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"Und wann kaufst du dir das Haus am See?"

Begonnen von gbwolf, 03. April 2013, 12:41:13

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Alana

Ich weiß nicht, aber zieht ihr wikrlich so viel Inspiration aus eurem Brotjob? Irgendwie ist das etwas, worüber ich mir gar keine Gedanken mache. Solange man sonst ein aktives Leben führt, bleibt immer noch genug. Bei mir ist es eher so, dass ich befürchte, dass mein erlernter Beruf mich völlig lähmen würde, so dass ich gar nicht mehr schreiben könnte.
Alhambrana

Grey

Also, ich hatte mit meinem letzten und bisher einzigen wirklichen Brotjob auch ziemliches Glück, das Team war toll, und Basteleien an Versuchsapparaturen auch. Und mit meinen Bio-Kollegen habe ich immer über meine Plots diskutiert und weiter getüftelt. Ich konnte manchmal sogar während der Arbeit schreiben, daher sehe ich die ganze Brotjob-Sache vermutlich ein bisschen verklärt. ;) Im Augenblick stehen allerdings die Sterne sowieso nicht so, dass eine Suche nach Brotjobs Sinn machen würde. Und das für eine ganze Weile nicht. :vibes: (Ja, das macht mich sehr fröhlich! ;D)

TheaEvanda

#32
Ich bin mit zwei Kindern daheim und meine Selbständigkeit kann ich nur allzu einfach via Versandhaus "versorgen" und nie einen Fuß ausser Haus setzen. Die soziale Interaktion, die mein Mann durch die Arbeit und meine Kinder durch den Kindergarten haben, fehlt mir sehr. Man schreibt einseitiger, wenn man nicht darauf achtet, regelmäßig Menschen zu treffen und sich auf sie einzustellen.

Da ein "Nebenjob" bei mir mangels körperlicher Belastbarkeit nicht drin ist, gehe ich regelmäßig auf Fortbildungen und engagiere mich in Vereinen, um unter Leute zu kommen. An Tage, an denen ich morgens "außer Haus" war - und wenn es nur kurz Formularausfüllhilfe auf dem Amt war - schreibe ich mein Tagespensum deutlich leichter als an Tagen, an denen ich mich "ganz aufs Schreiben und den Haushalt konzentrieren" kann. Es ist paradox. Sogar im Cafe schreibt es sich oft leichter als an meiner tollen glorifizierten Schreibmaschine daheim. Und die Gespräche der anderen Gäste bieten oft Ansatzpunkte für neue Charaktere, an die ich von alleine nie gedacht hätte.

Finanziell ... ich schreibe Rollenspielromane, ab und zu ein Heftchen up to spec und manchmal ghoste ich etwas. Bei aller Arbeit komme ich im Bereich der Schreiberei nur knapp über das Hartz IV-Handgeld. Das Elterngeld, das mir als Selbständige zusteht, verdoppelt mein Einkommen. Wenn ich keinen Ehegespons mit gutem Einkommen hätte, könnte ich mir den Luxus des Schreibens nicht leisten.

--Thea
Herzogenaurach, Germany

Alaun

Kennt ihr das Podcast-Blog von Ian Broome? Ich bin darüber gestolpert, weil ein Beitrag für mich gerade besonders interessant ist: "Writing that second novel:versteck: In diesem Gespräch gehts aber auch über das Schreiben an sich, die Schwierigkeit, sich zu legitimieren, wenn man nicht weiß, ob dafür jemals etwas herausspringt, das Unverständnis von Familie und Freunden etc.

Ich mag das Blog sehr, auch andere Beiträge sind wirklich hörenswert.

Rika

Aus der Perspektive einer, die lange von daheim aus als Angestellte gearbeitet hat - der Punkt ist schon ein sehr wichtiger, dass einem da sehr leicht die Interaktion mit anderen Menschen und der Welt fehlen kann, ob nun bewusst im Sinne von "ich vermisse das", unbewusst im Sinne von weniger Kreativität aufgrund von weniger "Input", oder irgendwo dazwischen, wie Theas Beispiel mit dem es schreibt sich leichter an Tagen, wo ich ausser Haus war.
Mensch kann dagegen wirken - Neben-/Teilzeitjob, ehrenamtliches Engagement, regelmäßige Kurse (Sport, Handwerk, ...), Fortbildungen, Workshops, regelmäßige Aktivitäten mit Freunden - aber es erfordert ganz klar den bewußten eigenen Einsatz, um das passieren zu lassen.

Ein anderer wichtiger Punkt ist, wie gut mensch darin ist, sich selber einen regelmäßigen Tagesablauf/Arbeitszeiten - (oder auch unregelmäßige Arbeitszeiten) zu organisieren und ggf. gegenüber der Familie/Freunden/äußeren Ansprüchen freizuschaufeln. Bei mir war es so, daß feste Arbeitszeiten gegeben waren, wir Kollegen 'virtuell miteinander im Bürp saßen' (über Chat), sodaß ich da eine äußere Struktur hatte. Also mehr Einschränkung, als bei Selbständigkeit, was ich größtenteils als hilfreich empfunden habe, besonders an Tagen, wo der innere Schweinehund gern im Bett geblieben wäre. Da dann das Argument "ich muss ja, die warten auf mich" zu haben, statt nur "ich wollte doch eigentlich... ok, ich könnte auch später..." war schon gut für mich. Natürlich hatte es auch Nachteile - es war halt genausowenig, wie in einem normalen Job möglich, mal eben mitten am Nachmittag einen Kurs yu machen o.ä.

Letztlich ist noch wichtig, dass mensch sich selber sehr gut motivieren kann, auch an Tagen, wo es hängt, mensch sich nicht gut fühlt, 1000 andere Dinge gerade dringend sind, mensch einfach keine Lust hat, usw. Klar ist die Freiheit, z.B. sagen zu können "ich fahre heute nach XX und arbeite da im Cafe", oder "ich nehme mir heute eine Auszeit/Wellnesstag, dann geht es morgen wieder viel besser und motivierter", toll! Aber funktionieren tut das halt nur, wenn dabei genug Schreibzeit bleibt/genug geschrieben wird, um entsprechend Texte im angebot zu haben.

Und dann natürlich das praktische Drumrum - z.B. genug eigene Organisation, um Steuerkrams gut handhaben zu können (auch wenn mensch sich hier Hilfe holt und bezahlt muss mensch trotzdem die notwendigen Nachweise und Unterlagen sammeln).

Cairiel

Zitat von: Alana am 06. April 2013, 16:42:24
Ich weiß nicht, aber zieht ihr wikrlich so viel Inspiration aus eurem Brotjob? Irgendwie ist das etwas, worüber ich mir gar keine Gedanken mache. Solange man sonst ein aktives Leben führt, bleibt immer noch genug. Bei mir ist es eher so, dass ich befürchte, dass mein erlernter Beruf mich völlig lähmen würde, so dass ich gar nicht mehr schreiben könnte.
Es muss nicht einmal ein inspirierender Brotjob sein, um Inspiration/Motivation fürs Schreiben zu bekommen. Ich weiß nicht mehr, wo ich es aufgeschnappt habe, aber in einer Studie ist getestet worden, wann ein Mensch fantasievoller ist - wenn er ein paar Stunden über Ideen nachgrübelt/einer kreativen Tätigkeit nachgeht oder einen Großteil der Zeit stur Telefonnummern abschreibt und sich danach erst ans kreative Werk macht. Letztere Versuchspersonen hatten schneller bessere Einfälle. Ich bin mir ziemlich sicher, dass man das auch auf den Brotjob und das Schreiben zurückspiegeln kann.
Das nur als Zusatz zu Rikas Beitrag, den ich so unterschreiben kann.  :)

Rika

Zitat von: Cairiel am 06. April 2013, 18:53:39
Zitat von: Alana am 06. April 2013, 16:42:24
Ich weiß nicht, aber zieht ihr wikrlich so viel Inspiration aus eurem Brotjob?
Es muss nicht einmal ein inspirierender Brotjob sein, um Inspiration/Motivation fürs Schreiben zu bekommen.
Ganau das. Es kann z.b. auch etwas sein, was mensch im Drumherum beobachtet/hört/riecht, z.B. auf dem Arbeitsweg. Oder irgendein Wort/Phrase, die jemand sagt, die einem Assoziationen wachrufen kann. Ein Plakat/Werbung irgendwo, ein Graffiti, das Licht, das sich in einem Fenster spiegelt, Klamotten, die jemand anhat, ein Geruch, der einem irgendwo auffällt, die bunten Büroklammern, die die abschweifenden Gedanken bei der Routineablage plötzlich zu Insekten machen...
Oder halt, wie Cairiel sagt, auch ganz indirekt.

Fianna

Bei mir hilft Bewegung, sobald ich gehe, purzeln die Ideen zum Plot(-problem).
Und da ich mich nur bewege, wenn ich muss, passt das eigentlich ganz gut, dass ich nicht zu Hause arbeite :)

Alana

#38
Aha, das ist ja interessant. Also ich denke, die ganzen sensorischen Vorteile bzw. Interaktion mit Leuten kann man sich auch anders holen. Ich bin ja viel unterwegs und sitze nicht den ganzen Tag allein rum. Und dann hat man ja noch genug andere Pflichten, die zu erledigen sind, und als sture Tätigkeiten zählen, sofern die wirklich zu mehr Inspiration führen. Aber klar, ich will gar nicht bestreiten, dass es Leute gibt, die ohne zusätzlichen Job Inspirationsmangel haben. Ich weiß halt nur, dass es Dinge an meinem Brotjob gibt, die mir jede Inspiration rauben würden, wenn ich ihn ausüben würde.
Alhambrana

Debbie

#39
Zitat
Zitat von: Alana am 06. April 2013, 19:54:50
Ich weiß halt nur, dass es Dinge an meinem Brotjob gibt, die mir jede Inspiration rauben würden, wenn ich ihn ausüben würde.

Ich kann dich verstehen, Alana!  :knuddel:  In meinen Dolmetscherphasen/Unterrichtstagen bin ich voll und ganz bei dem Job. Das sind ja auch keine Routinearbeiten wie Ablage, Posteingang, etc.. Wenn man bei einer Sache ständig zu 100% gefordert wird, kann man sich 1. nicht noch die hübschen bunten Büroklammern als Käfer vorstellen (muss ich unbedingt mal probieren  :vibes:), und hat danach 2. auch weder Lust noch Energie sich nochmal 100% auf was anderes zu konzentrieren.
Mir geht es auch so, dass ich in Phasen, in denen ich zu sehr mit privaten Dingen eingespannt bin (Geburtstage, Weihnachten, Halloween, Ostern, etc.) und dafür zwei Dutzend Dinge planen und organisieren muss, ich absolut keine Nerven zum Schreiben habe  :gähn: Das "Switchen" zwischen der realen Welt und meiner fiktiven Romanwelt bereitet mir die allergrößten Schwierigkeiten.

ZitatAber klar, ich will gar nicht bestreiten, dass es Leute gibt, die ohne zusätzlichen Job Inspirationsmangel haben.

Klar, es gibt eben solche und solche Menschen. Ich habe (und hatte schon immer) ein sehr "reges" Privatleben (und eine recht ... intensive Jugend), mit vielen Freunden, vielen Problemen und sehr tiefgehenden Beziehungen, von denen viele oft zusammenhingen, wie in einem Netz. Deswegen habe/hatte ich auch nie Energie mich näher mit Fremden, Kollegen oder sonstigem auseinanderzusetzen.

Ansonsten habe ich mit Inspiration keine Schwierigkeiten - die kommt von ganz alleine (und völlig ungebeten) wenn ich abends das Licht ausschalte, unter der Dusche stehe, oder - falls ich mal nach etwas suche, was ich so gut wie nie muss - sobald ich einen Schreibratgeber oder irgendwas aus meinem Recherchebücherregal aufschlage. Imho könnten es auch zeitweise ruhig mal weniger Ideen sein ...  :o

Alana

#40
Ich meinte das eigentlich viel radikaler, aber was du anführst, kann ich mir durchaus auch vorstellen.

Interessanterweise habe ich gerade einen Artikel zu meinem eigentlichen Brotjob gelesen:

49 % bis 69% (je nach Uni) aller Tiermedizinstudenten leiden unter Depressionen und Angststörungen. (Humanmedizin 23%)  :o
Wow, und ich dachte immer, das wären nur Gerüchte und Übertreibungen bei uns an der Uni. Aber diese Studie bestätigt, was bei uns so erzählt wurde. Außerdem bringen Tierärzte sich häufiger um, als andere Berufsgruppen, aber genaue Zahlen standen da nicht.

Das war eher, was ich meinte und das ist einer der Hauptgründe, warum ich händeringend eine Alternative suche, auch wenn ich zu denen gehöre, die nicht wirklich betroffen waren.
Alhambrana

Coppelia

#41
Mich würde es wirklich verrückt machen, nur im eigenen Saft zu schmoren, das ist mir inzwischen klar geworden. Ich muss einfach mit anderen - am besten vielen - Leuten zusammen sein, mit ihnen sprechen und am besten noch etwas Konstruktives mit ihnen machen, sonst fühle ich mich unzufrieden. Und da ich das in meinem Job ganz gut kann, bin ich sehr zufrieden damit.
(Privat bin ich ja eher schüchtern und würde nicht so auf die Leute zugehen, aber gerade der Beruf gibt mir diese Möglichkeit, und das ist auch gut so)

Im Moment habe ich ja nur eine halbe Stelle, und früher oder später muss ich mich auch beruflich umorientieren. Mal sehen, wie es dann mit Schreibzeit und Inspiration aussieht. :hmmm: Wenn ich, wie ich glaube, Lehrerin werde, werde ich bestimmt jeden Tag viel erleben, das sich für Geschichten verwenden lässt. Dann wird es aber wirklich hart, noch vor der Arbeit zu schreiben.

Auf jeden Fall habe ich die Inspiration für meinen Lieblingsroman tatsächlich aus meinem Job gezogen. Ich hatte damals schon die Idee für eine Geschichte im Kopf, aber eine wichtige Grundlage fehlte noch. Da wollte es der Zufall, dass ich die Erstis die Cicerorede "Pro Caelio" unterrichten sollte. Diese Rede enthielt überraschend das fehlende Puzzlestück. Schlagartig wurde mir alles klar, ich konnte anfangen zu schreiben und liebte die Geschichte! :D

Debbie

Zitat von: Alana am 06. April 2013, 20:35:59
49 % bis 69% (je nach Uni) aller Tiermedizinstudenten leiden unter Depressionen und Angststörungen. (Humanmedizin 23%)  :o
Wow, und ich dachte immer, das wären nur Gerüchte und Übertreibungen bei uns an der Uni. Aber diese Studie bestätigt, was bei uns so erzählt wurde. Außerdem bringen Tierärzte sich häufiger um, als andere Berufsgruppen, aber genaue Zahlen standen da nicht.

Gibts dafür potentielle Erklärungsversuche??

Liegt es vielleicht an dem Menschentyp, der sich dieses Berufsbild direkt aussucht (optimistischer Weltverbesserer mit weichem Herz) oder daran, dass der Job so deprimierend ist (aber dann verstehe ich nicht, warum es in der Humanmedizin soviel weniger sind)? Oder ist es vielleicht die Mischung aus beidem?

Sorry fürs OT - bin schon wieder still!  :zensur:

Alana

#43
Das klingt aber auch wirklich gut, Coppelia. Ich würde so einen Brotjob, der mir Spaß macht, jederzeit mit Kusshand nehmen, nicht dass man mich jetzt hier falsch versteht. Tatsächlich wäre das für mich absolut perfekt, halbtags Brotjob, und dann schreiben, dann hätte man ein bisschen mehr finanzielle Sicherheit, aber doch noch Zeit zum Schreiben. Nur leider sehe ich diese Möglichkeit für mich im Moment nicht. Muss aber noch dazusagen, dass ich ja derzeit übersetze, aber da müsste ich auch ein bisschen was ändern, damit ich das dauerhaft machen könnte.

@Debbie: Das liegt am Stresslevel, das schon von Anfang an im Studium auf einen einwirkt. Wir hatten eigentlich durchgehend 40 bis 50 Semesterwochenstunden und dazu die ersten vier Semester jede Woche ein bis drei Prüfungen. (Nein, das ist nicht übertrieben!) Die Semesterferien steckten voll Zwischen-Prüfungen (Ich glaube, wir hatten zweimal welche ohne) und Praktika. Später arbeitet man 60 Stunden Wochen, wobei die Nacht- und Wochenenddienste nicht dazu zählen. (Das ist Bereitschaftszeit.) Und wie gesagt: Wer sich nicht noch artig bedankt, dass er das alles für beinahe umsonst machen darf, der gilt als unmotiviert.
Ich finde das nicht OT, :) denn für mich spielt die Perspektivlosigkeit meines erlernten Berufes eine ganz große Rolle bei dem, was wir hier diskutieren.
Alhambrana

Snöblumma

Ich weiß jetzt gerade gar nicht, ob das noch hierher gehört oder doch in den "Brotjob und Schreiben"-Thread, aber weil Alana es hier aufgebracht hat, schreibe ich mal hier weiter ;).

Ich glaube, das mit dem Stress ist auch ziemliche Typfrage. Ich brauche den Stress wie Luft, Brot und Wasser. Ich mag es, auf 180 zu laufen, und schaffe dann meistens noch ein paar Prozent mehr, während in Phasen, in denen nichts los ist, mein ganzes Leben irgendwie auf Null-Leistung sinkt, und zwar in allen Bereichen. Klar braucht man dann und wann eine Auszeit, aber drei Wochen Urlaub, und ich dreh am Rad. Dann brauche ich wieder Stress, und zwar diesen schönen, positiven Stress, der einfach durch viel Arbeit entsteht. Was ich gar nicht mag, ist rein extern vermittelter Stress, wenn irgendein Vorgesetzter, Chef oder sonstwer behauptet, irgendetwas müsste ganz dringend bis dann und dann fertig sein, auch wenn das klar ist, dass das nicht zu schaffen ist. Sowas finde ich einfach nur ätzend, und darum brauche ich später mal zwar einen Job mit viel Arbeit, aber ohne wirklichen Chef ;).

Ich ziehe tatsächlich sehr viel Inspiration aus meinem Brotjob, aber nicht im Sinne von direkter Inspiration, sondern eher im Sinne von Eindrücken und Erlebnissen, die meine Kreativität befeuern. Im Leben nicht (oder besser: nach derzeitigem Stand meines Lebens, sag niemals nie) würde ich einen Roman schreiben, der unmittelbar mit Jura zusammenhängt. Darum habe ich auch so überhaupt gar keinen Bock auf Krimis und Co, das ist mir zu nahe an meinem realen Leben. Wenn ich nun aber wirklich nur zuhause bin, schaffe ich einfach nichts. Ich habe das im Herbst ganz extrem gemerkt, als ich zum Arbeiten nicht mehr jeden Tag zwölf Stunden an die Uni gefahren bin, sondern versucht habe, das Stundenpensum zuhause zu erledigen. Denkste. Nichts mehr habe ich geschafft, und das, obwohl ich genauso zum Sport gegangen bin wie zuvor, eigentlich noch mehr Abendeinladungen angenommen habe wie zuvor, und im Hinblick auf mein sonstiges Privatleben eigentlich viel gemacht habe. An der Uni hatte ich in diesen zwölf Stunden auch nicht viel Interaktion mit anderen, wenn man mal von der Mittagspause absieht, die ich immer mit denselben drei Leuten verbracht habe - aber allein fremden Menschen zuzusehen setzt bei mir wohl unbewusst Kreativität frei.

Jetzt hatte ich ja einen Monat frei (also so wirklich wirklich frei), und habe in diesem Monat fast nicht geschrieben. Mir fehlt dann wohl wirklich die Spannung zwischen nüchternem Tagesjob und Schreiben. Obwohl die letzte Woche stressig war, mit neuem Job, neuer Umgebung, neuen Menschen, viel zu wenig Schlaf und einfach nur krass viel Veränderung, schreibe ich auf einmal wieder richtig gut und gerne, ohne mich zu jedem Wort hinprügeln zu müssen. Ich glaube, wenn ich den ganzen Tag gezwungen bin, nüchtern und logisch zu denken, muss abends einfach die Kreativität noch ein wenig zu ihrem Recht kommen.

Zitat von: Alana am 06. April 2013, 20:49:06
Ich finde das nicht OT, :) denn für mich spielt die Perspektivlosigkeit meines erlernten Berufes eine ganz große Rolle bei dem, was wir hier diskutieren.
Das ist dann natürlich ein ganz anderer Fall. Wenn einem der eigentliche Beruf so gar nicht taugt, kann man ja wirklich berechtigt darüber nachdenken, vom Schreiben leben zu wollen, egal wie da die Chancen stehen. Dann kann es ja gar nicht schlimmer werden ;). Aber ich für meinen Fall mag trotz allem Meckerns meinen Job, auch wenn er weit entfernt davon ist, meine Erfüllung zu sein. Es ist halt ein Job, und ich bin ein kleiner Stress- und Aufmerksamkeits-Junkie, und beides bekommt man da sehr gut. (Muahaha, ich erinnere mich gerade an diese epische Begegnung beim Unipsychologen. Er: "Dürfte ich für die Statistik erfahren, in welchem Studiengang Sie eingeschrieben sind?" Ich: "Jura". Er: "Ach, na dann. 90% der Leute, die hier einen Termin haben, studieren Jura. Kurz vor dem Examen?" Ich:  :o.) Ich mag es einfach, zu rotieren, und irgendwo muss meine Energie ja hin... insofern habe ich da wirklich Glück, dass ich meinen Brotjob mag, und derzeit auch beides gut unter einen Hut bekomme. Wie das aussieht, wenn ich mal ganz fertig bin, werden wir ja dann sehen, und wenn in fernster Zukunft noch mal Kinder dazukommen, dann müssen wir halt ebenfalls nochmal drüber nachdenken. Aber im Augenblick passt das alles sehr, sehr gut zusammen bei mir.

So, aber zurück zum eigentlichen Thema: Obwohl ich also in der glücklichen Lage bin, meinen Brotjob zu mögen, frage ich mich ernsthaft, ob diese "Ich schreibe aus Spaß"-Einstellung so hilfreich ist. Ich meine, ich sage meinem Chef doch auch nicht: "Hey, Chef, mein Job macht mir so viel Spaß, ich mache ihn auch, wenn du mich schlecht bezahlst." Bei den hohen Juristengehältern, die in einigen großen Kanzleien gezahlt werden, spricht man nicht umsonst vom "Schmerzensgeld"... klar mögen die, die dort anfangen, dieses Leben, sonst würden sie es nicht tun, aber Geld ist dann doch ein zusätzlicher Anreiz. Während viele meiner Freunde sagen, sie haben das Fach studiert, weil sie es mögen, und dann ist die Bezahlung halt mies. Klar, dass dann niemals mehr bei rüber springt. Sprich: Sollte man sich nur rein für das Geschäftliche nicht einfach mehr als Content-Lieferant betrachten, der entsprechend zu bezahlen ist? Oder ist in dem ganzen Verlagswesen wirklich nicht mehr Geld zu holen, obwohl doch angeblich alle neuen Medien laufend neue Contents brauchen?