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Schreibt ihr eigentlich über euch selbst?

Begonnen von Grey, 21. Juni 2007, 00:20:54

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THDuana

Hallo Grey,

ich habe komischerweise oft Figuren, die gar nicht so sind, wie ich. Zu ihnen passt folglich auch nicht mein Leben.
Mein Leben halte ich aus meinen Geschichten heraus, weil ich mich zum einen als Schreiberin auch als einen etwas anderen Menschen fühle und meine Erfahrungen nicht in die Geschichten passen. Meine Charaktere haben ihre eigenen Erfahrungen und das ist auch gut so, denn wäre eine Figur wie ich ... das wollte keiner lesen ;)

Aber ich meine an manchen Büchern schon bemerkt zu haben, dass die Autoren ein Scheibchen von ihnen hineinlegen. Ich kenne die Autoren zwar nicht, finde aber, dass sich über die verschiedenen Bücher die Personen sehr ähneln.
Und wenn ein Autor durch seine Figuren "lebt", packt er sicher etwas von sich in sie. Manche können sich dann auch leichter in ihre Charaktere versetzen.

Aus vielen Interview habe ich aber auch schon gehört, wie anders die Protagonisten/-innen ihren Autoren sind.

Persönlich finde ich es ja spannender, über einen anderen Charakter"typen", als sich selbst zu schreiben. Mich ertrage ich ja jeden Tag. ;D


Duana

Rumpelstilzchen

Meine Charas sind alle recht unterschiedlich, da lässt es sich auch nicht verhindern, dass einige eins, zwei Eigenschafen von mir selber abbekommen haben.
Die Erfahrungen, die ich im Leben gemacht haben, fließen natürlich mit in meine Charas ein. Ich will sie damit nicht beeinflusse, aber ich kann ihnen etwas mit auf ihren Weg geben. ;)
Meine Erlebnisse haben in meinen Geschichten nichts zu suchen, da müssen meine Charas schon ihr eigenes Leben leben, sonst kann ich gleich eine Biografie schreiben und ob das so spannend wäre...

Viel mehr ist mir bei der Überarbeitung meines letzten Romans aufgefallen, dass ich an manchen Stellen gedacht habe, ich lese eine Urlaubskatalog. Da hatte meine touristisch bezogene Seite doch unbemerkt die Oberhand gewonnen. ;D

Trotz allem steckt in meinen Geschichten ein Stück von mir, allerdings könnte ich selber nicht sagen was, es ist irgendwie so. Deshalb denke ich, dass Geschichten im allgemeinen viel über ihren Autor preisgegen können, das jedoch richtig zu deuten, aber nahe zu unmöglich ist.

Hr. Kürbis

Ich kann ruhigen Gewissens sagen, dass ich viele meiner Eindrücke, Gefühle, Erlebnisse usw. in Geschichten einbaue oder einbauen werde.
Das hat für mich nicht unbedingt konkret etwas mit Charakteren zu tun, denen ich "mein Gesicht" gebe, sondern mit Szenen, Stimmungen und Meinungen.
Insgesamt gesehen diene ich aber wohl nur als Filter zwischen der realen Welt und meinen geschriebene Wörtern, die sich gegenseitig beeinflussen...  :omn:

Grey

Klar... ich kann mich keineswegs davon freisprechen, mich selbst in einer gewissen Form in meiner Romane einzubauen. Vielmehr ist es aber bei mir oft so, dass ich, wenn ich mich sehr intensiv mit einer Figur beschäftige, gewisse Verhaltens- und Denkstrukturen von ihnen übernehme. Bin da mehr oder weniger schizophren. Einzige Ausnahme: Grey. Da kann man schon ein Gleichheitszeichen zwischen mich und ihn setzen, fürchte ich...  ::)

Warlock

Meistens schon. Aber in meinem Roman, an dem ich im Moment arbeite, identifiziere ich mich teilweise mit meiner Hauptperson. Das fällt niemanden auf (mir wäre es auch fast entgangen), aber ich merke schon, wie einige persönliche Nuancen (wei schreibt man das bloß?) in meinen Hauptcharakter einfließen.


