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Es geht den E-Book-Piraten an den Kragen

Begonnen von Alana, 13. Dezember 2014, 00:29:06

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0 Mitglieder und 4 Gäste betrachten dieses Thema.

Alana

Schon seit ein paar Tagen werden auf dem gesamten Bundesgebiet Razzien durchgeführt. Privatwohnungen werden durchsucht. Mehrere Piratenbörsen wurden bereits vom Netz genommen. Endlich. Scheinbar haben sich die großen Verlage zusammen getan und mehrfach Anzeige erstattet. Es kann also doch was getan werden.

http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/spiegelbest-und-ebookspender-me-razzien-wegen-e-book-kopien-a-1008003.html

https://tarnkappe.info/aktuell-bundesweite-e-book-razzia-fahndung/
Alhambrana

Kuddel

Das ist doch schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.  :pompom: Ob es ein langfristiger Erfolg wird, bleibt abzuwarten, aber zumindest scheinen die Verlage etwas dagegen zu unternehmen.
The first draft of everything is shit - Ernest Hemingway

Alana

Ich denke, allein die Tatsache, dass nun mal ganz offen demonstriert wird, dass es eben kein Kavaliersdelikt ist und dass auch was unternommen wird, ist schon viel wert. Klar, man wird es nicht ganz wegkriegen, aber vielleicht lässt es sich eindämmen und vielleicht merken auch mal ein paar Nutznießer, dass sie da was illegales machen.
Alhambrana

Janika

Wow, ein großer Schritt! Boerse.bz war mir bekannt, dass da vorher schon dichtgemacht wurde, hatte ich aber nicht mitbekommen. Und den Namen Spiegelbest kennen wohl alle Autoren nur zu gut. Habe irgendwo mal ein Interview von ihm gesehen.

Ich bin gespannt, wie es da weitergeht. Ob die auch die Downloaddaten auswerten und bei den Nutzern anklopfen? Dann könnte vielleicht wenigstens ein Teil des Schadens behoben werden, als Tropfen auf dem heißen Stein.
Immer eine Handbreit Plot unter dem Federkiel haben.

Carolina

Ich habe mich letztes Jahr schwarz geärgert, als der SPIEGEL und der Buchreport über boox.to berichtet haben. Spiegel hat am Anfang noch bxxx.to geschrieben, aber der Buchreport hat die Adresse genannt, wenn ich es richtig in Erinnerung habe. War dann leicht zu googeln.
Gerade der Spiegel hat so massiv seine Leser dort hin gelockt, weil niemand die Adresse vorher gekannt hat, ich übrigens auch nicht. Und es war verdammt einfach, dort Bücher runter zu laden! Ein Klick, und ich hatte eine Kopie meines Buches auf der Festplatte.
Die haben zum Schaden, der entstanden ist, beigetragen. Durch den Hype in den Medien wurde das Ganze so angeheizt, dass die Betreiber richtig Geld machen konnten und sich noch mehr Mühe gegeben haben, aktuelle Bücher anzubieten. Und wer einmal bei einer Seite ist, findet über Links auch alle anderen Portale, es geht dann also immer weiter.

Klar ist es gut, wenn sie was unternehmen. Aber es werden immer wieder neue aus dem Boden schießen. Und man vermeidet großen Schaden, wenn man die Adressen nicht jedem im täglichen Lesestoff unter die Nase reibt. Wenigstens helfen sie jetzt durch die Berichte, dass einige illegale Downloader kalte Füße bekommen. Aber zig tausende Bücher liegen auf den Festplatten der Menschen rum und werden getauscht, wenn man sich eben nicht mehr ins Netz traut. Und was sind heute schon 40 oder 50 Gigabyte, wo man günstig ein Terabyte auf Festplatte laden kann?

Die Fehler, die 2013 begangen wurden, kann man so schnell nicht mehr ausbügeln. Und das vom Buchreport, immerhin einem Blatt FÜR die Branche! Gut, Journalismus ist nicht illegal, aber trotzdem war es sehr unvernünftig.

