund um. Und dann heule, so lange du musst.
An den Haaren herbeigezogen ist niemals gut.

Liebe Grüße,
KaPunkt
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

Big Kahuna

Zitat@Big Kahuna Ohje ja, wenn ich geliebte Tiere von Protagonisten töten muss, bin ich auch immer unheimlich traurig. Das geht mir allerdings auch schon in "fremden" Büchern und Filmen so. Da sterben Menschen und ich zuck nicht mal mehr, doch wehe sie bringen den Hund oder so um. Dann heule ich unter Garantie. Schon ein wenig eigenartig, wenn ich so darüber nachdenke :D.

Ja, ich kenn das. Da können Menschen reihenweise sterben und ich denk mir dabei meist nur: "Naja, gehört in Geschichten dazu bzw. Kollateralschaden", aber sobald ein Pferd oder ein Hund nur verwundet wird, fiebere ich voll mit und fluche, wenns nicht gut ausgeht.

Sturmloewin

Zitat von: Big Kahuna am 19. Januar 2016, 11:38:38
Zitat@Big Kahuna Ohje ja, wenn ich geliebte Tiere von Protagonisten töten muss, bin ich auch immer unheimlich traurig. Das geht mir allerdings auch schon in "fremden" Büchern und Filmen so. Da sterben Menschen und ich zuck nicht mal mehr, doch wehe sie bringen den Hund oder so um. Dann heule ich unter Garantie. Schon ein wenig eigenartig, wenn ich so darüber nachdenke :D.

Ja, ich kenn das. Da können Menschen reihenweise sterben und ich denk mir dabei meist nur: "Naja, gehört in Geschichten dazu bzw. Kollateralschaden", aber sobald ein Pferd oder ein Hund nur verwundet wird, fiebere ich voll mit und fluche, wenns nicht gut ausgeht.

Das geht mir auch immer so! Wie bei Game of Thrones, als der Berg das Pferd erschlagen hat. Das fande ich schlimmer als alles andere bis zu dem Zeitpunkt.



@Aljana
Kapunkt hat Recht. Bring es über dich. Das macht deine Geschichte für den Leser nur emotionaler, aber an den Haaren herbei gezogene Erklärungen wirken unnatürlich und machen stutzig.
So when the world knocks at your front door
Clutch the knob tightly and open on up
And run forward and far into its widespread, greeting arms
With your hands outstretched before you
Fingertips trembling, though they may be
--- Anis Mojgani "Shake the Dust"

flowrite

Hallo,

mich befremdet die Vorstellung, bei einer Geschichte zu weinen, die man selbst gerade schreibt. Wenn ich das überhaupt beurteilen kann in Anbetracht der überschaubaren Menge von Kurzgeschichten und keinen Romanen, die ich bisher geschrieben habe.

Eine gewisse professionelle Distanz zu allen Figuren zu wahren, gehört für mich zum A&O schriftstellerischen Schaffens. Wenn mir dabei Tränen in die Augen schießen., heißt das: Schreibstift beiseite legen und der Trauerphase frönen. Vielleicht mit anderen Stellen weiterschreiben, erst mit unverfänglichen (in der es also eh keine Bezüge zur toten oder leidenden Figur gibt), dann die Reminiszenzen ... Mit dem Tod der Figur ins Reine kommen, sich in den Fortlauf der Geschichte fügen. Es ist ja mitnichten so, dass man als Intuitivschreiber (im Gegensatz zu Planschreibern) Macht darüber hätte, gell. Erst dann wieder dransetzen und die Gefahr, dass der Text über meinem Tränenfilm in rührseligen Kitsch abgleitet, ist gebannt. Bei mir würde diese Gefahr nämlich bestehen, deshalb habe ich nämlich schon mal eine Kurzgeschichte rigoros auf die Hälfte gekürzt.

Ob nicht auch hilft, einen Text vom Ende her zu schreiben, oder wechselweise von vorn und von hinten, kapitelweise rückwärts, bis man zum Schluss die beiden Hälften verbindet, gewissermaßen den Schlussstein setzt? Ich weiß nicht. Nur um zu vermeiden, dass ich beim Schreiben heule, die Schreibpraxis umstellen, ist doch etwas drastisch ...

Ach, würde ich noch schreiben, wüsste ich bestimmt, dass es so einfach nicht ist. ;)

Thaliope

Beim Schreiben selbst passiert mir das eher selten, (ich hab auch noch nie direkt jemanden umgebracht, glaub ich) aber: Ich bin gerade dabei, meinen bisher persönlichsten Roman zu überarbeiten, und an einigen Stellen kommen mir immer wieder die Tränen. Das sind gar nicht unbedingt die Momente, wenn jemand stirbt, sondern einfach emotionale Passagen, in denen die Verletzlichkeiten und Verletzungen der Figuren zum Ausdruck kommen ... Im Moment hab ich noch keine Ahnung, wie ich eine Lesung durchstehen sollte, (sollte das Buch je veröffentlicht werden) ohne in Tränen auszubrechen. Da weiß ich ja, woran ich noch arbeiten muss :)