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Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?

Begonnen von Nightingale, 08. Juni 2014, 21:58:04

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Debbie

#15
Zitat von: Vic am 10. Juni 2014, 11:58:12
Das Ding ist, wenn man das macht, braucht man natürlich eine übergreifende Handlung PLUS Einzelhandlungen in jedem einzelnen Band.
Siehe Harry Potter zum Beispiel. Da ist der bandübergreifende Handlungsfaden immer die Harry vs. Voldemort Kiste und dass es auf einen Krieg mit Voldemort hinausläuft. Jeder Band hat aber auch eine in sich geschlossene Geschichte, die gleichzeitig für sich selbst steht und den übergreifenden roten Faden weiterspinnt.

Das fasst sehr schön zusammen, wie ich über Mehrteiler denke.  :jau:  Bei Serien ist das natürlich wieder was anderes, aber wenn man Mehrteiler schreibt, ist v. a. wichtig, dass genug Plot vorhanden ist; dass sich das Kernthema zeitlich oder vom Umfang her schlecht in einem Buch behandeln lässt und dass bei einem Mehrteiler genug Subplots vorhanden sind, die pro Buch zumindest ein Ende ermöglichen.

Ansonsten bin ich der Meinung: 1000 Seiten oder ein Mehrteiler, weil sich der Plot nicht auf 400 Seiten unterbringen lässt -> JA. 1000 Seiten oder ein Mehrteiler, weil sich die Charakterentwicklung nicht auf 400 Seiten unterbringen lässt -> NEIN.

Aber natürlich kann das abhängig von der Leserpräferenz und dem Genre sein - wobei mir jetzt kein Buch einfällt, bei dem sich dieses Empfinden für mich widerlegen lässt ...

Kati

Hier ist ja was zusammengekommen, danke dafür.  :) Ich persönlich mag auch lieber Reihen, in denen jeder einzelne Band der übergeordneten Handlung folgt, aber auch eine für sich abgeschlossene Handlung hat und das fällt mir immer sehr schwer. Ich konnte jetzt die Geschichte, von der ich gesprochen habe, aufteilen und während der eigentliche Plot so Sinn ergibt und genau richtig viel Platz einnimmt, fallen mir jetzt keine passenden Handlungsstränge für die einzelnen Bände ein, weshalb ich überlege, ob ich nicht doch lieber ein sehr dickes Buch draus mache. Dann wiederum mag ich selbst keine 800 + Seiten am Stück lesen, also sollte ich das vielleicht auch nicht schreiben.  :-X Damit werde ich mich wohl nochmal genau auseinandersetzen müssen.

Das Szenario mit der Heldenentwicklung habe ich übrigens persönlich nicht, es fiel mir bloß so ein und dann habe ich mich gefragt, wie ihr das seht, weil einige Leute ja tatsächlich Reihen schreiben, damit XY mehr Zeit bekommt sich zu entwickeln. Ich denke, damit ist aber nicht mal der Umfang gemeint, sondern auch diese Trennung zwischen den Büchern. Man kann ja zwischen den Bänden Zeit vergehen lassen, was innerhalb eines einigen Romans eher unschön wirkt. Aber ihr habt Recht, ohne Plot gibt es auch keine Heldenentwicklung. Was mich zu der Frage bringt, ob jeder Plot auch zur Heldenentwicklung beitragen muss. Und noch viel wichtiger: Müssen die einzelnen Plots am Ende für die große Handlung eine Bewandtnis haben? Ich finde eigentlich schon, aber ich sehe oft genug, dass es anders gemacht wird. Wenn in Band 2 eine runde, in sich abgeschlossene Geschichte erzählt wird, die aber am Ende nichts beiträgt um die Geschichte voranzubringen ärgert mich das, weil ich dann das Gefühl habe, die Geschichte war unnötig und hätte auch weggelassen werden können. Hierzu noch Ideen?

