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Tote Hunde

Begonnen von RockSheep, 03. Juli 2014, 12:11:26

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RockSheep

So. Eigentlich trage ich dieses Thema schon eine ganze Weile mit mir herum, irgendwie wusste ich einfach nicht, ob ich es wirklich anschneiden sollte. Nun interessiert es mich aber doch.

Kurze Vorgeschichte: Ich hatte eine Kurzgeschichte für eine Horror-Ausschreibung eingereicht und daraufhin ein ausführliches Absagemail mit Begründung erhalten. Darin hiess es zum einen, dass ihnen die Geschichte sehr gut gefallen habe und der Verleger sogar meinte es sei ein ,,kleines Stephen King-Stück".
Der Grund, weshalb sie die Geschichte aber nicht aufnehmen könnten sei dieser: In Deutschland könne man kein Buch auf den Markt bringen, in dem ein Hund stirbt.

Zuerst dachte ich, es sei ein Scherz, doch das war es offenbar nicht. Ich hab dann etwas recherchiert und herausgefunden, dass es tatsächlich so eine Art ungeschriebenes Gesetz gibt bei Holywood-Filmen, welches besagt, dass keine Hunde sterben dürfen. Für den Buchmarkt habe ich diesbezüglich aber nichts gefunden.
Die Mail war wirklich sehr ausführlich und freundlich, darum kann ich mir nicht vorstellen, dass die Begründung bloss zum Abwimmeln war.

Nun nimmt es mich wunder, was ihr dazu sagt. Darf man Hunde töten? Ist das ein ungeschriebenes no-go, sogar bei Horrorgeschichten? Und mit töten meine ich nicht abschlachten, sondern auch einfach nur beschreiben, dass der Hund nicht wieder nach Hause kommt und man sich den Rest denken kann.

Gruss,
das Schaf


Szazira

Ich kann zumindest ein Buch nennen, in dem ein Hund getötet und gehäutet wurde.

"Needfullthings" von Stephen King.
Zu deutsch: "In einer kleinen Stadt"

Ich verstehe nicht, warum man ausgerechnet Hunde nicht töten können sollte.

In "Friedhof der Kuscheltiere" war es eine Katze, In "Cujo" wurde ein Hund quasi wahnsinnig und dann getötet...

???

Rigalad

Das ist mir ehrlich gesagt auch neu. Mir fällt auf Anhieb auch ein Film ein, nämlich Hachiko. Ganz ehrlich, nachvollziehbar finde ich das gerade überhaupt nicht. Gibt es da eine Begründung zu?

Malachit

Davon habe ich noch nie etwas gehört. Was ist das? Aberglaube? Beruht das auf irgendwelchen Fakten?
Zudem versteh ich es nicht, denn in der Realität sterben täglich Hunde, werden sogar zu Tode geprügelt - auch in Deutschland.

Wenn es der Handlung dienlich ist, ist für mich der Tod von was auch immer in einer Geschichte kein Problem.

Versteh einer die Welt...

Coppelia

#4
Im "Schimmelreiter" wird ein Hund getötet.

Und in der Serie "Survivor Dogs" der Warrior-Cats-Autorinnen ist auch schon mindestens ein Hund umgekommen.

In Tad Williams "Der Drachenbeinthron" tötet der Bösewicht relativ zu Anfang einen Hundewelpen.

Das fällt mir auf Anhieb ein. Bei den Galotta-Romanen hat sich eine Testleserin unheimlich angestellt, als ein Pferd sterben sollte. Ich glaube, dass es viele Leser nicht mögen, wenn Tiere sterben, vor allem sympathische Tiere. Für einige ist das wohl ein Grund, nicht weiterzulesen. Aber deswegen solche Dinge nicht mehr in Büchern vorkommen zu lassen, fände ich übertrieben.

Nika

Mir fällt nochmal Stephen King ein, Buch und Kinoverfilmung mit Johnny Depp: Das geheime Fenster.

Ich habe aber auch schon mal gehört, dass in Hollywoodfilmen angeblich keine Hunde sterben dürften. Das kam im Zuge von Fluch der Karibik 2 auf, auf die Frage hin, ob der kleine Hund mit den Gefängnisschlüsseln denn jetzt von den Kanibalen gegessen wurde. Irgendwer argumentierte, der Hund hätte auf jeden Fall überlebt, weil eben in Hollywoodfilmen keine Hunde sterben dürften. Was natürlich auch Käse ist, es gibt schließlich genügend Gegenbeispiele.

Mogylein

Rational erklären kann ich das natürlich auch nicht, aber ich kann mich beispielsweise noch sehr gut an den Film I am Legend erinnern, wo alle meine Freunde es praktisch als persönlichen Angriff genommen haben, dass der Hund stirbt. Dass der Protagonist stirbt war allen ziemlich egal, aber in dem Moment, als Sam gestorben ist, war die Linie zwischen "grausam" und "zu grausam" überschritten.
   "Weeks of Writing can save you hours of plotting."
- abgewandeltes Programmiersprichwort

gbwolf

Also, im Bereich "Horror" hätte ich jetzt gesagt, das sollte kein Problem sein, in der Unterhaltungsliteratur hast du da tatsächlich ein Tabu. Immer wieder berichten Autoren von Lesungen, meistens Krimis oder Thriller, in denen das Publikum seitenlange Folterszenen, Geschnetzel an Erwachsenen und oft auch den Tod von Kindern erträgt, aber jemand empört aufsteht und sich äußert, sobald Hunde und Katzen gequält oder getötet werden.
Die Empfindlichkeit beim Tod unschuldiger Tiere ist in unserem Kulturkreis ja relativ hoch, vor allem, wenn diese Tiere Haustiere sind und von vielen Menschen als Begleiter empfunden werden, zu dem sie mehr Zuneigung als zu Menschen spüren oder sie als Kinderersatz annehmen. Gerüchteweise gibt es in Deutschland mehr Leute, die sich zu aktivem Tierschutz als zum Schutz von Kindern bekennen (Das wird oft mit Mitgliedschaften in Kinderhilfsvereinen oder Tierschutzvereinen begründet). Ob das so ist, kann ich dir nicht sagen. Tatsache ist aber, dass man sich als Schriftsteller böse Dinge einhandeln kann, wenn man niedliche Wesen mit Fell und Knopfaugen tötet oder quält, egal wie begründet das von der Handlung her ist.

Franziska

Ich habe mal in einem Interview mit einer Krimi Autorin gelesen, dass sie in ihrem Buch eine Katze sterben ließ auf grausame Weise. Daraufhin bekam sie viele Hassmails, in denen die Leute so schrieben, als würden sie denken, die Autorin würde selbst Katzen umbringen! Dass sie Menschen umbringt, hat ihr niemand vorgeworfen, obwohl in den Büchern natürlich viel mehr Menschen als Katzen umkommen. Es gibt schon einige Leute, die ein sehr seltsames Verhältnis zu fiktven Tieren habe. Ich verstehe es auch überhaupt nicht, aber wahrscheinlich hatte der Verleger Angst davor. Ich finde es aber auch echt übertrieben vor allem in einer Horror Geschichte. ::)

Dahlia

Mhh, ich hatte schon von der Seite http://www.doesthedogdie.com/ gehört, aber es bisher nicht als so feste Regel aufgefasst (dass es die Seite als "Warnung" gibt, besagt ja eigentlich, dass Hunde auch in Hollywood-Filmen durchaus mal sterben). Aber irgendwie muss ich da auch an "Alien 3" denken, wo dann aus dem getöteten Hund in einer späteren Fassung eine Kuh wurde ...

Persönlich denke ich nicht, dass es generell ein No-Go ist oder sein sollte, solange es zur Handlung beiträgt. Gerade in Horror oder düsteren Romanen. Aber ja, den Effekt, dass es größere Emotionen/Angst auslöst, wenn ein Tier in Gefahr ist, hab ich bei mir und anderen auch schon beobachtet (z.B. sterben bei der Hannibal TV Serie Unmengen an Menschen auf sehr grausame Weise - aber wehe, einer von Wills Hunden gerät in Gefahr! Dann muss auf Twitter zwischen zwei Folgen noch schnell klargestellt werden, dass Buster den Angriff überlebt hat und man sich keine Sorgen machen muss. :rofl: )

Einige Beispiele, wo Hunde/Haustiere getötet wurden wurden ja schon genannt - ich musste als erstes an Game of Thrones denken, auch wenn es da ein Wolf war, der getötet wurde.

Christopher

Mal unabhängig davon, ob die Allgemeinheit (oder zumindest ein großer Teil der Menschen) mit diesen Ansichten nun richtig liegt oder nicht:
Hältst du es für eine gute Idee, dagegen anzugehen, obwohl du weißt, wie die meisten darüber denken? Nicht falsch verstehen: Ich teile die Ansicht die hier vertreten wird, allerdings wird dir das in Bezug auf Veröffentlichung o.ä. nicht helfen, das "richtige" zu tun.  :versteck:
Be brave, dont tryhard.

Lothen

#11
Zitat von: Nadine am 03. Juli 2014, 12:29:32
Immer wieder berichten Autoren von Lesungen, meistens Krimis oder Thriller, in denen das Publikum seitenlange Folterszenen, Geschnetzel an Erwachsenen und oft auch den Tod von Kindern erträgt, aber jemand empört aufsteht und sich äußert, sobald Hunde und Katzen gequält oder getötet werden.