Alana

Ja, das stimmt, man muss da schon sehr aufpassen. Ich habe deswegen auch einen anderen Link hier nicht gepostet, in dem von einem ganz bestimmten Anbieter die Rede war. Ich poste auch bei FB nicht viel darüber, um keine Leute auf blöde Gedanken zu bringen. Aber es totzuschweigen kann auch nicht die Lösung sein.
Alhambrana

Franziska

Das hat mich auch sehr gewundert, als ich darüber gelesen habe, da können sie ja gleich Werbung für diese Seiten machen. Ich denke ja immer, die Leute die da so viel runterladen, können das doch alles gar nicht lesen. Aber bei meinem Buch zum Beispiel erscheint das direkt bei den ersten Treffern bei google so eine Seite.  ::)

pink_paulchen

Ich bin gespannt, wie das weiter geht. Sie haben scheinbar auch Leute durchsucht, die nur in Foren dieser Art unterwegs waren. Das ist neu. Und die Rechtsgrundlage dafür ist dünn. Bisher bei Filesharing traf es nur Anbieter. Weil ein Gericht gesagt hatte, es sei in Zeiten von spotify ja denkbar, dass so was ein legales Angebot sei.
Hier könnte auch folgender Fall passiert sein (behauptet jemand, aber ist unbestätigt): Ein Autor meldet sich für so ein geschlossenes Forum an. Er prüft, ob sein Buch angeboten wird und lädt es runter (vielleicht zu prüfen, ob es vollständig ist, oder ob man die Shopquelle dran erkennt). Dann stehen Polizisten in seiner Wohnung, nehmen alle USB Sticks, Computer, ereader mit und wühlen nach Briefen, in denen Buchkaufe erkennbar sind.
So hat das jemand beschrieben.

Carolina

Auf Lesen.net wird behauptet, dass sie auch Leser durchsucht haben, das stimmt aber nicht. Spiegel und die Seite dieses Rechtsanwaltes, der beteiligt ist, stellen klar, dass die 15 Nutzer, die durchsucht wurden, sich regelmäßig am Kauf und Upload beteiligt haben und dass die damit auch unversteuerten Gewinn gemacht haben. Aber ich habe nichts dagegen, wenn einige illegale Downloader jetzt kalte Füße bekommen.

Chrikue

Ich habe bei dem Thema immer ein bisschen Bauchschmerzen. Auf der einen Seite sind Rechtsverletzungen einfach nicht in Ordnung und gehören sanktioniert. Ich habe einige Jahre im Unibetrieb gearbeitet, da bekommt man den ein oder anderen "kritischen" Text auf den Tisch. Und das wurde entsprechend bestraft, teilweise mit Fingerspitzengefühl, wenn es nicht ganz so eindeutig war - dreistes Kopieren ist aber eindeutig. Auf der anderen Seite will ich keine Hexenjagd sehen und meine Rechte so vertreten sehen, wie es bspw. die GEMA im Musikbereich betreibt. Bücher elektronisch verbreiten ist sicher kein Kavaliersdelikt, aber auch kein Schwerverbrechen. Gerade die mediale Berichterstattung in diesem Bereich ist katastrophal, dazu kommt noch eine rechtliche Situation, die nicht wirklich immer hilfreich ist.

Auch die genannten Summen, wie viel Schäden durch Raubkopien und Co. entstehen, sind mir suspekt. Da scheinen einige gern zu rechnen 1 illegale Kopie/Streaming etc. = 1 nicht gekauftes Produkt = 1 Einheit entgangener Umsatz. Das ist aber Quatsch. Nur ein Bruchteil hätte sich das Buch auch so gekauft. Außerdem muss auch die Ausstrahlungswirkung berücksichtigt werden (ein Downloader schreibt ne sehr positive Amazon-Rezi z. B.), die wiederum zu Buchkäufen führen kann. Mag ebenso klein sein. Ich habe vor einiger Zeit eine Studie gelesen, die eine statistische Schätzung des Einnahmeverlusts bei aktuellen Kinofilmen zu der Zeit um die Schließung von Megaupload vornimmt. Das interessante an dem Ding war, dass Independent-Filme leicht höhere Einnahmen vor der Schließung von Megaupload hatten als in der ersten Zeit danach (Kopien haben die Bekanntheit erhöht, die wiederum hat etwas mehr Kinozuschauer angelockt), die Blockbuster blieben einigermaßen stabil bei den Einnahmen, allenfalls etwas Verluste durch Megaupload (Kinoerlebnis bleibt eben Kinoerlebnis). Vielleicht finde ich den Artikel wieder, dann verlinke mal darauf. Der ist natürlich auch mit einer gewissen Vorsicht zu genießen, stößt aber immerhin ein paar Fragen an.

Ist natürlich nicht genau so auf Bücher übertragbar, dafür sind die Medien und Branchen zu unterschiedlich. Auch der Unterschied zwischen Kino und Bildschirm ist vermutlich größer als zwischen Papier/e-book und Bildschirm/e-book. Natürlich will ich auch, dass die Verbreiter illegaler Kopien zur Rechenschaft gezogen werden, aber ich denke, dass das Thema deutlich komplexer ist als gerne dargestellt. Und dass das wahre Problem nicht das Verbreiten von illegalen Kopien ist, sondern etwas anderes.

Pestillenzia

Zitat von: Chrikue am 13. Dezember 2014, 12:59:16
Und dass das wahre Problem nicht das Verbreiten von illegalen Kopien ist, sondern etwas anderes.

Gedankenlosigkeit, Gleichgültigkeit, mangelnde Wertschätzung der Arbeit anderer, Geiz ist geil, Nicht-wissen-und-nicht-wissen-wollen, Egoismus, mangelndes Unrechtsbewusstsein, mangelnde Einsichtsfähigkeit, Geldgier ... Aufzählung beliebig erweiterbar.

Kerimaya

YES! Endlich kommt mal WIRKLICH Bewegung in die Sache und diese Buchschmarotzer kriegen endlich mal ein deutliches Zeichen vor den Latz geknallt! Ha, ich freu mich!

Mogylein

So schön ich es finde, wenn gegen illegale Kopien angegangen wird, wenn Privatwohnungen durchsucht werden und Leute, die einfach nur in solchen Netzwerken angemeldet sind, angezeigt werden, kann ich mich nicht darüber freuen.
   "Weeks of Writing can save you hours of plotting."
- abgewandeltes Programmiersprichwort

Sascha

#13
Ich sehe es ähnlich wie Chrikue. Klar, hätte ich schon was veröffentlicht, würde es mich auch ärgern, wenn jemand das einfach für lau bekommt. Noch schlimmer finde ich allerdings, daß die Portale damit tatsächlich Geld machen. Da bereichert sich jemand mit der Arbeit anderer, ohne denen daran ihren Anteil zu geben.

Aber: Die angeblichen Schäden sind sicher weit übertrieben. Ich zum Beispiel - um jetzt mal bei einem Beispiel zu bleiben, das allgemein breitgetreten wird - gehe nicht ins Kino und kaufe keine DVDs. Ist mir einfach zu teuer. Wenn ich den Film dann auf der Tube oder Netzkino usw. schauen kann (die sind ja soweit legal, gehe ich von aus), schön. Oder eben, ich leihe mir den Film in der Bücherei aus. Videothek war ich mal angemeldet, aber da haben wir so lange nichts mehr geholt, daß unser Kundenkonto irgendwann ungültig wurde. Wenn ich das Zeug nicht aus einer legalen Quelle bekommen kann, und auch nicht dafür bezahlen will, dann schaue ich es eben nicht. Musik dito. Die meisten nehmen es eben mit der Bedingung "legal" nicht so genau. Sie würden aber nicht dafür zahlen, wenn sie's nicht kostenlos bekämen, also ist der errechnete Schaden eine maßlose Übertreibung.

