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Präsens und Präteritum: Konjunktiv mit Modalverben

Begonnen von Fafharad, 23. Februar 2015, 16:35:40

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Fafharad

Hilfe!!!
Anscheinend bin ich nicht so konjunktivfest, wie ich mich bisher eingeschätzt habe  :(. Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich normalerweise im Präteritum schreibe.
Da heißt es beispielsweise:
ZitatEr ging hinunter in den Hausflur und sah in den Briefkasten, doch die Mühe hätte er sich sparen können.

Jetzt korrigiere ich einen Text, der im Präsens geschrieben ist. Nehmen wir mal den obigen Satz:
ZitatEr geht hinunter in den Hausflur und sieht in den Briefkasten, doch die Mühe hätte er sich sparen können.

Meinem Sprachgefühl nach klingen beide Sätze richtig. Aber einer der beiden muss falsch sein. Nur welcher?
Oder begehe ich einen kardinalen Denkfehler?  :hmmm:

AutorinAZ

Was genau willst du jetzt wissen? Also ich weiß jetzt nicht genau, worauf Du hinaus willst...
Präsens wäre der zweite Satz.
Präterium der Erste.

Fafharad

Sorry, ich habe mich nicht klar genug ausgedrückt  :-[.
Es geht um den jeweiligen Nebensatz mit "hätte". Wie muss er im Präsens wie im Präteritum korrekt gebildet werden?

Ilva

#3
Hmm, jetzt verwirrst du mich. :D Ich war mir sicher, dass beide Sätze korrekt sind. Sind sie korrekt?  ???

Ich glaube, der springende Punkt ist nicht das Tempus des Hauptsatzes, sondern die zeitliche Abfolge von Haupt- und Nebensatz. Die Erkenntnis der vergeblichen Mühe kommt in beiden Fällen nach dem In-den-Briefkasten-Schauen, deshalb bei beiden "hätte".

Ein korrekter Konjunktiv Präsens wäre, glaube ich, "doch die Mühe könnte er sich sparen". Das gibt dem Satz aber eine neue Bedeutung, hier weiss der Erzähler bereits, dass es umsonst sein wird, während der Typ noch immer die Treppe zum Briefkasten hinuntergeht.

EDIT: Der oder das Tempus?  ???

AutorinAZ

Ich denke, es kommt darauf an, was genau Du ausdrücken willst.

Soll der Gedanke kommen, in dem Moment, als er in den Briefkasten schaut? Also. was er zu sich selber sagt?  Dann wäre das "hätte" richtig.
Oder soll das eine erzählerische Formulierung sein, nach dem Motto, wir wissen es, aber der arme Tropf nicht? Dann wäre das "könnte" richtig.

Siara

#5
Wie AutorinAZ sagt: Die Zeit des ersten Satzes ist gar nicht relevant. Es kommt nur darauf an, ob die Handlung bereits abgeschlossen oder noch im Gange ist.

Nachdem er festgestellt hat, dass der Weg unnötig war: "hätte"

Während er noch dabei ist, nach unten zu gehen: "könnte" (Das geht aber tatsächlich nur, wenn der Erzähler - ob nun personal oder auktorial - weiß, dass der Briefkasten leer ist. Wenn du personal erzählst, stellt sich dann die Frage, warum der Kerl überhaupt runtergeht :hmmm:).

Ich nehme jetzt aber einfach mal an, er geht hinunter und stellt dann fest, dass der Briefkasten leer ist. In dem Fall ist das Hinabgehen bereits abgeschlossen und "hätte" ist vollkommen richtig.

Aber keine Garantie für gar nichts. ;D
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Churke

Zitat von: Fafharad am 23. Februar 2015, 16:35:40
Oder begehe ich einen kardinalen Denkfehler?  :hmmm:

Ich fürchte ja...

