• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

[Medizin] Spätfolgen Muskelverletzung

Begonnen von Lothen, 15. Juni 2015, 11:07:12

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

Lothen

Hallo ihr Lieben,

ich hab (mal wieder) eine medizinische Frage. Das Setting ist Low Fantasy / Mittelalter (mit Game of Thrones vergleichbar).

Ein Prota hat bei einem Kampf eine schwere Rückenverletzung davongetragen. Wirbelsäule o.ä. sind nicht betroffen (er sollte noch laufen können), aber gerade frage ich mich, welche Spätfolgen gerade bei mittelalterlicher medizinischer Versorgung realistischerweise auftreten können, z.B. chronische Schmerzen durch Verletzung des Schultermuskels o.ä.

Hat da jemand ein paar gemeine Tipps für mich?

LG Lothen

Klecks

Ich habe eben meine Mutter gefragt (Krankenschwester) und ihr kam die Idee, dass es - natürlich je nach Schweregrad der Verletzung und wo sich die Verletzung am Rücken tatsächlich befindet - unter widrigen Umständen zu einer Versteifung des Schultergelenks kommen könnte. Zum Beispiel, wenn etwas nicht richtig heilt; wenn sich niemand richtig darum gekümmert hat; oder weil er falsch gelagert wurde; oder ähnlich in Mitleidenschaft gezogen wurde.  :hmmm:  Wenn Knorpel verletzt wird, kann die Schulter dauerhaft instabil werden. Nach den Schmerzen habe ich jetzt nicht gefragt, aber ich bin mir sicher, dass das ordentlich weh tut und das bestimmt auch mehr oder minder chronisch im Nachhinein - vor allem, wenn Brüche falsch verheilen und bei der Verletzung auch Nerven und Muskeln beschädigt wurden und auch eventuell die Haltung beeinträchtigt wird. Ich hatte in der achten Klasse eine Zeit lang Probleme mit einem Rückenmuskel am Schulterblatt, und obwohl das nur eine Verspannung von zu viel Stress war, hat das manchmal so schlimm wehgetan, dass ich mich nicht rühren wollte. Verletzungen an Rücken und Schulter können also richtig weh tun und auch einschränken.

Wäre das gemein genug?  ;D

Kamen

Ich habe zwar keine Krankenschwester oder ähnliches in der direkten Familie, aber mein Cousin N und dessen Vater sind Chirurgen. N hat da schon eine Menge erlebt und mir genau das geschildert, was Klecks' Mutter gesagt hat. Ich kann ihn gern mal nach Details fragen.
Zusätzlich kann es auch weniger dramatisch für den Körper, dafür mehr für den Geist sein:
Die Verletzung ist in den Augen des Verwundeten "so schwer", dass er glaubt er sei invalid oder müsse diese Stelle besonders schonen. Und gerade das selbstverschuldete Falsch-Bewegen/Benutzen macht es nur schlimmer. Oder er glaubt er Bräuche ganz unbedingt genau dieses Schmerzmittel.. Muss ich mehr über Spätfolgen sagen? Mein Vater war in der Drogenberatung tätig und hat da ne Menge erlebt..
Mein Sternzeichen? Schwalbenschwanz, Aszendent Gummiente

Lothen

#3
Danke ihr beiden und vor allem vielen lieben Dank fürs Nachfragen! :knuddel:

Das geht schon sehr gut in die Richtung, die ich mir vorgestellt hätte.  :hmmm:

Zitat von: Kamen am 16. Juni 2015, 06:41:48Oder er glaubt er Bräuche ganz unbedingt genau dieses Schmerzmittel.. Muss ich mehr über Spätfolgen sagen?
Ich mag die Art, wie du denkst ;D (genau so was hatte ich auch schon im Sinn).

