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Plot VS Charakter

Begonnen von Roca Teithmore, 10. Oktober 2014, 12:01:42

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Simara

Ich halte Plot und Figuren für etwa gleich wichtig, wobei die Tendenz etwas zu den Figuren geht. So würde ich z.B lieber über besonders vielschichtige, interessante Figuren in eher weniger gut ausgearbeiteten oder banalen Umständen lesen und/oder schreiben, als über eine perfekte Handlung deren Figuren die Tiefe einer Pfütze haben. Für mich als Leser ist der Bezug zu den Figuren oft stärker als der zur Handlung- was interessiert es mich, ob das Königreich Bankrott geht, viel interessanter ist, dass XY wieder aus dem Kerker kommt.  ;)

Shaderbawll

Wenn man es wirklich auf "Guter Plot mit schlechten Charakteren vs Schlechten Plot mit guten Charakteren" reduziert, fällt es mir schwer, eine von beiden Seiten zu bevorzugen. Die Geschichte mit den guten Charakteren könnte man vielleicht retten, indem man eine Komödie aus ihr macht. Die mit dem guten Plot schreit nach einem Epos, welches Masse mit Klasse wettmachen könnte.

An und für sich glaube ich aber nicht dass ein guter Plot mit schlechten Charakteren möglich ist. Sie sind schließlich Teil des Plots. Ich liebe gute Charaktere, aber möchte nicht dass sie die Geschichte überschatten. Sie sind bei mir eher Diener des Plots. Sie müssen interessant und liebens- oder verabscheuungswürdig sein, damit der Plot die Möglichkeit bekommt den Leser zu berühren, mit allem was er den lieb gewonnenen Charakteren da antut.


Was den MICE-Quotienten von Orson Scott Card angeht, tendiere ich am ehesten in Richtung Event- und Ideen-Story. Lesen tu ich Charakter-Storys ebenfalls gerne (Ich mochte zum Beispiel "Ein ganzes halbes Jahr"), aber ich kann keine Geschichten schreiben ohne Atombomben auf meine Charaktere zu werden. Kontinuierlich. Boom.

Tinkaj

Ich habe diesen Thread schon einige Tage vor meiner Freischaltung hier gelesen und wollte unbedingt etwas dazu schreiben. Und jetzt darf ich endlich! :vibes:

Beim ersten Lesen war für mich auch glasklar: Ich schreibe character-driven! Das kommt aber auch daher, dass ich sehr viele Nacherzählungen geschrieben habe und mich deshalb in meiner Figurengestaltung so richtig ausleben konnte, ohne mir sorgen um Spannung, Plotlöcher und dergleichn zu machen.

Ich denke schon, dass starke Charaktere einen altbekannten oder klischeehaften Plot spannend machen können. Das sieht man denke ich besonders gut an aktuellen Trends. Viele zugehörige Romane haben ja einen ähnlichen Ausgangspunkt (z.B. junge Frau trifft auf geheimnisvollen Mann, der sich als übernatürliches Wesen entpuppt) und meist auch eine ähnliche antagonistische Kraft (in diesem Beispiel wäre das die übernatürliche Abstammung des Mannes, der dadurch das Leben der Frau gefährden könnte). Ob die Geschichte dann gut und lesenswert ist, entscheidet fast ausschließlich die Ausarbeitung der Figuren.

Davon abgesehen finde ich aber, dass richtig gute Geschichten vor allem eines sind: Konfliktorientiert. Am liebsten habe ich es, wenn es neben dem großen, handlungsgebenden Konflikt auch persönliche Probleme einzelner Charaktere gibt, die zwar losgelöst vom Hauptkonflikt bestehen, dafür aber die Handlungen der Figuren beeinflussen.

Roca Teithmore

Zitat von: LavendelIn guten Büchern (zumindest in solchen, die ich gut finde), gehören Charakter und Plot zusammen. Der Protagonist will etwas, dass er nicht haben kann, oder muss etwas tun, dass er eigentlich nicht tun will - und das ist der Anstoß für den Plot. Der Charakt er muss einen inneren Konflikt überwinden. Er hat eine oder mehrere schlechte Eigenschaften, in seinem Leben stimmt etwas nicht, und er muss genau diese Unzulänglichkeiten überwinden, um auch den äußeren Konflikt, also den Plot, lösen zu können.

Zitat von: TinkajDavon abgesehen finde ich aber, dass richtig gute Geschichten vor allem eines sind: Konfliktorientiert. Am liebsten habe ich es, wenn es neben dem großen, handlungsgebenden Konflikt auch persönliche Probleme einzelner Charaktere gibt, die zwar losgelöst vom Hauptkonflikt bestehen, dafür aber die Handlungen der Figuren beeinflussen.

Das eine Geschichte nur funktioniert, wenn es einen Konflikt gibt, dem Kann ich zustimmen. Wenn es keinen gäbe, wäre die Frage irgendwie etwas müssig, wieso man überhaupt über eine Sache schreiben sollte. Zumindest, wenn es ein Prosa Text ist und keine lyrische Abhandlung von der Form, Stimmung und Atmosphärik von etwas. Das interessante daran, sich vorher Gedanken darüber zu machen, ob man eine Geshcichte über eine bestimmte Figur oder über eine Außenstehende Situation/den Plot schreiben möchte, sehe ich darin, wie wichtig eine Figur ist um meine Idee herüber zu bringen.

Wie bereits gesagt, bin ich persönlich eher ein Freund von Geschichten die etwas mehr Augenmerk auf eine gute Charakterentwicklung legen. Das liegt vor allem daran, das ich in stark Plot getriebenen Fantasy Geschichten (das kommt eher in diesem Genre vor) der Plot als etwas so mächtiges und übergreifendes dar gestellt wird. Eine Deus Ex Machina. Das persönlich langweilt mich manchmal. Besonders, wenn man merkt, das die Figur, eigentlich gut und interessant geschrieben ist, aber nur weil es der/die Protagonistin der Geschichte ist, muss sie aus jedem Problem heraus kommen und jedwedes Hindernis auch bewältigen.
Das finde ich nimmt etwas den Reiz aus einer Geschichte. Ist nun der Plot - also die Epische Queste wichtig, oder eine einzelne Figur, die durch die Eigenheit der Heldensage, zum "Auserwählten-Clishee" verkommt wichtiger? (Fand ic ganz schlimm bei Harry Potter, warum konnte
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Warum kann ich nicht einen interessanten Charakter haben, der für die Geschichte da ist, aber in dem Moment, wo etwas passiert, was sich nur durch einen "Göttlichen Eingriff" für ihn zum Guten wenden lässt, es für diese Figur einfach mal endet und man die Geschichte, anders weiter erzählt. Wenn ich denn den Plot in den Vordergrund stelle. Wenn die Welt schon untergeht o.ä. wird bestimmt nicht der Rest der Welt die Hände in den Schoss legen, weil ihr Außerwählter tot ist  :wart:

Worauf will ich damit hinaus. Ich hatte kürzlich eine Diskussion mit einem Bekannten, der traurig war, das in dem nächsten Teil einer Geschichte, nicht mehr die gleiche Hauptfigur auftauchen würde. Sie war nicht gestorben, oder ähnliches, sondern ihre Geschichte in dieser Welt, mit einem allumfassenden Plot war abgeschlossen.
Ich für meinen Teil habe ihn gefragt, ob es ihm denn besser gefallen würde, wenn ein Autor eigentlich die Geschichte die er mit dieser Figur erzählen wollte eigentlich schon abgeschlossen hat, aber aus "Liebe" zu der Figur sie weiter machen lässt. (er meinte ja, weil er wirklich sehr, sehr, sehr an dieser Figur hängt  :omn:)

Meine These ist hier, dass man einer Figur etwas sehr unfaires damit antut. Wenn ihre Geschichte gut war, warum soll ich dann nur um des Charakters Willen es weiter ausreizen, bis der Charakter zu einem Ende kommt, das einfach ausstirbt - vor Langeweile. Oder ich habe hier diesen Charakter, den ich ja so gern habe, aber er eignet sich nicht für eine lange Geschichte, wegen seines Charakters. Wie Klecks ganz richtig sagt:
Zitat von: KlecksEin eher schüchterner Prota würde die Liebe seines Lebens kampflos aufgeben, was ein Unhappy End wäre. Eine eher selbstbewusste Person würde um seine Liebe kämpfen und eine zweite Chance bekommen, was ein Happy End wäre. Man sieht also: Sobald ich die Figur verändere, verändert sich der Plot mit ihr.

Das habe ich schon so oft gerade bei erfolgreichen langen Serien gesehen, wie eine Geschichte und ein Charakter unnötig abgestumpft und in die Länge gezogen wird, nur damit es weiter geht.
Und jedesmal tut es mir wieder weh.  :wums:

Maria

Ich überlege gerade, ob diese Entscheidung ob Charaktere oder Plot auch einen Touch Gender-driven und vom Genre bestimmt sind. Dass Autorinnen und Leserinnen sich beim Schreiben/Lesen sehr an die Figuren halten oft auch weil eben eine Love-Story mit im Plot steckt, während viele Leser und Autoren gern mehr Handlung, Hintergrund, Aktion bevorzugen.
Ich bemerke das bei den historischen Romanen, dass bei Protagonistinnen immer ein Love-Interest dabei ist und das funktioniert nur, wenn die Figuren im Fokus sind. Bei Protagonisten hingegen ist es oft das Bild der Zeit, was ihnen dort widerfährt usw...

Kann es sein, dass es bei Fantasy ähnlich ist? Romantasy, Urban Fantasy usw... die ganzen Vampirgeschichten, Engel, Dämonen, die sich unbedingt verlieben müssen, weil das eben die Geschichte ist und daher als Charaktere im Mittelpunkt stehen.

Shedzyala

Zitat von: Maria am 24. März 2015, 04:33:59
Romantasy, Urban Fantasy usw... die ganzen Vampirgeschichten, Engel, Dämonen, die sich unbedingt verlieben müssen, weil das eben die Geschichte ist und daher als Charaktere im Mittelpunkt stehen.

Für mich gibt es kaum etwas schlimmeres, als wenn sich zwei Charaktere beim ersten Zusammentreffen sofort unsterblich verlieben, ohne dass es den geringsten Grund dafür gibt. Eben nur, weil sie die beiden Protagonisten sind und der Plot das so will. Wegen sowas schalte ich eine Serie aus/lege ein Buch zur Seite. Es ist schlimm, wie manchmal Charaktere verdreht, nur weil es unbedingt eine Liebesgeschichte geben muss.
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Sipres

Zitat von: Shedzyala am 24. März 2015, 16:32:21Für mich gibt es kaum etwas schlimmeres, als wenn sich zwei Charaktere beim ersten Zusammentreffen sofort unsterblich verlieben, ohne dass es den geringsten Grund dafür gibt. Eben nur, weil sie die beiden Protagonisten sind und der Plot das so will. Wegen sowas schalte ich eine Serie aus/lege ein Buch zur Seite. Es ist schlimm, wie manchmal Charaktere verdreht, nur weil es unbedingt eine Liebesgeschichte geben muss.

Da stimme ich dir voll zu. Liebe auf den ersten Blick: okay. Absolute Hingabe und das Vergessen seines eigenen Seins auf den ersten Blick: Bullshit.

Und das "Liebe auf den ersten Blick"-Szenario kann man auch nur verwenden, wenn man es gut beschreibt. Nicht einfach nur "Hingeguckt und sofort verliebt", sondern auch mit anständigen Begründungen und einer Spur von Unsicherheit, ob es denn wirklich ein Gefühl der Verliebtheit/Liebe ist.

Was das eigentliche Thema angeht, bin ich der festen Überzeugung: Ohne Charakter kein Plot, ohne Plot kein Charakter. Beides muss aufeinander abgestimmt sein und diese Dinge müssen sich beeinflussen. Ein Junge, der noch nie getötet hat und nun dazu gezwungen wird, ist danach nicht mehr der gleiche. Gleichermaßen muss man aber auch die Bereitschaft zu töten in den Jungen schreiben, weil der Plot sonst nicht vorankommt.

Ginger

Ich habe mir gerade die Frage gestellt, wie ich es mache.

Es gab ein Projekt, das vorher einen Plot brauchte und eine Vorgabe hatte, was die Charakter nicht durften: In dem Fall durften sie sich nicht verlieben. Die Geschichte wurde unter einem Pseudonym verlegt, ich bin bis heute unzufrieden mit dem Ergebnis, denn... die Hauptdarsteller haben sich verliebt, es scheint zwischen den Zeilen durch. Ein großartige Story wurde verschenkt. Da der Vertrag bald abläuft, spiele ich mit dem Gedanken einer kompletten Neufassung.

