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Themen und Szenen, die uns Mühe bereiten

Begonnen von HauntingWitch, 11. Februar 2014, 09:42:40

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HauntingWitch

Ein Problem begegnet mir immer wieder. Es gibt Dinge, mit denen ich extrem Mühe habe, sowohl beim Lesen als auch beim Schreiben. Nun fällt es mir natürlich entsprechend schwer, solche Dinge in meine eigenen Texte einzubauen, obwohl sie notwendig sind. Selbst wenn ich eine ganze Szene im Kopf habe und für gut halte, graust es mir doch irgendwie davor.

Konkret sind es bei mir sehr körperliche Sachen, z.B., wenn irgendwelche Leichen geöffnet und Organe herausgenommen werden, aber auch ganz harmlose Kuschelszenen. Das würde ich am liebsten ganz weit von mir weg schieben, dabei sind das ja Sachen, die eine Geschichte erst richtig lebendig machen. 

Habt ihr auch solche Themen, Dinge, Szenen, die euch Mühe bereiten beim Schreiben oder Lesen? Wie geht ihr an sie heran? Habt ihr Strategien, wie ihr damit umgeht?

cryphos

Wenn ich eine Szene benötige, die ich nicht schreiben möchte dann rotze ich eine erste Version auf das digitale Blatt, speichere und schließe das Dokument.
Mit diesem ersten miserablen Entwurf bin ich dann so unzufrieden, dass es in mir gärt und arbeitet. Bald darauf, oder manchmal auch ein paar Tage später, hat mein Hirn dann was erarbeitet, was mir besser gefällt und dann schreibe ich die Szene neu.
Die Version ist dann meist so gut, dass ich daran nur noch ein wenig feilen muss.

Gerade im Beruf nutze ich diese Methode sehr häufig. Wichtige und kritische Dokumente schreibe ich schnell mit allem was rein gehört, schlafe eine Nacht drüber und schreibe es am nächsten Tag neu. Am Anfang ist das Prozedere etwas mühsam. Mit der Zeit geht es wesentlich schneller.

Klecks

Das ist ein tolles Thema!  :vibes:

Mir fallen Szenen schwer, in denen es sehr emotional wird. Ich habe immer Angst, dass ich sie nicht richtig hinbekomme - also entweder zu kitschig schreibe oder die Gefühle nicht intensiv genug rüberbringe. Dieser Balance-Akt beschäftigt mich in ausnahmslos jedem Buch.

Besonders schwierig finde ich das bei meinen eher nüchternen Figuren. Aus ihrer Sicht starke Gefühle zu beschreiben, die sie empfinden, ist auch so ein Spagat zwischen "Der Leser muss wissen, dass er gerade starke Gefühle hat" und "Die Figur muss weiterhin ihre Nüchternheit behalten, weil sie einfach ein Teil von ihr ist, Gefühlsaufwallung hin oder her."

Kampfszenen machen mir zwar Spaß, gehen mir (mit wenigen Ausnahmen) aber auch schwer von der Hand. Seit ich mir Videos von passenden Kampfsportarten anschaue, bevor ich eine solche Szene schreibe, ist es besser geworden.  :D

DEckel

Tolle Idee Cryphos, das werde ich mal ausprobieren!  :jau:

Ich tue mir am schwersten mit Streit. Den würde ich am liebsten mit einem einzelnen Satz abschließen.
"Sie stritten sich."

Ist aber nicht nur ein Schreibproblem - Ich kann es auch kaum ertragen wenn sich Leute im Fernsehen streiten, da habe ich das dringende Bedürfnis entweder umzuschalten oder mir Augen und Ohren zuzuhalten :)

Windfeuer

#4
Mir fallen Szenen schwer zu schreiben in denen meine Protagonisten sich in jemanden verlieben und sie dann auch noch zusammen zu bringen. Ich stecke grade bei einem Projekten mitten drin und irgendwie mangelt es nicht an Verzögerungstaktiken.
Bei Nebenfiguren fällt es mir dagegen recht leicht sie zusammen zu bringen. Aber wehe es geht um einen meiner Protagonisten.  :seufz:

Ortsbeschreibungen liegen mir meines Erachtens auch nicht sonderlich. Ich bin immer der Meinung, dass ich viel zu wenig beschreibe und nicht besonders gut.