Manja_Bindig

Hm... laut Michel Focault ist jeder Autor schizophren und suizidgefährdet [Erklärung siehe unten].

Ich bin der Ansicht, dass jeder autor zumindest eine leichte Jugendschizophrenie(sprich, "Unsichtbarer Freund") mit sich herumträgt(wer die genaue Definition davon wissen will, möge die Wikipedia befragen).
Das heißt: ich spalte mich in mehrere Ich's auf, wenn ich schreibe(und auch außerhalb, aber gut...). Das ist nötig, damit ich mich in andere charaktere einfühlen kann, aber es ist auch ganz natürlich. Zwangsläufig fließt immer etwas vom Autor ein.
Ich schreib quasi immer über mcih selbst, allerdings meistens sehr verdeckt.
Bis auf eine Geschichte, in der eine Fantasyautorin mit Schreibblockade in ihre eigene Welt geriet und sie vor dem Untergang retten musste. Das war bis jetzt mein persönlichstes Werk; die Autorin war eine Mischung aus dem, was ich bin(Charakter, aussehen, Verhältnis zu ihrem Leben), dem was ich erreichen möchte(he, sie kann vom Schreiben leben - sie kann sich ein kleines Haus leisten!) und dem, was ich immer fürchte(extreme Schreibblockade, Vereinsamung - sie schafft es nicht, den Kerl, den sie liebt, bei sich zu halten). ... und ihre Hauptcharaktere... ja... da haben mein Rinyl und mein Vyren mal wieder guten Tag gesagt. ^^°
Das ist das, was in dem Punkt am prägnantesten ist - ansonsten fließe "Ich" eher nebenbei ein, in der ein oder anderen Sicht auf etwas, in einer skurrilen Vorliebe oder Abneigung gegen etwas oder so, wie manche Szenen ablaufen - das ist dann manchmal sehr typisch ich.


Erklärung zum suizidgefährdet
Das sollte man übertragen sehen. Laut Focault tritt der Mensch hinter seiner Eigenschaft als "autor zurück, stirbt in diesem Sinne, sobald er in der Geschichte aufgeht. Außerdem - alle Figuren sind Teil des Autors, Aufspaltungen seiner Person(siehe Jugendschizophrenie) - tötet er also eine Figur in der Geschichte, begeht er quasi "Selbstmord"

Solatar

also ich hatte keinen unsichtbaren Freund als Kind... :hmmm:...wahrscheinlich hat mich die multiple Schizophrenie genau deshalb heute erwischt.

Dein Statement macht mich nachdenklich, Manja.

Grey

#23
Mich nicht... ich weiß seit einiger Zeit, dass ich zumindest innerlich multimultipel ( ;) ) bin. Dazu möcht ich auch nur noch ein wunderschönes Zitat aus einem Songtext von Edguy anführen:

ZitatThe life I redeem has got the price of insanity - that you just can't get 'cause you're not even mad, you only trust in your eyes. And sometimes it's good to be schizophrene, 'cause when I'm close to the end, I've got always a friend.

Das hab ich mal einfach adoptiert und zu meinem Lebensmotto gemacht ;D

Lisande

Ich merke schon, dass ich bei den Handlungen und Reaktionen meiner Charaktere immer mich selber sehe und als erstes meinen Charakter so reagieren lassen will, wie ich reagieren würde. Aber das ist nur ein erster Impuls - wie die Reaktion dann tatsächlich ausfällt ist ein Ergebnis aus Überlegung, wie der entsprechende Charakter mit seinem Hintergrund handeln würde.

