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Des eigenen Schreibstils Form

Begonnen von RaphaelE, 22. November 2013, 23:25:09

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RaphaelE

Hallo liebe Zirkler,

Ich wollte einfach einmal wissen, ob ihr bevorzugte Formulierungen habt, welche ihr gerne einsetzt.
Bei mir sind das Titel/Überschriften im Genitiv(zum Beispiel der Titel dieses Thread) und dramatische Sätze am Ende einer Szene. Das mit dem Genitiv ist ja schnell erklärt, aber was ich mit dem Zweiten meine, möchte ich noch erläutern: Es wird beispielsweise ein Spannungsbogen über eine Szene gelegt, der seinen Zenit praktisch am Ende erreicht; Dann mag ich's, wenn noch ein/zwei kurze Sätze einem ein klares Bild von dem Darauffolgenden schafft, ohne es zu beschreiben.
Ich hoffe, es ist nicht zu unverständlich. :D Ich versuche das Ganze mal an einem Textbeispiel zu erklären: Ich habe eine Szene, in der meine Protagonistin(als Kind) am Anfang ihrer Entführung über Rillen an einem Altar sinniert. Aem Ende beschreibe ich, wie die Entführer ihr einen Dolch durch das Herz stossen wollen. Der abschliessende Satz lautet:"Und sie wusste nun um den Zweck der gemeisselten Rillen"(=Abführung des Blutes). Damit will ich genau so ein Bild zeichnen, wie ich es oben beschrieben habe.

Und jetzt frage ich mich, ob ihr auch solche stilistische Mittel gebraucht, welche euch besonders gefallen.

Grüsse

Raphael

PS: Als ich das schrieb, fiel ich aus Müdigkeit fast vom Stuhl und ich war mir nciht sicher, ob dieser Thread hier richtig ist. :gähn: :gähn: :gähn:

Leann

Das ist interessant! Deine Genitivkonstruktionen sind ja schon ein eher ein ungewöhnliches und daher für dich dann charakteristisches Stilmittel und "Markenzeichen".

Meinen eigenen Stil habe ich noch nicht wirklich gefunden, ich habe das Gefühl, dass sich da noch nichts gefestigt hat, sondern sich in steter Änderung befindet. Ist aber auch schwierig, so etwas bei sich selbst festzustellen. Als reine "Instinktschreiberin" gibt es so gut wie keine Stilmittel, die ich bewusst benutze, das ergibt sich irgendwie so, ohne dass es mir während des Schreibens auffällt. Bei der Überarbeitung dann schon eher, aber ich bin bei meinen eigenen Texten dermaßen betriebsblind, dass ich die meisten stilistischen Eigenarten vermutlich als ganz normal ansehe und sie selbst dann nicht erkennen würde, wenn sie mir eine Pfanne über den Schädel zimmern könnten. Mir fallen ab und zu Formulierungen auf, die ich inflationär benutze, die versuche ich aber eher auszumerzen als sie zu kultivieren.

Zur Zeit verwende ich allerdings auch gerne eine bestimmte Art Schlusssätze, nämlich am Ende einer Szene oder eines Kapitels noch einen trockenen bis sarkastischen Kommentar, der ruhig auch ein wenig zum Schmunzeln anregen darf. 

KaPunkt

#2
Ich denke, den eigenen Stil finden ist zwar wichtig (Ich würde es eher 'eigene Sprache' nennen, also, nicht so schreiben, wie tausend andere schreiben, sondern so schreiben, dass es bei einem selbst etwas auslöst), aber noch wichtiger finde ich, der Geschichte angemessen zu schreiben.

So Dinge wie: 'Meine Überschriften sehen so aus' oder 'Ich liebe lange Landschaftsbeschreibungen' oder 'meine Figuren sprechen niemals in direkter Rede' sind meiner Meinung nach Stil-Mittel, die man einsetzt, um die Geschichte zu unterstützen. Ihr Flair, ihre Atmosphäre.

Wenn ich eine verträumte, quasi mythische Kurzgeschichte schreibe, klinge ich anders, als wenn ich eine Beinharte, Blut-und-Fetzen Low Fantasy schreibe. Zumindest hoffe ich das.  ;)

Ich kämpfe momentan hart darum, einen Real-Welt, fröhlich-Action Stil auszubilden. Da ich bisher ausschließlich Fantasy geschrieben habe, ist das sowohl spannend, als auch anstrengend.

