• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Kürzen, kürzen, kürzen oder auffüllen?

Begonnen von Möchtegernautorin, 29. März 2015, 12:42:59

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Aljana

Schön, eure Erfahrungen zu lesen, und dass es noch andere gibt, die auch schonmal mehrere hundert Seiten wegstreichen. Dennoch kommen dafür bei mir oft an anderer Stelle ebensoviele, wenn nicht mehr Seiten, dazu.
Die Essenz einer Geschichte und wie weit man sie kondensieren kann, hängt, finde ich, auch immer ein bisschen davon ab, in was für einem Zeitrahmen eine Geschichte spielt und wie viele Charaktere in den Fokus gerückt werden sollen.
Ich meine, ein Epos, wie HdR, in dem es fast ein Dutzend Charas gibt, eine Reise von über einem Jahr beschrieben wird und eine ganze Welt dem Leser bildlich dargestellt werden muss, kommt mit 250 Seiten nicht aus.
Aber eine Geschichte, deren Zeitrahmen nicht mehr als ein paar Tage im Leben eines oder zwei Protas beschreibt, kann spannend und aussagekräftig mit nur 150 seiten sein. Hat man dann 100 Seiten zusätzlich rumgeschwafelt, über Schauplätze, die im eigenen Kopf nur grob umrissen sind, oder eine Fantasywelt, die nich bis ins letzte Detail ausgearbeitet ist, dann kann die Geschichte durch ordentlich einkürzen auch gewinnen, denn es geht ja nicht immer um die Details. Manchmal geht es einfach nur um eine ganz bestimmte Wendung.

DoroMara

Ich schreibe - überarbeite und erweitere grosszügig - dann kürze ich radikal. Nachher habe ich nur noch ein grosses Fragezeichen im Kopf und weiss nicht mehr weiter.
Dann hilft mir nur noch der Betaleser. Dabei fühle ich mich dann oft etwas hilflos. Aber ich sehe wirklich nicht mehr durch und im Gespräch klärt sich dann einiges.

moonjunkie

Da meine ersten Entwürfe meistens etwas kurz sind (so um die 200 Seiten), gehöre ich eher zu denen, die danach auffüllen. Zuerst gehe ich Kapitel für Kapitel durch und gucke, wo man noch etwas ergänzen müsste bzw. wo irgendwas nicht passt. Dadurch allein entstehen meistens schon ein paar neue Szenen. Die Betaleser helfen mir danach auch weiter, wenn ich nicht mehr weiß, wo was fehlt oder zu viel ist und auch dadurch entstehen wieder neue Szenen und Kapitel. Am Ende der groben Überarbeitung habe ich dann meistens einige Seiten mehr (ich glaube, bei meiner Mondschwinge waren es nach der Überarbeitung tatsächlich über 100 Seiten mehr). Gekürzt wird dann sprachlich und beim letzten Durchgang, meistens auch nochmal im Lektorat (wobei bei mir auch dann nochmal Szenen dazu kommen können, aber nur kleinere).

Bei meinem ersten Romanversuch sind übrigens mehrere hundert Seiten rausgefallen, das war quasi mein Übungsprojekt. Ich habe aber durch das "zu viel" an Seiten auch jede Menge gelernt, über die Figuren oder die Geschichte oder auch darüber, wie es nicht so gut funktioniert in einem Roman ...  :omn: Mittlerweile muss ich selten so viele Seiten streichen und eher ergänzen, wie gesagt.

Chrikue

Ich glaube, die Frage nach kürzen oder auffüllen, sind eigentlich zwei verschiedene Fragen.

Die erste Frage wäre eher eine nach der Art: Habe ich alles erzählt, was ich erzählen will? Jedes Bild, jede Figurentwickung etc. pp.?

Wenn nein, dann fülle ich die fehlenden Informationen etc. auf.

Die zweite Frage wäre eher: Habe ich meine Geschichte möglichst effektiv (im Sinne von klar, deutlich, nicht langweilig, ohne Füllsel) erzählt?

Wenn nein, dann kürze ich Füllwörter und -sätze, Wiederholungen, Infodump usw.

Beides schließt natürlich das Umschreiben einiger Passagen nicht aus.

Beim Überarbeiten fällt einem natürlich durchaus beides auf und man geht beides an. Wobei ich mal vermuten würde, dass die meisten von uns lieber was hinzufügen mögen, als schöne heilige selbstgeschriebene Worte zu entfernen. ;-) Deswegen mein Respekt, von 900 MS auf unter 300 zu kürzen. Manchmal ist es aber ziemlich gut, so rigoros zu sein.

Tika

Bei meinem ersten Roman hatte ich das Gefühl, der wird viel zu kurz und staunte am Ende, dass er länger wurde als gedacht. In der Überarbeitung wollte ich dann "kürzen" - am Ende war er um zwei Kapitel länger.

Bei meinem zweiten Roman habe ich gar nicht mehr darauf geachtet, ob er kurz oder lang werden würde. Er wurde dann verhältnismäßig kurz mit seinen 330 Normseiten. Was soll ich sagen, die Geschichte ist erzählt und mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

Mein dritter Roman wird allerdings ein Marathon-Projekt, für meine Verhältnisse zumindest. Aber nicht, weil ich ausufernd erzähle, sondern einfach, weil meine Protas die ganzen Szenen brauchen, um zum Ende zu kommen.
"Kürzen" sollte ich den wohl am Schluß besser nicht, sonst wird er noch länger...

Fazit: Eine Geschichte ist einfach so lang, wie sie braucht, um erzählt zu werden. Und wenn ich "kürze" wird sie eher länger.

Aljana

@Tika "Ja hier sollte ich diesen überflüssigen Bandwurmsatz streichen ... Aber oh mein Gott  :d'oh: die Beweggründe meines protas kommen so gar nicht wirklich zum Ausdruck ... ich mache dann mal lieber einen ganzen neuen absatz mit kurzen knackigen Sätzen"

*zehn Seiten später* "Da ist ja noch so ein Schachtelsatz, den ich dringend wegkürzen muss ... *narf* "

Kenn ich ... kenn ich nur zu gut ;)