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Kleinverlag vs. Selbstverlag

Begonnen von pink_paulchen, 16. März 2013, 18:38:08

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treogen

Zitat von: FeeamPC am 21. März 2013, 09:30:13
als Kleinverlag würde ich einen derartigen nur-print-Vertrag-und-dem-Autor-die- Ebook-Rechte-überlassen nicht machen,

Das sehe ich übrigens genauso.
Autoren machen mit mir entweder beides oder nichts. Auch wenn unser EBook-Geschäft erst langsam anläuft, aber die Verträge sind seit einem Jahr bereits darauf ausgelegt.
Da gibts auch keine Ausnahme - wer seine EBooks selbst verlegen will, braucht mich meiner Meinung nach auch nicht für Lektorat, Cover oder eine Printfassung.
www.verlag-torsten-low.de

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Alaun

#16
Ich habe mich mit dem Thema auch schon länger beschäftigt - weniger, weil ich selbst über das "Selbstverlegen" nachgedacht habe, sondern weil mich einfach interessiert hat, was sich da in diesem Umfeld so tut. Es ist einfach viel in Bewegung gekommen auf dem Buchmarkt mit seinen sonst doch sehr langsam mahlenden Mühlen und das ist per se spannend.

Was mich selbst angeht, so habe ich beschlossen, dass reines Selfpublishing (aktuell) nichts für mich ist. Und das aus zwei Gründen: mir fehlt zum einen die Zeit, um mich um alles zu kümmern, was nötig wäre, um ein wirklich gutes Produkt auf den Markt zu bringen. Ich finde ehrlich gesagt nichts schlimmer als Bücher (egal ob Print oder ebook), bei denen man sich denkt: "Gut gemeint, aber eben einfach nicht gut gemacht." Marketing wäre nicht so das Problem, dazu habe ich eine Affinität und das macht mir Spaß. Aber generell stecke ich meine Energie dann doch lieber ins Schreiben selbst als in den ganzen Kram drumherum. Ich bin wirklich glücklich, dass ich einen Kleinverlag gefunden habe, auf den ich mich voll und ganz verlassen kann. Wie sich das alles entwickelt wird sich zeigen, aber ich für meinen Teil bin bei Aeternica mehr als gut aufgehoben. Und ich schätze genau diesen "Heimathafen" sehr. Für mich ist auch gerade die Tatsache, in einem kleinen Verlag zu sein, sehr positiv, denn ich möchte mich gerne in den gesamten Prozess eingebunden fühlen - und nicht einfach nur ein Manuskript abliefern und dann machen Menschen, die ich nie gesehen oder gehört habe, irgendetwas daraus, hinter dem ich vielleicht gar nicht immer stehen kann.
Trotzdem finde ich die Entwicklungen in der Selfpublishing-Szene interessant und bin sehr gespannt, was da noch an Veränderungen kommen wird. Grundsätzlich sehe ich die neuen Möglichkeiten für Autoren positiv. Man muss eben nur der Typ sein, um so etwas für sich umzusetzen, sich dabei gut zu fühlen und dann auch noch weiterhin zum Schreiben zu kommen  ;)

pink_paulchen

#17
Da waren ja schon einige Punkte für beide Seiten dabei, die ich nicht so auf dem Schirm gehabt hätte. Für mich selber fasse ich mal zusammen:

Nachteile vom Kleinverlag
- Zusätzlicher Aufwand, der durch die Bewerbung entsteht (Recherche, Anschreiben, Exposé, Kosten für Versand...)
- mentale Dämpfer durch Absagen
- Zeit, die vergeht von Zusage bis Buch erhältlich. (Treogen plant im Frühjahr 2013 für Veröffentlichungen in 2016. Das scheint mir der Normalfall zu sein und ich weiß nicht wie die Hibbler hier im Hibbelthread, ich zum Beispiel, so was überleben)
- Verlust einiger Entscheidungsmöglichkeiten (Cover, Inhalt, Layout...)
- Bindung an einen Verlag macht einen in vielerlei Beziehung abhängig, so lang der Vertrag dauert
- finanziell bleibt an jedem Buch weniger übrig

