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Betalesen ist nichts für Anfänger

Begonnen von Christian Svensson, 03. April 2014, 11:11:46

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phoe

Ach Bardo,  :knuddel: ich wusste nicht, WIE flügge du schon bist.
Fehler zu machen, das ist nicht schwer.
Die Fehler einzugestehen und hier in dieser Form zu benennen, das zeigt Größe. Ich bin stolz auf dich.  :vibes:  :jau:
Und wie du siehst, das Thema wird gut angenommen.

Bei mir war es so, dass ich erst Betaleserin war, bevor ich etwas von mir heraus gegeben habe.
Ich weiß noch sehr genau, wie ich mit dem Schreibstil zu kämpfen hatte, das Thema selbst stellte dann auch noch eine kleine Herausforderung dar. Aber das war nicht alles.
Ich habe mich kaum gewagt, überhaupt eine Korrektur vorzunehmen. Wenn ich heute darüber nachdenke, war das sicher auch nicht wirklich heilfreich für die Autorin.  :rofl:
Auch ich war Anfangs der Meinung, wenn mir jemand beta liest, bin ich verpflichtet, das Gleiche bei dem Betaleser auch zu tun - quatsch. Du darfst dich gern als Beta melden, bei einem Thema, welches dir liegt. So fällt schon das lesen leichter.
Manchmal ergibt es sich, dass ich betalese und plötzlich wird "mein"Autor zum Betaleser bei mir. Dann kommt das aus Freundschaft, die sich im Laufe der Zeit entwickelt hat und gemeinsame Interessen.

Selbst heute passiert es mir, das ich einfach "nur" lese und nichts korrigieren möchte. Bin ich etwa befangen?
Dann denke ich mir, habe ich von der Autorin/dem Autor schon zuviel gelesen, dass ich die Ecken und Kanten nicht mehr finde? Das sich der Schreibstil so bei mir eingeschmeichelt hat, dass ich die Widersprüche und Plotfehler übersehe?
Oder sind die Autoren inzwischen so gewachsen, dass sie tatsächlich kaum noch einer Korrektur bedürfen?

Ich selbst liebe es, wenn ich Kritik bekomme. Denn ich muss noch viel lernen und mein Schreibstil ist nicht der Beste. Vom Plot keine Ahnung und Perspektiven - wow - da gibt es so viele.  ;D
Und wenn ich Lob bekomme, dann kreisel ich schon fast unter der Decke.  :vibes:
Da fällt mir ein... ich wollt doch noch wohin... ahh, ja. Betaleser suchen...

Guddy

#16
Irgendjemand hier meinte, dass man als Betaleser kein Freund des Autors ist. Das mag zwar sein, aber dadurch ist man ja noch lange kein böser Feind... und ehrlich gesagt habe ich als Autor es lieber, wenn ich nicht nur mit negativer Kritik zugekleistert werde, sondern auch mit positiver. Damit stehe ich ja zum Glück nicht allein auf weiter Flur hier :)

ZitatIch gebe allerdings zu bedenken, dass das verdammt viel Arbeit ist, und wenn man möglichst viel "positive Korrektur" von einem Betaleser wünscht weil man z.B. von sich selbst weiß, dass man sonst innerlich abblocken würde, sollte das zuvor kommuniziert werden, da es ungleich mehr Arbeit bedeutet

Naja, dass es Arbeit ist, wird ja auch im Betalesevermittlungsleitfadenthread gesagt, darauf solle man sich so oder so einstelle, finde ich. Wenn man keine Arbeit reinstecken möchte, würde ich es gleich lassen.
Ich habe erst zwei Betarückmeldungen an Autoren hier weitergegeben, die eine war recht kurz, da es meine allererste war, die zweite schon ausführlicher, fundierter und ich taste mich so langsam an das ran, was ich mir selber von meinen Betalesern wünsche. Auch die Rückmeldung, dass es mal länger dauern könnte, aber das habe ich bisher auch vorab gesagt. Hoffe ich. Doch, ich glaube schon *g*
Wovor ich mich jedoch wirklich scheue, ist die Rückmeldung an den Beta, wenn es wirklich lange (mehr als ein Monat? Ich glaube.) dauert aus Angst, der Beta könnte alles schrecklich finden und sich deshalb nicht trauen, mir die Kritik zu senden. Daher schweige ich das gerade schön aus  und fühle mich dezent unwohl dabei *hüstel*

Eigentlich wurde schon alles gesagt im Thread :) Aber ich kann mal die drei Punkte nenne, die mir besonders wichtig sind in Sachen Betalesertum:
*neben der obligatorischen(!) negativen Kritik, heißt das Herauspicken von Dingen, die nicht so gelungen oder schlichtweg schlecht sind, sollte man auch die guten Punkte benennen. Nur so kann ich als Autor meine eigene Schreibe besser einschätzen. Bekäme ich nur negative Kritik,käe ich mir vermutlich etwas verloren vor. Wobei man nichts erfinden oder schönreden sollte. Wenn wirklich alles schlecht ist, sollte man es auch sagen... wobei man sich dann fragen sollte, ob die Zusammenarbeit weiterhin sinnvoll ist, schließlich scheint es in diesem besonderen Fall einfach nicht zu passen?
*Rückmeldungen zwischendurch: wenn's mal wieder länger dauert eben
*und ich liebe es, wenn nicht nur die nüchterne Form kritisiert wird, sondern auch der subtilere Inhalt, Emotionen undundund, die Dinge, die man nur schwer kritisieren kann weil das ehr als anderes auf der eigenen Meinung basiert. Doch gerade die Dinge sind es schließlich, die einen Roman letztlich ausmachen.

