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Ist der Ruf erst ruiniert - Angriff auf Rezensentin einer Indie-Autorin

Begonnen von Timmytoby, 22. März 2015, 17:02:36

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Timmytoby

Ich bin heute über ein absolutes PR-Desaster einer amerikanischen Autorin gestolpert, das ich sehr interessant finde, sowohl für Selbstveröffentlicher als auch für Verlagsautoren. Marketing und PR sind ja für jeden von uns irgendwann mal interessant.
Der Umgang mit Rezensionen ist ja nicht ganz einfach für jeden Autor, aber was hier abgelaufen ist, hat mich wirklich sprachlos gemacht:

Seit längerem folge ich auf Goodreads einer sehr netten Rezensentin aus der Schweiz und tausche mich regelmäßig mit ihr aus. Wir teilen in etwa den gleichen Geschmack, zumindest was Gay Romance angeht.
Ihre Reviews gehören zu den meistgelesenen auf Goodreads (und sind damit auf dem englischen Markt recht einflussreich, gerade in einem Nischengenre wie diesem). Wie üblich auf der Seite, ist ihr Stil eher informell, mit vielen Gifs und sarkastisch/ironischen Kommentaren. Allerdings ist sie immer fair und sachlich, auch wenn sie ein Buch negativ bewertet.

Nun hat eine Autorin ein Buch angekündigt für Mai und ich konnte nicht fassen, was da auf einmal passierte:
Review zu Black Balled von Baba

Grob zusammengefasst: Die Autorin wurde in der Vergangenheit von Baba rezensiert (2,5 Sterne und Urteil "Nichts für mich"). Sie hat dann später mit einem Pseudonym erneut ein Rezensionsexemplar an Baba vergeben (ohne sich zu erkenenn zu geben und warum sie das überhaupt gemacht, obwohl sie doch wusste ihr Stil gefällt ihr nicht - keine Ahnung). Erneut fiel die Rezension nicht schmeichelhaft aus.
Die Autorin hat ebenfalls in der Vergangenheit enorme Schlachten auf Amazon ausgefochten mit anderen Rezensenten, was ja ohnehin schon ein sehr unprofessionelles Verhalten ist.

Nun erscheint also "Black Balled"- in Kooperation mit einer zweiten Autorin - und eine der Figuren ist ein Rezensent namens "Babu", der andere Prota ein Schriftsteller auf einem Rachefeldzug. Es dominieren BDSM-Themen und sexualisierte Gewalt. :hmhm?:
Hier lebt also eine erfolgreiche Indie-Autorin plötzlich einen Rachefeldzug aus, indem sie eine reale Person in einem sexuellen Kontext in ihrem Buch behandelt. Das ist auf so vielen Ebenen verstörend und problematisch, dass es mich erstmal sprachlos gemacht hat. Ich glaube, ich habe noch nie so eine bizarre und unangebrachte Aktion erlebt.

Wie zu erwarten, waren die Reaktionen auf Goodreads heftig. Inzwischen wurden die Namen und Bezüge zu Baba geändert auf der Buchseite, aber der Schaden ist angerichtet.
Das Ganze hat mich wirklich nachdenklich gemacht, weil die Autorin in ihrer Tirade auch immer wieder die "cardinal rule" anspricht, die besagt, dass ein Autor nicht mit Rezensenten öffentlich streiten sollte, weil es immer unprofessionell aussieht und nichts bringt. Ich persönlich käme niemals auf die Idee, eine negative Rezension anzusprechen, aber die Schriftstellerin hier ging direkt noch weiter und hat sich damit praktisch ihren Autorennamen zumindest mal beschmutzt, wenn nicht sogar auf spektakuläre Art und Weise selbst zerstört.

Alaun

Hui, mein lieber Herr Gesangsverein ... Naja, es ist davon auszugehen, dass die Autorin sich damit vor allem selbst geschadet hat. So verständlich es vielleicht auch ist, wütend über miese Rezensionen zu sein - Rachefeldzüge sind keine gute Idee. In keiner Form.

Malinche

Ich habe das mal nach Buch- und Verlagswesen umgetopft, denn Off Topic ist das meiner Meinung nach nicht. :)
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Sternsaphir

Manche Menschen können eben mit Kritik umgehen, andere wiederum gar nicht.

Pestillenzia

Es ist ja nicht so, dass die Autorin nur auf die Kritikerin losgehen würde. Wenn ich den Vorschautext des Buches richtig entziffern konnte (war bei mir auf dem Bildschirm fast mikroskopisch klein), hat sie die Follower des Blogs/der Kritikerin ja gleich mit beschimpft. Klar, nur in ihrem Buch und somit natürlich nicht direkt, aber wer 1 und 1 zusammenzählen kann ...