Nachteile, die manchmal dazu kommen
- Manchmal scheint ein Kleinverlag und Selbstverlag identisch wenig wertig zu sein - in den Fällen zählt nur der Publikumsverlag. Alles andere wird als zweite Wahl betrachtet.
- falls ich Spezialist für meine Zielgruppe bin und super Kontakte habe, kann ich nicht
wild drauf los werben, sondern muss mich abstimmen und möglicherweise bremsen lassen.
- wenn ich ein wenig beliebtes Genre bediene, finde ich schwer oder gar nicht jemanden der da investiert.
- Gefahr sich auf ein Lektorat zu verlassen, aber nur ein Korrektorat oder gar nichts zu
bekommen
- Gefahr, dass der Kleinverlag wenig Zeit/Mittel für Werbung einsetzt
- Probleme in der Preisgestaltung (Bücher werden print on demand gedruckt, deshalb landen sie zu utopisch hohen Preisen im Handel)
- Gefahr dass Absprachen nicht eingehalten werden (ebook statt print, Abrechnungen kommen unpünktlich oder gar nicht...)

Nachteile vom Selbstverlag
- Man ist alleine auf weiter Flur. Man hat keinen direkten Ansprechpartner, der einem die Tricks verrät, wie man coole Lesungen an Land zieht oder welcher Text für Rezensenten geeignet ist. (Außer man ist Tintenzirkler ;))
- Man muss sich damit beschäftigen wie das ganze Selbstverlagsprojekt rechtlich/steuerlich aussieht.
- Der Autor ist Autor und kein Marketingspezialist. Die Zeit und Energie, die er in Marketing steckt, geht dem Schreibprozess verloren.
- Lektorat, Covergestaltung und Satz/Layout sind zeitaufwändig und/oder teuer
- es könnte der schale Beigeschmack beim Interessenten entstehen, dass das Buch deshalb selbst publiziert wurde, weil es schlecht ist. Das wirkt sich auch auf mögliche
Werbequellen aus - Stichwort Redakteure.
- Es ist schwieriger mit selbst publizierten Büchern, weil man sich aus einer Riesenmasse Schund abheben muss

Nachteile die manchmal dazu kommen
- Es wird noch vielleicht noch schwieriger, wenn bei Folgewerken der Erstlingsbonus von Freunden/Verwandten weg fällt. Das hab ich mal unter vielleicht gesetzt, weil manchmal das Werk ja auch jemanden überzeugt, der genau deshalb auf jeden Fall eine Fortsetzung oder ein anderes Buch vom gleichen Schreiber kaufen will.
- Der Autor kann/will nicht (gut genug) für sein Produkt werben
- Das Buch floppt und Zeit/Geld für die Vorbereitung sind in den Wind geschossen

Ich würde mich freuen, wenn noch weitere Punkte aufkommen, die bisher nicht bedacht wurden...

treogen

Keine weiteren Zahlen, nur ein paar Zusätze, Untermauerungen, Gegenbehauptungen und ähnliches  ;)

Zitat von: pink_paulchen am 21. März 2013, 20:08:39
(Treogen plant im Frühjahr 2014 für Veröffentlichungen in 2016.

Korrektur: Frühjahr 2013

Zitat von: pink_paulchen am 21. März 2013, 20:08:39
- Verlust einiger Entscheidungsmöglichkeiten (Cover, Inhalt, Layout...)

Würde ich nicht als Nachteil einsortieren (ich sehe es als Nachteil WENN der Autor alles selbst entscheiden darf - denn ich habe äußerst selten Cover gesehen, die Autor selbst zusammengewurschtelt hat und was wirklich verkaufsfördernd ist.

Zitat von: pink_paulchen am 21. März 2013, 20:08:39
- finanziell bleibt an jedem Buch weniger übrig

dafür ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass in Summe mehr überbleibt.