Moni

Wenn Schultermuskulatur falsch zusammenwächst kann das zu einer Schiefhaltung führen oder einer Beeinträchtigung in der Nutzung des jeweiligen Armes. Ich hatte zwar noch nie eine Muskelverletzung, habe aber immer wieder so extreme Verspannungen in den Muskeln, daß das bei mir genau zu solchen Dingen führt. Laut meiner Physiotherapeutin kann sowas dauerhaft werden, wenn man nichts dagegen unternimmt. Bewegungsschmerzen führen ja auch meistens dazu, daß man beginnt, die Haltung zu verändern, eine Muskelverletzung geht mit Schmerzen einher und dann hättest du schicke Späfolgen.  ;D
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Pestillenzia

Ich hab mir bei der Gartenarbeit mal einen Muskelbündelriss im Deltamuskel zugezogen und konnte daraufhin meinen Arm monatelang nicht richtig benutzen, konnte nur federleichte Dinge heben und hatte Probleme, eine Jacke anzuziehen, weil ich den Arm nicht über Schulterhöhe heben konnte. Da sämtliche Ärzte davon ausgingen, dass die Beschwerden durch das Rheuma verursacht werden, blieb die wahre Ursache ein knappes Jahr unentdeckt. Erst eine Kernspin förderte die wahre Ursache zutage.
Ich hab mich mit den Beschwerden ca. 2 Jahre herumgeärgert.

Kamen

Zitat von: Lothen am 16. Juni 2015, 07:22:58
Ich mag die Art, wie du denkst ;D (genau so was hatte ich auch schon im Sinn).

Muahahahahaaa


Nee, Spaß beiseite. Erfahrungsgemäß hast du ja schon ein paar sehr gute Ansätze von den Anderen. Das Schmerzmittel-Dings wäre ja nur ein Goodie. Fies wäre natürlich, wenn bei Tests rauskommt, dass es schlimme Nebenwirkungen hat und deshalb vom Markt genommen wird. Dann hätte man noch den illegalen Aspekt mit drin.
Mein Sternzeichen? Schwalbenschwanz, Aszendent Gummiente

Kraehe

Rücken ist ätzend.
Wenn das schlecht heilt - und das ist sehr gut möglich - kannst du viel anstellen. ;) War der Muskel zerfranst/zerfetzt, heilt er womöglich sowieso schonmal schlechter. Kombiniert mit Schonung kannst du nachher Pech und eine ordentliche Verkürzung haben, die entsprechende Probleme macht. Natürlich kann sich auch ein chronischer Schmerz entwickeln, ganz ohne dass körperlich noch was da wäre, psychosomatisch also. Da kann man Medikamentenabhängigkeit auch schön einbauen. Letztlich kann es auch sein, dass eben durch die Schonhaltung/Verkürzung etc. doch noch ein Wirbelsäulenschaden entsteht, weil die Körperhaltung infolge dessen schlecht ist. Kannst ja noch einen Bandscheibenvorfall etwas später drauf packen.
Oder du arbeitest in die Richtung Schleudertrauma - die Chancen sind auch ganz gut, dass dadurch chronische (Nacken-)Schmerzen entstehen können.
Was die Schulter angeht: Die anderen haben Recht, das ist gar nicht so dumm. Die Schulter nicht ordentlich abzuheilen ist schlecht - das Gelenk sollte man auch (wenn ich das jetzt richtig im Kopf habe) nie über lange Zeit ganz ruhig stellen, weil es dann eben zu Problemen in der Folge kommen kann.
Oder du lässt Muskeln ganz durchtrennt werden. Ich bezweifle, dass ein komplett durchtrennter Muskel ohne Nähen wieder was wird, zumal am Rücken, wenn man nicht komplett imobislisert...

Lothen

Vielen Dank für eure Einschätzungen und Erfahrungsberichte!  :pompom:

So wie es aussieht decken sich eure Ideen allgemein ziemlich gut mit meinen Laienvorstellungen, insofern kann ich das wohl etwa so gestalten, wie ich es mir vorgestellt habe. Derzeit geht es mir vor allem um die Folgen in den ersten Wochen nach der Verletzung, die ganz langfristigen (Haltungsschäden, Bandscheibe und co.) muss ich dabei noch nicht berücksichtigen. Aber trotzdem gut zu wissen. ;D

Vor allem die Idee mit den psychosomatischen Schmerzen gefällt mir ziemlich gut, Krähe. Da hätte ich als Psychologin auch mal drauf kommen können. :rofl:

@Manu: Ohweh, klingt ja fies. Aber die Beschwerden decken sich ganz gut mit dem, was ich meinem Prota auch zugemutet hätte.


Zitat von: KräheOder du lässt Muskeln ganz durchtrennt werden. Ich bezweifle, dass ein komplett durchtrennter Muskel ohne Nähen wieder was wird, zumal am Rücken, wenn man nicht komplett imobislisert...
Hm, ließe sich der Arm bei einem durchtrennten Muskel denn überhaupt noch irgendwie bewegen? Wäre bei einem Schwertschlag nämlich gar nicht so unrealistisch.

