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Wie seid ihr organisiert?

Begonnen von Cailyn, 31. Juli 2013, 09:40:48

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Cailyn

320 Seiten habe ich nun niedergeschrieben, viele Textstellen immer wieder geändert, ganze Kapitel gelöscht und neu geschrieben, und nun - durchatmen! - ist das grob Inhaltliche erledigt.

Damit fängt aber eher die mühsame Phase an: korrigieren, Details berücksichtigen, Distanzen genau ausrechnen, Zeitspannen berechnen und kontrollieren, Dialoge ausbessern und und und...

Um die erfundene Welt glaubhaft rüberzubringen, habe ich mir einen ganzen Ordner mit "Buchhilfen" zusammengestellt. Es ist sozusagen mein Hilfspaket, um nicht zu vergessen, wo was und wie gilt. Folgende Listen gibt es dazu:
Haupt- und Nebencharakteren (wo ich notiere, welche Kleider und Sachen sie wann bei sich tragen)
Excel-Liste mit einer Auflistung aller einzelnen Szenen
Pflanzennamen
Heilkräutern
Riten und Festtagen
die Herrschendenlinien der letzten Dekaden
Anredensarten der höfischen Menschen, Bezeichnungen von Gebäuden
Adelstitel
Banner
wer wen siezt oder duzt
Funktionen und Berufe
Aufbau der Armeen
Gesetzliche Regelungen
Kulinarisches, Grussformen
Sitten und Bräuche
Kleider
24-seitiges Dokument mit mittelalterlicher Terminologie etc.

Schön und gut, aber damit weiss ich ja noch immer nicht, wann ich was von diesen Listen im Buch bereits verwendet habe und wo ich es vergessen oder gar falsch reingeschrieben habe.

Darum versuche ich nun bei jedem Kapitel, das ich redigiere, unten anzufügen, welche Figuren, Tiere, Pflanzen, Ortschaften etc. vorkommen, weil ich in späteren Kapiteln sonst wieder vergessen habe, ob ich nun die Nase von Protagonist XY bereits als knollig beschrieben habe und ob das Heilkraut Sowieso bereits in jener Szene verwendet wurde. Ich habe diese Arbeit zeitmässig total unterschätzt, und ich frage mich, ob es am Ende wirklich hilfreich ist.

Wie sind da eure Erfahrungen? Wie seid ihr organisiert?

Mein Kurz- wie Langzeitgedächtnis ist einfach ein schlaffes Flusspferd: träge, schwer und ständig unter Wasser  :wums: Ich nehme keine Drogen und leide auch nicht unter stetem Schlafentzug - daran kann es also nicht liegen. Kann man das irgendwie trainieren?

Also, es wäre jetzt schön, wenn sich hier nicht einfach ein paar hochbegabte Hirnis einfinden würden, die finden, dass sie mit ihrem Chaos total gut fahren. Das freut mich sehr für euch, aber das hilft mir ja nicht weiter. Ich brauche wirklich einen guten Tipp, wie man etwas so strukturiert, dass man auch mit Gedächtnisschwäche gut damit fährt.

Nirahil

Gedächtnisschwäche!  :d'oh: Ich bin ja geradezu prädestiniert dafür.
Allerdings habe ich noch nicht so viele Seiten, das Projekt ist noch lange nicht fertig und so viel Erfahrung habe ich nun wirklich nicht, aber ... ich bin chaotisch. Sehr. Ich kann mir nichts merken, schreibe auf der einen Seite von einem König, auf der anderen von einem Imperator (ich hätte den Star Wars Film dazwischen wirklich lassen sollen) und irgendwann fällt mir wieder ein, eigentlich hieß der doch anders ... Gelöst habe ich sowas halblebig mit einer Brainstorming Notiz in OneNote. Da schreibe ich alles rein, was wichtig ist, was wieder vorkommt, was ich garantiert vergessen werde, z. B. auch essentielles wie den Namen des Gebirges, über das der Prota im Lauf der Geschichte zweimal klettern muss. Denn beim zweiten Mal weiß ich schon nicht mehr, wie das hieß und muss nachsehen.