Jetzt zu den ebooks. Meine Holde hat ja jetzt so lange genörgelt, bis ich ihr einen Tolino bestellt hab. Gab's grad für 70 Öcken beim Kaffeeröster. Dann hat sie sich die Shops angeschaut und ist aus allen Wolken gefallen, weil die ebooks großenteils genauso viel kosten wie die gedruckten Bücher (Bin grad auf Thalia gehüpft, gleich auf der ersten Seite der ebooks springen mich Preise von 15 oder gar 17 Euro an.). Ergo: Wir werden uns in der nächsten Zeit mit der Onleihe beschäftigen. Gebühr für die Bücherei zahle ich eh, also paßt das schon. Da sind schon auch die Verlage schuld, daß die Leute nicht kaufen wollen. Klar, es gibt genauso ein Lektorat usw. wie bei Print, das kostet. Andererseits wird das für Print eh gemacht (ja, abgesehen von reinen ebook-Erscheinungen, klar). Die Produktion des ebooks ist dann aber kein allzu großer Akt mehr, und es gibt weder Druck- noch Transport-, Lager- oder Großhandelskosten. Man sollte also annehmen, daß man ebooks für einen Bruchteil des Print-Preises kriegen kann. Für den User stellt sich das auf jeden Fall so dar. Dann sieht er so ein Portal, wo er einen Mitgliedsbeitrag von 5 Öre im Monat zahlen soll, und er kriegt alles. Für den ist das wie Bücherei (nur etwas teurer, sollte man denen mal erklären...). Daß da kaum Unrechtsbewußtsein existiert, wundert mich nicht. Die meisten lesen zwei, drei Bücher im Monat, kaum mehr, viele eher weniger. Mal von den etwas dickeren Dingern ausgegangen. Und wenn man das Ding einmal gelesen hat, dann liest man es ja bestenfalls nach X Jahren mal wieder, wenn überhaupt (Klar, es gibt Leute, die ihr Lieblingsbuch einmal im Jahr lesen, aber das ist doch eher selten). Wie gesagt, für den User solcher Portale ist das sowas wie Onleihe. Und er wird sich denken: "Wenn die Verlage nicht solche Wucherpreise verlangen täten, würde ich das auch kaufen. Aber so? Bin ich bescheuert?"

Klar, man kann die Relation auch anders sehen. Im Kino zahlt man 10-12 Euro (oder wie viel inzwischen?) für 2 Stunden, ein Buch zum selben Preis unterhält einen das Vielfache der Zeit. Und daß der Autor vom ebook mehr bekommt als vom Print, wissen erstens die wenigsten und interessiert die zweitens auch nicht wirklich. Sie sehen nur, daß sie für eine Datei, die sich ohne nennenswerte Kosten unendlich vervielfältigen läßt, ein nettes Sümmchen zahlen müssen, das sie auch anderweitig ausgeben können. Einen Selfpublisher-Preis von 2,99 würden sie vielleicht noch eher hinblättern, aber die Verlagspreise? Und die Mühe, sich dann gezielt die günstigen Bücher rauszusuchen, macht man sich dann halt eher auch nicht. Meine Reaktion auf sowas ist: Was ich nicht legal kostenlos kriege, laß ich eben sein. Die Reaktion der Mehrheit ist: Legal, illegal, scheißegal.

EDIT: Nachtrag: Ich sehe übrigens auch durchaus einen Werbeeffekt. EIner lädt sich ein Buch für lau, liest es und findet es so gut, daß er es anderen weiterempfiehlt. Klar, er kann denen auch gleich die Datei geben, aber vielleicht sind auch zwei darunter, die sagen, für ein gutes Buch zahle ich auch was. Das doofe ist ja, man muß erst zahlen und dann feststellen, ob es das Geld wert war. Kritiken sind ja auch nicht immer das Maß der Dinge. Wenn aber jemand das Ding empfiehlt...
Das alles ändert nichts an der Illegalität, und ich verstehe die Wut jedes veröffentlichten Autors darauf. Ich meine nur, daß man für die Seite der User durchaus auch etwas Verständnis aufbringen kann.

FeeamPC

Den Klauern ist es egal, wieviel ein Buch kostet, Hauptsache umsonst. Keines der Fantasy-Bücher in meiem Verlag ist teuer, Preise liegen im Regelfall unter 3,- Euro, und trotzdem war fast jedes Buch kurz nach Erscheinen auf den Klau-Plattformen zu finden. Ich verstehe vollkommen, dass die Autoren entsprechend gefrustet waren.