Zitat von: Kamen am 17. Juni 2015, 11:04:54Fies wäre natürlich, wenn bei Tests rauskommt, dass es schlimme Nebenwirkungen hat und deshalb vom Markt genommen wird. Dann hätte man noch den illegalen Aspekt mit drin.
Aufgrund des mittelalterlichen Settings haut das so leider nicht hin, aber WAS der zuständige Medicus/Alchemist seinem Patienten als Schmerzmittel verkauft, steht auf einem ganz anderen Blatt. :D Der illegale Aspekt bleibt also nicht ganz unbeachtet.


Kraehe

Zitat von: Lothen am 17. Juni 2015, 17:31:04
Vor allem die Idee mit den psychosomatischen Schmerzen gefällt mir ziemlich gut, Krähe. Da hätte ich als Psychologin auch mal drauf kommen können. :rofl:

Hm, ließe sich der Arm bei einem durchtrennten Muskel denn überhaupt noch irgendwie bewegen? Wäre bei einem Schwertschlag nämlich gar nicht so unrealistisch.

In der ersten Woche ... wird es tierisch wehtun, sich vielleicht entzünden (weiß ja nicht, was deine Leute so können) und die Bewegung je nach Verletzung sehr eingeschränkt sein. Je nachdem wie scharf die Waffe war, kannst du ja auch ringsum noch Quetschung haben. Das wäre dann Gewebe, das Potentiell auch noch abstirbt und Probleme macht.

Hihi, meine Psychosomatik-Seminare und Vorlesungen der letzten Zeit zahlen sich also endlich aus. :P

Ja, du kannst den Arm bei durchtrenntem Muskel noch bewegen. Kommt drauf an, was du durchtrennen willst. Am Rücken wären realistisch Trapezius (oben-Nacken) oder Latissimus dorsi (unten). Wenn wir jetzt von Rücken-hinten, oberflächlich, reden.
Tiefer könntest du dir noch die Rhomboiden schnappen (da wäre dann aber auf jeden Fall viel Trapezius mit kaputt), oder gleich die als Erector Spinae zusammengefassten, die direkt an der Wirbelsäule liegen. Aber da müssten auch die oberflächlichsten Muskeln zuerst sehr in Mitleidenschaft gezogen werden und du musst Glück haben, die Wirbelsäule nicht zu verletzen.
An der Schulter (der, der auch Konturgebend für die Schulter ist) könntest du den Deltoideus kappen, den wirst du aber mit einem Schwertschlag nicht ganz kaputt bekommen, weil er etwa auf dem Gelenk liegt, wie wenn du dir die Hand auf die Schulter (auf den Oberarmkopf) legst.
Je nach Muskel, der durchtrennt wurde, hast du dann spezifische Bewegungsausfälle.

Da auch Latissimus und Trapezius sehr groß sind, kann es gut sein, dass noch Teile intakt bleiben. Und Längsschnitte (in Faserrichtung) werden recht gut verheilen können, während Querschnitte wirklich doof sind.
Mehr Fragen? ;D

Pestillenzia

Zitat von: Lothen am 17. Juni 2015, 17:31:04
Hm, ließe sich der Arm bei einem durchtrennten Muskel denn überhaupt noch irgendwie bewegen? Wäre bei einem Schwertschlag nämlich gar nicht so unrealistisch.

Es kommt immer darauf an, welcher Muskel durchtrennt wird und wie wichtig er ist. Ich hab mich jahrelang mit einem Tennisarm rumgeägert (Muskel- bzw. Sehnenansatz am Ellenbogen ist entzündet, tut höllisch weh, ich konnte am Schluss nicht mal mehr ein Päckchen Taschentücher halten), der schließlich operiert werden musste. Dabei hat der Doc einfach die Sehne durchgeschnitten, deren Ansatz chronisch entzündet war, sodass der Muskel stillgelegt war und die übrigen Muskeln seine Arbeit miterledigen mussten.
Blöd nur, dass sich jetzt - nach knapp 6 Jahren - am selben Ellenbogen wieder eine chronische Entzündung gebildet hat. Ich glaub, noch eine Sehne können sie mir nicht durchtrennen ...