Beim Imperator z. B. ist mir hinterher, viele viele Seiten später eingefallen, dass ich den anders benannt hatte und Imperator in einem Fantasy-Setting wirklich absolut bescheuert klingt. Also Suchen + Ersetzen in Word drüber gejagt und schon ist das Problem gelöst. Ich denke, die ganzen Zusammehänge, Überleitungen und "wann wurde dies und das erwähnt und wann war es wieder wichtig" hinterher zu überarbeiten, ist hart, weil eine Geschichte ja ständig so riesig daher kommt, dass man meist gar nicht an alles denken kann. Allerdings kann es schon helfen, Betaleser drüber schauen zu lassen, weil die unvoreingenommen sind und manche Sachen fallen einem auch auf, wenn man sich alles noch mal in Ruhe von Anfang an durchliest.

Wie das bei mir letztendlich enden wird, kann ich aber noch gar nicht sagen. Ich glaube, ich werde schreiend im Kreis rennen bei dem Berg an Kleinigkeiten, der falsch wieder aufgegriffen wurde.  :gähn:
Ich tanze wie ein Kind im Nebel,
zufrieden, weil ohne Ziel.
Callejon - Kind im Nebel

Nycra

Ein ähnliches Problem hatte ich auch, als ich meinen Vierteiler gestartet habe (damals dachte ich sogar, es könnten noch mehr Teile werden) und habe nach einer für mich idealen Lösung gesucht.

Ich bin schließlich bei Papyrus hängen geblieben, weil ich im Buch Hyperlinks in eine papyruseigene Datenbank setzen kann. Es gibt mehrere Möglichkeiten, alles in einer oder sogar in getrennte Datenbanken für Orte, Geschehenisse, Figuren etc. abzuspeichern. So habe ich a) direkten Zugriff auf alle Informationen per Mausklick und kann b) in den jeweiligen Tabellen der Datenbank entsprechende Kommentare hinterlassen. Einfacher ist es natürlich, wenn man seine wichtigsten Informationen bereits beim Schreiben einträgt, dann kommt man gar nicht erst in die Verlegenheit (so wie ich jetzt bei meinem aktuellen Projekt), aber mir hat es letztlich auch bei der Überarbeitung eines Projektes geholfen.

Weiteres Goodie ist, dass ich mir im Programm selbst an die Seiten Notizzettel legen kann. Wenn ich überarbeite, hinterlasse ich mir dort kleine Hinweise, wo ich beispielsweise suchen und ersetzen muss. Hilft mir persönlich ungemein. Außerdem kann ich Szenen rausnehmen und auf einem Notizzettel ablegen und bequem an anderer Stelle einfügen; außerdem kann ich Texte mumifizieren (wird nicht gelöscht, sondern nur am Bildschirm dargestellt, der Text wird nicht mehr gedruckt).

Allerdings ist das Programm nicht gerade billig. Ich habe vor zwei Jahren 160 EUR für die Vollversion bezahlt. Enthalten sind drei Lizenzen, so dass ich es auf meinem USB-Stick (das Programm ist trotz der Fülle an Möglichkeiten echt klein), meinem PC und meinem Laptop verwenden kann. Es gibt regelmäßige Updates, die man kaufen kann, aber nicht muss. Ach ja, der Dudenkorrektor ist ebenfalls direkt mit dabei und Normseiten gibt es schon als Vorlagen. Wir haben einen Papyrus Fred, falls es dich interessiert, da kannst du mal nachlesen.

Ich bin sicher, es gibt auch andere hilfreiche Programme, möglicherweise sogar kostenlose, aber ich will meins nicht mehr missen - gerade weil ich damit vom Stick aus überall arbeiten kann und nicht jedes Mal einen Laptop mitschleppen muss, sondern mich einfach bspw. bei meinen Eltern an den PC setzen und arbeiten kann, und weil ich meine Notizzettel im Schreibprogramm direkt habe.