Ich finde schon mal schön, dass hier so viel zusammenkommt, über einiges hatte ich so noch gar nicht nachgedacht.

Debbie

Zitat von: Kati am 10. Juni 2014, 19:11:45
Ich konnte jetzt die Geschichte, von der ich gesprochen habe, aufteilen und während der eigentliche Plot so Sinn ergibt und genau richtig viel Platz einnimmt, fallen mir jetzt keine passenden Handlungsstränge für die einzelnen Bände ein [...]

Dabei hilft mir meist die Rechercheliteratur. Wenn ich zu seinem bestimmten Thema recherchiere (einer Zeit, einem Bauwerk, einer Mythologie, einem Fabelwesen, etc.) bekomme ich immer soviel Input, dass die Plotbunnies wahre Feste feiern. Davon nehme man die spannendste und passendste Idee, die sich am besten in den übergeordneten Plot einfügt und baue ihn aus. Mit viel Glück hat der Subplot dann bereits Bedeutung für die Haupthandlung - und was nicht passt, wird passend gemacht.  ;)

ZitatWas mich zu der Frage bringt, ob jeder Plot auch zur Heldenentwicklung beitragen muss.

Naja, es ist schon sehr elegant, wenn die Lösung jeden Subplots sich am Ende wie ein Puzzle-Teil in die Lösung des eigentlichen Problems einfügt - aber zumindest sollte das, was in den Subplots passiert, erklären, warum sich der Held am Ende wie verhält und woher er welche Fähigkeiten hat, die zum Schluss entscheidend sind. Hätte er die Fähigkeiten und die richtige mentale Einstellung von Anfang an, bräuchte es keine Entwicklung und das Buch würde nur aus der finalen Konfrontation/Problemlösung bestehen.

ZitatUnd noch viel wichtiger: Müssen die einzelnen Plots am Ende für die große Handlung eine Bewandtnis haben?

Müssen nicht, aber wie gesagt: Ich finde es ist eleganter. Natürlich kann der Subplot eines einzelnen Bandes auch einfach nur relevant für die Charakterentwicklung des Protas sein, oder das Buch kann sich mal direkt mit dem Hauptproblem beschäftigen, während der Subplot hauptsächlich persönliches behandelt, aber am Ende muss es irgendwie eine Rolle spielen; es muss ein Teil der Reise sein, der vielleicht am Ende keine große Bedeutung mehr hat, aber ohne den man nicht zum nächsten Teil des Weges gelangt wäre.

Vic

Zitat von: Kati am 10. Juni 2014, 19:11:45
Müssen die einzelnen Plots am Ende für die große Handlung eine Bewandtnis haben?

Ich kann nur persönlich von mir bestätigen, dass ich es sehr frustrierend finde, wenn ich 800 Seiten gespannt mitverfolge wie die Heldin auf der Jagd nach der ultimativen Geheimwaffe gegen X ist und am Ende entpuppt sich das ganze als "red herring" und sie ist praktisch keinen Schritt weitergekommen.  ::)

Also ich find es völlig okay, wenn es mal stagniert oder wenn Helden in die falsche Richtung laufen und das erst nachträglich merken - oder wenn es Szenen gibt, die zur übergreifenden Handlung wenig beitragen, aber dafür schöne Charakterentwicklung sind oder sowas. Aber in einer langen Reihe bitte kein kompletter Band, der rein gar nichts zur übergreifenden Handlung beiträgt. Ich bin ziemlich sicher, dass 90% aller Leser am Ende dieses Bandes (zu Recht) sehr enttäuscht und frustriert sein werden. 

Siara

Zitat von: Kati am 10. Juni 2014, 19:11:45
Was mich zu der Frage bringt, ob jeder Plot auch zur Heldenentwicklung beitragen muss. Und noch viel wichtiger: Müssen die einzelnen Plots am Ende für die große Handlung eine Bewandtnis haben?
Für eine wirklich gelungene Reihe in meinen Augen schon. Wenn das Ganze unterhaltsam ist, sehe ich darüber auch mal hinweg, denn schließlich geht es in erster Linie darum, beim Lesen Spaß zu haben. Aber damit die Bücher als wirklich rund im Gedächtnis bleiben, müssen alle Stränge zusammengeführt werden und gemeinsam auf das Ende hinwirken. Andernfalls fehlt mir die Festigkeit der Geschichte. Es fühlt sich dann an, als hätte der Autor einfach geschrieben, was ihm einfiel, ohne darauf zu achten, ob es überhaupt relevant ist. Oder es liegt eben die Vermutung nach Füllmaterial nahe. Deswegen hatte ich im ersten Beitrag angemerkt, dass diese "zusätzliche Handlung", um eine Reihe daraus zu machen, für mich nur sinnvoll ist, wenn das Hinzugefügte eine der beiden Funktionen erfüllt:
1. Bisherigen Plot vertiefen/festigen
2. Den bisherigen Plot so verändern, dass die neuen Inhalte bedeutsam werden

Andernfalls besteht die Gefahr, dass es unstrukturiert erscheint.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Vic

Zitat von: Siara am 12. Juni 2014, 19:32:38
Deswegen hatte ich im ersten Beitrag angemerkt, dass diese "zusätzliche Handlung", um eine Reihe daraus zu machen, für mich nur sinnvoll ist, wenn das Hinzugefügte eine der beiden Funktionen erfüllt:
1. Bisherigen Plot vertiefen/festigen
2. Den bisherigen Plot so verändern, dass die neuen Inhalte bedeutsam werden

Andernfalls besteht die Gefahr, dass es unstrukturiert erscheint.

Dem kann ich nur absolut zustimmen.
Man muss sich immer vor Augen halten, dass man als Autor ja auch die absolute Allmacht hat und jeden Seitenstrang-Plot auch wichtig machen kann - oder den übergreifenden Plot eben dazu anpassen kann. Also eigentlich ist es nicht so schwer alle Handlungsstränge unter einen Plot-Hut zu bekommen.

Wenn das nicht der Fall ist, sind es leider oft nur aneinandergereihte Handlungstränge und damit geht viel von übergreifendem Drama verloren.

Eluin

Ich bin Bauchschreiberin und plotte meistens nicht viel (vielleicht zwei bis drei A4 Seiten). Deshalb schaue ich, was der Roman ergibt. Oft passt mein Gefühl, dass die Grundidee für einen Roman oder eine Reihe reicht. Meistens schreibe ich dann aber zunächst und Unterteile erst, wenn es fertig ist. Häufig entwickeln sich beim Schreiben noch zahlreiche andere Ideen, die über weitere Romane tragen können. Anders ist es bei mir, wenn ich eine Reihe im Kopf habe, die aus unterschiedlichen Hauptcharakteren besteht. Also z.B. in unterschiedlichen Zeitabschnitten der Welt spielt.
Bei meinem SciFi-Projekt Phönixfedern merke ich, dass die Hintergründe womöglich auch für mehrere Bände passen könnten. Wobei ich mich mittlerweile von meiner Idee für einen Vorband verabschiede und überlege diese Informationen nun in Phönixfedern zu integrieren. Möglicherweise folgt aber noch ein weiterer Band, in dem Charaktere aus Phönixfedern wiederkehren. Allerdings wechseln die Hauptcharaktere. Mein Plan ist auf jeden Fall, dass die dort begonnene Handlung weiter geführt wird.

ZitatEin anderes Szenario wäre, dass die Figurenentwicklung zum Helden vielleicht 1000 Seiten braucht, aber man nur Plot für ein Buch mit höchstens 400 Seiten hat. Was tut man?
Ich bin mir nicht sicher, ob das für mich funktioniert. Bei mir entsteht die Heldenentwicklung aus dem Plot und der Plot ist abhängig von der Heldenentwicklung. Ich bekomme das nicht voneinander getrennt, weil es sehr eng miteinander verzahnt ist. Für mich entwickelt sich ein Charakter mit dem Plot. Aber dies hast du in deinem zweiten Beitrag ja so ähnlich geschrieben.

Für mich ist es passend, wenn du sagst, dass nicht jeder Bestandteil des Plots zur Heldenentwicklung beitragen muss. Genauso wie Nebenplots in meinen Augen auch zur Heldenentwicklung beitragen können. Für mich persönlich als Leser ist auf jeden Fall wichtig, dass jeder Bestandteil auch seine Daseinsberechtigung hat.
ZitatMüssen die einzelnen Plots am Ende für die große Handlung eine Bewandtnis haben?
Genau bei dieser Frage denke ich nämlich an die Nebenplots. Da muss nicht jeder für den Hauptplot eine Bewandtnis haben. Aber gerade Nebenplots können für mich zur Charakterentwicklung beitragen. - Hierbei gehe ich aber davon aus, dass die Nebenplots innerhalb eines Romans / Bandes vorkommen und nicht ein gesamtes Buch füllen sollen. Ansonsten würde es bei mir, wie Vic beschreibt, zur Frustration führen. Diese Nebenplots müssen ausreichend relevant sein, damit alles am Ende im großen Plot münden kann.

Künstliche Aufplusterung mag ich überhaupt nicht. Infodump, uninteressante Nebenhandlungen - oder Nebenhandlungen die merkbar nur für die Länge eingefügt wurden, oder überflüssige Beschreibungen finde ich einfach nur zum Gähnen. Ich denke, wie bei Kinder- und Jugendbüchern sollte auch für Romane gelten, dass jede Information sitzen sollte. Bei Kinder- und Jugendbüchern ist diese Informationsdichte allein auf Grund der Länge notwendig.

Dies führt mich zu einer anderen Frage: Warum muss ein Fantasy-Roman zwingend eine bestimmte Seitenlänge haben? Es gibt doch auch Kurzromane? Und gerade in letzter Zeit merke ich immer wieder, dass auf dem EBook-Markt die Länge sehr stark variiert. Zwischen kürzeren Mehrteilern und langen Epen habe ich da schon vieles gesehen und gerade das finde ich nicht nur interessant, sondern auch als Leser angenehm. So kann ich mir die passende Länge aussuchen. Beispielsweise wenn ich gerade auf eine Fortsetzung warte und weiß, oh ich habe noch so und so viele Tage zum Lesen, da schaffe ich ein x Seiten Buch... Wenn entsprechend die Vielfalt da ist, kann ich gezielt suchen.

Grundsätzlich mag ich aber sowohl Einzelbände, Serien und Reihen. Es kommt immer darauf an, wie die jeweiligen Werke gemacht sind, ob sie neue Aspekte für mich als Leser bringen oder einfach nur aus kommerziellen Gründen auf den Markt geworfen wurden. Hier geht es mir aber ähnlich wie Cairiel. Wenn ich den Autor kenne, lasse ich mich lieber auf eine Reihe / Serie ein, als wenn ich den Autor nicht kenne. Dann probiere ich es häufig mit einem Einzelband (soweit vorhanden) oder verlasse mich auf entsprechende Rezensionen und probiere es aus.
An Reihen (ich mag z.B. auch die Darkover-Reihe von MZB sehr) reizt mich vor allem, dass man immer tiefer in Welten abtauchen kann und sich damit immer mehr zu Hause fühlt. Einen roten Faden zwischen den einzelnen Bänden brauche ich nicht zwingend. Häufig reicht mir einfach das Setting der Welt als Bindeglied aus.
Träume verändern die Zukunft. Doch erst wenn wir die Augen öffnen, können wir sie verwirklichen!
Mein Spruch, mein Motto.