Lothen

Danke für die ausführliche Antwort, Krähe. :pompom:

Also nachdem ich mir gerade noch mal ein paar Muskel-Bilder im Internet angeschaut habe, entscheide ich mich wohl für den Trapezius, vielleicht auch noch ein bisschen Deltoideus dazu. So ein ordentlicher Schlag von Schulter abwärts könnte da schon beide Muskelpartien beeinträchtigen.

Ob die Muskeln jetzt durchtrennt oder nur stark beschädigt sind, lasse ich mal offen. Das lässt sich ohne Röntgen oder bildgebende Verfahren wahrscheinlich sowieso nicht eindeutig klären.

Ich denke, ich werde dann so vorgehen, dass der Prota erstmal ziemliche Schmerzen hat (das hat Manu ja sehr eindrucksvoll beschrieben  :gähn: ) und den Arm respektive die Schulter kaum bewegen kann, sodass der faktisch ruhig gestellt wird. Dadurch wird es wohl langfristig dazu kommen, dass der Muskel verkürzt, d.h. die Bewegungsmöglichkeiten werden deutlich eingeschränkt sein.

Kann man da prinzipiell (von den Schmerzmitteln abgesehen, die sind schon notiert ;) ) etwas dagegen tun, um den Patienten zumindest temporär zu entlasten? Massagen sind ja, soweit ich mich erinnere, bei entzündeten Muskeln genau das falsche, oder? Hilft Kühlung? Oder Wärme?

Imperius


Bei einer schweren Rückenverletzung können realistischerweise sowohl Bewegungseinschränkungen, eine veränderte Körperhaltung und natürlich auch chronische Schmerzen auftreten. Glücklicherweise bewegt sich dein Prota im Mittelalter. Mangels Kernspin und Röntgengeräten wird die konkrete Ursache ( schief zusammengewachsener Knochen, nicht verheilter Sehnen- oder Muskelriss ) offen bleiben können.

Feather

Zitat von: Lothen am 18. Juni 2015, 15:38:00

Kann man da prinzipiell (von den Schmerzmitteln abgesehen, die sind schon notiert ;) ) etwas dagegen tun, um den Patienten zumindest temporär zu entlasten? Massagen sind ja, soweit ich mich erinnere, bei entzündeten Muskeln genau das falsche, oder? Hilft Kühlung? Oder Wärme?

Wenn es eine Entzündung ist sollte man es kühlen.

Mit drängt sich nur eher die Frage auf wie realistisch das ganze mit dem Muskeldurchtrennen ist. In einem mittelalterlichen Setting habe ich jetzt nicht unbedingt das schärfste Schwert der Samurai vor meinem inneren Auge. Das heißt das Schwert, das solch eine Leistung vollbringt muss scharf sein. Ich meine Schwerter aus der Zeit verursachen eher stumpfe Traumata. Also eher Knochenbrüche, Hämatome (Blutergüsse) von den Schlägen aber einen ganzen Muskel durchtrennen? Mhm...  Kommt vielleicht noch auf deine Umsetzung an.

Wenn wir jetzt schon vom Rücken zur Schulter gewandert sind mit der Verletzung. Wie wäre eine ausgekugelte Schulter? Die vorher schon ein zweimal raus war. So was kann chronisch werden, mit dem rausspringen, da reicht die kleinste falsche Bewegung irgendwann. Vielleicht wird dir das nochmal nützlich sein.
Und durch das dauerhafte Rausspringen kommt es zur Abnutzung des Gelenkes, das heißt es verursacht immer stärker werdende Schmerzen bei Bewegung. Es kommt zu Entzündungen, Versteifungen später.

Lothen

@Feather : Berechtigter Einwand. Ob der Muskel nun faktisch tatsächlich durchtrennt ist, spielt auch keine Rolle - wie Imperius schon sagte, ich habe den Luxus, die Details der Verletzung nicht erklären zu müssen, weil man die sowieso nicht kennt. ;) Ob also durchtrennt, angerissen oder entzündet ist deswegen ziemlich egal, Tatsache ist, es tut weh und der Arm lässt sich nicht mehr richtig bewegen.

Auch wie die Verletzung im Kampfgetümmel zustande gekommen ist, bleibt unklar. Der Prota bekam einen heftigen Schlag gegen Schulter/Rücken und ging dann zu Boden. Fertig.

Allerdings stelle ich mir Muskeln ja auch als Faser vor, von daher könnte doch auch extreme Wucht unabhängig von der Schärfe ausreichen, um ihn zu beschädigen, oder sehe ich das falsch?