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Klugscheißerwörter?

Begonnen von Sascha, 06. Februar 2014, 20:40:41

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Sascha

Puh, da wird ja fleißig weiterdiskutiert.

Also, Dahlia, der Duden ist natürlich die Referenz, aber mein Sprachgefühl weicht da ab. Ich kenne dieses "hub an" eben speziell, wenn jemand zum Reden ansetzt. Und gefühlsmäßig ist es für mich mit so einem tiefen Durchatmen/Luftholen verbunden. Vllt. bringe ich das auch noch in den Text.

traumfängerin, das "inszenieren" war mir auch noch eingefallen. Oder in dem Fall sogar eher "in Szene setzen". Ich glaub, das paßt tatsächlich am besten, eben, weil's nicht so prollig ist.

Thaliope, die Dame, die da spricht, ist vom horizontalen Gewerbe. Da gibt's zwar sicher auch sehr gebildete, die Jackie ist aber eher ein einfaches Mädchen. Und der Kontrast war durchaus gewollt.

Lothen, wenn jemand "Usurpator" oder "Mär" nicht kennt, da hätte ich auch kein Erbarmen. Der soll sich ruhig erst mal etwas bilden.  ;)

Churke, Du bist sicher ein Fan vom Leben des Brian, oder? :D Aber Du hast völlig recht. Wenn wir Schreiberlinge uns immer auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einschießen, verbrechen wir bald nur noch Texte auf BLÖD-Zeitungs-Niveau.

Und absinthefreund, na ja, er hat öfters mal Probleme mit meinen Ausdrücken. Hab mal irgendwann in einer Mail über einen Kunden geschrieben "cave canem", da hat er überlegt, von was für einer Höhle (englisch cave) ich fasele. :rofl:
(Als ich dann später mal "cave serpentem" geschrieben hab, hat er schon gar nimmer nachgefragt. ;D )
Aber immerhin, andere haben einfach drüber weggelesen, und ich habe ja hier gesehen, daß er schon irgendwie recht hatte. Und da wir uns seit gut 15 Jahren kennen, darf er das schon mal etwas direkt sagen.

Coppelia

Ich kenne beide. "sich gerieren" würde ich als gehobene Sprachebene betrachten, und "hub an" (laut meinem Gefühl und Online-Duden ;D gibt es die Form ebenso wie "hob an", vermutlich ist sie veraltet) würde ich als dichterisch-episch betrachten. Ich würde sie in meinem Text vermutlich nur als "Figurentext" verwenden, also in direkter Rede oder wenn sich Vokabular, das der Perspektiventräger verwendet, im Text niederschlägt.

Lothen

@ Churke: Ich denke, es gibt einen Unterschied zwischen Fach-Chinesisch (wie in deinem Fall) und Begriffen, die in die Sätze eingewoben werden und über die man beim Lesen unbeabsichtigterweise stolpert, weil sie es einem erschweren, den Satz an sich zu verstehen (s. "gerieren"). Wenn ich "Dr. House" sehe verstehe ich auch 80 % der medizinischen Fachbegriffe nicht ;) Ich denke, das ist dann schon okay - und ja auch durchaus beabsichtigt.

Fianna

Ich würde unterscheiden, wie wichtig die Wörter sind. "Usurpator" und "Mär" sind für das Buch/Genre einfach zu wichtig, die muss man kennen oder sich eben nachschlagen.

Verben, die ungeläufig sind, würde ich gerade im Krimi (?) eher nicht verwenden. Je nachdem, was Deine Zielgruppe genau ist.

Ich denke auch, dass das ein ganz starkes Altersproblem ist: Thea hat Abitur und studiert (einige andere auch! so war das nicht gemeint), und da ist sie vermutlich mit Leuten in Berührung gekommen, die das ganz selbstverständlich benutzen und hat sich diese Wörter ganz natürlich angeeignet.

Wer dagegen andere Fächer studiert hat, bei Leuten mit anderer Mentalität Vorlesungen hatte oder nicht studiert hat und keinen Lateinunterricht gehabt hat, wird sich mit solchen Wörtern schwerer tun.