Das finde ich ja sehr seltsam. Morde an Menschen sind doch in der Literatur gang und gebe, aber tote Tiere sind ein No-Go? Das klingt in meinen Ohren arg scheinheilig. Das wir uns nicht falsch verstehen, ich liebe Tiere (auch Hunde) und es würde mich sicher mitnehmen, wenn in einem Roman der Tod eines Tieres beschrieben wäre - aber man muss ja nicht über-dramatisieren.

Zitat von: Coppelia am 03. Juli 2014, 12:24:20
Für einige ist das wohl ein Grund, nicht weiterzulesen. Aber deswegen solche Dinge nicht mehr in Büchern vorkommen zu lassen, fände ich übertrieben.

Geschmäcker sind nun mal verschieden - wenn man nicht über Tod und Krieg lesen will, dann sollte man das eben auch nicht tun, das ist das gute Recht eines jeden. Ich denke, es stören sich auch sehr viele Menschen an anderen, sehr viel heftigeren Themen (Vergewaltigung, Folter, Kindesmissbrauch), aber trotzdem kommen sie in Büchern vor und das oft nicht zu knapp.

Um die Beispielreihe zu erweitern: In GoT
Sorry but you are not allowed to view spoiler contents.


/EDIT: Okay, da war Dahlia schneller ;) Aber ich hab es noch nett in Spoiler-Format verpackt  :rofl:

Nika

Mir fällt noch ein Beispiel zu einem Buch/Film ein, in dem ein Hund stirbt, hier sogar der Titelgeber: Marley & ich. Ich wollte mir den Film damals eigentlich ansehen, aus dem Trailer habe ich auf eine Komödie geschlossen. Eine Freundin von mir war vor mir im Kino und meinte, sie fand es so traurig, dass der Hund am Ende stirbt.

Zusammen mit dem vom Rigalad genannten Hachiko (den ich gesehen und am Ende Rotz und Wasser geweint habe) macht das schon zwei Unterhaltungsromane/-filme, mit toten Hunden.

Wobei man vielleicht noch argumentieren kann, dass es einen Unterschied macht, ob der Hund eines natürlichen Todes stirbt/wegen Krankheit eingeschläfert werden muss, oder ob er grausam ermordet wird.

Tinnue

Hui, einerseits ist natürlich der Verweis auf Stephen King in Verbindung mit deiner Geschichte eine schöne Sache. Die Begründung zur Absage aber kann ich - nach dem, was ich jetzt hier davon lesen kann - nicht wirklich verstehen. Das hätte für mich jetzt gepasst, wenn es in einem anderen Genre angesiedelt wäre bzw. für eine jüngere Zielgruppe. Das trifft dann aber m.E. auf alle Tiere zu. Zu sagen "Da darf kein Hund sterben" erschließt sich mir nicht. Bekannte Beispiele wurden hier eigentlich schon viele genannt. Spontan fällt mir jetzt kein neues ein, aber wie gesagt: Wieso sollte das ausgerechnet am Hund liegen? Ich kann mir dann nur persönliche Gründe vorstellen, aber ich kenne ja den Verleger nicht. In nicht wenigen Horrorgeschichten sterben Menschen  :o und manche werden sogar gehäutet, ich will nicht sagen bei lebendigem Leib. Warum das geht und der Hund dann ein absolutes No-Go ist  :no:. Ich kann's dir nicht sagen. Jedenfalls, die obigen Beispiele sprechen eher gegen ein Hund-Tabu (von dem ich jetzt so auch noch nichts gehört habe).

Rigalad

Zitat von: Mogylein am 03. Juli 2014, 12:27:37
Rational erklären kann ich das natürlich auch nicht, aber ich kann mich beispielsweise noch sehr gut an den Film I am Legend erinnern, wo alle meine Freunde es praktisch als persönlichen Angriff genommen haben, dass der Hund stirbt. Dass der Protagonist stirbt war allen ziemlich egal, aber in dem Moment, als Sam gestorben ist, war die Linie zwischen "grausam" und "zu grausam" überschritten.

Hm, ich muss zugeben, dass hat mich auch immens gestört. Woran das liegt? Gute Frage. Ich glaube nicht, dass es unbedingt nur der Niedlichkeitseffekt ist, sondern dass solche Tiere auch nicht umsonst in dem jeweiligen Film plaziert werden. Sie spielen meistens eine sehr besondere Rolle und wenn diese Rolle stirbt, kann ich bei einem Hund genauso "Rotz und Wasser" heulen wie wenn einer meiner favorisierten, menschlichen Charaktiere stirbt.