Bei meinem aktuellen Projekt habe ich alle Freiheiten. Es gibt innerhalb der Handlung einzelne Kapitel und auch Wendungen, die ganz deutlich von den Charakteren bestimmt sind. Zwei Darsteller haben sich so positioniert, dass sie in den Folgebänden der Trilogie eine viel wichtigere Rolle bekommen werden als gedacht. Einer davon ist komplett neu, der andere sollte als Nebendarsteller fungieren. Nun werden sie wohl ein sehr gegensätzliches Gespann innerhalb der Heldengruppe.

Andere Kapitel, wo um Kämpfe geht, sind zu einem großen Teil Handlungsbestimmt. Dem folge ich, beschreibe fröhlich vor mich hin, bis einer der Charaktere wieder im Fokus steht und dann Sachen macht, oder Ereignisse auf sich zieht, die wiederum die Handlung eine neue Richtung geben.

Bei all dem verliere ich nicht aus dem Auge, was die Prämisse des Ganzen ist. Für irgend etwas ist es ja gut sein, dass man sich am Anfang die Arbeit damit gemacht hat. Für mich ist es also beides okay. Charakter und Handlung bestimmen den Ablauf, der Charakter immer ein bisschen stärker. Die Handlung kann dabei eine ganz andere Entwicklung einschlagen, aber an der Prämisse, dem woher kommen meine Protas und worum geht es auf ihrem Weg grundsätzlich ändert das nichts.

Mir scheint, diese Unterscheidung in Charakter oder Handlung ist wieder eine von diesen Schreibregeln, um die man wissen sollte, vor allem wissen, was man gerade tut und warum, um sie dann kreativ einzusetzen, wie es einem ums Autorenherz ist.

Roca Teithmore

Mmmh eine Liebesgeschichte finde ich auch eher sehr unnötig... Sie ist in den meisten Geschichten irrelevant, es sei denn die Serie läuft entweder A lang genug, oder B die Liebesgeschichte ist das was ich erzählen will. Zumeist habe ich bei solchen Sachen aber das Gefühl, dass sie versucht mehr "Plot" herein zu bringen. Besonderst diese Liebe auf den ersten Blick Geschichten. Dann finde ich sie auch eher "meh".
Ob nun viele weibliche Leser, gerade auf Liebesgeschichten anspringne und das wichtig finden, weiß ich nicht 100% zu sagen.
Was ich nun in Fangemeinden oft beobachte, dass sehr viel "Shipping" betrieben wird, wenn es keine konkrete Liebesgeschichte gibt. Das sehe ich bei Männern und Frauen aber gleichermaßen, was die Häufigkeit solcher dinge angeht. Was man sich hier fragen sollte, brauche ich eine Liebesgeschichte? Lasse ich meinen Lesern den Spaß, dass sie selber "Couplen" können? Verwende ich das Thema liebe vielleicht nur zum "Zweck" und werde dem Gefühl nicht ganz gerecht?

Ich weiß auch nicht, manchmal erwische ich mich selbst dabei eine kleine Romanze einzubauen, je nach alter der Figuren. Aber wenn es ungeplant passiert, meistens tatsächlich aus dem Plotloch heraus, dass ich dann wieder ändere meistens, wenn das loch vorrüber ist, sollte ich in eine solche Situation ist (ins Blaue schreiben, hach macht das manchmal Spaß).
Dennoch schließe ich mich an, dass es besser ist, keine als eine "erzwungene Liebesgeschichte" zu haben. Dann macht es auch viel mehr Spaß es zu lesen.

Ob man weniger "Schmonzetten" schreibt, wenn man glücklich verliebt ist?  :hmmm: Ich habe sowas immer gern gelesen oder geschrieben, wenn ich entweder mich allein gefühlt habe oder B ich hoffnungslos verschossen war. Nun da ich in einer stabilen sehr glückliche Beziehung bin, lässt mich das Übertriebene wohl eher schmunzeln.  :wolke:

Shedzyala

Zitat von: Roca Teithmore am 24. März 2015, 18:11:42
Mmmh eine Liebesgeschichte finde ich auch eher sehr unnötig... Sie ist in den meisten Geschichten irrelevant, es sei denn die Serie läuft entweder A lang genug, oder B die Liebesgeschichte ist das was ich erzählen will. Zumeist habe ich bei solchen Sachen aber das Gefühl, dass sie versucht mehr "Plot" herein zu bringen. Besonderst diese Liebe auf den ersten Blick Geschichten. Dann finde ich sie auch eher "meh".