Was ich allerdings mit Vorliebe mache, ist, meine Gefühlswelt an einem Charakter auszulassen. Heißt: wenn ich beruflich fürchterlich im Stress bin und mich privat in meine Welten zurückziehe - dann kriegen die Charaktere so richtig eins auf den Deckel.
Mein allererster Rollenspielcharakter leidet heute noch darunter... ich habe seinen Hintergrund gebaut, als ich beruflich sehr viel zu tun hatte, das aber leider auch sehr stupide und anstrengende Arbeiten waren. Da brauchte ich was, um meinen Frust abzureagieren... und besagter Charakter ist einer von denen, den der Autor (bzw. Rollenspieler) bitte niemals über den Weg laufen darf...  ;D

Coppelia

ZitatDas sollte man übertragen sehen. Laut Focault tritt der Mensch hinter seiner Eigenschaft als "autor zurück, stirbt in diesem Sinne, sobald er in der Geschichte aufgeht. Außerdem - alle Figuren sind Teil des Autors, Aufspaltungen seiner Person(siehe Jugendschizophrenie) - tötet er also eine Figur in der Geschichte, begeht er quasi "Selbstmord"
Da ist bestimmt ein bisschen was dran, auch wenn es hier negativ und überspitzt formuliert ist. Was ist mit Figuren, die ihre Probleme lösen? Mit denen, die nicht sterben, sondern aus ihrer üblen Situation noch mal die Kurve kriegen? Sollte man nicht vergessen, dass sich der Autor hier vielleicht selbst hilft. ;)
Und daran, dass man selbst kein Ich mehr hat, weil man es auf alle möglichen Figuren aufgesplittet hat, kann ich auch nicht mehr glauben. Vielleicht, weil ich es nicht will. ;D Ich bin immer noch ich, und wenn meine Figuren mit allen möglichen Splittern von mir rumlaufen. ;)

Warlock

Zitat von: Manja am 21. Juni 2007, 20:42:28
Außerdem - alle Figuren sind Teil des Autors, Aufspaltungen seiner Person.

Ach du sch****! Es gibt keine Story von mir, in der nicht mindestens ein schwarzer Magier vorkommt (der natürlich nicht stirbt, sonder gewinnt). Aha, jetzt weiß ich,
weiß ein Teil meiner Seele ist!  :o

Steffi

Ich denke schon, dass jeder Autor zwangsläufig Seiten von sich selbst in die Figuren einfließen lässt. Man hat ja nur ein begrenztes Erfahrungspotential, auf das man zum Bilden der Figuren zurückgreifen kann.

Aber wirklich über mich schreibe ich nie. Es sei denn, ich kriege einen Minicameo in einer Geschichte :)
Sic parvis magna

Termoniaelfe

#28
Oh je, wenn ich ein Buch über mich schreiben würde, wäre das wohl der langweiligste Schinken, den sie Welt je gesehen hätte. Viel lieber würde ich mal ein Buch über meinen Sohn schreiben. Natürlich aus der Sicht einer Mutter  ;D Ich glaube da würde sich so manche Mama drin wiedererkennen ;)

LG
Termi

Möchtegernautorin

#29
Ich habe irgendwann einmal festgestellt, dass die vier ersten Charaktere, die ich kreiert habe, im Grunde vier Extreme meiner selbst waren <flöt> Naja.. zwei davon sind nicht verwendbar für Romane - oder auch wirklich für's Rollenspiel ;)
Und ich hab auch festgestellt, dass der kaputteste meiner Charaktere in einer Zeit entstanden ist, in der ich sehr Depressiv war... ähh.. ja, das färbt also alles irgendwie ab.
Nur "suizitgefährdet" bin ich wohl nicht mehr so ganz, seit ich meinen Gatten kennengelernt habe :D Mittlerweile tue ich mein möglichstes um möglichst wenige Charaktere sterben zu lassen. Außer es ist wirklich nötig oder stylisch <flöt>
Her plants and flowers, they're never the same - Blue and silver, it's all her gain
flying dragons, an enchanted would - She decides, she creates
It's her reality
Within Temptation - "World of Make Believe"