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BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten

Begonnen von TheaEvanda, 25. November 2013, 12:41:17

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Lothen

Das finde ich aber jetzt auch gewagt, den Autoren indirekt die Schuld dafür zu geben, dass sie auf ihrem Recht beharrt haben. ;)

Tatsache ist und bleibt doch: Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung haben die VG-Wort und die Verlage jahrelang Geld eingenommen, das ihnen rein rechtlich gar nicht zustand. Nicht aus Boshaftigkeit, sondern vermutlich mangels besserem Wissen und weil es eben alle so gemacht haben, aber rechtlich spielt das ja keine Rolle.

Sicherlich ist es so, dass die Verlage jetzt einen Modus finden müssen, neu zu kalkulieren, aber dann zu sagen: "Tja, ihr Autoren, ihr wolltet das so, jetzt müsst ihr mit den Konsequenzen leben" finde ich schon sehr zynisch. Der Fehler lag schließlich nicht bei den Autoren, sondern beim gesamten Verteilungssystem der VG-Wort.

Ich selber bin übrigens noch zwiegespalten, was ich von dem Urteil halten soll, die obigen Ausführungen bezogen sich nur auf die rechtliche Schiene. Gut finden muss man das ja nicht. ;) Ich denke aber, dass im Moment weder Euphorie noch Hysterie angesagt ist - inwieweit überhaupt Rückforderungen möglich sein werden und inwieweit diese Option genutzt wird, das wird sich sowieso erst zeigen müssen.

Silvia

Übrigens hatte, soweit ich gelesen habe, 1 (EIN) wissenschaftlicher Autor geklagt. Nicht die komplette Autorenschaft, die hier schon wieder "schuld" sein soll an mancher Stelle.

Grummel

Nichts desto Trotz hat treogen Recht, mit den Auswirkungen. Und um so schlimmer, da sich ein Einzelner zum Sprachrohr vieler macht, ohne die Konsequenzen bis auf das letzte zu durchdenken. Mich hat er nicht gefragt und Ichbewusstsein zufrieden so wie es ist.
"Kaffee?"
"Ja, gerne."
"Wie möchtest du ihn?"
"Schütte ihn mir einfach ins Gesicht!"

treogen

#18
Zitat von: Lothen am 21. April 2016, 20:53:26
Das finde ich aber jetzt auch gewagt, den Autoren indirekt die Schuld dafür zu geben, dass sie auf ihrem Recht beharrt haben. ;)

Ich sehe es eben nicht so, dass die Autoren auf "ihr Recht" beharrt haben. Meiner Meinung nach gibt es einen drastischen Unterschied zwischen dem Manuskript - für das es eben keine Urheberrechtsvergütung gibt - und dem fertigen Buch - an welchem die Verleger ganz entscheidend mitgearbeitet haben.
In vielen Verlagen ist es sogar so, dass die Werke Auftragsarbeiten sind. Die urheberische Leistung des Autors besteht dabei oftmals darin, dass er irgendwelchen Storylines folgt. Gerade in Reihen, bei den Akteure feststehen, Orte feststehen, und und und.
Und bei Anthologien beispielsweise werden ein Großteil der Geschichten nur deswegen geschrieben, weil ich und andere Verleger Vorgaben machen und Möglichkeiten bieten.
So zu tun, als hätte der Verlag mit diesen Büchern nichts zu tun, als wären diese Bücher auch ohne den Verlag geschrieben und veröffentlicht worden - das ist einfach eine ganz miese Lüge.

Zitat von: Lothen am 21. April 2016, 20:53:26
Nicht aus Boshaftigkeit, sondern vermutlich mangels besserem Wissen und weil es eben alle so gemacht haben

Oder aus der festen Überzeugung - die meiner Meinung nach der Realität näher ist, als die "höchstrichterlicher Rechtsprechung" - dass man tatsächlich mit einem guten Cover, Lektorat und Werbung sehr viel für das urheberische Gesamtpaket "vermarktbares Buch" getan hat, so dass für ebendieses Gesamtpaket eine Beteiligung an den Urheberrechtsvergütungen absolut angebracht ist.
Denn schließlich wird nicht der Originaltext auf einen Kopierer gelegt und durch den Drucker gejagt, sondern das lektorierte Gesamtkunstwerk. Das es eben erst durch den Verlag geworden ist.

Zitat von: Lothen am 21. April 2016, 20:53:26
inwieweit überhaupt Rückforderungen möglich sein werden und inwieweit diese Option genutzt wird, das wird sich sowieso erst zeigen müssen.

Wenn es diese Option geben wird, dann wird sie definitiv auch genutzt werden. Weil auch in dem Punkt die "zuerst ich, dann die anderen"-Mentalität vorherrschen wird.

Zynismus musst du mir nicht unterstellen. Das, was ich oben geschrieben habe, ist durchaus nicht zynisch gemeint. Es ist einfach nur ein bisschen desillusioniert und verdammt realistisch - und zwar nicht nur aus meiner Verlagssicht. In den letzten 23 Berufsjahren habe ich mehr als einmal erleben müssen, dass immer mal wieder ein Keil zwischen 2 Parteien getrieben wurde, die eigentlich halbwegs vernünftig miteinander umgehen sollten. Und IMMER hat sich einer gefunden, der dies getan hat. Und IMMER waren am Ende beide Parteien die Verlierer. Und IMMER gab es am Ende einen lachenden, händereibenden Dritten.

Zitat von: Silvia am 21. April 2016, 20:59:47
Übrigens hatte, soweit ich gelesen habe, 1 (EIN) wissenschaftlicher Autor geklagt. Nicht die komplette Autorenschaft, die hier schon wieder "schuld" sein soll an mancher Stelle.

In dem Moment, wie ein Einzelner aus der Autorenschaft sich hinstellt und eine Grundsatzklage für die gesamte Autorenschaft führt, ist es aber im Endeffekt die komplette Autorenschaft.
Die komplette Autorenschaft hätte ja Widerspruch einlegen können ;)
www.verlag-torsten-low.de

Phantastik vom Feinsten

Silvia

#19
Das Literaturcafe hat auch was dazu geschrieben - mit 3 möglichen Wegen, wie es jetzt weitergehen könnte für die Verlage:
http://www.literaturcafe.de/schock-vg-wort-beteiligung-der-verlage-ist-ungesetzlich-3-wege-aus-dem-desaster/

Interessant fand ich auch, dass dieses "Damoklesschwert", wie es hier und da heißt, schon seit ein paar Jahren über den Köpfen der Verlage "geschwebt" hätte ...("Die Ausschüttungen seit 2012 standen bereits unter Rückzahlungsvorbehalt.") in Bezug auf das Thema "Rücklagen bilden für den Fall, das Urteil kommt so, wie es heute gekommen ist" ...  Ganz so aus heiterem Himmel fällt es nun also nicht nieder.

Und hier findet sich noch einiges zu Hintergründen der ganzen Klagegeschichte: http://www.buchmarkt.de/content/65813-rainer-dresen-zum-vg-wort-urteil-der-pyrrhussieg-des-dr-vogel-gedanken-zur-vg-wort-entscheidung-des-bundesgerichtshofs.htm

Tintenteufel

#20
Ich möchte mich als unverlegter Hobbyschreiber nicht zu dem Nitty-Gritty äußern.
Allerdings habe ich noch ein paar Verständnisfragen, die mir jetzt auch Wikipedia nicht erklären konnte und auch die Artikel nicht.

Was die Rückzahlung angeht, möchte ich nur eine Sache zu bedenken geben: Ich lese auf Wikipedia gerade, dass die Einnahmen der VG Wort sich im Jahr 2009 vervierfacht (!) hätten, weil auch auf Scanner usw. Abgaben erhoben wurden. Natürlich ist das ungleich verteilt unter den Verlagen, aber ich zweifle doch dran, dass die Verluste oder Rückzahlungen jetzt die paar hundert Millionen Euro allein dieses einen Jahres übersteigen werden.
Laut Wiki - die Jungs da sind echt schnell - und Spiegel hat die VG Wort selbst auch Rücklagen für so einen Fall gebildet. :)

Edit: Da seh ich grade, dass es im Literaturcafe erklärt wird.  :versteck:

Sorry but you are not allowed to view spoiler contents.

Alia

Gestern hat der BGH ein Urteil gegen die VG Wort und die Verlage gesprochen:

Die Ausschüttung von pauschal 50% der Verwertungseinnahmen an die Verlage ist nicht rechtmäßig.

Die Ausschüttung darf von einer Verwertungsgesellschaft ausschließlich an die Inhaber der Rechte und Ansprüche erfolgen.

Hier gibt es die Presseerklärung: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=74426&linked=pm

Das Urteil ist bislang noch nicht online.


Das Urteil verdoppelt also eben mal die VG Wort Ausschüttung der Autoren. Ich schätze, dass es sich hier auch lohnen könnte, die noch nicht verjährten Ansprüche zurück liegender Ausschüttungen von der VG Wort zu verlangen.  ;D


Lothen

#23
@treogen : Ich kann deinen Frust voll und ganz verstehen und auch die Sorge, die das Urteil jetzt mit sich bringt.

Das große Problem ist, denke ich, dass dabei zwei in meinen Augen völlig unterschiedliche Dinge über einen Kamm geschoren wurden, nämlich die Tantiemen-Verwaltung in der wissenschaftlichen und die in der belletristischen Literatur.

Der Kläger war schließlich wissenschaftlicher Autor, und da liegen die Dinge meines Erachtens noch einmal ganz anders. Da haben die Verlage in der Regel kaum Einfluss auf das fertige Werk (das Lektorat machen freie Reviewer, es gibt maximal noch ein Korrektorat). Da erscheint es mir tatsächlich ungerechtfertigt, 50 % der Tantiemen einzubehalten (zumal es in der Wissenschaft ja i.d.R. gar keine festen Honorare gibt, d.h. die VG-Wort-Ausschüttungen sind alles, was man als Autor für seine Arbeit bekommt).

In der Belletristik mag das tatsächlich anders gelagert sein, wobei natürlich die Frage ist, wen die VG-Wort konkret unterstützt: den Urheber (und das ist und bleibt der Autor) oder alle, die an der Entstehung eines Werks aktiv beteiligt sind. Die Autoren verdienen sich ja auch selten eine goldene Nase an ihren Büchern, wie die meisten hier aus eigener Erfahrung berichten können ...

FeeamPC

Eine goldene Nase verdienen sich bei Kleinverlagen weder die Autoren noch die Verleger.

Was die VG Wort angeht, mit denen habe ich nie zu tun gehabt, weil mir für die wenigen Kröten, die ich zu kriegen gehabt hätte, mir der Aufwand nie lohnend erschien. Im Nachhinein gut, so kriege ich jetzt keine Rückforderungen.
Auf der anderen Seite war das damit meinen Autoren selbst überlassen, sich bei der VG Wort anzumelden oder nicht, wenn sie denn Geld sehen wollten. Bei den Verlagen die über VG Wort gemeldet waren, haben das die Verlage in nicht unerheblichem Ausmaß für ihre Autoren mit erledigt.

Aber: Wenn es prinzipiell darum geht, wem Geld für Bücher überhaupt zusteht, und ich mir ansehe, wieviel Zeit und Geld ich in jedes Buch investiere, unabhängig davon, ob ich mir überhaupt Verkäufe davon verspreche oder ob ich es einfach aus persönlicher Wertschätzung des Textes oder Themas mit durchziehe, dann denke ich, dass auch ein Verlag seinen Anteil an dieser Abgabe verdient hat. Über die Höhe dieses Anteils kann man streiten, da ist er, aus meiner Sicht (auch wenn ich ihn bislang nicht genutzt habe, aber hier geht es erst einmal ums Prinzip.)

Fianna

Zitat von: Alia am 22. April 2016, 09:50:28Das Urteil verdoppelt also eben mal die VG Wort Ausschüttung der Autoren. Ich schätze, dass es sich hier auch lohnen könnte, die noch nicht verjährten Ansprüche zurück liegender Ausschüttungen von der VG Wort zu verlangen.  ;D
Außerdem bekommt man die nicht von der VG Wort, sondern stellt die Ansprüche gegenüber seinem Verlag.
Um die entsprechenden Konsequenzen für die Kleinverlagsszene hat sich unter dem von Lothen angegebenen Link schon eine Diskussion entsponnen.

Churke

Zitat von: Silvia am 21. April 2016, 21:50:59
Und hier findet sich noch einiges zu Hintergründen der ganzen Klagegeschichte: http://www.buchmarkt.de/content/65813-rainer-dresen-zum-vg-wort-urteil-der-pyrrhussieg-des-dr-vogel-gedanken-zur-vg-wort-entscheidung-des-bundesgerichtshofs.htm

Wenn ich das richtig deute, ist der Kläger etwas querulatorisch veranlagt und ärgerte sich darüber, wie man ihn und seine begründeten rechtlichen Einwände arrogant beiseite schob.
VG Wort und Verlage saßen auf dem hohen Ross und haben die Sache verbummelt. Jetzt muss halt doch noch der Gesetzgeber ran.

Pygmalion

Also ich glaube, dass Lothens Punkt ein sehr wichtiger ist, den hier die meisten gar nicht bedenken. Klar verstehe ich die Aufregung vieler Verlage, aber gerade die Wissenschaftsverlage lassen sich horrende Summen als Druckkostenzuschüsse bezahlen. Ich rede hier im Folgenden nicht über normale Belletristische Verlage, die ja sowieso nur 30% der Einnahmen bekommen und nicht 50%.
In der Wissenschaft, jedenfalls in der Geisteswissenschaft, ist es absolut normal, dass der Autor dem Verlag Geld gibt. Und in der Regel macht er dann noch Lektorat und Satz selbst. Wenn der Verlag das macht, wird es wieder teurer. Der Verlag überimmt häufig also nur folgende Aufgaben: Drucklegung, Verteilung an andere Universitäten und Ablieferung der Pflichtexemplare, Isbn und so etwas. Mit der Entstehung des Buches selbst haben die sehr häufig gar nichts zu tun. Mit welcher Begründung sollen die pauschal die Hälfte der Ausschüttung bekommen, da ich die ja bereits für ihre Dienstleistung bezahlt habe? Ein Beispiel: Wir geben bald einen Band zu einer Tagung heraus, der etwa 300 Seiten haben wird, dazu kommen ein paar (Farb)abbildungen. Das rennomierteste Fachmagazin würde dafür so etwa 3000-5000 Euro nehmen, wir haben jetzt ein Angebot für etwas über 2000 €. Und das ist nicht unüblich. Auch für Doktorarbeiten lassen sich die Verlage Geld geben. Den Großteil davon gibt es für die Autoren zwar von der Vg-Wort zurück, aber wieso sollte der Verlag davon etwas abbekommen, er wurde bereits bezahlt. Und wenn man, wie das ja heute durchaus möglich ist, die Dissertation im Selbstverlag heraus bringt, gibt es weniger, ich hörte von der Hälfte. Obwohl man eigentlich das doppelte kriegen sollte, denn es gibt keinen Verlag, der damit etwas zu tun hat.
Ich habe auch ne Weile für eine Redaktion als HiWi gearbeitet, die eine sehr schöne Reihe herausbringt, zusammmen mit einem Verlag. Wir haben sämtliche Arbeit gemacht, der Verlag stand letztlich nur drauf. Nun weiß ich nicht, inwiefern sich da überhaupt über  VG-Wort unterhalten wurde, aber ich denke, auch hier hat der Verlag seinen Anteil bekommen und die eigentlichen "Macher", nichts.
Darüber hinaus, was ist mit den Selberverlegern? Deren Anteil darf überhaupt nicht zur Hälfte, auch nicht zu 30%, an die Verlage gehen. Gleiches gilt für Leute, die fürs Radio schreiben oder für das Fernsehen, die haben gar keine Verlage, oder Komponisten, die z.b. nur Manuskripte gemeldet haben. Trotzdem wird deren Anteil an Verlage ausgeschüttet.
Ich denke also, es bedarf einer Neuregelung, dass belletristische Verlage auch etwas von diesem Kuchen abkriegen, da sie eben auch am Gesamtwerk mitgearbeitet haben, da folge ich treogen. Das muss aber gerecht geschehen und nicht so pauschal wie heute.
Wieder mal wird der Untergang des Buches beschworen, aber das glaube ich ehrlich nicht. Jeder Verlag hatte genug Zeit, sich darauf vorzubereiten und sich schon mal Gedanken zu machen, wie es ohne diese Einnahmen weiter geht und entsprechende Rücklagen zu bilden.  Das Urteil fällt nicht aus dem Himmel, die Vg-Wort hat schon in den ersten Instanzen verloren, spätestens da hätten die Verlage reagieren können. Oder auch die Vg-Wort selbst, indem sie ihre Regelungen überdenkt und schon mal guckt, wie das gerechter zu regeln ist. Aber das hat sie eben einfach nicht getan.
Möglicherweise gehen jetzt ein paar wenige Verlage tatsächlich pleite, aber dafür werden andere an ihre Stelle rücken. Veränderungen haben schon immer dazu geführt, dass alle rumschreien, am Ende aber nicht besonders viele Dinge passieren. Ein belletristischer Verlag, dessen Überleben und Geschäftsmodel überwiegend auf den Vg-Wort Einnahmen beruhte, hat meiner Meinung nach jetzt auch in den letzten drei Jahren genug Zeit gehabt, dieses Modell zu überdenken und sich neu auszurichten.

treogen

Zitat von: Lothen am 22. April 2016, 10:23:11
Das große Problem ist, denke ich, dass dabei zwei in meinen Augen völlig unterschiedliche Dinge über einen Kamm geschoren wurden, nämlich die Tantiemen-Verwaltung in der wissenschaftlichen und die in der belletristischen Literatur.

Was übrigens in letzter Zeit recht häufig geschieht.
Auch die 5-Jahre-Urheberrechtsdiskussion, die einem belletristischen (kleinen) Verlag - wenn sie denn so durchgekommen wäre - definitiv das Genick gebrochen hätte, wurde ursprünglich aus der Journalistenecke losgetreten.
Das Problem ist, dass wir EIN UrhG haben und dies über alle drübergestülpt wird. Über wirklich alle.

Zitat von: Churke am 22. April 2016, 12:51:42VG Wort und Verlage saßen auf dem hohen Ross und haben die Sache verbummelt. Jetzt muss halt doch noch der Gesetzgeber ran.

Ganz klar - die Verlage hätten durchaus etwas bewirken können. Sich beispielsweise ans Leistungsrecht dranhängen können. Hätte zwar einen Riesenaufschrei gegeben, wäre aber wohl durchgegangen.

Zitat von: Pygmalion am 22. April 2016, 13:40:37
Ich denke also, es bedarf einer Neuregelung, dass belletristische Verlage auch etwas von diesem Kuchen abkriegen, da sie eben auch am Gesamtwerk mitgearbeitet haben, da folge ich treogen. Das muss aber gerecht geschehen und nicht so pauschal wie heute.

Da stimme ich dir absolut zu, wobei ich denke, dass 30/70 trotz alledem schon gerecht ist.

Zitat von: Pygmalion am 22. April 2016, 13:40:37Wieder mal wird der Untergang des Buches beschworen, aber das glaube ich ehrlich nicht.

Ja, das ist natürlich Quatsch. Allerdings beschwöre ich auch nicht den Untergang des Buches. Aber ich gehe davon aus, dass dieses Urteil voll und ganz auf die Autoren durchschlagen wird - und das nicht ausschließlich in positiver Weise.

Zitat von: Pygmalion am 22. April 2016, 13:40:37Jeder Verlag hatte genug Zeit, sich darauf vorzubereiten und sich schon mal Gedanken zu machen, wie es ohne diese Einnahmen weiter geht und entsprechende Rücklagen zu bilden. 

Ok, an der Stelle muss ich allerdings aufs Entschiedenste protestieren.
Ich weiß, wie es mir geht.
Ich weiß, wie es vielen Kleinverlagen geht.
Und die meisten haben eben keine großen Möglichkeiten zum Bilden von Rücklagen. Rechnungen müssen gezahlt werden - sonst gehts irgendwann mal ins Inkasso. Und den Gläubiger interessiert es nicht, ob es eine Rücklage ist, die nicht angetastet werden darf, weil sie vielleicht zurückzuzahlen ist.
Man darf nicht vergessen, dass der Verlegerteil nicht erst seit 3 Jahren gezahlt wird, sondern so lange es die VG Wort gibt. Wir reden hier von über einem halben Jahrhundert gängiger Praxis - und in jedem anderen Bereich würde es heißen: "Bestandsschutz". Die Planung vieler Verlage basiert darauf, dass sie bei der Ausschüttung bedacht sind. Denn das Verlagsgeschäft ist eines, welches auf langfristige Planung ausgelegt ist.
Ein mir befreundeter Kleinverleger meinte letztens zu mir: "Unsere Kalkulation ist darauf ausgelegt, dass wir jedes Jahr 2500 Euro Verlagsausschüttung erhalten. Seitdem wir wissen, dass wir das Geld zurückzahlen müssen, haben wir auf Experimente verzichtet."
Wenn man sich jedoch überlegt, was das wirklich heißt. Es heißt: Die letzten 3 Jahre hat dieser Verlag auf Debütautoren komplett verzichtet und nur noch auf Stammautoren gebaut. Genau dieses Konzept hat ihn das Geld reingefahren, was er braucht, um OHNE die Ausschüttung zu überlegen.
Wenn das der Preis dafür ist, dass die Autoren ihr Recht bekommen ... Nunja, das ist nicht der Untergang des Buches. Aber die Frage ist, ob das nicht zu teuer erkauft ist.

Zitat von: Pygmalion am 22. April 2016, 13:40:37spätestens da hätten die Verlage reagieren können.
Wie schon weiter oben gesagt ...
Es beißt nicht die Großen - für die ist das Peanuts.
Es beißt nicht die ganz Kleinen - die sehen eh nichts von.
Es beißt die dazwischen. Die, die bislang geradeso überlebt haben und eben nicht die (finanziellen) Möglichkeit hatten, zu reagieren.
Und oftmals auch nicht die Möglichkeit, auf rechtlicher Seite einzugreifen (dummerweise hat man Eingriffsmöglichkeiten in der Richtung nur, wenn man Mitglied des Börsenvereins ist - und wer von den Kleinen ist das schon. Kein Wunder bei den Beiträgen, da merkt man, dass dieser Verein Kleinverlage regelrecht raushaben möchte).

Zitat von: Pygmalion am 22. April 2016, 13:40:37Oder auch die Vg-Wort selbst, indem sie ihre Regelungen überdenkt und schon mal guckt, wie das gerechter zu regeln ist. Aber das hat sie eben einfach nicht getan.

Stimme ich dir absolut zu.

Im Endeffekt können wir jetzt eh nur noch abwarten, wie es weitergeht.
www.verlag-torsten-low.de

Phantastik vom Feinsten

Kerstin

#29
@treogen: Was mich an deiner Antwort etwas wundert, ist die Bedeutung, die du der VG-Wort-Ausschüttung beimisst. Bekommt ihr Verlage so viel mehr? Oder die kleineren Verlage im Verhältnis zu den Großen? (Ich habe mich mit den Ausschüttungsregeln noch nie befasst).
Ich weiß nur, dass ich bei Großverlagen bin, im fünfstelligen Bereich verkauft habe, bei der VG-Wort-Ausschüttung aber immer einen dreistelligen Betrag mit einer 1 am Anfang erhalte (und das auch erst seit kurzem), die ersten Jahre, war es zweistellig.

Ich gehe also mal davon aus, dass ihr pro Buch und Autor auch nur zweistellig erhaltet (mein restlicher Beitrag geht von dieser Annahme aus - sollte ich einfach nur besonders wenig erhalten, korrigiere mich bitte) und dieser Betrag ist dann doch nicht ganz so dramatisch?
Dass es sich summieren kann, verstehe ich. Ich verstehe auch, dass eine Rückzahlung katastrophal sein kann (und ich hoffe, dass es nicht soweit kommt), aber ansonsten empfinde ich die Kalkulation eines mittleren Verlags (wie du sagtest, die Kleinen interessiert es eh nicht), schon als sehr knapp, wenn sie keine Debüts mehr rausbringen wegen einem zweistelligen Betrag, den ihnen dann bei diesem Autor fehlen werden.

Dasselbe gilt auch für dieses, "die Autoren werden es zu spüren bekommen".
Die Summe ist so winzig, die man (meiner Erfahrung nach) als Autor erhält, dass wohl kein Autor darauf angewiesen sein dürfte (nicht, dass die Ausschüttung nicht nett wäre, ich freue mich auch immer).
Also selbst wenn die Summe runtergehen sollte, weil uns nun die Unterstützung der Verlage fehlt, sollten das nur sehr wenige Autoren nennenswert spüren. Ärgerlich wäre es trotzdem, weil es genau die behalten werden, die es am wenigsten brauchen und "verdienen".

Ebenso mit den Vertragsbedingungen. Wenn ein Großverlag sich hinstellen würde und mir (wegen einem zweistelligen Betrag pro Buch) nun ein Prozent weniger anbieten würde, würde ich ihn wirklich auslachen.
Bei den mittleren mag es ja sein, aber das kann ja auch nur so kalkuliert sein, dass es diesen zweistelligen Betrag pro Buch auffängt und das dürfte dann wohl wieder für den einzelnen Autor in den weniger relevanten Bereich fallen.

Aber wie gesagt, ich verstehe, dass sich die Ausschüttung summieren kann (gerade auch bei Autoren mit sehr vielen Büchern und eben Verlagen) und finde das Urteil durchaus auch problematisch.

Nachtrag: Mir ist bewusst, dass die Ausschüttung nicht in Zusammenhang mit den Verkaufszahlen steht. Ich gehe allerdings davon aus, dass da eine gewisse Relation bestehht.