Unnötig finde ich Liebesgeschichten jetzt nicht, sie können Charakteren mehr tiefe verleihen und sind ein guter Motivator. Ich hasse es nur, wenn auf Teufel komm raus zwei Menschen verkuppelt werden, die so gar nichts miteinander anfangen können. Und dann ist es natürlich Liebe auf den ersten Blick, der Seelenpartner, die eine Wahre/Richtige, der es wert ist alles aufzugeben oder doch zumindest sich selbst ... wobei diese Hingabe meiner Erfahrung nach meist eher auf weibliche Charaktere zutrifft.

Die meisten Geschichten beginnen in meinen Kopf mit einem Charakter und zwei, drei Szenen, in denen ich diesen Charakter agieren sehe. Aus diesen Szenen versuche ich dann einen Plot zu formen und dabei gleichzeitig den Charakter besser kennenzulernen. Ich habe das Glück eines sehr ausgeprägten Kopfkinos, weshalb ich meine Charaktere durch immer mehr Szenen jagen kann, die dann nur noch verbunden werden müssen. Aber ich würde mich definitiv als charakterorientiert bezeichnen. Auch bin eher bereit, anderen Schreibern einen Fehler im Plot als eine charakteruntypische Handlung zu verzeihen.
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Windfeuer

Bei mir gehen der Plot und der Charakter Hand in Hand. Entwickelt sich das eine weiter, folgt das andere gleich darauf. Das könnte ich nicht abstellen, nicht einmal wenn ich es wollte. Und ich will es auch gar nicht.
vor Masquerade waren alle meine Plots mehr auf die Charaktere ausgelegt. die Handlung folgte irgendwie nebenbei und war auch immer zu schwach. Deswegen war ich auch irgendwie nie zufrieden. Es hat immer etwas gefehlt. Bei Masquerade hat es erst Klick gemacht und mir gelang es sowohl Handlung als auch den Charakter gleichermaßen zu Wort kommen zu lassen.

Liebesgeschichten fand ich bis vor kurzem entweder unnötig oder störend, in meinen eigenen Geschichten und hab dem auch nie genug Gewicht beigemessen. Das war bei mir immer mit ein Grund, warum es bei meinen Geschichten gehakt hat. Dabei weiß ich selbst nicht einmal warum ich sie nie wirklich drin haben wollte. Was sich mittlerweile geändert hat. Jetzt würde ich keinen Plot mehr machen, meine Charaktere gehen glücklicherweise Hand in Hand, in dem keine Liebesgeschichten drin vorkommt. Ich habe dank meines aktuellen Projektes gemerkt, dass ich die Leibesgeschichten drin brauche. Ebenso in meinen Projekten die danach folgen sollen.
Fan von "Liebe auf den ersten Blick" wo der Protagonist sich selber oder einfach alles für seine Liebe aufgibt. Seien ganze Persönlichkeit am besten gleich noch mit. Ne, damit kann man mich jagen. Genau so wie mit erzwungenen Liebesgeschichten. Wenn man schon eine Liebesgeschichte reintut, sollte die meiner Meinung auch dazu passen. Wenn nicht, dann soll man es lieber lassen, wovor es den ganzen Roman ruiniert. Davon hat man selber nichts und schon gar nicht der Leser.

Sipres

Thema Liebesgeschichte: In meinem Hauptwerk spielt die Beziehung zwischen dem Prota und seiner Ex eine wichtige Rolle, die Verliebtheit in ein anderes Mädchen ist eher nebensächlich und erst im zweiten Teil wirklich relevant. Ansonsten kann ich auf Liebesgeschichten in meinen eigenen Werken verzichten. Klar, irgendwer ist irgendwo verliebt, aber das spielt keine wichtige Rolle. Es wird am Rande erwähnt und vielleicht gibt es auch ein Pärchen, aber nichts weltbewegendes.

Christian Svensson

Moin.

Ein schönes Thema, da muss ich doch auch einmal wieder etwas sagen. :pfanne:
ZitatA: Über einen Interessanten Charakter zu schreiben, der eher banale Dinge tut (Slice of Life als Beispiel)
B: Ein interessanter tiefgreifender Plot, bei denen die Charaktere nicht so wichtig sind.