Oder, um es an RaphaelEs Beispiel deutlich zu machen: Ich liebe den Genitiv. Für mein 'Hymnus' würde ich ihn in Überschriften auch benutzen. (Habe ich schon? Weiß grad nicht)
Für Zauberwort, mein Real-Welt-Projekt: Nein. Passt nicht. Höchstens ironisch. Allerdings habe ich da gar keine Überschriften, also stellt sich die Frage nicht.  ;)

Davon abgesehen lässt sich meine eigene Sprache, Atmosphären übergreifend, wohl damit beschreiben (so weit das als Betriebsblinde überhaupt erkennen kann), dass ich mir viel Mühe mit meinen Metaphern und Bildern gebe, da abgedroschenes unbedingt vermeiden will, dass mir stimmige Dialoge sehr, sehr wichtig sind und es sich lohnt, auch mal zweimal über einen Satz nachzudenken.  :darth: Und dass ich immer noch zu lange Schachtel-Sätze liebe.

Ich hoffe, das war hilfreich und ich habe niemanden auf den Schlips die Tastatur getreten.

Liebe Grüße,
KaPunkt
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

Rakso

#3
Aus meiner Sicht ist es wichtig den Stil an die Geschichte anzupassen, wie KaPunkt ja bereist richtig gesagt hat. Man sollte schon an Formulierungen und der ,,Atmosphäre" einer Geschichte merken, ob es sich nun um tolkinische High Fantasy handelt oder um eine Satire die in der realen Welt spielt.

Ich würde aber noch weiter gehen. Der Stil sollte nicht nur der Geschichte angemessen sein, sondern auch der perspektivtragenden Figur gerecht werden, ihrer Persönlichkeit, ihrer kulturellen Prägung, im Geisteszustand usw. Im Idealfall unterscheidet sich also die Sprache zweier perspektivtragender Figuren/Charaktere voneinander, wenn sie im selben Projekt auftauchen.
Ich versuche das zu Staffeln. In den Dialogen und Äußerungen eine Figur fließt diese persönliche Weltsicht stärker ein, als zum Beispiel bei der Beschreibung von Personen oder Landschaften. Bei letzteren versuche ich selektiv vorzugehen. Die Person beschreibt nur das, was ihr auffällt, oder die Dinge, für die sie sich besonders interessiert.

Zum Genitiv: Ich mag ihn auch. Aber ich finde, man sollte immer bedenken, dass der Genitiv nur noch in der deutschen Schriftsprache existiert, in den Dialekten und dem gesprochenen Deutsch ist er fast ausgestorben. Daraus ziehe ich eine Konsequenz für mich. Der Genitiv taucht bei mir nur in Beschreibungen auf, selten in Dialogen. Zum Beispiel finde ich den Titel dieses Threads (übertrieben) antiquiert – das ist meine persönliche Meinung, ich hätte ihn anders formuliert. Nicht-syntaktische Kasus sind wie Gewürze, man sollte es mit ihrer Verwendung nich übertreiben.  ;)

Fianna

#4
Wenn Du schon mit Fachbegriffen um Dich wirfst: wer "Kasus" und "sind" in einem Satz verwendet, müsste doch Kasi draus machen...


Die Überschrift würde perfekt in die gothic novels und die Anfänge der Horrorliteratur passen.

Ich bin gerade fasziniert von dem Ideal, das sich im Laufe der Jahrhunderte ändert. Mein Freund liest mir meistens Jules Verne zum Einschlafen vor. Zu sagen, es sei nicht spannend oder gar langweilig, ist falsch. Aber für einen von zeitgenössischer Literatur geprägten Menschen zerredet der Autor die Spannung durch lange Sätze, wenig Dialoge, langatmige Beschreibungen, Ausbremsen von "Actionszenen" durch innere Monologe über komplett andere Dinge...
... falls das Vorlesen als Schlafmittel versagt, springen mir manchmal Sätze durch den Kopf, die das gerade Vorgelesene in eine moderne und daher für die meisten Menschen als spannender empfundene Form bringen.

Stilmittel haben ein Verfallsdatum, und der Gedanke, dass vor über 100 Jahren die Zuhörer atemlos vor Spannung auf ihrem Stuhl gesessen hätten, während ich den Anfang vom Satz suche, Kommata zähle oder mich frage, wieso man während der Handlungsbeschreibung dramatischer Szenen auf einmal ins passive, reflexive oder komplett andere Themenbeschreibungen fallen muss (und weniger analytische Leser es einfach gähnend langweilig finden würden) - der Gedanke fasziniert mich.

Thaliope

Zitat von: Fianna am 23. November 2013, 14:17:12
Wenn Du schon mit Fachbegriffen um Dich wirfst: wer "Kasus" und "sind" in einem Satz verwendet, müsste doch Kasi draus machen...


*räusper* "Kasus" wird nach der U-Deklination flektiert, der Plural heißt ebenfalls Kasus. *räsuper*


Fianna

U?
Schande auf mein Haupt   :gähn:
Verzeihung!  :bittebittebitte:  :bittebittebitte:

Da sind meine Latein-Überreste doch eingerosteter als ich dachte :o

Irgendwie weckt das jetzt meinen Ehrgeiz. Mal sehen ob ich meine alten Bücher noch finde ^^  und wieder habt ihr meinen absonderlichen Hobbies ein weitetes hinzugefügt :D

RaphaelE

Schön zu sehen, dass auch andere sich stark mit Stilmitteln auseinandersetzen. ;D

HauntingWitch

Interessante Frage. So direkt bewusst damit auseinander gesetzt habe ich mich noch nicht, denn wie bei Leann passiert mir das einfach. Ich überlege mir solche Dinge erst bei der Überarbeitung und zwar wie folgt: Passt der Sprach-Stil zu meinem aktuellen Perspektivträger? Meine 500-jährige Hexe benutzt eine andere Wortwahl als mein 30-jähriger Grossstadtmensch. Passt der Stil zum Setting? Wobei sich das meiner Meinung nach aus dem perspektivtragenden Charakter (und dessen Herkunft) ergibt. Und: Welche Stimmung will ich erzeugen, was will ich ausdrücken? Möchte ich Spannung für eine Horror-Geschichte erzeugen, muss ich da anders herangehen als wenn ich eine humoristische Actionszene in einem Urban-Fantasy Roman schreibe. Anderes Tempo, andere Satzstellungen.

Würde ich nun meine Skripte darauf absuchen, ich wette, ich habe hunderte Lieblingsformulierungen. Aber ich kann spontan kaum etwas nennen. Was ich gerade präsent habe, ist, dass ich neue Szenen gerne mit einem einfachen Satz und dem Namen des Perspektivträgers beginne. Satzfragmente mag ich zum Beispiel auch, wobei da wieder meine Regel Nr. 1 ("Bleib beim Charakter") zum Tragen kommt. Meine 500-jährige Hexe benutzt vermutlich keine.  ;)

Churke

Zitat von: Thaliope am 23. November 2013, 14:25:45
*räusper* "Kasus" wird nach der U-Deklination flektiert, der Plural heißt ebenfalls Kasus. *räsuper*

Da habe ich doch zufällig heute in der Publikation des IDS (Institut für deutsche Sprache) einen Artikel über die Pluralbildung(en) bei Fremdwörtern gelesen. Pizzas/Pizza/Pizze oder Kontos/Konten/Konti - aber eben auch die u-Deklination: Status/ Stati  ;D Die linguistische Endform, mit der die Integration ins Deutsche vollendet ist, scheint dabei die Pluralbildung auf -e oder -en zu sein. Das wäre dann also etwa der Kasus/ die Kasen.  :engel:

Warum erzähle ich das alles? Bei modernen Texten greife ich gerne auf Anglizismen oder andere Fremdwörter zurück, die ansprechend in die deutsche Literatursprache integriert werden wollen.

Cailyn

Hallo Raphael

Tolles Thema. Um dir aus meinem Nähkästchen zu plaudern, bin ich zu wenig reflektiert. Mal abgesehen, dass ich auch je nach Genre ganz anders schreibe, gibt es sicherlich innerhalb der Genres einen gewissen Stil, den ich pflege. Aber dieser ist mir nicht so bewusst.

Sicherlich kann ich sagen, dass ich dazu neige (Gruss an Christopher :ätsch:), eine Szene in medias res zu beginnen, also ohne grosse Einleitung. Manchmal finde ich diese Provokation ganz witzig, damit der Leser sich dann fragt: Was ist hier los? Was geht hier eigentlich ab?
Was ich auch ab und an mache, ist, dass ich eine Person, die überraschend auftritt, nicht gleich im ersten Satz "sichtbar" mache, sondern aus Sicht des Protagonisten erst der Schock/ das Erstaunen zeige und sich der Leser dann noch etwas länger fragen darf, wer denn da jetzt seinen Auftritt kriegt.

Des Genitivs erfreue ich mich ebenfalls oft, aber natürlich nur in meiner Mittelalter-Fantasy, weil man damit so schön nobel daherreden kann.  ;D

Etwas, was ich stilistisch überhaupt nicht drauf habe, was ich aber beim Lesen von Büchern oft bewundere: Wenn man dem Leser das Gefühl gibt, etwas herausgefunden zu haben und sich dieses "Entdecken" über mehrere Seiten erstreckt. Typischerweise natürlich in einem Krimi oder Thriller. Wenn ein Autor  / eine Autorin sowas gut hinkriegt, ist es immer sehr erheiternd zum Lesen. Selber gelingt es mir sehr schlecht, den Leser indirekt auf die richtige Fährte zu locken, so dass er dann am Ende sagen kann: "Ich hab's doch gewusst!" Daher wäre ich fürs Krimi-Schreiben gänzlich ungeeignet. Aber Hut ab für jene, die das drauf haben!  :prost: