• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Wie dick muss ein Manuskript sein, um ein Buch zu sein?

Begonnen von Miezekatzemaus, 01. April 2015, 21:58:38

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

Miezekatzemaus

Hallo, ihr Lieben!

Ich habe kein ähnliches Thema gefunden, daher erlaube ich mir mal, es aufzumachen. Seit einiger Zeit beschäftige ich mich nämlich mit der Frage, wie dick ein Manuskript eigentlich zu sein hat, um ein Buch zu sein. Es gibt ja Autoren, die sagen "200 Seiten sind für mich eine Novelle!", und es gibt andere, die sagen: "Meine Romane haben 45k." Wie seht ihr das?

Meine Manuskripte haben gewöhnlich eine Länge von 180-250 Normseiten, also 50-60k. Nun frage ich mich aber, ob das eigentlich schon als "Roman" zählt. Wie steht ihr dazu?

Liebe Grüße
Mieze

Fynja

Ich würde da gar keine zu engen Grenzen setzen. Im Endeffekt sind "Novelle" oder "Roman" auch nur Labels für etwas, was eigentlich gar nicht distinkt ist, sondern kontinuierlich. Ich persönlich nenne meistens alles unter 150 Seiten Novelle, alles drüber Roman, aber eigentlich ist es meiner Meinung nach unsinnig, das großartig zu unterscheiden, weil einem der Unterschied zwischen 149 und 151 Seiten beispielsweise ohnehin kaum auffällt und es im Endeffekt nicht das ist, worauf es ankommt.

Insofern: Wenn du deine Romane Romane nennen willst, tu das, und wenn du sie Novelle nennen willst, tu das. Ich glaube, mit den 50-60k bewegst du dich einfach in einem Zwischebereich, wo du die Manuskripte labeln kannst, wie es gerade passt, und das kann ja auch manchmal praktisch sein. :D

Churke

Zitat von: Miezekatzemaus am 01. April 2015, 21:58:38
Es gibt ja Autoren, die sagen "200 Seiten sind für mich eine Novelle!", und es gibt andere, die sagen: "Meine Romane haben 45k." Wie seht ihr das?
Solche Autoren verstehen wahrscheinlich nichts von Novellen, weil sich die Novelle nicht nur über die Länge definiert. Novellen haben eine andere Erzählstruktur als Romane und deshalb sind sie zwangsläufig kürzer.

Früher hatte man mit Romanlängen unter 200 Seiten keinerlei Probleme. Nur ist das Dickschreiben heute Mode. Bei Großverlagen jedenfalls, einem Kleinverlag braucht man mit 600 Seiten meist gar nicht erst zu kommen.


Nuya

Mein Ferdinand hat 133 Seiten als Buch und ich sage Roman! :vibes:

BiancaS

Hier gibt es eine schöne Übersicht nach Genre, die zumindest eine grobe Richtlinie für die Romane in den unterschiedlichen Genres sein kann.

Ansonsten schließe ich mich Fynja an. Es gibt genug Bücher, die sich Roman nennen, obwohl sie bei 150-200 Seiten liegen und ich habe damit überhaupt kein Problem. Ich denke, dass es vor allem auf die Geschichte ankommt, wenn deine Seitenanzahl für die Geschichte reicht, warum solltest du es unnötig aufblähen?

ZitatInsofern: Wenn du deine Romane Romane nennen willst, tu das, und wenn du sie Novelle nennen willst, tu das.
Sehe ich auch so. Meistens ist es einfach nur ein weiteres Label, dass mittlerweile einfach nicht mehr viel aussagt. Ich habe mittlerweile so viele "Novellen" gelesen, die sich nicht mehr an den klassischen Novellen-Aufbau halten, sondern nur der Länge wegen Novelle genannt werden, dass es beinahe nichts mehr aussagt.

Miezekatzemaus

Churke, da hast du Recht, was Novellen und Romane betrifft, danke.