Soviel ich weiß, werden Texte unterschieden in ,,event driven" und ,,character driven", also handlungs- oder charaktergetrieben. Aus dieser Entscheidung heraus wird dann erst der Plot (wenn überhaupt) geschrieben. Insofern kann der Plot sowohl als auch sein. Dementsprechend stimmt die Überschrift nicht ganz. Auch wenn sich das jetzt nach Besserwisserei anhört  :) - sie soll es nicht sein, doch ich halte diese Unterscheidung schon für wichtig.

Andererseits wiederum auch nicht, denn der beste Plot nutzt nichts, wenn er lausig umgesetzt wird und ein lausiger Plot, der gut geschrieben wird, kann viel herausreißen. Es gibt Schriftsteller, die liest man nicht wegen der Handlung oder der Charaktere, sondern weil ihre Art zu schreiben einfach Spaß macht.
Natürlich sollte man sich vorher in etwa darüber im Klaren sein, in welche Richtung in etwa die Reise geht, also mehr Charakter oder mehr Handlung, nur entwickeln sich Charaktere während des Schreibens und dann kann man dem Held schlecht sagen: ,,Jetzt halt mal die Füße still, Freund. Jetzt ist erstmal eine Actionszene dran."
Irgendwie muss es zusammenpassen. Wie heißt es so schön: Die Mischung machts ...

Maria

Also bei mir selbst ist es nicht stringent. Ich weiß noch, dass ich die Vollstreckerin erst mal Plot-driven erdacht habe, ihren ersten Fall auf Baeldin, das war einfach ein Krimi. Ich liebe es, Welten zu bauen und da konnte ich mich austoben. Zudem mag ich Handlungskrimis, also solche, wo das Geschehen im Mittelpunkt steht und ich als Leserin hab echt null Interesse daran, seitenweise zu lesen, dass der Ermittler eine kaputte Ehe hat, Streit mit seiner Tochter, Stress mit seiner Mutter, zu viel trinkt, das Leben traurig findet, seinen Psychiater hasst usw... Ich will wissen wer der Täter ist und ich will eine gute Aufklärung. Ein unterhaltsamer Ermittler soll es sein, aber lieber kein selbstzentrierter kaputter. Also war Caitlynn nicht das Zentrum und eine Lovestory war nie im Plan.
Doch als aus dem Einmalkrimi sich ein komplexer Storybogen mit noch mehr Welteinblick entwickelte, entwickelte Caitlynn auch ein Eigenleben. Jetzt geht beides Hand in Hand. Der Plot fodert, dass sie als Person eine Entwicklung, eine Veränderung durchmacht und auch die Lovestory wird in einem späteren Band zentraler. Die Leserinnen haben mich spüren lassen, dass sie das möchten und so entwickelt es sich, was mich selbst überrascht hat.

Bei meinem Kinderbuch zu Drache und Ritter z.B. standen von Beginn an die beiden Figuren im Mittelpunkt und ihre Wünsche haben den Plot ins Rollen gebracht.

Ich muss gestehen, wenn ich an Herr der Ringe denke, nur an das Buch und die Filme ausblende, kann ich keine fünf Sätze zum Charakter von Legolas schreiben (ich meine jetzt nicht seine Aktionen, seine Familie, sondern wirklich seinen Charakter) oder zu Aragon oder Gimli. Auch erkenne ich im Buch keine große Entwicklung des Innenlebens dieser Figuren. Kann das sein, dass dies am Genre "epische High-Fantasy" hängt? Dass dort die  meisten Helden so fertig sein müssen, um die Herausforderung überhaupt zu bestehen und dass die Herausfoderung, eben das epische Geschehen wichtiger ist?

Churke

"Herr der Ringe" ist nun mal Frodos Heldenreise und die anderen sind supporting actors. Und was Aragorn betrifft - der spielt die Rolle des rechtmäßigen Königs in Verbannung. Seine vorbehaltlose Eignung für den Thron legitimiert seinen Herrschaftsanspruch. Wohin soll der sich da noch entwicklen?
Und Gandalf... der wechselt die Farbe, aber mal ehrlich: Gandalf ist einfach zu alt und zu weise, um sich irgendwie zu entwickeln.