Zitat von: Ilva am 23. Februar 2015, 17:39:37
Ein korrekter Konjunktiv Präsens wäre, glaube ich, "doch die Mühe könnte er sich sparen". Das gibt dem Satz aber eine neue Bedeutung, hier weiss der Erzähler bereits, dass es umsonst sein wird, während der Typ noch immer die Treppe zum Briefkasten hinuntergeht.
Die Bedeutung ist die selbe.

ZitatEr ging hinunter in den Hausflur und sah in den Briefkasten, doch die Mühe hätte er sich sparen können.
Er geht hinunter in den Hausflur und sieht in den Briefkasten, doch die Mühe hätte er sich sparen können.

Beide Male Vorzeitigkeit. Ich sehe auch keine andere Möglichkeit, diese Vorzeitigkeit auszudrücken. Ein Konjunktiv II Präteritum als Zeitform gibt es im Deutschen nämlich nicht.

Kurzum: beide Sätze sind richtig.

Fafharad

Vielen Dank, Kollegen! Damit komme ich weiter.  :)

Zitat von: ChurkeEin Konjunktiv II Präteritum als Zeitform gibt es im Deutschen nämlich nicht.
:wums: Hätte ich das vor meiner Recherche gewusst, hätte ich mir die Mühe sparen können.

Zitat von: SiaraWährend er noch dabei ist, nach unten zu gehen: "könnte" (Das geht aber tatsächlich nur, wenn der Erzähler - ob nun personal oder auktorial - weiß, dass der Briefkasten leer ist.
Da vertrete ich die Ansicht, dass es ausschließlich der auktoriale Erzähler so handhaben darf. Der personale Erzähler könnte bestenfalls Mutmaßungen anstellen (die ich ihm beim ersten Überarbeiten wegen Sinnlosigkeit gleich wieder rausstreiche  ;D).

Übrigens habe ich noch einen Fehler gemacht: Es ging hier gar nicht um Nebensätze, sondern um zwei verbundene Hauptsätze.  :engel:

Chrissy

Oh man, das ist für mich ein schwieriges Thema. Den Konj. haben wir in meiner Schulzeit kaum behandelt. - Angeblich, weil er sowieso im Alltagsleben eine untergeordnete Rolle spielt und nur bei speziellen Texten wie Rezepten etc. wichtig sei. Ich bemühe mich aber ich war noch nie ein Fan von Satzanalysen. Ich habe immer nach Gefühl/Gehör geschrieben und bekam damit auch recht gute Noten. Ich verwende den Konj. da, wo ich ihn als sinnvoll empfinde - ist das schlimm, wenn der Konj. nicht richtig verwendet ist, es aber meiner Meinung nach das rüber bringt, was ich möchte??? :versteck:

chaosqueen

Zitat von: Chrissy am 23. Mai 2015, 17:21:53
ist das schlimm, wenn der Konj. nicht richtig verwendet ist, es aber meiner Meinung nach das rüber bringt, was ich möchte??? :versteck:

Da ich ein Verfechter korrekter Sprachanwendung bin, vor allem bei gedruckten Texten, ist meine Meinung dazu: Ja. Wenn ich ein Buch lese, möchte ich, dass der Autor wenigstens seine Muttersprache beherrscht. ;) Ich bin durchaus auch mal ein Konjunktiv-Durcheinanderwerfer (Churke ist da deutlich sicherer als ich und hat mich schon auf hochgerollte Zehennägel hingewiesen, als ich es mal irgendwo hier im Forum falsch gemacht habe ;D), aber wenn ich mir nicht sicher bin, schlage ich es nach, schreibe den Satz um oder hoffe auf grammatikalisch sichere Betaleser. ;)

Ansonsten geht es irgendwann in die Richtung der Facebooksprache: "Mir doch egal, ob das korrektes Deutsch ist, ihr müsst euch halt anstrengend, um zu verstehen, was ich meine." Und ganz ehrlich: Das mache ich nicht mehr. Wenn Sätze so konfus geschrieben sind, dass ich sie dreimal lesen muss, um sie vielleicht zu verstehen, dann ignoriere ich sie inzwischen.
Heißt für Bücher: Ich lege sie weg.
Heißt im Berufsleben: Ich nehme mein Gegenüber nicht mehr ernst.