Andererseits - es verschwimmen auch die Grenzen zwischen Novellen und Kurzgeschichten. Wenn ich 50 Normseiten habe, kann ich das noch Kurzgeschichte nennen, aber ich persönlich würde es wahrscheinlich als Novelle einstufen - ich glaube, die Grenzen verschwimmen da einfach sehr.

Aber es beruhigt mich schon, dass ihr meint, dass Romane mit 50-60k nicht zu kurz sind.

Eluin

Die Frage hab ich mir auch schon häufiger gestellt  :rofl:

Mittlerweile hab ich mir einen entsprechenden Sheet mit Hinweisen in meiner Statistik angelegt. Ich kopiere dir die Infos daraus mal hier zusammen inkl. entsprechender Links wo ich die Daten her habe:

Zitat
Adult Novels   
   
80,000 – 89,999:       Totally cool   
90,000 – 99,999:       Generally safe   
70,000 – 79,999:       Might be too short; probably all right   
100,000 – 109,999:    Might be too long; probably all right   
Below 70,000:           Too short   
110,000 or above       Too long       
   
SciFi & Fantasy   
90-100k: okay   
100,000 – 115,000: excellent range   
115-124k: okay   
   
http://www.writersdigest.com/editor-blogs/guide-to-literary-agents/word-count-for-novels-and-childrens-books-the-definitive-post   
http://www.huffingtonpost.com/2012/03/09/book-length_n_1334636.html   
http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_longest_novels   
Zitat
Deutsche Schätzungen
http://mohya.livejournal.com/101110.html   
Trudi Canavan - Die Rebellin: 138.000 Wörter   
Eragon Band 1 (deutsch): 130.000 Wörter   
Jenny-Mai Nuyen - Nocturna: 135.000 Wörter   
Wolfgang und Heike Hohlbein - Krieg der Engel: 160.000 Wörter   
Walter Moers - Die Stadt der träumenden Bücher: 140.000 Wörter (die Zahl ist noch ungenauer als die anderen, wegen der vielen Bilder)    

Und da die folgenden Zahlen auch in der Leseprobe bei Amazon aus dem Buch "Handbuch für Kinder- und Jugendbuch-Autoren: Bilderbuch, Kinderbuch, Jugendroman, Sachbuch: schreiben, illustrieren und veröffentlichen" von Sylvia Englert auf Seite 16 zu finden sind, auch noch die Tabelle von dort:

Zitat




AlterTextartRichtwerte Textlänge

2 bis 5   
Bilderbuch, Vorlesebuch   Bilderbuch möglichst wenig Text, besser nicht mehr als 800 Zeichen inkl. Leerzeichen pro Doppelseite (auf 12 Doppelseiten).
Vorlesebuch ca. 50 bis 80 Normseiten pro Geschichte ca. 2 bis 3 Normseiten
6 bis 7   Erstlesebuch, Vorlesebuch, z.T. Kinderroman ab 8 vorgelesen   Erstleserbuch erste Klasse: 3 bis 4 Normseiten Text, für zweite und dritte Klasse 10 bis 15 Normseiten.
Achtung, es gibt Vorgaben der Verlage für bestimmte Reihen!
Vorlesebuch siehe oben.
8 bis 10   Kinderroman ab 8, Kinderroman ab 10, je nach Entwicklungsstufe auch schon Romane ab 12   Kinderroman ab 8: 80 bis 100 Normseiten
Kinderroman ab 10: 150 bis 300 Normseiten
Ab 12   Jugendroman ab 12, gelegentlich auch schon Erwachsenebücher   200 bis 700 Normseiten, umfangreichere Werke in mehreren Bänden
Ab 14   Jugendbücher ab 14, Romane für ,,Young Adults", Erwachsenenbücher   200 bis 700 Normseiten, umfangreichere Werke in mehreren Bänden

Träume verändern die Zukunft. Doch erst wenn wir die Augen öffnen, können wir sie verwirklichen!
Mein Spruch, mein Motto.

Alana

#7
Das habe ich mich letztens auch gefragt, denn meine Novelle hat sich von geplanten 100 Seiten nun mehr auf 170 Seiten ausgedehnt. :P Die Programmleiterin vom Verlag meinte, sie würden das als Roman bezeichnen, da die Leser den Begriff Novelle in der reinen Unterhaltungsliteratur nicht richtig akzeptieren würden, ob das stimmt, keine Ahnung. Für mich persönlich beginnt ein Roman bei etwa 250 Wörtern (Edit: Seiten natürlich! ;D ) , Nano-Länge ist da also eigentlich noch zu kurz. Hängt auch vom Genre ab, bei Erotik (wie meine Novelle) geht auch kürzer, bei Fantasy für Erwachsene ist alles unter 350 Seiten für mich zu kurz. Die Bände meiner Trilogie haben 540 bzw. 590 Seiten, der dritte ist noch nicht geschrieben, mal gucken, ob er 650 hat. ;D Dann steigt mir allerdings der Verlag aufs Dach, die haben schon bei 590 heftig geschluckt.
Alhambrana

Rajou

Mieze, mach dir da mal keine Sorgen. Elus Infos sind zwar sehr informativ, aber deswegen heißt das nicht, das alles, was unter den 90k in Fantasy liegt zu kurz ist. Ein eigenes Beispiel:

Mein Rajou hat 66k und es ist ein Roman mit 200 Seiten... ;D

Deins ist also definitiv ebensowenig zu kurz  ;)

Zitat von: Alana am 01. April 2015, 23:38:15
Für mich persönlich beginnt ein Roman bei etwa 250 Wörtern, Nano-Länge ist da also eigentlich noch zu kurz.
Bei 250 Wörtern???
Maybe it's not about the happy ending. Maybe it's about the story.

FeeamPC

Um die Überschrift heranzuziehen:
Alles ab 49 Seiten ist ein Buch.
Vermutlich sollte die frage eher lauten:
Was ist ein Roman?
Alles, was ein Leser als ausreichend empfindet, um ihm Unterhaltung zu geben, alle wichtigen aufgeworfenen Fragen des Buches zu klären und was eine allgemein als Roman empfundene Erzählstruktur hat.

Zumindest sieht so meine Definition aus. Damit ist die Seitenzahl ziemlich sekundär.

BiancaS

ZitatMieze, mach dir da mal keine Sorgen. Elus Infos sind zwar sehr informativ, aber deswegen heißt das nicht, das alles, was unter den 90k in Fantasy liegt zu kurz ist.

Wie in meinem Link, denke ich, dass auch Elus Zahlen nur bestimmte Richtwerte sind. Es ist das, was durchschnittlich so angesehen wird. Dazwischen gibt es immer mal Ausreißer. Gerade da diese Frage immer wieder aufkommt, finde ich es recht gut, dass es mittlerweile Listen gibt, an denen man sich zumindest ein bisschen orientieren kann. Wenn man jetzt ein Kinderbuch mit 100k schreibt, was man wahrscheinlich selbst schon, dass es zu lang ist ;) Aber bei anderen Genres sind die Abstriche immer bisschen feiner und natürlich gibt es da oft auch in verschiedenen Verlagen nochmal verschiedene Abstufungen, aber als Orientierung finde ich solche Listen mit Zahlen für die verschiedenen Genres und Altersgruppen schon sehr gut.


@Rajou Bin auch über die 250 WÖRTER gestutzt, aber ich denke aus dem Zusammenhang heraus, dass Alana Seiten meinte :)

Alana

Ich meinte natürlich 250 Seiten. Sorry. ;D Es ist spät ich stecke mit dem Kopf noch in den Wolken vom Musical.  :vibes:
Alhambrana

Klecks

Ich würde die Anzahl der Seiten/Wörter bei der Definition, ob wir von Kurzgeschichte, Novelle oder Roman sprechen, auch nicht mehr so eng sehen. Früher war das anders, früher war für mich alles unter 200 Seiten kein Roman, aber mit mehr Lese- und Schreiberfahrung hat sich das verändert. Dass ich trotzdem nur Romane über 200 Seiten lese, ist mein persönlicher Geschmack, aber das heißt nicht, dass ich alles darunter nicht als Roman akzeptieren würde. Wir haben das im Deutschunterricht mehr als einmal gehabt und von Seitenzahlen war nie die Rede. Es ging immer, wie hier auch schon gesagt wurde, darum, wie der Text aufgebaut ist, aber von Zahlen haben wir nie gesprochen.  :D

Ich schätze, für Verlage werden die Bezeichnungen wichtig, wenn es ans Verkaufen geht, denn irgendwie muss man einen Text labeln, um dem Leser sagen zu können, was genau er da eigentlich kaufen soll. Auch für einen selbst kann so ein Label hilfreich sein, wenn man als Autorin gerne weiß, was man da gerade eigentlich schreibt. Außerdem müssen Verlage auf die Konventionen achten, die Eluin gepostet hat. Der Leser erwartet bei Kinderromanen etwas anderes als bei Erstlesebüchern, bei Jugendromanen etwas anderes als bei Erwachsenenromanen, wobei hier neben den Zahlen auch wieder unzählige andere Dinge wie Genre, Buchmarkt und gegenwärtige Trends und Hypes eine Rolle spielen. Ich glaube nicht, dass Verlage pauschal ein richtig, richtiges gutes Buch ablehnen würden, weil es nicht den konventionellen Zahlen entspricht. Aber ich glaube, auch das hängt wieder von vielen Faktoren ab, wie jede Entscheidung eines Verlags für oder wider eine Veröffentlichung. Solche Bezeichnungen und Zahlen sind für mich deshalb ein Richtwert, mit dem ich mich durchaus auseinander setze und den ich auch im Blick behalte, wenn ich schreibe, einfach, um die Chancen zu maximieren, dass mein Buch von einem Verlag veröffentlicht wird. Aber so beeinflussen lassen, dass das Buch ein ganz anderes wird, möchte ich mich von einfachen Zahlen nicht.  :jau:

HauntingWitch

Ich stimme Fynja vollkommen zu. Meine Romane haben durchschnittlich so zwischen 170 - 230 (der längste) Seiten. Lange Zeit dachte ich auch, das ist zu wenig, aber wenn ich doch alles unterbringen kann, was ich möchte. Warum sollte ich sie künstlich stopfen, wenn die Geschichte für mich in 170 Seiten erzählt ist? Es ist auch ein bisschen vom Genre abhängig, was die Leser als Roman betrachten und was eher nicht. Ein High Fantasy-Fan erwartet seine 500+ Seiten, ein Urban Fantasy-Leser gibt sich auch mit weniger zufrieden. Bei Horror sind meistens Kurzgeschichten am besten, weil zu viel Spannung verloren geht, wenn es zu lange dauert bis zum Höhepunkt. Aber wie auch sonst im Leben ist nichts in Stein gemeisselt.  ;)

Amberle

Ich denke auch, dass die Definition hier nicht das Problem ist. Wenn es sich wie ein Roman liest und du der Meinung bist, dass es ein Roman ist, dann ist es einer. Aber wie sieht es mit der Vermarktbarkeit innerhalb der Fantasy aus? Mir persönlich waren 200 Seiten zu wenig, aber ich weiß, dass sich mein Vater seit Jahren darüber beschwert, dass die Autoren einfach nicht mehr wissen, wie man kürze Bücher schreibt. Also vielleicht sind deine Romane ja von genau der richtigen Länge  für eine neue Welle der Endlosbuch-Geplagten.