Amberle

Da sieht man mal wieder, das auch Autoren sich an ein gewisses proffesionelles Verhalten halten sollten. Und manche es einfach nicht können.
Wenn die hier erwähnte Autorin Glück hat wird die Geschichte irgendwann vergessen, aber ich würde mal vermuten, dass sie sich nur noch ein neues Pseudonym zulegen kann.

Timmytoby

Zitat von: Malinche am 22. März 2015, 17:22:00
Ich habe das mal nach Buch- und Verlagswesen umgetopft, denn Off Topic ist das meiner Meinung nach nicht. :)

Danke Malinche, habe lange gegrübelt, wo es reinpassen könnte, und dann Off Topic als sichereste Lösung empfunden  :vibes:

Steffi

Das erinnert mch daran, als - war es unser ehemaliger Bundespräsident? - bei der BILD-Zeitung anrief und wüste Drohungen auf den Anrufbeantworter sprach. Wir leben in einer Zeit, in der man extrem vorsichtig sein muss, wie man sich den Medien gegenüber verhält, dazu gehört auch das Internet. Dass manche Leute das nicht verstehen, ist mir schleierhaft.
Sic parvis magna

Alaun

#8
Im Zweifelsfall gilt für Autoren gegenüber Rezensenten immer: Klappe halten ... Auch, wenn es schwer fällt. Alles andere kann eben böse nach hinten losgehen.

Alana

Genau. Smile and wave. (Und sich im Stillen seinen Teil denken. ;D )
Alhambrana

Maja

Letztlich ist es eine sexualisierte Version von Martin Walsers "Tod eines Kritikers". Was nicht heißen soll, dass ich sowas harmlos finde, sondern dass es nicht der erste Autor ist, der sich zu so einem Dreck hinreißen lässt.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

KaPunkt

Daran habe ich auch gedacht, Maja.
Ansonsten, 'smile and wave', ganz genau.

Allerdings finde ich den Thread Titel etwas ungünstig.
Klingt für mich so, als wäre für die Autorin dummerweise etwas ganz furchtbar schief gelaufen, ohne dass sie viel dafür kann.
Tatsächlich greift eine Autorin jemand anderen deutlich unter Gürtellinie an.
Das ist nicht in erster Linie  eine 'Marketingkatastrophe' - das ist - was eigentlich? 'Unfassbar schlechtes Benehmen einer Autorin', 'unwürdiger Angriff auf Rezensentin'?

Das fände ich passender.

Liebe Grüße,
KaPunkt
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

Churke

Zitat von: Timmytoby am 22. März 2015, 17:02:36
Hier lebt also eine erfolgreiche Indie-Autorin plötzlich einen Rachefeldzug aus, indem sie eine reale Person in einem sexuellen Kontext in ihrem Buch behandelt. Das ist auf so vielen Ebenen verstörend und problematisch, dass es mich erstmal sprachlos gemacht hat. Ich glaube, ich habe noch nie so eine bizarre und unangebrachte Aktion erlebt.

Na ja, manche brauchen's halt. Wenn man sich über Depp aufregen will, hat man viel zu tun.

Zitat von: Maja am 22. März 2015, 18:04:11
Letztlich ist es eine sexualisierte Version von Martin Walsers "Tod eines Kritikers". Was nicht heißen soll, dass ich sowas harmlos finde, sondern dass es nicht der erste Autor ist, der sich zu so einem Dreck hinreißen lässt.

Nur keine Presse ist schlechte Presse. So gesehen: Die Kandidatin erhält 100 Punkte.

Calysta

Es ist ja nicht das erste Mal, dass ein Autor sich bei Rezensenten im Ton vergreift. Bei deutsche Autoren passiert das auch nicht so selten. Da wurden schon Verträge aufgelöst, weil der Verlag nicht mehr mit der Autorin zusammenarbeiten wollte.

Nur langsam sollte man doch gelernt haben, einfach die Klappe zu halten. Außerdem, wenn jemand ein Buch schlecht findet, dann darf er es auch schlecht rezensieren. Wenn ich rezensiere, dann will ich mich auch nicht rechtfertigen (weder vor Autor, noch vor Verlag), dass ich ein Buch nicht mag. Meist begründe ich das mit Fakten, die - meiner Meinung nach -, das widerspiegeln, was ich nicht gut fand.
Das ist freie Meinungsäußerung - selbst wenn es nur drei Sätze ohne Begründung sind.

Antigone

Zitat von: Churke am 22. März 2015, 18:17:15

Nur keine Presse ist schlechte Presse. So gesehen: Die Kandidatin erhält 100 Punkte.

Das ist es ja. Die Autorin steht jetzt zwar schlecht da, dafür bekommt sie Aufmerksamkeit, von der sie vorher wahrscheinlich nicht mal träumen konnte. Und auch schlechte Publicity ist Publicity.

Aber peinlich ist das trotzdem.

lg, A.