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Wenn es nicht zu oft vorkommt, kannst Du solche Wörter aber auch im Text erläutern lassen. Beispielsweise hat der Kommissar vielleicht in mehreren Situationen jemanden dabei (Kollegen, Praktikanten, aufdringlichen Journalisten, trauernden Hinterbleibenen), der das Wort nicht kennt.
Daraus kann man einen Running Gag machen oder aber Konfliktpotential schöpfen (beispielsweise, wenn der Kollege des Kommissars oder der Hinterbliebene häufig ein Problem haben, den K zu verstehen und Spannungen aufgrund eines unterschiedlichen gesellschaftlichen Hintergrunds u.a. in solchen sprachlichen Dingen transportiert werden).

Falls jedoch beides nicht passt, musst Du Dich sprachlich etwas zurücknehmen falls Du ein breites Publikum ansprechen willst.
Ich finde es für Krimis ungewöhnlich, mit potentiell eher nachzuschlagenden Wörtern zu arbeiten, aber ob das ein Hindernis oder ein Alleinstellungsmerkmal ist, weiß man vorher nie.

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Außerdem finde ich es schwer, bei Deinem Projekt die Thematik einzuschätzen. Das erste Wort fällt für mich eher unter "Spezialvokabular", das zweite dagegen kann man in meinen Augen durchaus verwenden (den Hinweis mit "hob an" statt "hub an" finde ich sehr gut).
So kann ich natürlich nur schwer wissen, ob sich Dein Testleser eher an Wörtern der zweiten Kategorie stößt oder der ersten.

Sascha

Hi Fianna!

Sicher, ist immer zielgruppenabhängig. Und eigentlich möchte ich grad auch jüngere Leute mit dem Buch erreichen. Deshalb habe ich diese Worte ja auch nun ersetzt.
Ist manchmal echt nicht ganz einfach einzusehen, daß Worte, die einem selbst ganz normal vorkommen (und eben eine ganz spezielle Bedeutung haben, die gerade an dieser Stelle exakt paßt), für andere völlig unbekannt sind und den Leser aus dem Tritt bringen.
Hier war es der Erzähler, der ja keine bestimmte sprachliche Charakterisierung hat. Da konnte ich es also leicht ändern.

Wo anders ist es aber eine Person, die eben "ihre" Sprache hat. Und ein Professor, der sich gegen die Kirchen engagiert, benutzt z.B. ganz selbstverständlich das Wort "säkular". Auch darüber ist mein Testleser gestolpert, obwohl ich es gleich im selben Satz halbwegs erkläre:
"Unser angeblich so säkularer Staat, in dessen Grundgesetz die Trennung zwischen Staat und Kirche schon ausgesprochen halbherzig festgeschrieben ist, ..."
Und ja, der soll so geschraubt/verschachtelt reden.  ;)

Die Thematik in meinem Projekt ist auch nicht ganz einfach. Es ist an sich ein Krimi mit Fantasy-Elementen, da ist aber auch einiges an Gesellschaftskritik mit drin (Herrje, klingt das jetzt hochtrabend.). Das Thema Religion und Aberglaube wird auch durchaus ernsthaft behandelt.
Ich hab inzwischen sogar schon Fußnoten mit eingebaut, die Erläuterungen zu einigen Punkten bringen. Klingt erst mal nach NoGo in einem Unterhaltungsroman, oder? Aber ich habe das schon in Büchern der richtig Großen gesehen (ich glaube u.a. auch von Terry Pratchett), also kann es nicht grundsätzlich ganz böse sein.
Und es geht fast nicht ohne. Sonst denkt der Leser an einigen Stellen, ich hätte mir was aus den Fingern gesaugt, was (leider) vollkommen real ist.

Ich sehe da jetzt richtig vor mir, wie einigen die Haare zu Berge stehen. ;D

Nun ja, das Gesamtecho war bis jetzt aber (auch bei meinem nicht so Fremdwort-affinen Kollegen) recht positiv; also mal sehen, was noch ein paar andere Testleser sagen.

Ach so, @Lothen: Stimmt schon, das ist im Prinzip ja auch der Unterschied zwischen "säkular", einem dort einfach nötigen Fremdwort, und "gerieren", über das der Leser ohne Not stolpert.

Churke

Zitat von: Sascha am 09. Februar 2014, 21:37:04
Ach so, @Lothen: Stimmt schon, das ist im Prinzip ja auch der Unterschied zwischen "säkular", einem dort einfach nötigen Fremdwort, und "gerieren", über das der Leser ohne Not stolpert.

