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Präteritum oder Perfekt in wörtlicher Rede?

Begonnen von Berjosa, 25. September 2014, 16:37:11

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Berjosa

Liebe Leute,

ich hätte hier mal eine Frage, nicht zu einem bestimmten Wort, sondern zum Sprachgebrauch in der wörtlichen Rede.

Eine ältere Frau erzählt von früher: "In dem Jahr, als mein Mann gestorben ist, da war es auch so schlimm ..."

Würdet ihr das Perfekt irgendwie regional einordnen? Sagt man bei euch in der Gegend eher "starb"?

Meine Helden treiben sich gerade in Niedersachsen rum, da sollten die Leute, mit denen sie reden, nicht zu süddeutsch klingen.

Vielen Dank im Voraus



Sprotte

Ich fürchte, das Perfekt breitet sich seuchenartig aus. Ich kenne kaum jüngere Leute, die noch Präteritum nutzen. Schleswig-Holstein muß deswegen bedauernd mitteilen, daß das so geläufig wäre.

Miezekatzemaus


Klecks

Hier in Baden-Württemberg höre ich - auch Erwachsene - eigentlich nie das Präteritum benutzen. Die einzige Ausnahme sind zwei, drei Personen, die von meinem Umfeld dann aber immer als verschroben, seltsam, hochgestochen sprechend wahrgenommen wurden - also nicht von mir, möchte ich anmerken.  ;)

Nycra

Also in Hessen verwenden sogar unsere älteren Anwälte, die wirklich hochgestochen sprechen, nicht einmal mehr das Präteritum. Wenn ich Schriftstücke entsprechend korrgiere, wird mir das selbst dort umgehend geändert.  ::)

Naudiz

Hier wird eigentlich auch nur noch das Perfekt benutzt, von einigen wenigen Ausnahmen einmal abgesehen. Ich selbst spreche leider auch so, das ist mir irgendwie immer ein bisschen peinlich :versteck:

Serafina

Herrje, ich muss Nycra leider zustimmen. Hier ist das so geläufig, dass ich die Präteritum-Variante für mich sogar schon irgendwie falsch klingen würde.  :-[

Berjosa

Vielen Dank für eure Antworten.
Wenn ich die Auskuft der eher nördlichen Fraktion richtig interpretiere, scheint das Präteritum dort vor nicht allzu langer Zeit üblich gewesen zu sein. Stimmt das?
Dann könnte es für meinen Text passen; "altertümlich" darf es ruhig klingen.

Churke

Meine Tante spricht öfters im Präteritum. Die kommt aus Hamburg. Aber halt schon älteres Semester.

Angela

Ich überlege gerade, wann ich überhaupt mal Präteritum benutzt oder gehört habe. Das kling auch recht hart, finde ich und hemmt den Sprachfluss, macht es schwer, die Wörter zu einem zusammenzuziehen.


Ayeelah

Präteritum wird hauptsächlich in der Schriftsprache verwendet:
https://deutsch.lingolia.com/de/grammatik/zeitformen/praeteritum

Perfekt wird dagegen in der Umgangssprache verwendet:
https://deutsch.lingolia.com/de/grammatik/zeitformen/perfekt


Zitat von: Berjosa am 26. September 2014, 14:02:03
Wenn ich die Auskuft der eher nördlichen Fraktion richtig interpretiere, scheint das Präteritum dort vor nicht allzu langer Zeit üblich gewesen zu sein. Stimmt das?
Welchen Zeitraum meinst du mit "vor nicht allzu langer Zeit"?
Ich würde nicht sagen, dass das Perfekt jetzt eine Seuche der neueren Zeit ist; aber dafür habe ich von Sprachwissenschaften zu wenig Ahnung, um das wirklich eindeutig aussagen zu dürfen.  ;D
Aus meinem Umfeld heraus aber tendiere ich zu "nein".
Auch meine Eltern (und deren altersgleiches Umfeld) sprechen nicht so (69-74 J.) An meine Großeltern kann ich mich leider nicht erinnern.
Bin übrigens ein Nordlicht.


Dennoch - wenn deine Romanfigur die Eigenart hat, im Präteritum zu reden, lass sie machen.

Berjosa

Ayeelah: Es war eher umgekehrt. Ich kann mir in der wörtlichen Rede eigentlich nur Perfekt vorstellen. Dann kam eine freundliche Lektorin (ursprünglich aus Hamburg) daher und fand das Präteritum besser. Deshalb wollte ich testen, ob da möglicherweise eine regionale Differenz zugrunde liegt.
Mit "vor nicht allzu langer Zeit" meinte ich vor allem Sprottes Kommentar, den ich so verstehe, dass sich der Sprachgebrauch diesbezüglich in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Churkes Hinweis auf seine Tante scheint das zu bestätigen.

Lisande

Ruhrgebiet kann sich nicht erinnern, das Präterium in wörtlicher Rede gehört zu haben. Bei meiner Oma bin ich mir nicht sicher (Jahrgang 1906), da war ich zu jung, als sie gestorben ist ;) aber bei meiner Omi (Jahrgang 1910) bin ich mir sehr sicher: kein Präterium.

Maja

Ich muss sagen, wenn ich in einem Roman in wörtlicher Rede die Präteritumsform finde, stört mich das, und ich habe das Gefühl, dass der Autor sich nicht mit den Unterschieden zwischen gesprochener und geschriebener Sprache befasst hat - meistens kommt mir das bei Übersetzungen aus dem Englischen unter. Ich empfinde das Präteritum in wörtlicher Rede nicht als antiquiert, sondern als holprig und handwerklich ungeschickt.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

cryphos

Im Badischen an der Schweizer Grenze nutzen wir das Präteritum noch ...