Zitat von: pink_paulchen am 21. März 2013, 20:08:39
- Es wird noch vielleicht noch schwieriger, wenn bei Folgewerken der Erstlingsbonus von Freunden/Verwandten weg fällt. Das hab ich mal unter vielleicht gesetzt, weil manchmal das Werk ja auch jemanden überzeugt, der genau deshalb auf jeden Fall eine Fortsetzung oder ein anderes Buch vom gleichen Schreiber kaufen will.

Nur mal ein paar Zahlen. Unter Kleinverlegern kursiert der 2/3 Faktor. Sprich: Vom Debüt zum Nachfolger verliert Autor 2/3 seiner Leser. Ein großer Teil davon sind Freunde und Bekannte und Verwandte. Die Qualität des Werkes hat nach meinen Erfahrungen und dem, was ich von anderen Kleinverlegern gehört habe, wenig bis gar nichts damit zu tun.

www.verlag-torsten-low.de

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FeeamPC

Naja, ich weiß ja nicht, wie unter Autoren die Werbe-Aktivität von Kleinverlagen eingeschätzt wird, aber ich möchte mal in die Diskussion bringen, dass wir (Machandel Verlag) zum Beispiel während der Buchmesse über 3500 Prospekte  und anderes Werbematerial für unsere Bücher rausgegeben haben. Und dass wir im SpielXpress-Sonderheft inseriert haben (Online-Magazin mit ca. 20 000 Kontakten).
Im Geschäftsleben gilt eine Response von 5% auf Werbematerial schon als sehr gut. Das heißt, diese Aktivitäten könnten im optimalen Fall in 1170 verkauften Büchern (verschiedene Titel) münden. Bei einer normalen Response von 2% wären es noch 470 verkaufte Bücher. Verteilt auf die beworbenen 11 Titel wären das ca 40 Bücher je Titel. Natürlich im Mittel, die Zahl kann stark nach oben und unten schwanken. Und der Zeitraum, in dem die Bücher dann verkauft werden, ist ebenfalls sehr variabel. Ich denke aber, dass der Messe-Effekt spätestens nach drei Monaten verpufft.
Okay, Selbstverleger. Jetzt seid ihr mit euren Zahlen dran.

Fianna

#20
Zm "Messe-Effekt" wollte ich noch einwerfen, dass der Teil der Zielgruppe, der Schüler/Student/Azubi ist, ja über begrenzte Geldmittel verfügt und sich Bücher zu Geburtstag oder Weihnachten schenken lässt.
Vielleicht liegt es daran, dass von den 16 Leuten, mit denen ich mir die Ferienwohnungen geteilt habe, 13 so arm sind wie ich - aber ich habe den Eindruck, dieser Teil der Zielgruppe geht in der"Messe-Werbung-Response"- Rechnung unter.
Je nach Verlag ein evt gar nicht so geringer Teil, der durch den Messebesuch beschlossen hat, sich Bücher Monate später kaufen oder schenken zu lassen.

Malinche

#21
Zitat von: pink_paulchen am 21. März 2013, 20:08:39

Nachteile vom Kleinverlag
- Zusätzlicher Aufwand, der durch die Bewerbung entsteht (Recherche, Anschreiben, Exposé, Kosten für Versand...)
- mentale Dämpfer durch Absagen
- Zeit, die vergeht von Zusage bis Buch erhältlich. (Treogen plant im Frühjahr 2014 für
Veröffentlichungen in 2016. Das scheint mir der Normalfall zu sein und ich weiß nicht wie die Hibbler hier im Hibbelthread, ich zum Beispiel, so was überleben)
- Verlust einiger Entscheidungsmöglichkeiten (Cover, Inhalt, Layout...)
- Bindung an einen Verlag macht einen in vielerlei Beziehung abhängig, so lang der Vertrag dauert
- finanziell bleibt an jedem Buch weniger übrig

Nachteile, die manchmal dazu kommen
- Manchmal scheint ein Kleinverlag und Selbstverlag identisch wenig wertig zu sein - in den Fällen zählt nur der Publikumsverlag. Alles andere wird als zweite Wahl betrachtet.
- falls ich Spezialist für meine Zielgruppe bin und super Kontakte habe, kann ich nicht
wild drauf los werben, sondern muss mich abstimmen und möglicherweise bremsen lassen.
- wenn ich ein wenig beliebtes Genre bediene, finde ich schwer oder gar nicht jemanden der da investiert.
- Gefahr sich auf ein Lektorat zu verlassen, aber nur ein Korrektorat oder gar nichts zu
bekommen
- Gefahr, dass der Kleinverlag wenig Zeit/Mittel für Werbung einsetzt
- Probleme in der Preisgestaltung (Bücher werden print on demand gedruckt, deshalb landen sie zu utopisch hohen Preisen im Handel)
- Gefahr dass Absprachen nicht eingehalten werden (ebook statt print, Abrechnungen kommen unpünktlich oder gar nicht...)

Ich habe jetzt nicht den ganzen Thread gelesen, und ich bin natürlich auch keine Expertin im Verlagswesen, aber ich würde doch anmerken, dass diese potentiellen Nachteile keinesfalls kleinverlagsspezifisch sind - bzw. ich teilweise gerade bei Kleinverlagen das Gefühl habe, dass sie dort gerade weniger präsent sind, als wenn man z.B. mit einem großen Publikumsverlag arbeitet. Klar, die zentrale Gegenüberstellung in der Diskussion ist eine andere, aber ich würde das doch bedenken. Gerade die Entscheidungsmöglichkeiten in Bezug auf Cover etc. sind teilweise bei Kleinverlagen doch großzügiger, und die Schwierigkeit, ein ungewöhnliches/wenig beliebtes Genre unterzubringen, besteht doch im Grunde auch bei großen Verlagen. Ich habe das Gefühl, dass es teilweise sogar eher die Kleinverlage sind, die mit viel Einsatz und Herzblut betrieben werden, in denen eher die Bereitschaft zu Experimenten da ist. Auch die Wartezeiten und das Warten auf Abrechnungen können, soweit ich es aus Bemerkungen hier im Forum entnommen habe, durchaus auch bei größeren Verlagen auftreten ... (Und die Absagen erst! :d'oh:)

Natürlich bestehen diese Punkte in Relation zum Selbstverlag recht eindeutig als Nachteile, aber ich würde es doch relativieren, auch in der Gegenüberstellung zum Selbstverlag. Manche "Nachteile" (wie das von treogen erwähnte eingeschränkte Mitspracherecht beim Cover) können sich langfristig auch als Vorteile erweisen, wenn man im Kleinverlag plötzlich einen Ansprechpartner dafür hat, der mehr von Covergestaltung oder Layout allgemein versteht als man selbst, wenn man das Buch als Selfpublisher rausbringen würde.

Auch die Abstimmung bei Werbeaktionen sehe ich da durchaus differenzierter. Denn gerade, weil bei Kleinverlagen ja auch einiges an Marketingarbeit und -freiraum den Autoren überlassen bleibt (oder bleiben kann), kann man hieraus doch viel machen und hat aber teilweise bessere Möglichkeiten, einfach weil man mit einem Buch werben kann, das in einem seriösen Verlag erschienen ist. Darüber hinaus sind Kleinverlage ja mittlerweile auch schon häufig in den sozialen Netzwerken vertreten und können, wenn man selbst wirbt, als gezielte Multiplikatoren wirken. Ich denke, dass da auf gemeinschaftlicher Basis sehr viel möglich ist und dass man als Autor vermutlich nicht unbedingt "ausgebremst" wird, gerade, wenn man Experte für seine eigene Zielgruppe ist.

Manches, wie die Gefahr eines oberflächlichen Lektorats z.B., sehe ich als sehr viel kleinverlagsspezifischer als andere aufgeführte Aspekte. :)  Aber auch hier lässt sich entgegnen, dass man im Kleinverlag wenigstens ein Lektorat bekommt, während man beim Selbstverlag alles alleine stemmt - und möglicherweise dann auch die Kosten für einen Lektoren selbst übernehmen muss, wenn man es mehr oder weniger professionell machen möchte ... und das wiederum steht ja schon in den Nachteilen für den Selbstverlag, okay, da schließt sich der Kreis.
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

pink_paulchen

#22
Zitat von: treogen am 21. März 2013, 21:00:30
Keine weiteren Zahlen, nur ein paar Zusätze, Untermauerungen, Gegenbehauptungen und ähnliches  ;)
Korrektur: Frühjahr 2013
Habe ich korrigiert - wollte ich auch so zitieren, aber irgendeine innere Schwelle hat mich wohl gehindert ;)
ZitatWürde ich nicht als Nachteil einsortieren (ich sehe es als Nachteil WENN der Autor alles selbst entscheiden darf - denn ich habe äußerst selten Cover gesehen, die Autor selbst zusammengewurschtelt hat und was wirklich verkaufsfördernd ist.
Das ist aber glaube ich eher dein subjektiver Eindruck.Wenn ich die Slideshow der Neuveröffentlichungen bei epubli einige Minuten laufen lasse ist die Quote derer die ich in die Hand nehmen würde vergleichbar groß mit der, wenn ich das bei einem Verlag tue. Ich gebe aber gerne zu, dass es Ausreißer nach unten gibt, die einem wahrhaftig die Schuhe ausziehen und bei denen ein Mediengestalter in Ohnmacht fallen würde. Davor hätte ein Verlag den Autor bewahrt. Vielleicht - als Beispiel eines Werks, dass auch mal so gar keinen gestalterischen Vorgaben folgt: http://www.sperling-verlag.de/images/home_1_09.jpg Das ist aus einem Verlag. Im Mittel gibt es bei beiden Veröffentlichungsvariationen viele durchschnittliche und einige hervorragende und unterirdische Cover.
Zitatdafür ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass in Summe mehr überbleibt.
Bei einem Publikumsverlag - ohne Frage. Weil ich noch nie bei einem Kleinverlag veröffentlicht habe, bin ich mir über die Einnahmemöglichkeiten als Autor nicht im Klaren. Kann man da Daumenwerte angeben?
Vielleicht folgendes konkretes Beispiel: 96 Seiten, Kunstdruckpapier (ein Outdoorhandbuch), Spiralbindung, VK 12,90 Euro.
Dann könnte ich mit meinen Einnahmen vergleichen und mal sagen, wie viele mehr ich im Kleinverlag verkaufen müsste, damit ich mehr übrig hab.