Ich sehe das anders. Diese "Klugscheißerwörter" sind meist keine simplen Synonyme, sondern haben Konnotationen und Bedeutungen, die etwas im Text transportieren. "Gerieren" heißt nicht "sich aufspielen"sondern "auftreten, sich als jmd., als etw. zeigen", es ist also schwächer und feinsinniger, geht mehr in Richtung Hochstapelei.
Wenn man solche Worte meidet, verliert die Sprache an Ausdrucksstärke.

Zitat von: Sascha am 09. Februar 2014, 21:37:04
Auch darüber ist mein Testleser gestolpert, obwohl ich es gleich im selben Satz halbwegs erkläre

Das ist doch wieder mal typisch. Alle meckern an den Kirchen herum, besonders an der katholischen, aber das Wort "säkular" kennt man nicht. Übrigens bedeutet "säkular" nur "weltlich". Die Trennung von Staat und Kirche ist "laizistisch". :versteck:

Fianna

Zitat von: Sascha am 09. Februar 2014, 21:37:04
Ich hab inzwischen sogar schon Fußnoten mit eingebaut, die Erläuterungen zu einigen Punkten bringen. Klingt erst mal nach NoGo in einem Unterhaltungsroman, oder? Aber ich habe das schon in Büchern der richtig Großen gesehen (ich glaube u.a. auch von Terry Pratchett), also kann es nicht grundsätzlich ganz böse sein.
Doch.
Pratchett nutzt es nicht zu Informationszwecken, die meisten Fußnoten haben rein humoristosche Zwecke und sind vom informationsgehalt relativ überflüssig.
Stroud (Bartimäus-Reihe) nutzt es als Anmerkungen des Dämons zu der alternativen Realität, die er geschaffen hat.

Bei dem was Du erzählst, klingt es aber so, als sollten die Fußnoten Fremdworte erklären oder Wissensdefizite füllen - also zu unserer normalen Welt, nicht zu der alternativen Variante von Dir.
In so einem Fall sind Fußnoten für mich nicht vertretbar.

Es fällt Leuten immer schwer, zu akzeptieren, dass nicht alle Leser alle Anspielungen oder auch nur Facetten erfassen, aber das ist nur normal, weil jeder Mensch andere Interessen und damit einen anderen Wissenshintergrund hat. Jemand, der meine historischen Anspielungen nicht begreift, versteht vielleicht vollkommen eine technische/physikalische/naturwissenschaftliche Stelle, die ich als Autor selbst mit Berater immer noch nicht ganz durchschaue.

Das ist eben so, auch bei Sprache.
Und wenn es wirklich rein um Fremdworte geht (so wirkt das gerade zumindest) würde ich von Fussnoten in jedem Falle absehen. Da muss der Autor den Spagat zwischen dem Ideal, wie er sich den Text vorstellt, und dem, was die größte Menge an Menschen versteht, finden.


Zitat von: Sascha am 09. Februar 2014, 21:37:04
Und es geht fast nicht ohne. Sonst denkt der Leser an einigen Stellen, ich hätte mir was aus den Fingern gesaugt, was (leider) vollkommen real ist.
Dafür ist das Nachwort da.

Falls Du außer solchen Dingen (=Nachwort) und Fremdwörtern also nichts für Fussnoten hast, würde ich davon absehen.

Zitat von: Sascha am 09. Februar 2014, 21:37:04
Nun ja, das Gesamtecho war bis jetzt aber (auch bei meinem nicht so Fremdwort-affinen Kollegen) recht positiv; also mal sehen, was noch ein paar andere Testleser sagen.
Nunja, sie lesen etwas und sollen ein Feedback geben, natürlich finden sie Fussnoten da super. So wissen sie, worum es geht und können Deinen Wunsch nach einer Rückmeldung erfüllen.
Aber hätten sie auch ein Buch gekauft, wenn sie den Autor nicht kennen, das sich in dieser Form präsentiert? Ein Buch, dass sie nicht lesen "müssen" weil es einer ihrer Freunde geschrieben hat?

Das steht auf einem anderen Blatt.

~~~~~~~~~~

Ich finde, man kann "gerieren" auch anders übertragen, "sich als etwas darstellen" oder "sich inszenieren" - letzteres wäre mein erster Vorschlag gewesen, als ich den Thread zu lesen begann, aber dann ging die Diskussion ja doch etwas vom Wort-Ersatz weg.

chaosqueen


Zitat
"Also" hub Jackie an. "Ich werdet es mir nicht glauben, weil, ich glaub es ja selbst nicht. ..."

Bin ich eigentlich die einzige, bei der sich die Zehennägel bei dieser Formulierung aufrollen?! :o Wenn Du schon eine recht gehobene Sprache nimmst, dann bitte auch hier. Andernfalls würde Jackie nämlich auch nicht anheben, sondern sagen. ;)

Zumal es hoffentlich laut Duden nach wie vor falsch ist - sonst suche ich mir umgehend eine neue Muttersprache!

Nur zum Verständnis: "Weil etwas so ist", aber "denn es ist so".

Altertümliche Wörter? Immer gerne, wenn sie in den Kontext passen. Falsche Grammatik? Bitte nicht! :bittebittebitte:

Zit

chaosqueen, ich steh auf dem Schlauch. Was ist daran falsch? "ich glaub es ja selbst nicht" ist doch ein Einschub, der nach dem Weil korrekt abgetrennt ist, und nach dem es dann normal mit dem Satz weiter geht.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

TheaEvanda

Das "weil" ist der Fehler. Ganz abgesehen vom Stilbruch, der mit "hub an" (Hochsprache) beginnt und mit "weil, ich glaub" abgeschlossen wird.
Ich hatte das unter "Erzähler ist gebildet, sprechende Person nicht" abgelegt. Solche Dinge kann man eigentlich nur am vollständigen Text richtig verbessern beziehungsweise anmerken und glätten.


--Thea

Thaliope

#25
Ich zitier mal Sascha auf meine diesbezügliche Anmerkung weiter oben:

Zitat
Thaliope, die Dame, die da spricht, ist vom horizontalen Gewerbe. Da gibt's zwar sicher auch sehr gebildete, die Jackie ist aber eher ein einfaches Mädchen. Und der Kontrast war durchaus gewollt.


Der Weil-Satz mit Hauptsatzstellung ist ein umganssprachliches Phänomen, über das sich schon viele Sprachwissenschaftler graue Haare haben wachsen lassen ;)

Merwyn

#26
Zitat von: chaosqueen am 10. Februar 2014, 12:49:24
Bin ich eigentlich die einzige, bei der sich die Zehennägel bei dieser Formulierung aufrollen?! :o

Nein, bist du nicht ;)
Diesen krassen Stilbruch zwischen Text und wörtlicher Rede finde ich auch zum davonlaufen und habe es nur nicht angesprochen, weil ich nichts näheres über die Figur wusste und hier keine (Off Topic) Diskussion lostreten wollte. Immerhin hat sich dann auch herausgestellt, dass es Absicht ist.
Gefallen braucht es uns deswegen ja nicht, es wird ja keiner zum Lesen gezwungen. ;)

Sascha

#27
Wow! Da hab ich ja mal 'ne Diskussion losgetreten.
Okay, also der Reihe nach:

@ Churke: Ja, ich bin ja auch der Meinung, daß man feine Unterschiede auch ausdrücken soll, wenn es schon Worte dafür gibt. Es bringt aber andererseits auch nichts, wenn ich den Leser völlig aus dem Fluß bringe, weil er erst mal googeln rennt, was das nun bedeutet. Ich denke mit "sich in Szene setzen" hab ich einen ganz guten Ersatz gefunden.
Zu säkular vs. laizistisch: Frankreich oder die Türkei sind laizistisch (na gut, in der Türkei wird's grad wieder aufgeweicht). Deutschland ist nur halbwegs säkular. Die Kirchen haben offiziell in der Politik nichts zu sagen, pfuschen aber munter dauernd rein. Im GG ist eben recht halbherzig so was wie eine Trennung zwischen Staat und Kirche festgeschrieben, man gibt sich säkular (die meisten Staaten Europas werden so bezeichnet). Laizismus ist eher die reine Lehre, quasi das Gegenstück zum Gottesstaat am anderen Ende der Skala. Vielen ist Deutschland nicht säkular genug (mir auch), ohne daß sie es gleich übertreiben wollen (Ich als Atheist fand den berüchtigten Kruzifix-Streit bei uns in Bayern ziemlich lächerlich). Leider ist man aber ziemlich parteiisch, muslimischen Lehrerinnen will man das Kopftuch verbieten, aber christliche Lehrer dürfen ruhig das Kreuz um den Hals tragen.
Aber ich glaube, das geht jetzt zu weit weg vom Thema dieses Forums...
Wichtig ist hier: Deutschland ist nie und nimmer laizistisch, aber eben leidlich säkular.

@Fianna: Die Idee mit den Fußnoten kam auf, als ich Kommentare bekommen habe wie:
- "Ich mußte erst mal googeln, was das ist. Und ich hab X Leute gefragt, keiner kann was mit dem Begriff anfangen." Gemeint war hier der "Bible Belt".
- "Das hab ich noch nie gehört, das wird der Leser als haltlose Unterstellung abtun." Hier ging es um einen SEK-Einsatz, nur weil jemand den Aufstand kritisiert hatte, der um Ratzinger gemacht wurde. Bayrische Realsatire.
- "Was ist mit Uganda? Eat da poo poo, muß man das kennen?" Ich weiß nicht, wie viele hier gleich wissen, welchen Irrsinn ich anspreche.

Und es hieß, daß man völlig aus dem Text fliegt, wenn man nicht weiß, worum es da geht.
Nun, das will ja nun auch keiner: Den Leser aus dem Text werfen, weil der nicht weiß, wovon der Autor faselt. Zwar habe ich immer versucht so zu formulieren, daß man sich zumindest das Wichtigste aus dem Zusammenhang zusammenreimen kann. Aber bei diesem Testleser reichte das nicht.
Und mit Gewalt eine ausführliche Erklärung in den Text zu quetschen, das ist erst recht bäh.
Ich meine, wenn jetzt die nächsten Leute sagen "Was soll der Quatsch? Man merkt doch, worum's geht!", dann schiebe ich alles wieder ins Nachwort (wo es auch mal war).
Oh, ähm, ja, Pratchett nutzt es nicht erklärend, sondern humoristisch, hast ja recht.

Ich selbst gehöre ja auch zu den Lesern, die dem Autor mal ein paar Zeilen oder auch Seiten Zeit geben, sowas aufzuklären...
Na ja, es ist ein Experiment mit den Fußnoten, die können wie gesagt auch wieder ans Ende/ins Nachwort verschoben werden.
Übrigens: Das Wort "säkular" per Fußnote zu erklären, da hab ich mich denn doch geweigert. Das käme so dermaßen nach "Lieber dummer Leser, ich erklär Dir mal was!" rüber. :(

Mal sehen, ich hab schon das nächste Opfer in der Firma gefunden. Abwarten, ob die das auch ohne Fußnoten soweit schnallt.

@die anderen: Und dann noch zu meinem grammatikalischen Verstoß gegen die Genfer Konvention:
Ich hab nun mal verschiedene Typen in der Story. Da ist der Uni-Professor, der Detektiv, aber eben auch die kleine Hure spielt mit. Und jeder spricht nun mal irgendwie anders. Die Situation spielt auch eine Rolle.
Mir wurde z.B. dann vorgehalten, daß der Detektiv (ein Ex-Soldat mit Abi) so unnatürlich und gestelzt redet, wenn er was erklärt, in anderen Situationen aber ganz "normal". Aber für mich ist es normal, in einer Kneipe anders zu reden als am Flipchart, wenn man Sachzusammenhänge darstellt. Deshalb hab ich es nur da geändert, wo mir selbst aufgefallen ist, daß der Satz zu lang und verschachtelt ist. Ich erinnere an Theas schönen Ausdruck:
Zitatan die Grenze zum Verschwurbelten gehende Grammatik
Also, ja, die Kombination aus dem Weil-Satz und dem einleitenden "hub an" war schon arg krass, ich fand es zur Situation passend (die Ihr ja nicht kennt), aber nun hab ich das eh umgeschrieben.

Ich möchte auch zu bedenken geben:
1. Meine Testleser haben sich nicht wie Ihr schon lange mit der Schriftstellerei beschäftgt oder gar schon veröffentlicht.
2. Ich selbst schreibe zwar schon lange, aber das sind auch gerade die ersten ernstgemeinten, kritischen Reaktionen, die ich auf ein Buch von mir bekomme. Da wird man schon schnell noch unsicher.

Deswegen bin ich ja hier, um professionellere Kritik zu bekommen! ;)

TheaEvanda

#28
Das Problem mit den wechselnden Sprachebenen habe ich auch. Ich habe es mir sogar angetan, zwei zweisprachige Protagonisten (Deutsch und Arabisch) zu haben. Spricht der Araber deutsch, so drückt er sich gewählter aus als in seiner Muttersprache, spricht die Deutsche arabisch, tut sie das Gleiche: Umgangssprachliches Deutsch, Arabisch in Hochsprache. Meine Überlegung ging dahin, dass man abgesehen von personenbezogenen "Standardfehlern", in einer Fremdsprache immer überlegter formuliert als in der Muttersprache.

Und wisstewas? Niemandem, wirklich niemandem, außer meiner besten Freundin und der Lektorin, ist der ständige Wechsel der Bezugsebenen aufgefallen. Nur waren beide meine Charaktere sehr gebildete Menschen und deshalb den übelsten Abgründen einer Lokalgrammatik nicht zugeneigt. Die schwankende Sprachqualität war erstens allgegenwärtig und zweitens zu subtil gehandhabt.

Auf der anderen Seite kann es aber auch passieren, dass die Wechsel der Sprachebenen zu hart und wie gewollt, aber nicht gekonnt wirken. Das kann man aber wirklich nur am ganzen Text festmachen, nicht an ein paar aus dem Zusammenhang gerissenen  Sätzen.
Der Protagonist und seine Nebendarsteller müssen immer sie selbst bleiben. Ein oder zwei Zitate in Vulgärsprache, gut. Der bayrische Protagonist übt Plattdeutsch, um in Schleswig-Hollstein als Einheimischer durchzugehen und zieht das durch - perfekt.

Der Protagonist red mit seiner Omma inner Oberpfalz in Pfälzerisch, spricht mit seinem Vorgesetzten in förmlichen Tönen und hängt abends etwas entspannter in der Kneipe rum - das geht. Aber dann muss irgendwo Kontinuität sein. Die Wortwahl, die Grammatik oder einfach die dahinterliegende Gedankenebene muss dem Leser das Gefühl geben, dass es sich trotz der ständigen Sprachwechsel immer noch um die gleiche Person handelt. Die Gratwanderung ist schwierig, und ich hadere bei jedem neuen Buch mit genau diesen Problemen. Zum Glück habe ich ein paar Leute in der Hinterhand, die über sehr viel instinktives Sprachgefühl verfügen und mir tote Tauben postwendend zurückschicken. Meist mit dem Kommentar: "Mir ist klar, was du meinst, aber ich kenne dich schon 20 Jahre. Deine Leser haben diesen Vorteil nicht."

Zuletzt muss ich aber noch die Tintenzirkel-Keule schwingen: Wir sind kein Textkritikforum, sondern ein Forum übers Schreiben. Da ist ein kleiner Unterschied, wie du sicherlich aus diesem Thread herauslesen kannst.  :ätsch:

--Thea

Sascha

Hey Thea!

ZitatZuletzt muss ich aber noch die Tintenzirkel-Keule schwingen: Wir sind kein Textkritikforum, sondern ein Forum übers Schreiben. Da ist ein kleiner Unterschied, wie du sicherlich aus diesem Thread herauslesen kannst.

Der Thread hat sich auch wesentlich mehr verselbständigt, als ich das erwartet hatte. Meine Ursprungsfrage, denke ich, paßte hierher.
Und das mit der Kritik bezieht sich auf später, wenn ich mich "hochgearbeitet" habe, und auch Testleser suchen darf. Das ist ja noch lang hin, schätze ich. Vorerst bin ich jetzt mal wieder am Buch meines Kollegen, der im Vergleich zur vorigen Version einiges verbessert hat. Da hatte er die Kommas noch mit dem Salzstreuer verteilt und solche Scherze. Oh, und er hat jetzt auch Fußnoten drin! :rofl:

Wenn ich das erledigt habe, schau ich mal, ob ich mich hier schon nützlich machen kann. Irgendwann ja auch als Testleser, aber da muß ich mich dann noch belesen, wie es dabei so zugeht.