Lavendel

Es ist eigentlich ganz einfach, macht die Sache für dich aber nicht besser: Vorher planen.
Es ist wirklich unglaublich mühsam, später nach vielen Details zu fahnden, und es ist ziemlich wahrscheinlich, dass man das ein oder andere übersieht. Wenn du dazu neigst ihnaltliche Dopplungen zu schreiben, dann versuch doch, dir vorher ein Kapitelexposé zu machen, in dem du jedes Kapitel auf einer viertel bis halben Seite zusammenfasst. Zur Not kannst du ja noch Stichpunkte dazufügen, wenn du mit dem Kapitel fertig bist.

Was dir jetzt vielleicht helfen könnte, ist die Suchfunktion von Word - falls du sie noch nicht benutzt. Damit kannst du ja nach den Namen von Heilkräutern, knolligen Nasen oder Ähnlichem fahnden.

Meistens hat es nichts mit den kognitiven Fähigkeiten zu tun, wenn man sich Dinge nicht merken kann, sondern mit den ineffektiven Strategien, die man verwendet. Es gibt viele Übungen, um das Gedächtnis zu schulen, bzw. zu aktivieren, und Techniken, mit denen man auch anspruchsvolle Gedächtnisleistungen einfach meistern kann (zum Beispiel merkt man sich eine Reihe von wahllosen Gegenständen ziemlich leicht, wenn man sie in eine kleine Geschichte einbindet).

Gute Textverarbeitungsprogramme helfen natürlich, aber sie ersetzen meistens nicht das eigene Gedächtnis. Versuch doch mal, deinen Text ganzheitlicher zu betrachten. Natürlich muss man auf Details achten und manches wird man sich immer irgendwo aufschreiben müssen, aber es wird dir wahrscheinlich leichter fallen, dir Dinge zu merken, wenn sie im Gesamtbild einen Sinn ergeben - wenn sie also sinnvoll in die Geschichte eingebunden sind und einen wichtigen Stellenwert sowohl für das Voranschreiten der Handlung als auf für die Psychologie deiner Figuren haben. Betrachte die Details nicht isoliert, sondern verknüpfe solche Dinge wie Kleidung, Essen, Bräuche und so weiter beim Schreiben mit Sinneseindrücken und Emotionen (durch deine Figuren), dann wirst du vermutlich feststellen, dass es dir sogar schwer fällt, sie zu vergessen.

Ach ja, und wenn dir was einfällt, was du weiter vorn im Text ändern musst, mach es immer sofort und verschieb es nicht auf die Überarbeitung. Viele Schreibratgeber raten einem da was anderes, weil man ja erst mal weiterschreiben soll, um nicht aus dem Fluss zu kommen, aber wenn man so schreibt und schreibt und alle Unstimmigkeiten, die man so produziert, bis zum Ende ignoriert, dann steht man am Schluss vor einem riesen Berg Arbeit, der eigentlich unnötig gewesen wäre, wenn man es gleich gemacht hätte. ::)

Churke

Also ich habe solche Dinge zu 90 % im Kopf.

Mir scheint auch, dass du es dir unnötig schwer machst, Cailyn. Ich baue jede meiner Szenen so auf, dass sowohl auf der Setting- als auch der Handlungsebene etwas Neues geschieht. Und dann ist das Thema abgefrühstückt und taucht nicht wieder auf. Damit erreicht man schon auf der Plotebene eine Art Vorsortierung.

Zitat
Schön und gut, aber damit weiss ich ja noch immer nicht, wann ich was von diesen Listen im Buch bereits verwendet habe und wo ich es vergessen oder gar falsch reingeschrieben habe.
Wie gesagt: Vorsortierung und thematische Gliederung. Ich weiß auch bei einem 500-Seiten-Roman immer, wo welches Details auftaucht. Und das liegt nicht daran, dass ich so gut bin.

Alana

Ich kann da auch nur ein Schreibprogramm empfehlen. Ich nutze Scrivener, wenn ich unsicher bin, nutze ich die Suchfunktion, da werden ganz übersichtlich alle Dateien angezeigt, in denen das Wort verwendet wurde, und in den Texten sind die Suchworte gelb hevorgehoben. Das hat mir schon öfter den Tag gerettet. Man kann interne und externe links setzen, Anmerkungen machen (die man als Liste angezeigt bekommt) etc. pp.