Edit: Bei Ortsbeschreibungen schreibe ich einfach drauf los und denke nicht zu viel nach. Durchlesen tue ich es mir auch fürs erste nicht mehr. Erst wenn ich überarbeite. Fünfzig Prozent sind mir dann halbwegs gut gelungen. Die anderen fünfzig muss ich dafür entweder ganz neu schreiben oder nur etwas umändern. Im Endeffekt ist es meist nie so schlimm, wie ich es mir zuvor ausgemalt habe.

Polarfuchs

Was mir nicht liegt sind, so glaube ich selbst, Beschreibungen. Ich mag es zwar die Landschaft, sofern sie beschreibenswert ist, zu beschreiben, aber speziell bei Gesichtern, habe ich das Gefühl, zu wenig zu beschreiben. Einfach weil ich so eine überdeutliche Beschreibung. "Walter hatte eine breite Adlernase, 4 kleine Pickel an seinem fleischigen Kinn, welches es in doppelter Ausführung zu bestaunen galt,... Seine Augen bla bla." Das muss doch auf den Leser irgendwie ermüdend wirken, egal wie hübsch es verpackt ist...

Gerne schreibe ich zum Beispiel Kampfszenen, alles was mit Blut und Töten zu tun hat und aber auch Szenen mit unterschwelligem tiefem Gefühl.

Aber jetzt mal eine Frage in die Runde:
Beschreibt ihr eigentlich, wenn euer Charakter morgens auf Klo geht, oder wird das gekonnt umgangen?
Ich zumindest versuche das auszusparen, obwohl es dann so wirken muss als ob keiner der Charaktere jemals auf Toilette muss... Der aufmerksame Leser wird schon erkennen, dass wenn Walter zwanzig Minuten im Gebüsch ist, nicht nur mal eben die Blase entleert... hoffe ich  :versteck:

Nycra

Zitat von: Polarfuchs am 11. Februar 2014, 10:36:54Aber jetzt mal eine Frage in die Runde:
Beschreibt ihr eigentlich, wenn euer Charakter morgens auf Klo geht, oder wird das gekonnt umgangen?
Ich zumindest versuche das auszusparen, obwohl es dann so wirken muss als ob keiner der Charaktere jemals auf Toilette muss... Der aufmerksame Leser wird schon erkennen, dass wenn Walter zwanzig Minuten im Gebüsch ist, nicht nur mal eben die Blase entleert... hoffe ich  :versteck:
Ich ziehe es vor, sowas gekonnt zu umschreiben. "Er ging ins Bad, ehe er sich für die Arbeit anzog." (Okay, nicht gerade elegant formuliert, aber als Beispiel brauchbar.) Den Leser interessiert es nicht, ob das Geschäft klein oder groß war, selbst die Dauer ist eher uninteressant (es sei denn man heißt Charlotte Roche und schreibt "Feuchtgebiete"). Ich vermeide den Toilettegang ganz, weil es mich als Leser abschrecken würde weiterzulesen, wenn ich plötzlich in sämtliche Details eines Lebens eingebunden werde. Das sind Sachen, die ich selbst tagtäglich erledige/kenne, also setze ich sie bei Figuren voraus und muss nicht mit der Nase draufgestoßen werden.

Siara

@Polarfuchs: Darüber habe ich auch schon so oft nachgedacht  :rofl: Nein, ich schreibe keine morgendlichen Toilettengänge oder ähnliches. Natürlich gehört das irgendwie zum Leben dazu, aber wie sowas abläuft weiß der Leser ja  ;D Und es würde wohl in beinahe jedem Fall die Stimmung kaputt machen, und so wirklich interessant ist es auch nicht. Im Grunde zähle ich es zu den vielen alltäglichen Kleinigkeiten, die einfach nicht erwähnt werden, weil sie nicht interessant sind und zur Handlung nichts beisteuern.

Und was schwieriges Szenen angeht: Liebes- und Romantikszenen. An sich schreibe ich sie ganz gerne, wenn auch nicht zu oft. Allerdings brauche ich dafür immer ewig und überarbeite sie doppelt so oft wie jede andere Szene, aus Angst, dass es am Ende kitschig wirkt. Damit tue ich mich wirklich schwer. Und Landschaftsbeschreibungen halte ich kurz, weil ich darin nicht sonderlich gut bin. Finde ich allerdings auch nicht sonderlich interessant, auch beim Lesen nicht. An außergewöhnlichen Orten ist das etwas anderes, aber wenn meine Protas einfach nur durch einen Wald oder durch ein einfaches Dorf laufen, dann bleibe ich spartanisch mit der Umgebungsbeschreibung - weil ich einfach nicht weiß, wie man das interessant gestalten kann. 
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Sunflower

Mit romantischen Szenen habe ich auch so meine Probleme. Ich habe gerade erst ein paar wirklich kitschige Stellen hinter mir und irgendwann kam ich mir vor wie ein Spanner und wollte die beiden nur noch in ein Zimmer schieben, die Tür zumachen und sagen "Macht einfach, was ihr wollt und haltet mich da raus"  :versteck:
Aber so geht das eben nicht, wenn die Liebesgeschichte ein zentrales Element in der Geschichte ist.
Streits fallen mir nicht so schwer, aber mit Kampf- oder Kriegszenen habe ich auch Probleme. Ich weiß eben nicht, wie es sich anfühlt, ein Schwert zu schwingen oder damit jemanden zu durchbohren (nicht, dass ich es herausfinden wollte, das mit dem Durchbohren). Mir fällt es oft leichter, Sachen zu beschreiben, die ich so oder so ähnlich schon mal selbst erlebt habe. Aber eine Schlacht? Klar, kennt man aus Filmen, aber das individuelle Gefühl dabei ... Sehr schwierig. Ich glaube, sobald es bei mir zu ernsthaften Kämpfen kommt, muss ich die ganze Szene komplett durchplotten, mit jedem Schritt und alles aufzeichnen, damit ich das auf die Reihe bekomme.

Und nein, Toilettengänge finden auch eher keinen Platz in meinen Geschichten :D Wäre auch ein bisschen komisch, wenn man was a la "Sie erhob sich von ihrem Nachtlager und ging in die Büsche, während ihr Reisegefährte das Lagerfeuer löschte" schreiben würde. Ähem.
"Why make anything if you don't believe it could be great?"
- Gabrielle Zevin: Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow

HauntingWitch

So viele Antworten schon, spannend. :) Was bin ich froh, dass ich damit nicht alleine bin.

@cryphos: Hm, im Beruf mache ich das auch, nur beim Schreiben ist mir das noch nicht in den Sinn gekommen. Sollte ich vielleicht mal ausprobieren.

@Polarfuchs: Nein, solche Sachen lasse ich einfach aus. Wenn ich lese, gehe ich davon aus, dass die Figuren ab und zu ihr Geschäft verrichten, wie, wann und wo sie das tun, ist mir herzlich egal. Das möchte ich gar nicht wissen, man will ja auch nicht seine Mitmenschen dabei beobachten. Auch Dinge wie baden, duschen usw., sofern im Badezimmer keine Handlung geschieht oder es nicht gerade sonstwie Sinn macht (so etwas wie: "Endlich ein Fluss! Sie stolperten freudig darauf zu, rissen sich ihre verschwitzten Klamotten vom Leib und säuberten im Wasser die Wunden."), lasse ich es weg. Mir geht es gleich wie Nycra, mich schreckt das auch ein wenig ab. Ich will nicht wissen, wie und wann sich der Schönling die Brust rasiert, echt nicht. Man kann meinetwegen irgendwo erwähnen, dass er es tut, aber bitte nur unterschwellig.

Polarfuchs

Puh! Da bin ich ja beruhigt, dass ich nicht der einzige bin, dem es mit der Toilettensache so geht  ;D
Ich denke mir auch immer: "Mensch, der Leser wird sich das schon denken können! Da brauch ich jetzt keine Szene drüber zu schreiben"  ;)

cryphos

Zitat von: Polarfuchs am 11. Februar 2014, 10:36:54
Beschreibt ihr eigentlich, wenn euer Charakter morgens auf Klo geht, oder wird das gekonnt umgangen?

Wenn es handlungsrelevant ist oder tiefere Einblicke in den Charakter einer Person gibt  beschreibe ich alles. Auch der Klogang kann darunter fallen. Bestimmt kennt jeder von euch den Film Lethal Weapon 2. Da wurde eine Kloszene sogar verfilmt.  :rofl:

Ich hatte mal zu Schulzeiten in der Oberstufe einen Kurs in kreativen Schreiben. Dort mussten wir uns vorstellen wir wären ein Stein und 1 Seite DINA4 darüber schreiben. Danach ist ein Klogang sehr spannend.

Christian Svensson

Moin, für mich gibt es da drei Problembereiche:
1. Dinge, für die mir das handwerkliche Rüstzeug fehlt. So benötige ich im Moment eine Szene in einem Restaurant mit drei oder vier Personen, eine normale Unterhaltung, die eskaliert. Trau ich mich nicht.
2. Dinge, mit denen ich ein emotionales Problem habe (nicht alle), also Leute, die zum Beispiel ausrasten, in einer Unterhaltung beginngen zu schreien, etc. - ist sehr weit weg von meinem Charakter
3. Dinge, bei denen ich denke: "Na du hast ja eine kranke Phantasie". Mal als Beispiel: Über einen Kindesmissbrauch könnte ich nie schreiben.

Für all das muss ich mir Krücken einfallen lassen. ansonsten arbeite ich gerne wie cryphos. Erst den Rahmen für eine solche Szene schreiben, nur ein paar Sätze und dann imer wieder ergänzen.

Pandorah

@cryphos
:rofl: Das glaube ich.

Mir fallen Schlachten- und Kampfszenen unglaublich schwer. Selbst wenn ich es direkt vor mir sehe - was nicht mal immer der Fall ist - finde ich die Dynamik dermaßen schwer einzufangen, dass ich des öfteren daran verzweifle. Dabei lese ich sie total gern.

Kloszenen - kommt darauf an. Kennt ihr die Erdenkindersage um Ayla? Da wurde alles beschrieben. Aber das große Geschäft, das wurde ausgelassen und, wenn ich mich richtig erinnere, nur einmal am Rande erwähnt. Das hat dazu geführt, dass ich mir darüber mehr Gedanken gemacht habe! Der männliche Held wurde an einer Stelle sehr schwer verletzt und konnte nicht vom Lager aufstehen. Es wurde durchaus beschrieben, wie sie das Problem mit dem kleinen Geschäft lösten, und dann war Ende Gelände. Hätte die Autorin das nicht erklärt, hätte ich es wohl unter "der Mantel des Schweigens" abgehakt, aber so habe ich mir echt Gedanken darüber gemacht.

Ich lasse meine Protagonisten manchmal mit drückender Blase aufwachen und habe das durchaus schon mal benutzt, um beginnende Romantik oder Erotik zu unterbrechen.

Toni

#14
Es ist sehr Projektabhängig, welche Szenen mir schwer fallen und welche nicht.
Immer ein Problem sind allerdings:
1. Actionszenen. Ich lese sie nicht gerne, ich schreibe sie nicht gerne. Action langweilt mich einfach und dementsprechend schwer fallen sie mir dann auch.
2. Sehr romantische Szenen. Sie geraten mir immer entweder zu kitschig und metaphorisch, oder zu direkt, deshalb bin ich nie zufrieden.
3. Szenen in denen komplexe Geheimnisse und Hintergründe aufgelöst werden. Zum einen weil ich all die Geheimnisse in meinen Geschichten liebe und hüte und es liebe den Leser damit zu quälen. Sie aufzulösen tut dann irgendwie weh. Davon abgesehen denke ich zu verschwurbelt. Und wenn ich dann auf Papier bannen muss was in meinem Kopf bereits so logisch und klar ist, finde ich schwer. Meistens handelt es sich ja auch um viele Szenen, die aufeinander aufbauen und dann muss ich das Chaos in meinem Schädel bändigen und genau überlegen: Wer sagt was? Wer weiß was? Wer hat was zu wem schon gesagt? Da verliere ich dann schnell den Überblick und die einzelne Szene misslingt.

Mit Problemszenen verfahre ich entweder so, dass ich sie einfach schreibe. Augen zu und durch. Und dann lasse ich sie ruhen. Meistens ist sie hinterher besser als ich dachte. Vor allem Actionszenen gefallen mir hinterher meistens besser, als während des Schreibprozesses.
Oder ich mache es ähnlich wie Bardo und höre auf chronologisch zu schreiben und reihe nicht mehr Satz an Satz, sondern schreibe eineiige völlig unabhängige Sätze auf, die ich für die Szene schon im Kopf habe und lasse diese dann quasi von innen heraus wachsen. Dann steht die wichtigste Aussage vielleicht schon da, das Ende oder einfach irgendwas aus dem Mittelteil und ich kann den Rest drumherum bauen. Das nimmt mir die Hemmungen und erleichtert mir die Szene. Ist vielleicht eine sehr seltsame Arbeitsweise, aber ich komm gut damit klar.