Naja ich kann am Wochenende endlich ein bisschen weiter "betaen" und werde zusehen, dass ich einige Punkte hier aus dem Thread realisieren kann!

Nycra

Zitat von: Guddy am 03. April 2014, 15:22:45Irgendjemand hier meinte, dass man als Betaleser kein Freund des Autors ist. Das mag zwar sein, aber dadurch ist man ja noch lange kein böser Feind... und ehrlich gesagt habe ich als Autor es lieber, wenn ich nicht nur mit negativer Kritik zugekleistert werde, sondern auch mit positiver. Damit stehe ich ja zum Glück nicht allein auf weiter Flur hier :)
Das war ich.  ;D Und im Prinzip stimmst du meinen Ausführungen ja auch zu. Neben aller "negativer" Kritik darf das Lob nicht fehlen. Einen Text nur zu loben, halte ich dagegen für gefährlich. Der Autor lernt nichts daraus und - bei aller Liebe - den perfekten Text gibt es einfach nicht. Es muss einen Mittelweg geben und den findet man nur mit Übung heraus.

Die von dir genannten Prinzipien finde ich ansonsten toll.

Was ich nicht verstehe, ist die Rückmeldung an den Beta?
Zitat von: Guddy am 03. April 2014, 15:22:45Wovor ich mich jedoch wirklich scheue, ist die Rückmeldung an den Beta, wenn es wirklich lange (mehr als ein Monat? Ich glaube.) dauert aus Angst, der Beta könnte alles schrecklich finden und sich deshalb nicht trauen, mir die Kritik zu senden. Daher schweige ich das gerade schön aus  und fühle mich dezent unwohl dabei *hüstel*
Wenn ich meine Skripte von Betas zurückbekomme, bedanke ich mich und sage, ich sehe mir das in Ruhe an. Ob ich dann noch mehr Kontakt zum Beta brauche, hängt davon ab, ob ich mit seinen Anmerkungen klarkomme.

Oder meintest du, du scheust den Kontakt als Beta zum Autor? Auch hier rate ich einfach: offene Kommunikation. Wenn du länger benötigst, sag es dem Autoren einfach. Die wenigsten werden meckern. Ich habe mal ein Jahr auf ein Feedback gewartet trotz Deadline. Ich mag die Zirklerin immer noch und ihren Kopf hat sie ebenfalls noch. ;D

Wenn es sich um ein zeitkritisches Projekt handelt, dann musst du als Beta eben zurücktreten bzw. darfst dich gar nicht erst anbieten. Im Forum sollte ja auch genau deswegen immer angegeben werden, bis wann eine Beta-Arbeit beendet werden soll.

Guddy

Stimmt, da habe ich mich wirklich nicht gut ausgedrückt *g*
Szenario: Autor schickt Text zu Beta. Beta antwortet über Wochen, Monate nicht.
Und da traue ich mich einfach nicht, nachzufragen irgendwie. Denn irgendwie frage ich mich langsam doch, ob es überhaupt angekommen ist. Was ich damit eigentlich ausdrücken wollte: ich bin in Sachen "eigene Texte an andere Leute schicken" einfach noch extrem scheu und ängstlich, auch wenn ich Kritik generell gut abkann und natürlich auch brauche.

Mit Betas schreiben habe ich keine Probleme, soziophob bin ich eigentlich nicht  ;D

Nycra

Zitat von: Guddy am 03. April 2014, 16:15:13
Stimmt, da habe ich mich wirklich nicht gut ausgedrückt *g*
Szenario: Autor schickt Text zu Beta. Beta antwortet über Wochen, Monate nicht.
Und da traue ich mich einfach nicht, nachzufragen irgendwie. Denn irgendwie frage ich mich langsam doch, ob es überhaupt angekommen ist. Was ich damit eigentlich ausdrücken wollte: ich bin in Sachen "eigene Texte an andere Leute schicken" einfach noch extrem scheu und ängstlich, auch wenn ich Kritik generell gut abkann und natürlich auch brauche.

Mit Betas schreiben habe ich keine Probleme, soziophob bin ich eigentlich nicht  ;D
Mein Vorschlag: Bitte in den Mails die Betas um kurze Rückmeldung, ob das Skript angekommen ist. Hörst du nichts mehr, weißt du, da stimmt irgendetwas nicht. Ich hab auch oft Probleme damit gehabt und kündige daher meine Versendung immer auch via PN im Forum an. Dort oder per Mail bekomme ich dann schon eine Reaktion.

Ich nehme auch immer noch mit auf, dass man mir bitte kurz Bescheid geben soll, falls etwas dazwischen kommt, damit ich selbst auch planen kann. Die meisten Betas machen das dann auch.

Was dann die Rückfrage an Trödler angeht: Tja, das kann dir niemand abnehmen. Auch das musst du lernen. Allerdings wäre das für mich wiederum ein Kriterium diesen Beta bei künftigen Projekten zu meiden.