Abgesehen davon ist mein wichtigstes Mittel eine komplette Kurzüberarbeitung als Abschluss innerhalb von 2 bis 3 Tagen. Dabei fallen mir dann Sachen noch auf, die ich bei einer über Wochen vorgenommenen Überarbeitung übersehen hatte, eben weil mein Kurzzeitgedächtnis dann noch funktioniert.

Alternativ arbeiten viele Autoren mit sogenannten Spreadsheets. Da wird in eine Übersichts-Tabelle für jede Szene der Plot der verschiedenen Charas, Requisiten etc. eingetragen. Solche Spreadsheets kann man ergooglen, viele teilen ihre mit anderen.

Für deinen speziellen Fall:

Vielleicht wäre es übersichtlicher, eine einzige Tabelle zu machen (du scheinst ja eh alles aufgelistet zu haben) und dort immer einzutragen, was wo vorkommt, anstatt eine Auflistung am Ende jedes Kapitels zu machen.
Alhambrana

Leann

#6
Als erstes ist mir eingefallen: Warum machst du es nicht andersrum? Also dass du nicht unter die jeweiligen Kapitel schreibst, was darin alles vorkommt, sondern dass du in deinen Info-Ordner neben die Komponenten die Kapitel schreibst, in denen das vorkommt. Scheint mir übersichtlicher zu sein.

ZitatMein Kurz- wie Langzeitgedächtnis ist einfach ein schlaffes Flusspferd
Den Vergleich finde ich klasse! Bin ich wenigstens nicht die einzige mit erheblichem Gedächtnismanko. Bei mir ist das Flusspferd zusätzlich noch unter Valium gesetzt. Daher schreibe ich immer alles auf, so wie du es ja auch mit dem Ordner machst. Ich benutze kleine Moleskin-Notizbücher, immerhin jetzt schon mit Inhaltsverzeichnis hinten drin. Trotzdem vergesse ich oft auch, wo ich was notiert habe. Da ist so ein Ordner schon vernünftiger. Evtl. könntest du noch (egal ob im Ordner oder in einem Notizbuch) eine Liste machen, in der du direkt während des Schreibens notierst, was du wann noch einfügen oder ändern möchtest. Das kannst du dann bei der Überarbeitung abhaken.
Ansonsten versuche ich meiner Vergesslichkeit ein Schnippchen zu schlagen, indem ich meine Rohentwürfe innerhalb weniger Wochen runterschreibe und keine Pausen dazwischen mache. Dann reicht das Gedächtnis noch einigermaßen.

Als Schreibprogramm kann ich Scrivener empfehlen. Da gibt es auch eine Notizfunktion. Was ich daran auch sehr praktisch finde: Recherchesachen kann man direkt in das Scrivener-Projekt einbinden, so dass eine lange Sucherei auf dem PC entfällt. Es gibt hier im TiZi auch einen Link zu Scrivener. Das Programm ist nicht so teuer wie Papyrus und für NaNo-Gewinner gibt es noch 50 % Rabatt. Die Gutscheinnummer kann vom Gewinner auch weitergeben werden, vielleicht kennst du jemand, der noch eine hat, meine habe ich leider dieses Jahr schon abgegeben.

EDIT: Alana ist mir zuvorgekommen :-)

Rumpelstilzchen

Das Problem habe ich immer, wenn ich lange Zeit nicht an einem Projekt gearbeitet habe. Mir hilft es dann, mich ein Wochenende hinzusezten und den Text zügig durchzulesen, ab besten an einem Stück, weil mir dann am ehesten solche Wiederholungen und Unstimmigkeiten auffallen. Am Text ändere ich dann aber noch nichts, sondern setzte mir Kommentare an den Rand, die ich anschließend durchgehe.

Neben meinen Word-Dokument habe ich lediglich eine Excel-Tabelle mit verschiedenen Blätter zur den Charakteren mit Aussehen, Eigenschaften, Beziehungen zu den anderen Personen und sonstige Infos zur Person, zur Geschichte/Welt und eine schöne, bunte Szenenübersicht, dass ich auf den ersten Blick sehe, aus welcher Perspektive welche Szene ist.

Da du auch mit Exceltabellen arbeitest, könntest du beim Überarbeiten Notizen setzten, in welchem Kapitel/in welcher Szene du beispielsweise die Heilpfanze schon erklärt hast, dann bekommst du eine Übersicht, wo du Dopplungen hast und welche Info du noch nicht untergebracht hast. Das ist ein bisschen Arbeit, aber vielleicht hilft es dir, den Überblick über dein Projekt zu bekommen.

Cailyn

Wow, ich freue mich ob dieser tollen Resonanz!  :vibes:

Nirahil,
Der mit dem Imperator war gut. Aber da sieht man mal, wie sehr man sich von Geschautem oder Gelesenem beeinflussen lässt. Mir passiert das auf häufig. Die Idee mit dem Betaleser ist natürlich die allerbeste, weil enorm bequem, aber im jetzigen Zustand kann ich dieses Chaos noch niemandem aus Fleisch und Blut zumuten.  ;)

Nycra,
Das Programm Papyrus guck ich mir mal an. Klingt alles ziemlich kompliziert, aber wenn man dann mal weiss wie's geht, ist es sicher hilfreich. Ich wusst ja nicht einmal, dass es Programme dieser Art gibt! Schön, dass mir das mal jemand sagt.

Zitat von: Lavendel am 31. Juli 2013, 10:32:04
Es ist eigentlich ganz einfach, macht die Sache für dich aber nicht besser: Vorher planen.
Nichts als die Wahrheit, Lavendel! Es ist mir schon seit geraumer Zeit klar geworden, dass ich das nächste Mal alles besser planen muss. Aber wenn das Rösslein mal im schnellen Galopp davongeprescht ist, kann man es leider nicht wieder auf Anfang setzen. Aber jaja, wie wahr...

Übrigens finde ich es auch viel besser, Änderungen sofort zu machen, wenn was auffällt. Gerade wenn man vergesslich ist, wäre es zu schade, wenn man Fehler nicht gleich behebt. Die Details gleich mit den Figuren zu verbinden (auch emotional) ist eine sehr hilfreiche Idee. So habe ich das noch nie versucht. Danke.

Churke,
Also mit der Handlungsebene habe ich selten Probleme. Das ist es nicht, was mich ins Chaos stürzt. Es sind vielmehr die kulturellen Finessen, die mich schlauchen. Ich nenne die ein Beispiel. In meiner Welt gibt es fünf Länder, und jedes Land hat andere Bezeichnungen für ihre "Führer". In Land A spricht man vom "edlen König", in Land B von "Herrscherin", in Land C von "Sippenführer", in Land D von "Königin und ihrem Götterboten". Das ist ja noch einfach. Doch es gibt ja noch weitere Personen vom Hof, die immer wieder vorkommen. Ritter, Kriegsherren, Schwertführer, Berater des Königs etc.. Und um immer den gleichen Begriff zu verwenden, wenn eine Szene in Land A spielt, muss ich ja wissen, welcher Begriff in Land A verwendet wird. Das ist nicht so einfach und hat ja mit der Handlungsebene noch gar nichts zu tun. Und für mich ist es wichtig, Dinge beim Setting zu wiederholen, damit die verschiedenen Kulturen dem Leser bekannt werden. Und wenn jetzt ein Prota monatelang durch die Wildnis läuft und keine Möglichkeit hat, die Kleider zu wechseln, kann er ja nicht einmal braune und dann wieder schwarze Hosen anhaben. Er muss immer die gleichen tragen. Oder wie würdest du denn solche Details en gros im Griff behalten?

Alana,
Auch dieses Programm werde ich mal anschauen. Klingt gut!
Endlostabellen mag ich jedoch weniger. Das macht die Augen so müde und man sucht und sucht und sucht...
Aber ich guck mir Scrivener an

Leann,
Danke auch dir für den Tipp.
Moleskin hab ich auch. Das nehme ich überall hin mit und schreibe spontane Ideen rein, die ich dann später übertrage.

Nina,
Wenn ich es richtig verstanden habe, machst du es sehr ähnlich wie ich. An sich hab ich mein Material auch so zusammen. Von der Menge her wird es einfach immer mehr zum Problem. Es scheint mir, als dass man ja gar nicht so viele Details irgendwo auflisten kann, oder wenn, dann würde man am Ende immer enorm lange haben, bis man sich wieder durch die Tabelle gewurstelt hat. Aber stimmt schon, vor der Arbeit kann man sich wohl nicht drücken  ::)

Churke

Zitat von: Cailyn am 31. Juli 2013, 12:32:50
Churke,
Also mit der Handlungsebene habe ich selten Probleme. Das ist es nicht, was mich ins Chaos stürzt. Es sind vielmehr die kulturellen Finessen, die mich schlauchen.
Wenn dich die kulturellen Finessen schlauchen, warum hast du sie dann? Welches ist der dramaturgische Grund, dass du sie darstellst?

Zitat
Und für mich ist es wichtig, Dinge beim Setting zu wiederholen, damit die verschiedenen Kulturen dem Leser bekannt werden.
Aber ist das auch für den Leser wichtig? Ich versuche so etwas immer dergestalt darzustellen, dass der Perspektivträger Dinge erfährt, die er noch nicht wusste, die aber unmittelbar wichtig für ihn sind.

Zitat
Und wenn jetzt ein Prota monatelang durch die Wildnis läuft und keine Möglichkeit hat, die Kleider zu wechseln, kann er ja nicht einmal braune und dann wieder schwarze Hosen anhaben. Er muss immer die gleichen tragen. Oder wie würdest du denn solche Details en gros im Griff behalten?
Ich wüsste jetzt keinen Grund, weshalb ich die selbe Hose zwei Mal beschreiben solle.

Ich habe nicht die Absicht, dich zu kritisieren. Das sind Fragen, die du für dich stellen und für dich beantworten musst.

Cailyn

Hallo Churke!

Keine Angst, ich sehe das auch gar nicht als Kritik, sondern als gute Einwände. Manchmal hat man ja tatsächlich blinde Flecke, und da ist man froh, wenn jemand anders einem den guten Wink gibt.

Das Beispiel mit der braunen Hose: da hast du vollkommen Recht. Nur gibt es ein Problem: Ich vergesse eben, dass ich die Hose überhaupt beschrieben habe.

Und zu den kulturellen Finessen: die habe ich, weil es mir wichtig ist, weil es eine Story authentisch macht (in meinen Augen). Es haben ja nicht nur die Figuren in meiner Story einen Charakter, sondern auch die Länder und Völker. Und der Charakter eines Landes zeichnet sich doch dadurch aus, dass es sich von den anderen in gewissen Dingen unterscheidet.

Unter dem Gesichtspunkt, dass etwas nur relevant ist, wenn es dramaturgisch wichtig ist, kann ich schon sagen, dass solche Details demzufolge unnötig sind. Aber ich denke, wenn man Fantasy schreibt, dann muss man der Leserschaft viel mehr Bilder servieren als wenn ich ein Buch schreibe, das in Frankreich spielt. Spiel ein Buch in Frankreich und ich sage in einem Satz: "François ging übers Wochenende zu seinem Eltern auf das Weingut." dann habe ich als Leser ja schon sehr viele Assoziationen zum Wort Weingut und kann mir sofort ein Bild davon machen. Wenn ich aber in meiner Story schreibe "Am späten Nachmittag traf sie in Mittenstadt ein und durchschritt die Tore.", dann weiss doch kein Mensch, wie es nach diesen Toren ausschaut, weil der Leser die Fantasywelt ja gar nicht kennt. Da spielt es ja gar keine Rolle, ob ein Beschrieb von Mittenstadt effektiv etwas mit der Handlung an sich zu tun hat oder nicht. Es geht dann darum, ein Bild entstehen zu lassen, damit der Leser sich mit der Szene identifizieren kann. Oder wie siehst du das?

Arcor

Also prinzipiell finde ich, machst du das doch schon sehr vernünftig, Cailyn.  :) Jeder muss ja für sich selber entscheiden oder herausfinden, wie viel man notiert und recherchiert und wie man da am besten drauf zugreift. Dass du das halt jetzt erst im Nachhinein machst, ist natürlich nicht optimal, aber besser du machst es, als dass du es lässt. Ich bewundere z.B. deine Organisation. Wenn mir etwas einfällt oder ich etwas recherchiere, notiere ich mir das auf irgendeinen Zettel, der gerade herumliegt - das führt dazu, dass ich eine irre Zettelsammlung habe, die sich über tausende kleine Papierstückchen und mehrere Blöcke erstreckt.

Ansonsten geht es mir da ähnlich wie Churke, ich habe einfach eine irrwitzige Anzahl an Details im Kopf - zumindest das, was wirklich storyrelevant wichtig ist. Der Rest fällt mir in der Szene ein und wird dazu geschrieben. Kleine Fehler passieren dabei schon einmal, aber das finde ich nicht weiter tragisch. Irgendwann fällt es schon jemandem (mir oder einem Beta) auf und dann wird es ausgemerzt. Und tendenziell ist es natürlich so, dass man anfälliger für solche Fehler wird, je detailreicher man beschreibt.

Zitat von: Cailyn am 31. Juli 2013, 14:35:43
Wenn ich aber in meiner Story schreibe "Am späten Nachmittag traf sie in Mittenstadt ein und durchschritt die Tore.", dann weiss doch kein Mensch, wie es nach diesen Toren ausschaut, weil der Leser die Fantasywelt ja gar nicht kennt. Da spielt es ja gar keine Rolle, ob ein Beschrieb von Mittenstadt effektiv etwas mit der Handlung an sich zu tun hat oder nicht. Es geht dann darum, ein Bild entstehen zu lassen, damit der Leser sich mit der Szene identifizieren kann. Oder wie siehst du das?
Ich glaube, die Frage, die dahinter steht, ist, wie sehr du dem Leser dein Bild von Mittenstadt vermitteln willst, um bei dem Beispiel zu bleiben. Wenn du möchtest, dass er die Stadt genauso sieht, wie du sie dir vorstellst, wirst du um eine detailreiche Beschreibung nicht drumherum kommen, selbst wenn sie per se keine Handlungsrelevanz hat. Es kann natürlich passieren, dass dies einige Leser langweilen wird, was wiederum davon abhängt, wie lang die Beschreibung ist und wie spannend du sie zu schreiben vermagst.
Du kannst dem Leser aber auch genauso gut Freiraum lassen, sich die Stadt so vorzustellen, wie er das mag. Sapkowski ist ein gutes Beispiel für sehr detailarme Beschreibungen, bzw. das Fehlen von detaillierten Schilderungen, und die Geschichten funktionieren trotzdem prima.
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Sanjani

Hallo Cailyn,

ich habe meinen Vorrednern eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Ich selber habe seit einigen Monaten Scrivener für mich entdeckt und bin damit sehr glücklich. Bei Charakteren habe ich das von dir beschriebene Problem selten, eher dann bei Orten und das v. a. dann, wenn ich länger nicht mehr an einem Projekt gearbeitet habe. Letztens kam ich darauf, dass es sinnvoll wäre beim Schreiben gleich solche Sachen mit einzuplanen. Ich schreibe gerade den 4. Band eines Projektes, 1000 Normseiten existieren bereits, und ich musste einen Raum noch mal beschreiben, weil eine Chara sich ihn durch die Beschreibung vorstellen sollte. Ich hatte jedenfalls alle nötigen Details parat bis auf die Größenverhältnisse. Glücklicherweise wusste ich noch recht genau, wo in den 1000 Normseiten ich den Raum zuerst beschrieben hatte. Danach habe ich mir dann für jede Szene in Scrivener Schlüsselwörter angelegt, dort notiere ich, welche Charaktere gerade agieren, welcher Handlungsstrang es ist, welche Orte vorkommen und ggf. noch andere wichtige Details, aber meist belasse ich es bei diesen groben Angaben. Im Zweifelsfall weiß ich dann durch die Suchfunktion, in welchen Szenen ich nachlesen muss um herauszufinden, ob ich Detail XYZ schon mal erwähnt hatte und mache das dann auch. Mir jedes Detail aufzuschreiben halte ich für unnötig großen Aufwand und versuche lieber die Dinge miteinander zu verknüpfen. Außerdem bin ich kein besonders detailreicher Beschreiber. Ein paar Happen müssen reichen. :) Gerade bei Kleidung halte ich mich nur dann auf, wenn es für mich wichtig ist. Auf einer Reise erwähne ich z. B., dass sie Leinenkleidung anhaben und Lederrüstungen und einen Fellumhang dabei und das war's. Die Farbe erwähne ich äußerst selten, vielleicht ist mir das als Blinde einfach zu unwichtig, aber ich glaube, meine Geschichten kommen auch gut ohne aus. Bei mir ist es also eine Mischung aus Aufschreiben von Ankerpunkten und abwägen, welches Detail ich nun wirklich brauche um eine plastische Welt entstehen zu lassen. Wenn ich viel über Politische Dinge schreibe, werde ich natürlich dringender die verschiedenen Titel in verschiedenen Ländern brauchen als wenn ich über Einzelschicksale schreibe, die mit der Führungsebene der Länder nur am Rande zu tun haben.

Ich denke, nachträglich ausführliche Listen zu machen, ist nur dann sinnvoll, wenn es z. B. eine Fortsetzung oder eine andere Geschichte in derselben Welt geben soll. Ansonsten würde ich das über die von jemandem (weiß gerade leider nicht mehr, wer es war) vorgeschlagene Lösung mit den Kommentaren machen.

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Fianna

Ich komme mit Schreibprogrammen nicht gut klar. Ich habe Extraordner zum Land und zum Projekt, wo ich in einzelnen Dateien alles speichere.
Für mich ist das am übersichtlichsten, ausserdem fängt Software in meiner Gegenwart immer an zuspinnen (Feldversuche bei meiner früheren Arbeit ergaben, dass ein Abstand von 0,5-4 m zum Gerät ausreichen, um es zu sabotieren).

Cailyn

Arcor,
Das mit den Zetteln kenne ich aus meiner Vergangenheit. Ich war mal früher in der Situation, in der ich gleichzeitig für Prüfungen gelernt, mich auf eine Weltreise vorbereitet hatte und auch noch umgezogen bin. Für alle drei Projekte hatte ich endlos viele Postits an Türpfosten, am Küchenschrank und in meinem Notizbuch. Irgendwann habe ich dann angefangen, Zusammenfassungen der Postits zu machen...also sprich, es wurde einfach wirr. Als ich dann im Flugzeug nach Bangkok sass, schwor ich mir, nie wieder auch nur ein Merkzettel zu schreiben. Und dieses Versprechen hab ich seit dem "fast" eingehalten. Aber es soll ja Menschen geben, denen das tatsächlich das Leben erleichtert  ;D

Sanjani,
Wieder eine Srivener-Freundin, wie man sieht. An diesem Programm muss was dran sein. Zu den Farben...ja, das muss nicht wichtig sein. Ich denke einfach, es ist häufig keine schlechte Idee, Sinneseindrücke einzubauen, damit eine Szene echter und lebhafter wirkt. Also sei dies ein wahrgenommener Duft / Gestank, Töne und Klänge, wie sich etwas anfühlt in Form und Material oder halt eben welche Farbe es hat.
Ist es für dich denn nicht schwierig, die visuelle Ebene ins Setting mit reinzunehmen? Ich gehe jetzt einmal davon aus, dass du nicht angeboren blind bist, sonst wäre es ja umso schwieriger "Sichtbares" zu umschreiben. Sorry, das ist jetzt ein wenig off-topic, aber es würde mich freuen, mehr darüber zu lesen.

Fianna,
Einen solchen Ordner habe ich natürlich auch, schon nur wegen der erfundenen Welt. Verlierst du denn nicht immer ganz viel Zeit mit "im Ordner suchen"?

Kurzes Update meinerseits:
Ich habe nun tatsächlich angefangen, jedes Kapitel durchzulesen und mir viele Informationen rauszuschreiben (ich habe es nach Figuren und deren Aussehen sowie Kleider, Vegetation, Länder/Gewässer/Gebirge und Architektur aufgeteilt). Anschliessend werde ich alle diese Details miteinander ablgeichen und im Text korrigieren, falls es Ungereimtheiten gibt. Bin bereits bei Kapitel 7 von 23.  :prost: