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Oh Gott, Herrgott noch mal, Gott verdammt!

Begonnen von Pandorah, 04. September 2014, 23:39:18

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Pandorah

Das ist quasi das Gegenstück zu den "Christlichen Wörtern in unchristlichen Welten". ;D

Ich bin ein sehr unreligiöser Mensch. Trotzdem ist mein Wortschatz recht christlich geprägt.

Ich schimpfe, wenn ich mich genervt fühle, durchaus: "Herrgott noch mal, muss das jetzt sein?"
Ich bin entsetzt und rufe aus: "Oh Gott!"
Ich bin entzückt und jauchze: "Gott, ist das toll!"

Entsprechend machen das manche meiner Charaktere auch. Manche machen das recht häufig. Manche machen das so häufig, dass es mich nervt.

Zum Einen suche ich daher alternative Kraftausdrücke* für Geschichten, die in unserer realen, unmagischen Welt spielen oder Urban Fantasy sind - und zwar bei Urban Fantasy für die menschlichen Charaktere, die ohne Fantasyberührung in unserer Welt aufgewachsen sind. (Bei reinen Fantasy-Welten ist mir nicht bange, da kann ich mich am dortigen Götterhimmel bedienen. Aber für unsere finde keine guten Ausweichwörter, obwohl ich mich mit dem Problem schon echt lange herumplage. "Himmel noch mal" schlägt ja in eine ähnliche Spalte, ist aber nicht ganz so auffällig.)

Zum Anderen wüsste ich einfach mal gerne: Stört euch das beim Lesen, wenn der Charakter "Gott" (oder "Teufel") erwähnt, ohne religiös zu sein (oder für den das zumindest überhaupt kein Thema ist)? Lest ihr darüber hinweg, weil es eben einfach nur ein Ausrufswort ist?



*Danke, Maja! Das war das Wort, was mir fehlte.

Edit: Ich habe das, was ich suche, noch mal deutlicher gemacht, da das wohl nicht ganz so klar war.

Adam_Charvelll

Super Thema, würde mich auch interessieren! Ich bin da auch erst vor kurzem mehr aufmerksam darauf geworden und muss es mir auch regelmäßig verkneifen, diese Ausdrücke in die Geschichte einzubauen. In Texten, in denen es ähnliche Religionen gibt wie im echten Leben, warum nicht? Aber, wenn die Götter zum Beispiel keine Götter sind oder nicht so genannt werden, sollte man schon aufpassen, finde ich.

Ich bin selbst auch überhaupt nicht religiös, verwende aber zahlreiche "Gott"-Ausdrücke, wie zum Beispiel einige, die du auch beschrieben hast. Mich stört das nicht besonders, da man diese als säkularisiert betrachten kann und sie einfach Bestandteil unseres Wortschatzes sind. Interessanterweise würde es mich aber, denke ich, stören, wenn ein Charakter Gott erwähnt, obwohl er nicht an ihn glaubt. Vielleicht, weil in einem Buch zu wenig Platz ist, um diese ganze Entwicklung der Säkularisierung und Traditionalisierung von Phrasen zu erklären. Zumindest in einem Fantasybuch. Wenns um realistische Texte mit unserem Weltsystem geht, ist das sicher legitim.

Allerdings muss ich sagen, dass ich nicht finde, dass es zu wenige Alternativen für deine Beispiele gibt. Für Ärger ("Verdammt", "Hach", "Verflucht", ...), Entsetzen ("Ach du!", "Was in aller Welt?") und Freude ("Juhu", "Oh, wie toll", etc.) sollte man schon einige Sachen finden. Alternativ empfehlen sich natürlich zahlreiche Sprichworte und Phrasen ("Da wird der Hund in der Pfanne verrückt", "Ich glaub, mein Schwein pfeift") oder man erfindet einfach selbst eine Redewendung, die im Umkreis des jeweiligen Charakters oft benutzt wird und sich eingebürgert hat, was den Vorteil hat, dass man den Leser gleich mehr in die Welt einbindet und ihm die Entwicklung eines eigenen soziolinguistischen Sprachsystems vorgaukelt.

Viel schlimmer finde ich die Verwendung von "Grüß Gott". Da es hier um einen Gruß bzw. eine Anrede geht, ist das etwas schwieriger. "Hallo" taugt zum Beispiel nicht, um genügend Respekt zu überliefern, wenn man Höherstehende oder Fremde grüßt. Als einzige Alternative gäbs wohl nur "Guten Tag" und das verwende zumindest ich eigentlich kaum.

Ryadne

Das Problem hatte ich noch vor ein paar Tagen ebenfalls, weil ich da eine Figur hatte, die ständig "Meine Güte" gesagt hat und ich bei einer anderen Figur eine Alternative nehmen wollte, um ihrem Sprachschatz eine Eigenheit zu geben. Zuerst ist mir auch nur sowas wie "Mein Gott (, was tust du denn da?)" oder "Um Gottes Willen (, das kann nicht dein Ernst sein)" eingefallen, was aber überhaupt nicht gepasst hätte, da post-apokalyptische, ent-christianisierte Welt. Ich habe dann einfach nur "Verdammt" genommen.
Als Alternativen für dein drittes Beispiel ginge je nach Figur und Setting auch etwas wie "Wow" oder "Wahnsinn, ist das toll". Beim zweiten könnte man auch "Oh nein" oder etwas wie "Was zum Geier?" nehmen.

Zitat von: Pandorah am 04. September 2014, 23:39:18
Zum Anderen wüsste ich einfach mal gerne: Stört euch das beim Lesen, wenn der Charakter "Gott" erwähnt, ohne religiös zu sein (oder das zumindest überhaupt kein Thema ist)? Lest ihr darüber hinweg, weil es eben einfach nur ein Ausrufswort ist?

Das ist tatsächlich etwas, woran ich mich manchmal störe. Also, wenn es in der Gegenwart spielt und das Religiöse einfach kein Thema ist - okay. Ich sage ja auch oft sowas wie "Oh Gott", ohne getauft, religiös oder so zu sein. Das läuft dann eben unter gesellschaftlicher Gewohnheit.
Aber wenn man ein Setting hat, das zwar in der Gegenwart spielt, aber vom Religiösen klar abgetrennt ist, stört es mich schon, wenn ein Autor solche Ausrufe verwendet. Beispielsweise hätte es mich irritiert, wenn ein "reinblütiger" Zauberer aus dem Harry Potter-Universum plötzlich "Oh mein Gott" gerufen hätte. Und ich glaube, es war in "Faeriewalker", wo zwischenzeitlich die Feen solche Ausdrücke gebraucht haben, obwohl nicht davon auszugehen ist, dass sie sich auf irgendeine Weise mit dem Christentum auch nur auseinandergesetzt haben. Also nee, auch wenn es in der Gegenwart spielt, da ist ist dann für mich schon ein Bruch in der Welten-Logik.

(Mit Adam_Charvelll überschnitten.)

Maja

#3
Hehe ... Ich bin religiös. Was der Grund sein kann (aber nicht muss), dass ich in den Situationen, in denen Pandorah "Gott" sagt, das Wort "Scheiße" verwende: Wörtlich.

"Scheiße noch mal, muss das jetzt sein?"
"Oh Scheiße!"
"Scheiße, ist das toll!"
Und manchmal auch religiös: "Heilige Scheiße!"

Das heißt weder, dass für mich Gott und Scheiße Synonyme sind, noch, dass ich denke, dass Pandorah Gott Scheiße findet. Aber wir benutzen das jeweilige Wort ganz als Kraftausdruck. Für mich würde es Gott schmälern und abnutzen, wenn ihn seinen Namen auf einen Kraftausdruck reduzieren würde. Daher kenne ich diese Ausrufe selbst eher von Leuten, die sich selbst eher nicht als religiös bezeichnen - und es stört mich mehr, wenn dieses "Gott!" von religiösen Leuten kommt.

Das Zweite Gebot, "Du sollst den Namen des Herrn deines Gottes nicht missbrauchen", wird unterschiedlich ausgelegt. Eine Version ist, dass Gott einen Eigennamen hat, der aber nicht ausgesprochen werden darf - darauf beruht zum Beispiel die Steinigungsszene aus dem "Leben des Brian" - "Er hat Jehova gesagt!". Man kann es aber auch so auslegen, dass man Gott (für mich heißt er auch nur "Gott") dann ausspricht, wenn man ihn anspricht, also, wenn ich wirklich einmal bete (ich bete selten), oder wenn ich in irgenddeinem Zusammenhang über Gott spreche. Aber eben nicht bei jeder Kleinigkeit - ich stell mir dann vor, wie er hochschreckt, "Ja? Was ist los? Gibt es was zu tun?", und dann hat sich doch nur wieder einer mit dem Hammer auf den Daumen gehauen. Gerade weil ich an Gott glaube, gehe ich mit dem Namen sparsam um, damit, wenn mal doch was ist, er mir zuhört (wie bei dem Jungen, der Wolf gerufen hat).

In Romanen mache ich die entsprechenden Kraftausdrücke vom Setting abhängig und von den Figuren. "Scheiße" ist religionsabhängig weltenübergreifend einsetzbar, erfordert aber vom Sprecher die Bereitschaft, vulgäre Wörter zu benutzen, und passt dementsprechend nicht zu jedem. Eine brauchbare Alternative ist "Himmel!" - das passt eigentlich überall, weil der Himmel ja auch im Wortsinn gemeint sein kann und nicht nur als Jenseits/Paradies. Meine Elfen haben mal "Licht!" gerufen, das klang aber bemüht und wurde ersetzt (ich meine, durch Himmel). Bei der Alternative "Herrje" (oder "Herrjemnine!") muss man bedenken, dass sie die Abkürzung für "Herr Jesus Christus!" ist und daher auch nur in christlich geprägten Settings verwendet werden kann.

Wichtig ist einfach, dass man sich bewusst ist, dass das verwendete Wort nicht reliös klingen muss, sondern einfach etwas ist, was der Sprecher für ein sehr mächtiges Wort hält - sei es der Name einer Gottheit, der Name eines Prinzips, oder nur ein besonders mächtiges Schimpfwort. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, "Würstchen!" zu rufen, oder "Fußball!", aber grundsätzlich sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Coppelia

#4
Christliche Ausdrücke in nicht-christlichem Setting sind für mich ein Stimmungskiller und ein Zeichen dafür, dass sich der Autor nicht genügend in seine Welt hineingedacht hat. Geht gar nicht ... ich finde aber, es ist sehr leicht, Alternativen zu finden, man muss halt nur überlegen, wie die Hintergrundwelt der Figuren aussieht, woran sie glauben und was sich daran für Flüche eignet. Unter Umständen sind auch Kraftausdrücke passend.

In Kessel glaubt man generell nicht an Götter - sie wurden, so die Überlieferung, vergessen - sondern an die "Geschicke", eine nicht näher definierte Macht, und Natur- und Ahnengeister. Daher heißt es "Geschicke", "Gütige Geschicke", "Bei der Urne der Geschicke" oder in besonderen Fällen auch mal "bei allen vergessenen Göttern!" Warum ich die Ahnen und Geister noch nicht eingebaut habe, weiß ich gar nicht, das muss ich mal nachholen. :hmmm: "Asche meiner Ahnen, was ist denn mit dir passiert?", klingt eigentlich ziemlich kesslerisch.
Die E-Welt, wo auch Highland Quest spielt, verehrt die Elemente und flucht auch mit ihnen: "Elemente!" (das sagen die E-Weltler tatsächlich gern mal, wenn sie erschrocken sind; wer Highland Quest gespielt hat, ist sicher drauf gestoßen) "Gütige/große/... Elemente!" Oder auch einzelne Elemente: "Bei Sors flammendem Auge!" "Bei Gajas Titten!" Die Totenbeschwörer, die die Elemente nicht verehren, fluchen eher "Zombiekacke!" ;D (Na gut, für einen Roman wäre das wohl zu unfreiwillig komisch.)
In der Welt Phainome haben die Menschen die Religion ziemlich hinter sich gelassen. Die böse Macht in ihrer Welt wird als "Gästin" bezeichnet. Wenn daher jemand ruft "Bei der Gästin" oder was Vergleichbares, ist das eher mit "Zum Teufel!" zu übersetzen. Meine Mafiosi, die die Hauptfiguren waren, haben das aber eher selten gemacht und hatten sonst auch nicht wirklich ein religiöses Vokabular.
Ich habe auch bei DSA darauf geachtet, dass sich alle Magierphilosophen verkneifen, Götter und Dämonen namentlich zu nennen, weil das ihrer Überzeugung widersprechen würde. Sie schimpfen stattdessen manchmal mit den "Mächten".

"Grüß Gott" ist für mich so regional, dass ich das nur in einer Geschichte lesen möchte, die in Süddeutschland spielt. ;)

Oje, nachdem ich hier so rumgelabert hab, seh ich gerade, dass du danach nicht gefragt hast, Pandorah. Entschuldigung! Aber ich lasse es jetzt trotzdem stehen.

Urban Fantasy schreibe ich ja nicht. Da würde ich es bei den übernatürlichen Wesen genauso machen wie in normaler Fantasy, vorausgesetzt, sie haben ihre eigene Kultur und Religion. Ansonsten würde ich mich den normalen Sprachgewohnheiten anpassen. Ich würde aber eine nicht religiöse Figur nicht "Gott" sagen lassen - ich bin zwar sicher, dass das in der Realität vorkommt, aber schließlich erschafft man beim Schreiben ja keine Realität. An deiner Stelle würde ich mal darauf achten, was die Leute in einer Umgebung, die deiner Geschichte ähnelt, sonst so sagen. :hmmm:
Ich persönlich sage viel "o nein" und verwende auch viel zu viele Kraftausdrücke (hatte jetzt zunächst "Fachausdrücke" geschrieben, die wahrscheinlich auch ...).

Merwyn

#5
Abgesehen von "ersetzenden" Flüchen ;) wie Scheiße/Kacke und verdammt/verflucht, sagt der Ich-Erzähler meines letzten Projekts sehr häufig "Alter Schwede" oder "Meine Fresse".
Wenn es zur Erzählstimme passt, könntest du auch sarkastische Ausdrücke wie "Na super" benutzen, eben im Sinn von "das hat gerade noch gefehlt".

Ich persönlich versuche Gott in solchen Situationen auch immer zu vermeiden. Erstens, weil ich nicht an ihn/sie glaube, zweitens weil ich in vielen Settings Religionen absolut außen vor lasse und es dann natürlich doof wäre, wenn einer mit "Mein Gott" ankommt. Gegengleich muss ich dann allerdings auch Sachen wie "Zum Teufel" vermeiden. Wenn schon, dann gerecht ;)

Robin

Meine Charaktere fluchen und rufen interessanterweise eher immer so, dass (da ich in Englisch schreibe mit ein paar Abwandlungen) "by the gods", "f**king Hell", "by the reapers" (eher selten), und "by the three realms of damnation" vorkommt. Das habe ich irgendwie beim Weltenbau schon so implementiert. Zudem die meisten meiner Protagonisten dämonischer und/oder gefallener Natur sind. Aber "God" und "Heaven" vermeide ich eher. Zum einen, weil es in meiner Fantasywelt bis jetzt noch keine monotheistischen Völker gibt, zum anderen, weil das Himmelsreich eine tatsächliche Existenzebene darstellt und noch immer mit Reinheit assoziiert wird. Die drei Reiche der Verdammnis (Limbo, Hell, Void) sind eher... unproblematisch. Dämonen sind nämlich im Alltagsleben sichtbar integriert, und die fluchen auch auf ihre vormalige Heimat. ;D
~Work in Progress~

Nycra

Zitat von: Merwyn am 05. September 2014, 09:33:17Abgesehen von "ersetzenden" Flüchen ;) wie Scheiße/Kacke und verdammt/verflucht, sagt der Ich-Erzähler meines letzten Projekts sehr häufig "Alter Schwede" oder "Meine Fresse".
Wobei verdammt/verflucht ja auch zumindest einen gewissen spirituellen Anteil haben. Ich wollte das nämlich auch als "mein Ersatz" hier posten, als mir aufging, dass es theoretisch und im weitesten Sinne auch etwas mit Religion und Glaube zu tun hat.  ;)

Pandorah

Zitat von: Adam_Charvelll am 05. September 2014, 00:54:38
Allerdings muss ich sagen, dass ich nicht finde, dass es zu wenige Alternativen für deine Beispiele gibt. Für Ärger ("Verdammt", "Hach", "Verflucht", ...), Entsetzen ("Ach du!", "Was in aller Welt?") und Freude ("Juhu", "Oh, wie toll", etc.) sollte man schon einige Sachen finden. Alternativ empfehlen sich natürlich zahlreiche Sprichworte und Phrasen ("Da wird der Hund in der Pfanne verrückt", "Ich glaub, mein Schwein pfeift")
Und genau daran hängt es eben bei mir. Irgendwie zerbreche ich mir ständig den Kopf über adäquaten Ersatz und finde nichts Passendes. Deswegen immer nur her mit den Ersatzkraftausdrücken!

Zitat von: Adam_Charvelll am 05. September 2014, 00:54:38
oder man erfindet einfach selbst eine Redewendung, die im Umkreis des jeweiligen Charakters oft benutzt wird und sich eingebürgert hat, was den Vorteil hat, dass man den Leser gleich mehr in die Welt einbindet und ihm die Entwicklung eines eigenen soziolinguistischen Sprachsystems vorgaukelt.
Nein, ich will da ja nichts erfinden, sondern etwas haben, was da ist. Etwas, das nach "echter Welt" klingt. Ich erfinde munter, wenn ich mich in einem Fantasysetting bewege. Das ist echt leicht geworden. Aber ich suche nach Ersatz in dieser unserer Welt. Bei Urban Fantasy dürfen die magisch-mystischen Kreaturen ganz herrlich ihre eigenen Flüche verwenden, aber mein "gewöhnlicher Mensch", der plötzlich damit konfrontiert wird, soll zumindest die erste Zeit eben ganz normal fluchen, schimpfen, reden.

Zitat von: Adam_Charvelll am 05. September 2014, 00:54:38
Viel schlimmer finde ich die Verwendung von "Grüß Gott".
Da ich das überhaupt nicht als Gruß verwende, stellt sich die Ersatzfrage in dem Fall für mich nicht. *g* Da nehme ich Hallo oder Hey bei Bekannten und Freunden und Guten Tag bei Fremden oder flüchtig Bekannten.

Zitat von: Ryadne am 05. September 2014, 00:58:54
Das Problem hatte ich noch vor ein paar Tagen ebenfalls, weil ich da eine Figur hatte, die ständig "Meine Güte" gesagt hat und ich bei einer anderen Figur eine Alternative nehmen wollte, um ihrem Sprachschatz eine Eigenheit zu geben.
Ah, ich sage öfter auch "Gute Güte", damit habe ich Sprotte schon amüsiert. Stimmt, "meine Güte" geht auch.

Zitat von: Ryadne am 05. September 2014, 00:58:54
Als Alternativen für dein drittes Beispiel ginge je nach Figur und Setting auch etwas wie "Wow" oder "Wahnsinn, ist das toll". Beim zweiten könnte man auch "Oh nein" oder etwas wie "Was zum Geier?" nehmen.
Jetzt, wo du das schreibst, klingt das einleuchtend und logisch. :vibes: Aber meinst du, ich komme beim Schreiben drauf? Danke. Mehr davon!


Zitat von: Ryadne am 05. September 2014, 00:58:54
Aber wenn man ein Setting hat, das zwar in der Gegenwart spielt, aber vom Religiösen klar abgetrennt ist, stört es mich schon, wenn ein Autor solche Ausrufe verwendet. Beispielsweise hätte es mich irritiert, wenn ein "reinblütiger" Zauberer aus dem Harry Potter-Universum plötzlich "Oh mein Gott" gerufen hätte.
Bei den "Fantasywesen" in Urban Fantasy hat man da ja auch schon wieder ganz andere Möglichkeiten.

Zitat von: Ryadne am 05. September 2014, 00:58:54
Und ich glaube, es war in "Faeriewalker", wo zwischenzeitlich die Feen solche Ausdrücke gebraucht haben, obwohl nicht davon auszugehen ist, dass sie sich auf irgendeine Weise mit dem Christentum auch nur auseinandergesetzt haben. Also nee, auch wenn es in der Gegenwart spielt, da ist ist dann für mich schon ein Bruch in der Welten-Logik.
Da kann ich mir, wenn das erklärt wird, aber schon wieder ganz spannende Szenarien ausdenken. Muss man dann aber erklären. ;D

Zitat von: Maja am 05. September 2014, 01:54:28
Hehe ... Ich bin religiös.
Deine Gedanken zu dem Thema dazu fand ich aus dem Grund jetzt echt extrem spannend! Da auch mein Umfeld sehr wenig religiös ist, bekomme ich dazu aus erster Hand nie wirklich etwas mit.

Zitat von: Maja am 05. September 2014, 01:54:28
Was der Grund sein kann (aber nicht muss), dass ich in den Situationen, in denen Pandorah "Gott" sagt, das Wort "Scheiße" verwende: Wörtlich.
Ay, stimmt! Scheiße gehört auch in dieses Repertoire. Lasse ich Charaktere eher selten sagen, obwohl ich damit durchaus auch mal um mich werfe. Im Geschriebenen scheint es mir immer irgendwie "härter" zu werden. *g*

Zitat von: Maja am 05. September 2014, 01:54:28
Das heißt weder, dass für mich Gott und Scheiße Synonyme sind, noch, dass ich denke, dass Pandorah Gott Scheiße findet. Aber wir benutzen das jeweilige Wort ganz als Kraftausdruck.
Danke, das war das, was mir fehlte, um den Finger drauf legen zu können. Kraftausdruck. Keine Umschreibung, keine ewig lange Wendung, sondern etwas, dass man kurz und hart im entsprechenden Moment von sich gibt.

Zitat von: Maja am 05. September 2014, 01:54:28
Bei der Alternative "Herrje" (oder "Herrjemnine!") muss man bedenken, dass sie die Abkürzung für "Herr Jesus Christus!" ist und daher auch nur in christlich geprägten Settings verwendet werden kann.
Eben. Aber immerhin ist es nicht ganz so offensichtlich. Ich störe mich zum Beispiel auch nicht in hiesigen Settings daran, wenn jemand verflucht oder verdammt ruft. Auch wenn das religiösen Ursprung hat. "Teufel noch eins/mal" hingegen ist schon wieder zu viel.

Zitat von: Maja am 05. September 2014, 01:54:28
Wichtig ist einfach, dass man sich bewusst ist, dass das verwendete Wort nicht reliös klingen muss, sondern einfach etwas ist, was der Sprecher für ein sehr mächtiges Wort hält - sei es der Name einer Gottheit, der Name eines Prinzips, oder nur ein besonders mächtiges Schimpfwort. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, "Würstchen!" zu rufen, oder "Fußball!", aber grundsätzlich sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt.
:rofl: Das kann man gut verwenden für manche Charaktere als Besonderheit. Aber so im Allgemeinen eher nicht. *g*

Zitat von: Coppelia am 05. September 2014, 05:53:52
Oje, nachdem ich hier so rumgelabert hab, seh ich gerade, dass du danach nicht gefragt hast, Pandorah. Entschuldigung! Aber ich lasse es jetzt trotzdem stehen.
;D War trotzdem interessant, aber in der Tat nicht das, was mich beschäftigt.

Zitat von: Coppelia am 05. September 2014, 05:53:52
Ich persönlich sage viel "o nein" und verwende auch viel zu viele Kraftausdrücke (hatte jetzt zunächst "Fachausdrücke" geschrieben, die wahrscheinlich auch ...).
Mhihihi, je nachdem, wie du zu den Fachausdrücken stehst, kommst das vielleicht in die Maja-Richtung mit "Verdammtes Würstchen nochmal!"

Zitat von: Merwyn am 05. September 2014, 09:33:17
Abgesehen von "ersetzenden" Flüchen ;) wie Scheiße/Kacke und verdammt/verflucht, sagt der Ich-Erzähler meines letzten Projekts sehr häufig "Alter Schwede" oder "Meine Fresse".
Wenn es zur Erzählstimme passt, könntest du auch sarkastische Ausdrücke wie "Na super" benutzen, eben im Sinn von "das hat gerade noch gefehlt".
Danke dir! Mehr davon! *notiert fleißig* Mensch, ich kenne die Ausdrücke alle, aber irgendwie entfleuchen sie mir immer, wenn ich sie brauche.

Zitat von: Robin am 05. September 2014, 10:54:38
Meine Charaktere fluchen und rufen interessanterweise eher immer so, dass (da ich in Englisch schreibe mit ein paar Abwandlungen) "by the gods", "f**king Hell", "by the reapers" (eher selten), und "by the three realms of damnation" vorkommt.
Das ist eben das, was mich so gar nicht interessiert, weil ich damit kein Problem habe. Ich glaube, ich mach das im Ausgangspost noch mal deutlicher.

Zitat von: Nycra am 05. September 2014, 11:00:31
Wobei verdammt/verflucht ja auch zumindest einen gewissen spirituellen Anteil haben. Ich wollte das nämlich auch als "mein Ersatz" hier posten, als mir aufging, dass es theoretisch und im weitesten Sinne auch etwas mit Religion und Glaube zu tun hat.  ;)
Aber - siehe irgendwo oben in dem ganz schön lang gewordenen Beitrag - das stört mich nicht wirklich. Vielleicht, weil es nicht religionsspezifisch ist. "Verdammt" viele Religionen auf unserer Welt können verdammen und verfluchen. Vielleicht fühlt es sich deswegen eher neutral an.

heroine

Also mich persönlich stört so was nicht. Was mich allerdings stört ist, wenn es nicht konsistent zur Welt ist. Er flucht über den Teufel, aber es gibt eigentlich nur Dämonen? Das gefällt mir dann nicht. Oder in einer Welt mit vielen weiblichen Göttinnen, wird auf einmal von einem einzelnen Gott geredet? Das passt dann einfach nicht. Ansonsten ist es eben Ausdruck von Prägung des Charakters, unabhängig von seiner persönlichen Weltanschauung. Außerdem werden die richtig religiösen Charaktere die Sache zu ernst nehmen um richtig zu fluchen.

Ein paar Alternativen für eine reale Welt:

Verhenkert noch mal! In dem Fall wird kein Flucht, keine Hexe etc. angesprochen sondern ein realer Todbringer: der Henker. Lässt sich ausweiten auf andere Dinge. Und natürlich kann man das dann natürlich kombinieren mit richtigen Flüchen: Gift und Galle! Stirb! Verrecke! Nur dass man es dann sprachlich nicht jemanden an den Kopf wirft sondern es einfach als Reaktion nimmt. ("Stirb! Jetzt ist mir das Teil schon wieder auf den Fuß gefallen.")

Wenn man Feindbilder hat kann man diese genauso einbauen, wie Kraftausdrücke: Scheiße! Mist! Dreck! lassen sich ja beliebig ergänzen. Z.B. wenn die Welt dysthopisch mit Krankheiten zu kämpfen hat: Virus!

Um Flüche ein wenig lebendiger zu machen, setze ich gerne ein paar Merkwürdigkeiten zusammen; z.B. "Beim besoffenen Bart des Schaffners!", "Zum drölftausendachten verdorbenen Spuckeimer!", "Wer im Namen des versyphilisierten Fußabtreters...." "Was soll dieser erwürgte und erdolchte Einband..."

energy

Hallöchen ihr Lieben,

ich hab jetzt sogar ein wenig gegoogelt, weil ich auch oft auf dem Schlauch stehe...

wie wäre es damit??

Zum Donnerwetter nochmal...
da brat mir einer (aber) einen Storch
ach du liebes Lottchen
Donnerknipsel, das ging aber schnell...
da kriegst die Tür nicht zu...
Menschenskind...
ich glaub mein Hamster bohnert...
da platzt mir doch der Kragen
so ein Scheibenkleister
blöder Mist aber auch
Schande...
da wird doch die Katze in der Pfanne verrückt
ich glaub mein Schwein pfeift
piepst es dir noch richtig?
da krieg ich Hörner...
verflixt nochmal
da könnt ich auf der Sau fort...
hat man da noch Worte?
jetzt schlägt´s aber dreizehn
Scheiß die Wand an
das haut mich um
ach Menno
ach du dickes Ei
leck die Ziege
Sapperlot!
warum in aller Welt...
du kannst mich mal am Trüffel tuten

vielleicht ist ja was dabei  ;)

Szazira

Ich finde es irritierend, wenn man flucht oder grüßt ohne das es in den kulturellen Kontext paßt. Die meisten Flüche und Grüße ergeben sich aus diesem Kontext. Für mich ist es wichtig, in der Welt "verschwinden" zu können, da tragen solche Kleinigkeiten sehr bei - oder sind halt sehr störend, wenn sie nicht beachtet werden, ähnlich ergeht es mir mit Schimpfwörtern.

Meine Katzen fluchen eben auch "Bei der großen Katze" oder schwören "Bei dem Nachtauge der ewigen Katze". Nicht sehr originell, aber aus dem kulturellen Kontext heraus in Ordnung.

Bei "Rad der Zeit" verwendet Jordan Flüche um kulturelle Kontexte zu unterstreichen. Das finde ich super. So fluchen "Two River"-Leute gerne "Blood and Ashes" und die aus der Nähe der Blight benutzen den Ausruf "Peace!" - eben weil Friede etwas so kostbares ist. Manchmal auch ein Schicksalergebenes "The Wheel weaves as the wheel wills".


Pandorah

Danke, energy. Drei-vier Ausdrücke davon habe ich mir notiert. Die meisten sind mir aber zu lang oder zu unhandlich.

@Szazira
Das ist genau das, was mich ja NICHT beschäftigt. :) In meinen Fantasy-Geschichten habe ich kein Problem damit. Da habe ich einen reichhaltigen Götter-, Dämonen- oder Geisterhorizont. Da ist das super einfach.
Mir geht es um diese unsere gute alte Erde. Nicht magisch. NICHT um Fantasy-Welten. Und zwar im deutschen Sprachraum, weil ich deutsch schreibe. Zum Beispiel nutzt mir "Bloody hell" auch nichts, weil niemand "blutige Hölle" flucht. Klingt komisch.
Wenn mein Fantasy-Prinz "Bei Kozos acht Hörnern" flucht, ist das toll! Habe ich kein Problem damit, weil Kozo der böse Dämon in deren Welt ist. Da kann er auch "Bei Kozos gespaltenen Hufen" oder ein Söldner vulgär "Bei Kozos Klöten" ausrufen.
Auf der Erde gibt es Kozo nicht. Und Gott oder der Teufel sind christlich. Die meisten meiner Charaktere sind nicht christlich. Das kann, wie einige oben schon geschrieben haben, stören. Sowohl christliche wie auch nicht christliche Leser. Daher suche ich Ersatz für "Gott" als Kraftwort in unserer Welt. Etwas, das kraftvoll und realistisch ist und eben nicht ("Scheiße!") oder nur versteckt ("Himmel!") christlich.

Sprotte

#13
Es gibt ja auch die harmloseren Varianten. Im CallCenter mochte ich nicht Scheiße sagen, weil sieben anderen Kunden, die mit Kollegen sprachen, es gehört hätten. Irgendwann habe ich mir dann "So ein Ärger" angewöhnt und sage es heute noch - und es ist für mich inzwischen gleichbedeutend mit dem herzhafteren "Scheiße!".
Es gibt viele weichere Variationen, die Menschen sich angewöhnen können, weil sie nicht kraftvoll fluchen wollen:
"Scheibenkleister" ist wohl der berühmteste.
"Ach du Schande."
"Mist"
Aus "Himmel, Arsch und Zwirn" macht meine Mama z.B. "Himmel, Gesäß und Nähgarn"

Adam_Charvelll

Zitat von: Pandorah am 05. September 2014, 11:44:38
Nein, ich will da ja nichts erfinden, sondern etwas haben, was da ist. Etwas, das nach "echter Welt" klingt. Ich erfinde munter, wenn ich mich in einem Fantasysetting bewege. Das ist echt leicht geworden. Aber ich suche nach Ersatz in dieser unserer Welt. Bei Urban Fantasy dürfen die magisch-mystischen Kreaturen ganz herrlich ihre eigenen Flüche verwenden, aber mein "gewöhnlicher Mensch", der plötzlich damit konfrontiert wird, soll zumindest die erste Zeit eben ganz normal fluchen, schimpfen, reden.

Willst du, dass die Existenz der jeweiligen Phrase tatsächlich nachweisbar wäre oder, dass sie 99% der Leser kennen?

Bei uns gibt es zum Beispiel den Ausdruck "blutiger Hund" [bluadiga hund] als beliebte Phrase zum Ausdruck von Erstaunen oder Entsetzen. Dennoch bin ich mir sicher, dass gerade in Deutschland niemand damit etwas anfangen kann. (Fragt mich nicht, woher diese Redewendung kommt  ;D)
Ich fände es daher auch in Urban Fantasy nicht so schlimm, wenn man eigene Phrasen erfindet, solange sie halbwegs nachvollziehbar sind. Gerade Jugendliche erweitern ihren Wortschatz ja gerne mit eigenen Ausdrücken.