Aber das ist jetzt nicht mehr zum Thema "Betalesen nichts für Anfänger", sondern "Wie verhalte ich mich als Autor gegenüber Betas?"  :psssst:

Franziska

Beides ist etwas, das man lernen muss, finde ich.
Ich habe jetzt echt schon viele Texte betagelesen und betalesen lassen. Als ich anfange betazulesen war ich auch immer total unsicher, ob mein Feedback den Autoren überhaupt hilft, weil manchmal nichtmal ein "Danke" zurückkam. Das finde ich dann schon unhöflich, immerhin habe ich da viel Zeit reingesteckt, auch wenn ich es gerne mache. Ich habe trotzdem weiter betagelesen und jetzt bekomme ich auch meistens Feedback, dass es geholfen hat.
Was ich auch lernen musste, ist zu sagen, wenn ich mit einem Text gar nichts anfangen kann und gar nicht weiterlesen wollte. Es bringt ja dem Autor auch nichts, wenn ich mich da durchquäle.
Andererseits habe ich am Anfang auch schon mal so ein Feedback bekommen."Du weißt ja sicher selbst, dass da noch viel zu machen ist." Klar, deshalb suche ich mir auch Betaleser. Wichtig ist immer, konkret etwas zu nennen, was man verbessern kann.

Was mich irgendwie noch nie funktioniert hat ist die Paten-Sache. Ich habe es mal als Pate versucht und es fiel mir selbst schwer, über Stilfehler hinwegzusehen. Als ich Paten hatte, haben die eigentlich fast immer Kommafehler etc. verbessert anstatt nur auf den Plot zu achten.

Sascha

Also, ich kann bis jetzt nur wenige Erfahrungen mit Betalesern beisteuern. Zwei TiZis wühlen sich grad durch mein Machwerk, das dürften die bis jetzt fundiertesten Rückmeldungen werden.
Aber vorher hab ich es schon mal zwei ebenfalls Schreibinteressierten gegeben, die allerdings nur weniges kritisiert haben. Das war lieb, aber wenig hilfreich. Na gut, das enttäuschende Ende haben sie mir ausgeredet, mal sehen, ob das neue Ende Anklang findet. Also, ganz vorsichtig ein paar Kleinigkeiten anmerken und ansonsten "ehrfürchtig knicksen" (so schrieb sie es), weil ich ein ganzes Buch mit ca. 500 Seiten fertig bekommen hab, das bringt doch mir als Autor herzlich wenig.
Dann hatte ich auch schon eine Testleserin, die nach wenigen Seiten abgebrochen hat, weil es einfach so gar nicht ihr Stil war. War doch völlig in Ordnung! Sie hat von Anfang an gesagt, daß sie eher so auf Thriller-Linie ist, und bei mir ist es eben ehr eine Krimi-Komödie mit Fantasy-Anteil. Sie hat's sich mal schicken lassen und dann eben schnell abgebrochen. Vollkommen in Ordnung, da kann man nicht beleidigt sein. Deshalb würde ich mir an Bardos Stelle nicht so einen Kopf drum machen.
Ein Kollege hat vieles angemerkt, und wie hier schon gesagt: Nicht alles muß der Autor auch umsetzen. Das war aber meine erste wirklich nützliche Beta.

Ich umgekehrt als Betaleser? Das müssen letztlich die beurteilen, deren Werke ich schon in der Mangel hatte.
Einmal hatte ich echt Angst, daß diejenige mir richtig böse ist, weil ich ihr den Text quietschbunt zurückgegeben habe. Aber wenn ich mich melde, dann mach ich auch den Job so gut ich kann. Zum Glück war sie dann doch nicht wirklich verletzt.
Ich suche halt die Texte, auf die ich mich melde, so aus, daß sie mir hoffentlich auch zusagen. Zumindest thematisch. Gay Romance oder Teenie-Romane sind halt nun nix für mich, da laß ich halt die Finger weg. Würde ich dann feststellen, daß mir der Schreibstil gar nicht zusagt (und der Stil auch wirklich Absicht ist), würde ich es natürlich auch so machen: Mit der Bemerkung, daß ich rein stilistisch so gar nicht in der Zielgruppe bin, das Ganze beenden.

Übrigens, Bardo: Ich war auch ganz frisch hier, als ich mich zum Testlesen gemeldet habe (Bin eine Woche nach Dir aufgenommen worden.). Einfach auch aus dem Gedanken heraus, daß ich schon erst mal etwas für die Anderen bringen muß, bevor ich selbst nach Betas suche. Davor hatte ich gerade mal das Buch meines Kollegen testgelesen (gleich 2x). Also, sicher habe ich da noch viel zu lernen, aber ich denke schon, daß man auch als Viel-Leser schon einiges beisteuern kann. Und das dürften wohl so ziemlich alle sein, die hier ankommen, oder? Du hattest eben zwei mal das Pech, daß die Bücher nicht zu Dir gepaßt haben. Das sagt wohl aber herzlich wenig über Deine allgemeine Eignung als Beta aus, denke ich.

Anj

Also ich beta schon fast genauso lange, wie ich schreibe und mich hat folgende Haltung am meisten überzeugt:
Es geht nicht um gut oder schlecht, oder richtig oder falsch, sondern darum ob ein Text funktioniert, bzw. ob eine Textstelle ihr volles Potential ausschöpft.
Das heißt für mich, ich schaue auf den Text und frage mich was sind die verschiedenen Ebenen, die hier bedient werden und wo fehlt mir was, bzw. wo ist die Gewichtung noch nicht ganz glücklich. Das Resultat ist, dass ich entweder nur theoretisch diese Erkenntnis mitteile, oder (in der Regel auf Nachfrage, was ich damit meine) mehrere Ideen zur Veränderung ziemlich ausführlich aufschreibe. Gerade weniger erfahrene Schreiber haben dieses Ebenen oft überhaupt nicht auf dem Schirm und vernachlässigen sie deswegen gerne. Zu sehen, wie sich dieselbe Textstelle mit minimalen Veränderungen völlig anders lesen lässt, hilft den meisten, die Werkzeuge des Schreibens zu verstehen. (Ich halte nicht viel von Ratgebern, bis auf den von Clark^^)
Meist kommt etwas ganz anderes raus, als ich vorgeschlagen habe, weil der Autor plötzlich selbst das verschenkte Potential sieht. Ich gehe da also völlig mit Siara konform, dass ich möglichst wenige konkrete Einzel-Alternativen bekommen möchte.
Und das ist auch die Form von Kritik, die ich mir am meisten wünsche und die ich am hilfreichsten finde.
Ich bin aber auch jemand, der es liebt, Texte zu analysieren, um für sich selbst Erkenntnisse für die Wirkungsweise zu bekommen.

Den Stil lasse ich inzwischen auch fast komplett aus den Augen, denn erstens sind das in den meisten Fällen subjektive Einschätzungen und zweitens hapert es in der Regel weniger am Stil, als vielmehr an der grundlegender Umsetzung einer Szene. Wenn ich das Gefühl habe, der Autor überwürzt seinen Text mit einer Eigenheit, merke ich das zwei/drei mal an und ignoriere es danach.

Das vielleicht noch Wichtigere ist für mich aber, dass ich den Text nicht so verändern will, dass er mir supergut gefällt, sondern aus dem Text und den Stärken des Autors das objektiv (soweit mir Objektivität möglich ist) Beste zu holen. Daher habe ich mir inzwischen auch angewöhnt, die Stärken des Autors zu finden und ihm dies auch zu sagen. Und wenn ich zehnmal keine Vergleiche mag, werde ich den Autor bestärken, sein Talent für gute Bilder zu nutzen, wenn dort seine Stärke liegt.

Der nächste relativ wichtige Teil ist, dass ich auch gerne mal nur den Anfang kommentiere, gerade wenn sich die Schwäche im Text auf einige grundlegende Dinge beziehen und dann anbiete, den Autor erst noch einmal überarbeiten zu lassen, bevor ich den Rest lese. Bzw. ist das auch die häufigste Form von Textarbeit in meinem eigenen Forum. Klar, kompletter Plot und Spannungsbögen fallen dann erstmal raus, aber das finde ich nicht so dramatisch, denn man kann eh nicht alles in einem Aufwasch korrigieren/verbessern.
Das ist zumindest auch mein Ziel beim Kommentieren, dass der Autor den Mechanismus hinter eine problematischen Stelle erkennt und auf andere Stellen übertragen kann. Und ich lege auch viel Wert auf einen Austausch über die Kritik. Gerade, wenn man Anmerkungen mal einfach nicht nachvollziehen kann, ist das mehr als hilfreich.
Wenn man wirklich unsicher beim kritisieren ist, hilft aber nur Übung. Die Schreibwerkstatt oder der Federfeuernachfolger wären da sicher gute Adressen.

Bei erfahrenen oder befreundeten Autoren bleibt es meist bei der direkten Wiedergabe von Gedanken am Rand und einem Fazit nach jedem Kapitel.

Grundsätzlich würde ich aber sagen, Betalesen, bzw. kommentieren ist auch für Anfänger enorm hilfreich. Man lernt viel, man hat die Chance auf einen Austausch und man bekommt im Idealfall unabhängig vom eigenen Text Feedback zur Einschätzung eines Textes.

Um so Dinge zu vermeiden, dass man irgendwann abbricht, weil es nicht mehr passt, finde ich es auch hilfreich, das erste Kapitel erstmal probeweise zu verschicken oder zu betan und dann gemeinsam zu schauen, ob das funktionieren kann.
"Wenn du andere Leute ansiehst, frage dich, ob du sie wirklich siehst, oder ob du nur deine Gedanken über sie siehst."
Jon Kabat-Zinn.

Kraehe

Ich bin ziemlich bei Alana, ich finde, dass Betalesen auch und gerade für "Anfänger" wichtig ist, weil man doch einfach Übung bekommt. Im Romanbereich habe ich da noch selbst wenig Erfahrung und auch schon was verbummelt - tut mir übrigens wirklich leid! - aber mit Kurzgeschichten habe ich viel Zeit verbracht und da einerseits hart Textkritik geübt, andererseits auch bekommen.
Natürlich sagt man als Betaleser unter Umständen dem Autor Dinge, die er nicht oder zumindest so nicht hören möchte, da muss man durch. Wenn mich etwas stört, sage ich das auch sehr direkt, selbst wenn der Autor nachher trotzdem beschließt, die Stelle so zu behalten. Es ist mein Eindruck und für mich persönlich ist es auch immer sehr interessant, einfach verschiedene Meinungen zu den Dingen zu haben und damit noch einmal reflektieren zu können, wie was wirkt und ob ich das so will.

Und, wie hier schon oft geschrieben und von Nycra so schön auf den Punkt gebracht: letztendlich behält eben der Autor die Entscheidungsgewalt, damit muss man als Betaleser leben können und das muss einem von Anfang an bewusst sein. Man darf mäkelt und unbequem sein, die endgültige Entscheidung hat man damit aber nicht. Man gibt Hilfestellungen und Ratschläge, Rückmeldungen und Reflektionen. Dabei darf man nicht versuchen, das gebetate Werk zu seinem eigenen umzuarbeiten, sondern muss ein Grundmaß an Flexibilität mitbringen und als Betaleser insofern auch kritikfähig sein, dass man die Meinung des Autors - auch zu eigenen Kommentaren - aufnehmen, verarbeiten und dann objektiv bewerten kann, um auf eine gemeinsame Wellenlänge und Arbeitsebene zu kommen, die für beide Seiten funktioniert.

Du schreibst im Eingangspost, dass du das Gefühl hast, es fiele dir schwer, dich auf fremde Schreibstile einzustellen. Das zum Beispiel ist ein Punkt, an dem man flexibel sein sollte, denn natürlich hat jeder seine eigene Schreibe und nicht denselben Werdegang hinter sich, verschiedene Ansichten (ob jetzt richtig oder nicht sei mal dahingestellt) und natürlich auch die eigene Vorstellung davon, wie ein Text zu funktionieren hat. Auch am Stil darf man als Beta natürlich rumkritisieren, aber ich selbst würde mri nie die Mühe machen, das auf jeden Satz auszuweiten, sondern es stichhaltig belegt aufzeigen und dann ab und an nochmal darauf hinweisen. Als Autor, dessen Text überarbeitet wird, sollte man dann genug Verstand haben, um ein Prinzip zu begreifen, auf das man hingewiesen wird und den Text u.U. nochmal darauf abklopfen zu können.
Allein dass du das Thema hier gestartet hast, zeigt doch, dass du wirklich engagiert arbeitest und eine Hilfe sein möchtest. Die Einstellung ist gut, aber wie auch bei den Diskussionen zum Schreibstil manchmal gesagt wird: Es gibt im Endeffekt keine unumstößliche Maxime, sondern es gibt Handwerkszeug, das man beherrschen kann und sollte, aber das bedeutet nicht, dass man sich stoisch danach zu richten hat. Sowohl als Autor als auch als Betaleser. Ein Spielraum sollte da sein, um den Text in die ein oder andere Form zu bringen, Wirkungen herauszuarbeiten und nachher auch die Geschichte individuell und lebendig erzählen zu können.

Und zuletzt noch ein Punkt, der sicher auch beiden Seiten unnötigen Aufwand erspart: Als Betaleser richte ich mich danach, was der Autor sucht. Wenn Textlektorat gefragt ist, gehe ich anders an den Text heran und kritisiere natürlich mehr am Stil, bin spitzfindiger und konzentriere mich auf solche Dinge. Wenn es eher um die Handlung, den Aufbau etc. geht, dann richte ich mein Augenmerk auch auf das Gefragte. Wenn die Rahmenbedingungen geklärt sind, ist das einer guten Zusammenarbeit immer zuträglich.

Christian Svensson

Na, da habe ich ja etwas losgetreten  :hmmm:

Auch wenn sicher für alle etwas dabei war - ich sage danke für den vielen Stoff zum Nachdenken. Vielleicht noch eine Anmerkung oder besser gesagt etwas, bei dem ich Zweifel habe: Den Abstand zum Text.
Ich habe ungefähr zehn Jahre benötigt, um meine eigenen Texte mit einem gewissen Abstand betrachten zu können, sie nicht mehr zu verteidigen. Steht mir jetzt das Gleiche mit den Texten anderer auch noch bevor? Nun ja, vielleicht geht es beim zweiten Mal etwas schneller ...  ;)

Christopher

Ich denke mal, bei den Texten von anderen hat man diesen Abstand bereits. Man war ja schließlich nie nahe dran ;) Gerade deswegen sind "fremde" Leser ja so gut als Betas ;)
Be brave, dont tryhard.

Runaway

Ich habe auch schon die verschiedensten Erfahrungen gemacht - als Beta und mit Betas. Vor einer ganzen Weile habe ich darüber sogar schon mal gebloggt. Es gibt irgendwie wahnsinnig viel zu dem Thema zu sagen. Vieles wurde auch schon gesagt, und zwar sehr gut - ich kann mich als "Selbst-Beta" nur dem Konzept der positiven Kritik anschließen.

Als Beta versuche ich immer, möglichst objektiv zu sein. Klar geht das nur begrenzt, aber mir hat mal jemand etwa betagelesen, das sehr romantik-lastig war - und zwar jemand, der das nicht leiden kann.
Anstatt dann abzubrechen oder die persönliche Vorliebe zu ignorieren, habe ich dann ständig Anmerkungen am Rand gehabt, daß das alles viel zu kitschig sei etc. Wohlgemerkt: Diese Person war damit allein.
So etwas brauche ich als Autor nicht und so etwas liefere ich auch als Beta nicht ab. Ich versuche bei meinen Anmerkungen immer, mir vorzustellen, ob andere das auch so sehen könnten.

Ich finde, man muß als Beta nachvollziehbar kritisieren - und zwar konkret. Textstelle markieren, dranschreiben was doof ist - und, falls vorhanden, gleich einen Verbesserungsvorschlag einbringen. Nur das hilft dem Autor weiter, denke ich, denn hätte er es besser gewußt, hätte er es ja von vornherein besser gemacht.
Bei meinem ersten professionellen Agenturlektorat war das auch so, da wurde mit der Präzision eines Spürhunds all das markiert, von dem ich immer schon gewußt hatte, daß es noch nicht 100%ig ist. Wirklich ändern konnte ich die Stellen manchmal aber nur, wenn auch ein Vorschlag danebenstand, wie ich es denn machen soll.

Das macht richtig viel Arbeit. Aus dem Grunde lese ich nicht oft beta und wenn, dann auch nur Texte, die mir relativ nah liegen, denn sonst wird das ein Heidenaufwand. Für allgemeine Gesamteindrücke lese ich oft, das geht schnell, aber wenn es wirklich um Detailarbeit geht, mache ich das nur in wenigen Fällen.
Umgekehrt bin ich sehr scheu, wenn es darum geht, jemanden um Betakritik zu bitten. Das mache ich viel zu selten.

In den Fällen ärgert es mich dann auch, wenn ich schon eine klare Vorstellung davon habe, was ich brauche, ich aber etwas anderes bekomme. Meine Scheu sinkt, Leute zu bitten, wenn es nur um einen Gesamteindruck geht und das schnell zu bewerkstelligen ist. Ich erlebe es in diesen Fällen aber sehr oft, daß ich gar keine allgemeine Rückmeldung bekomme, sondern Detailanmerkungen am Dokument und eben keinen Gesamteindruck.
Das ist ärgerlich, denn da macht der Beta sich sehr viel Mühe, die mir nicht mal hilft. Man sollte also im Vorfeld drüber sprechen, was gebraucht wird - und sich als Beta dran halten.

Wenn ich Detailkritik mache, mache ich das gern mit einem Augenzwinkern, manchmal auch etwas frech. Ich markiere Stellen, die ich schlecht fand und sage warum.
Ich markiere aber immer auch alles, was besonders toll war. Wenn der Autor den Unterschied zwischen den guten und den schlechten Stellen aufgezeigt bekommt, kann er mehr lernen - und natürlich wird auch jeder gerne gelobt. Das ist wichtig!

Was mich jedoch auch nervt: Leute, die grundsätzlich alles toll finden (Hand aufs Herz: Die gerade frisch niedergeschriebene Version ist bestimmt nicht uneingeschränkt super!) und Leute, auf die man sich nicht verlassen kann.
Ich habe mir einen Textordner nach einem Jahr auch mal zurückgeholt, weil die Person bis dahin nicht mal mit dem Lesen angefangen hatte ... da war sie dann beleidigt und meinte, sie macht das schon noch.
Ja, 2030 bestimmt ;)
Das hilft auch niemandem. Ich habe auch hier schon mal Betaleser gesucht und es war jemand dabei, der mir nach wenigen Wochen eine kleinlaute Mail schrieb und fragte, ob er zurückziehen könne, weil ihm die Zeit fehlt.
Ja, jederzeit! Weniger schön fand ich, daß sich auch Leute gemeldet haben, die sich dann leider nie wieder gemeldet haben.
Zuverlässig sollte man also sein.

Nandriel

Zitat von: Guddy am 03. April 2014, 15:22:45
Irgendjemand hier meinte, dass man als Betaleser kein Freund des Autors ist. Das mag zwar sein, aber dadurch ist man ja noch lange kein böser Feind... und ehrlich gesagt habe ich als Autor es lieber, wenn ich nicht nur mit negativer Kritik zugekleistert werde, sondern auch mit positiver. Damit stehe ich ja zum Glück nicht allein auf weiter Flur hier :)

Also ich denke mal, dass Nycra damit schon recht hat, denn ein Freund kann einfach nicht objektiv sein. Ich weiß, da kommen jetzt sicherlich einige Kommentare zu von wegen "doch, ich kann schon" *zu Siara schiel* - daher relativiere ich gleich mal dahingehend: meiner Meinung nach.
Sofern man also mit dem Anspruch auf Veröffentlichung seinen Text überprüfen lässt, sollte man sogar darauf aus sein, dass der/die Beta möglichst objektiv und ja, schonungslos konstruktiv (!) kritisiert. Wie gehabt - ob man das dann so umsetzt, steht auf einem ganz anderen Blatt Papier! Das hat absolut nichts mit "böser Feind" zu tun - nicht jeder, der nicht mein Freund ist, ist gleich mein Feind, und wir haben ja schon festgestellt, dass das Ziel grundsätzlich sein muss, einen Text zu verbessern ;)
Für jeden, der nicht gleich veröffentlichen will, ist es vermutlich (!) aber auch völlig okay, nur sanfte, vielleicht sogar eher oberflächliche Kritik zu bekommen. Nochmal: Es muss halt vorher klar sein, was man will.

Zitat von: Guddy am 03. April 2014, 15:22:45
Naja, dass es Arbeit ist, wird ja auch im Betalesevermittlungsleitfadenthread gesagt, darauf solle man sich so oder so einstellen, finde ich. Wenn man keine Arbeit reinstecken möchte, würde ich es gleich lassen.

Da hast du mich nun aber falsch verstanden, glaube ich. Mir geht es nicht darum, keine Arbeit reinstecken zu wollen - im Gegenteil, ich mache mir grundsätzlich mehr Arbeit, als ich müsste. "Positive Korrektur" verursacht aber, wenn sie wirklich durchgezogen wird, nochmal mehr davon.

@Siara: Das hat allerdings nix damit zu tun, dass man vorgekaut bekommt, wie es richtig wäre. Evtl. gäbe es Verbesserungsvorschläge, ja, aber kein "das ist jetzt viel besser". Zumindest sollte es das nicht ;)

Zitat von: Guddy am 03. April 2014, 15:22:45
[...]
*neben der obligatorischen(!) negativen Kritik, heißt das Herauspicken von Dingen, die nicht so gelungen oder schlichtweg schlecht sind, sollte man auch die guten Punkte benennen. Nur so kann ich als Autor meine eigene Schreibe besser einschätzen. Bekäme ich nur negative Kritik,käme ich mir vermutlich etwas verloren vor. Wobei man nichts erfinden oder schönreden sollte.
[...]

Ein wie ich finde sehr wichtiger Punkt. Denn an diesem Punkt kommen (erneut meiner Meinung nach) zwei wichtige Aspekte zum Tragen:
1. Will der Autor veröffentlichen?
2. Ist eine Vertrauensbasis da?
Wenn eine Veröffentlichung gewünscht ist, dann sollte der Autor in der Lage sein, die Kritik anzunehmen. Das bedeutet nicht, dass er/sie alles umsetzen muss, aber gerade was die Grundlagen angeht wäre das unumgänglich. Dafür muss mir der Autor aber erstmal vertrauen, nämlich einerseits dass ich zum einen ausschließlich im Interesse des Textes arbeite und andererseits, dass meine Kritik nicht an den Haaren herbeigezogen ist, sondern begründet ist.
Verloren vorkommen müsste man sich hingegen nur, wenn da nur "das ist schlecht" stünde... derartige Kritik hilft natürlich nicht weiter; ein "das wirkt unlogisch auf mich, weil" (z.B.) müsste es dann schon sein. Und wieder der Hinweis: Auch die Geschmäcker sind verschieden, wie ja schon mehrfach erwähnt worden ist.

Zitat von: Guddy am 03. April 2014, 15:22:45
Wenn wirklich alles schlecht ist, sollte man es auch sagen... wobei man sich dann fragen sollte, ob die Zusammenarbeit weiterhin sinnvoll ist, schließlich scheint es in diesem besonderen Fall einfach nicht zu passen?

Das kann man so sehen. Ich persönlich (!) sehe das anders, was allerdings wiederum jobbedingt ist, das bitte  nie vergessen. Wenn ich jemandes Schreibe (nicht Schreibstil!... kann man das so differenzieren?) zerreiße, dann hat das Hand und Fuß, es gibt gewichtige Gründe dafür, die meist in massiven handwerklichen Fehlern begründet liegen. Erneut: Das bedeutet nicht, dass der- oder diejenigen nicht schreiben kann, es bedeutet zunächst einmal nur, dass er/sie noch viel Arbeit vor sich hat, um gewisse Grundlagen zu lernen. Er oder sie schafft es halt nur noch nicht, eine vielleicht sogar geniale Idee auch genial zu vermitteln (wenn's wirklich nur der Schreibstil ist, der mir nicht liegt, ist das was anderes, dann sag ich das auch, das ist dann eben nicht mein Fall --> vgl. Saschas Post).
So, die Klugscheißerin hat gesprochen ;D

Zitat von: Anjana am 03. April 2014, 20:02:01
[...] Es geht nicht um gut oder schlecht, oder richtig oder falsch, sondern darum ob ein Text funktioniert, bzw. ob eine Textstelle ihr volles Potential ausschöpft.[...]

Jap, oder so. Wobei ich denke, dass wir hier alle mehr oder minder dasselbe meinen, denn du schreibst es ja selbst... wenn eine Stelle nicht funktioniert, ist sie falsch bzw. schlecht umgesetzt und kann ihr Potential nicht entfalten. Umgekehrt wird ein stilistisch falsch oder schlecht formulierter Text vielleicht gerade noch funktionieren, aber mit Sicherheit nicht sein volles Potential entfalten.

Zitat von: Anjana am 03. April 2014, 20:02:01
[...]Ich bin aber auch jemand, der es liebt, Texte zu analysieren, um für sich selbst Erkenntnisse für die Wirkungsweise zu bekommen.[...]

Oh ja, das kenn ich...

Zitat von: Anjana am 03. April 2014, 20:02:01
[...] Den Stil lasse ich inzwischen auch fast komplett aus den Augen, denn erstens sind das in den meisten Fällen subjektive Einschätzungen und zweitens hapert es in der Regel weniger am Stil, als vielmehr an der grundlegender Umsetzung einer Szene. Wenn ich das Gefühl habe, der Autor überwürzt seinen Text mit einer Eigenheit, merke ich das zwei/drei mal an und ignoriere es danach. [...]

Ja genau, diesen Unterschied wollte ich oben gerne aufzeigen. Wobei ich gestehen muss, dass ich persönlich den Stil nicht ignorieren kann und auch nicht will, denn dann quäle ich mich durch, empfinde das als Last und helfe vermutlich dem Autor nur wenig. In dem Fall würde ich abbrechen, denke ich. Ich bewundere es aber ehrlich, wenn jemand über sowas hinweglesen kann - das wäre dann ja fast ein(e) "Universal-Beta" - cool! :)

Zitat von: Anjana am 03. April 2014, 20:02:01
Das vielleicht noch Wichtigere ist für mich aber, dass ich den Text nicht so verändern will, dass er mir supergut gefällt, sondern aus dem Text und den Stärken des Autors das objektiv (soweit mir Objektivität möglich ist) Beste zu holen. Daher habe ich mir inzwischen auch angewöhnt, die Stärken des Autors zu finden und ihm dies auch zu sagen. Und wenn ich zehnmal keine Vergleiche mag, werde ich den Autor bestärken, sein Talent für gute Bilder zu nutzen, wenn dort seine Stärke liegt.

Hm, ich merke gerade, dass ich mich oben evtl. nicht klar genug ausgedrückt habe. Ich halte also nochmals fest: Es geht grundsätzlich immer darum, dass der Text nach der Beta besser funktioniert als vorher, dass die Szenen danach mehr Potential entfalten können und dass nach Möglichkeit die Stärken eines Autors den Text dahingehend prägen, dass dieser etwas bestenfalls Unverwechselbares erhält.
Aber: Wenn ich ein Übermaß an Adjektiven z.B. nicht mag, würde es mir vermutlich schwer fallen, den Autor darin zu bestärken, diese weiterhin exzessiv zu nutzen, denn für mich wirken diese ja schlichtweg nicht, ganz im Gegenteil, mich persönlich stören sie, machen die Wirkung einer Szene ggf. sogar zunichte (natürlich nicht generell, siehe anderer Thread).
Es ist ziemlich schwer, hier zu differenzieren, und objektiv zu bleiben sowieso. Ich muss als Beta vermutlich versuchen, mich selbst möglichst weit zurückzunehmen, ohne aber zu vergessen, dass ich ja trotzdem nicht aus meiner Haut kann und daher wirkliche Objektivität nicht möglich sein dürfte. Weshalb man ja auch mehrere Betas hat ;)

Zitat von: Krähe am 03. April 2014, 20:27:04
Dabei darf man nicht versuchen, das gebetate Werk zu seinem eigenen umzuarbeiten, sondern muss ein Grundmaß an Flexibilität mitbringen und als Betaleser insofern auch kritikfähig sein, dass man die Meinung des Autors - auch zu eigenen Kommentaren - aufnehmen, verarbeiten und dann objektiv bewerten kann, um auf eine gemeinsame Wellenlänge und Arbeitsebene zu kommen, die für beide Seiten funktioniert.

Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Punkt gerade für Neulinge der eigentlich schwierige ist... kann das sein?
Bardo geht es gewissermaßen so, dass er in Teilbereichen eher unflexibel ist, und mir persönlich (fürchte ich) geht es da nicht anders. War das bei Erfahrenen zu Beginn auch so? Kann man mit der Zeit lernen, sich selbst zurückzunehmen, flexibler zu werden? Bis zu welchem grad kann das funktionieren?

@ Dani: Toller Blogartikel, danke dafür! Blöd nur, dass ja alle deine aufgezeigten Typen (zumindest in ihrer "Reinform" sicherlich keine Betas wären, die man sich für den eigenen Text wünschen würde, oder? ;)

Malachit

Ich bin ja noch relativ neu hier und hab noch nicht viel betagelesen und das noch von keinem verlangt.
Leider spüre ich, dass sich bei mir die Tendenz entwickelt, lieber anderen zu helfen, als selber etwas zu schreiben.  :wums: Klassische Verdrängungstaktik. Nun ja, das ist hier nicht das Thema.

Auf verschiedene Stile kann ich mich, glaube ich, recht gut einlassen. Manches ist ungewohnt, weil es eben nicht mein Stil wäre, aber da finde ich mich recht schnell rein.
Meine Kommentare sind nie so, dass der Autor etwas anders machen soll. Immerhin ist es nicht mein Baby, das da vor mir liegt. Ich darf es lediglich mal halten und wickeln.  ;D
Immerhin würde ich selber auch ein doofes Gefühl haben, wenn mir jemand ständig sagt, wie ich etwas zu machen habe. Befehlsform geht gar nicht - außer bei Rechtschreibfehlern.

Als Beta kann ich jedoch schreiben, wie etwas bei mir ankommt, warum es falsch oder unklar ankommt, wo eine andere oder deutlichere Wortwahl dem Leser etwas verständlicher machen würde.
So etwas finde ich wichtig. Jeder erinnert sich sicher an den Schulunterricht und die tausenden Interpretationen (Was will uns der Künstler damit sagen?) und wenn man selber schreibt, stellt man dann fest, dass man so dermaßen fehlinterpretiert werden kann... Will man sowas nicht, muss man einfach an bestimmten Stellen, an denen es einem wichtig ist, seine Meinung zu vermitteln, eineindeutig schreiben. Zumindest versuche ich das immer, wenn ich selber schreibe, denn ich will verstanden werden und ich gehe davon aus, dass andere Autoren das auch wollen.

Natürlich kann ich mich auch zurückhalten, wenn ein Autor das wünscht. Legt jemand nur Wert auf Korrektur, verkneife ich mir die Kommentare.

Wie hier schon erwähnt, ist es wichtig, dass der Autor klar sagt, was er vom Betaleser erwartet und der Beta das akzeptiert und sich daran orientiert.

Alles andere, also das Manuskript bei Zusage auch zu lesen, dem Autor Lebenszeichen zu geben usw., hat mit dem Betalesen an sich für mich nichts zu tun, sondern betrifft einfach mangelnde Umngangsformen. Aber das Thema möchte ich lieber nicht vertiefen, da reg ich mich nur auf.  ;D

Kraehe

Zitat von: Nandriel am 04. April 2014, 09:31:42
Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Punkt gerade für Neulinge der eigentlich schwierige ist... kann das sein?
Kann man mit der Zeit lernen, sich selbst zurückzunehmen, flexibler zu werden? Bis zu welchem grad kann das funktionieren?

Ich glaube, komplett geht das nie, man bringt ja immer eigene Vorstellungen mit, und das ist auch gut so! :) Aber bis zu einem gewissen Grad kann man das vielleicht lernen, vor allem durch den Umgang mit vielen verschiedenen Texten.
Beim Korrigieren den eigenen Stil  einzubringen, ist insofern konstruktiv, dass der Autor noch einmal kritisch über sein eigenes Geschriebenes nachdenkt, also per se nichts Schlechtes. Nur müssen nachher beide Seiten kompromissbereit sein. Vielleicht findet der Autor die Kritik gut, vielleicht erst nachdem sie etwas gesackt ist, vielleicht nimmt er sie dann an. Vielleicht auch nur stellenweise und an manchen Stellen nicht, weil er da aus diversen Gründen an seinem eigenen Konzept festhält. Und das versuche ich als Beta immer im Hinterkopf zu behalten, weil ich nunmal keinen Anspruch darauf habe, dass jeder meiner Vorschläge umgesetzt wird. Vielleicht ist Flexibilität an der Stelle wichtiger als bei den eigentlichen Kommentaren ;)