DoroMara

Ich bin derselben Meinung wie Chaosqueen.
Nur denke ich, dass wir beim Konjunktiv 2 keine Angst haben müssen, ihn falsch zu verwenden. Ich nehme an, Fafharad hatte plötzlich Zweifel, weil eine solche Satzkonstruktion im Englischen oder Französisch nach anderen Zeiten ruft und ihm das vielleicht von einer Lehrperson eingetrichtert worden ist. Dann zweifelt man plötzlich an der eigenen Muttersprache.

Chrissy


Ja das kann gut sein. Die unverständliche Facebooksprache finde ich auch schlimm, sofern es nicht in Facebook ist.  Ich lass mich auch ur schnell verunsichern und muss dann alles doppelt und dreifach nachschlagen. Falls ich einmal etwas falsch schreibe, bitte keine Scheu und mich hinweisen. Ich will ja besser werden.

Christian Svensson

#12
Ich klinke mich hier mal ein, weil es gerade dazu passt. Ich hoffe, das ist okay. Bei der Überarbeitung meines Romans bin ich auf folgenden, wahrscheinlich im Zustand völliger geistiger Umnachtung von mir geschriebenen Dialog gestoßen:

Die Majorin flüsterte, als hätte sie Angst, dass jemand ihre Worte hören könnte: ,,Sie wollen Hakonsen umbringen?"
,,Ja."
,,Mein Gott, Captain. Niemand kann das. Nicht in dieser Welt, die Hakonsen so gut wie beherrscht."
,,Dann eben in der nächsten Welt."
,,Sie sind verrückt. Es gibt keine ,nächste' Welt, kein neues Leben, nachdem er Sie töten lassen hat, was unweigerlich passieren wird. Was ist das? Größenwahn oder nur verrückte Rachegelüste?"
,,Nein. Unausweichlichkeit."

Das Problem ist dieses hier:
ZitatEs gibt keine ,nächste' Welt, kein neues Leben, nachdem er Sie töten lassen hat, was unweigerlich passieren wird.

Klingt gut, finde ich. Nur habe ich da wohl ein Zeitproblem ...

Siara

Du meinst, weil "gibt" Präsens ist und "töten lassen hat" Perfekt, obwohl es sich auf die Zukunft bezieht? Oder wie?

Ich finde den Satz nicht problematisch. Präsens wird im Deutschen schließlich oft auch für zukünftige Ereignisse gebraucht. (In deinem Fall also statt "Es wird keine ,nächste' Welt, kein neues Leben geben ..."). Und auch das Perfekt stört mich nicht. Klar, eigentlich müsste es Futur II sein. Aber mal abgesehen davon, dass zumindest ich gerade wirklich nicht wüsste, wie man das mit so vielen Verben und Hilfsverben überhaupt bilden sollte - das wäre auch wahnsinnig umständlich. Außerdem stellst du durch das "was unweigerlich passieren wird" ja klar, dass die Tötung so gut wie sicher ist. Da wirkt das Perfekt schon allein deshalb besser, weil es die Handlung als bereits abgeschlossen darstellt. Unumgänglich.

Ja, geht man ganz streng grammatikalisch vor, ist der Satz etwas wirr. Aber wie du sagst: Er klingt gut, und so richtig falsch ist er auch nicht, oder? Oder habe ich nur dein Problem missverstanden?
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Christian Svensson

Hast du richtig verstanden, Siara ;) Sicher wird mir das ein Lektor, so ich einen finde, um die Ohren hauen. Wichtiger ist mir jedoch, dass ein Leser da nicht aus dem Text fliegt und den Satz auf Anhieb versteht. Scheint ja zu funktionieren. Ich war mir da nicht sicher. Danke.