Zitat von: FeeamPC am 21. März 2013, 23:40:45
Naja, ich weiß ja nicht, wie unter Autoren die Werbe-Aktivität von Kleinverlagen eingeschätzt wird, aber ...
Also nur kurz zwischendurch - ich wollte hier keine Kluft aufreißen, sondern lediglich eine sachliche vergleichende Sammlung von Argumenten anschubsen. Und auf gar nicht keinen Fall wollte ich das teilweise herausragende Engagement von ausgesuchten kleinen Verlagen herabwürdigen!
ZitatOkay, Selbstverleger. Jetzt seid ihr mit euren Zahlen dran.
Mit einer sehr zeitaufwändigen Kampagne habe ich in den ersten 6 Monaten vierstellige Verkaufszahlen erreicht. Im Zuge von derneuebuchpreis.de habe ich dann etwa verdoppelt, wobei ich da auch wirklich viel Arbeit in soziale Netzwerke gesteckt habe. Aktuell engagiert sich mein Druckdienstleister für mich (und andere ausgewählte Autoren) durch Versand von Infomaterial an mögliche Kunden und Rezensenten, Marketing-Coaching, Hilfe bei der Überarbeitung meiner Online-Präsenzen (Webseite, youtube Kanal, Facebook, Twitter...), Vermittlung von Artikeln an Presse/Rundfunk/Fernsehen und das Einstellen von Facebook-Ads.
Weil ich für ein neues Projekt aber trotzdem überlege, ob es in einem Verlag besser aufgehoben wäre - gibt es diesen Thread.
Zitat von: Malinche am 22. März 2013, 01:35:08
... , aber ich würde doch anmerken, dass diese potentiellen Nachteile keinesfalls kleinverlagsspezifisch sind - bzw. ich teilweise gerade bei Kleinverlagen das Gefühl habe, dass sie dort gerade weniger präsent sind, als wenn man z.B. mit einem großen Publikumsverlag arbeitet.
Ja, das sagst du ja auch direkt danach: beim Publikumsverlag bin ich natürlich noch viel stärker an Vorgaben gebunden, aber natürlich wird auch ein Kleinverleger mir Vorgaben machen, denn schließlich erscheint das Buch mit seinem Logo und darum gebührt ihm auch die letzte Wahl. Wenn er mich beteiligt (in der Regel mehr als bei Publikumsverlagen), dann ist das schön, aber faktisch habe ich niemals die völlige Freiheit, wie im Selbstverlag. Der Vergleich war ja lediglich: Kleinverlag/Selbstverlag. Und dass daraus andere Nachteile entstehen, steht dann ja im Selbstverlag dabei. Weil sich natürlich auch viele übernehmen, in dem was sie glauben selbst zu können.
ZitatDenn gerade, weil bei Kleinverlagen ja auch einiges an Marketingarbeit und -freiraum den Autoren überlassen bleibt (oder bleiben kann), kann man hieraus doch viel machen und hat aber teilweise bessere Möglichkeiten, einfach weil man mit einem Buch werben kann, das in einem seriösen Verlag erschienen ist.
Ich hab auch das unter "vielleicht" bereits einsortiert - obwohl ich gar nicht hundertprozentig überzeugt bin, dass es viele erfolgversprechende Werbemöglichkeiten gibt, die dem Selbstverleger komplett verbaut sind. 
ZitatDarüber hinaus sind Kleinverlage ja mittlerweile auch schon häufig in den sozialen Netzwerken vertreten und können, wenn man selbst wirbt, als gezielte Multiplikatoren wirken.
Das zählt nicht - das gibt es auch unter Selbstverlegern, meinem Gefühl nach sogar intensiver.

treogen

Zitat von: pink_paulchen am 23. März 2013, 10:27:46
Weil ich noch nie bei einem Kleinverlag veröffentlicht habe, bin ich mir über die Einnahmemöglichkeiten als Autor nicht im Klaren. Kann man da Daumenwerte angeben?

Daumenwerte kann man nur bringen, wenn man ein wenig genauer aufschlüsselt.
Bei einem Kleinstverlag (das sind die Feierabend und Wochenendverlage wie beispielsweise meiner) ist bei einem Roman alles von 5 bis 15 % drin (allerdings kann man als unveröffentlichter Autor mit einem absoluten Nischenthema nicht auf 15 % pokern - rechnen wir im Schnitt mal mit 7 %) und Verkäufe von 100 bis 500 Stück.
Bei einem Kleinverlag (offizieller Sprachgebrauch ist 50.000 - 2 mio Euro Umsatz pro Jahr) ist ebenfalls alles von 5 bis 15 % (siehe oben) drin. Verkäufe von 300 bis 5000 Stück.

Bei allem, was sich über 500 mal verkauft hat, besteht übrigens eine mittelgroße Wahrscheinlichkeit, dieses Buch im Anschluß noch in einer Lizenz bei einem großen Verlag (Lizenz per 50/50) unterzubringen (kenn ich einige Autoren, die genau diesen Weg gegangen sind). Und beim nächsten Buch kann der Autor direkt bei dem Verlag ankommen. Und die Autoren, die nicht in Lizenz unterkommen, haben trotzdem bei der nächsten Verlagsbewerbung große Chancen beim Großen.

All das ist natürlich bei Selbstverlegern eher selten der Fall. Während für viele aktive Kleinstverlage 300 Verkäufe recht unproblematisch ist, kommen Selbstverleger nur selten über die magische Zahl 75 hinaus (bei Printverkäufen).
Was bedeuten würde, dass sich der Selbstverleger von der Printfassung im Schnitt das 4-fache Honorar gönnen müsste. Oder mal in Euros - statt 1 Euro müsste der Selbstverleger 4 Euro pro Buch verdienen.
Wohlgemerkt, es geht hier um Romane im Phantastikbereich. In anderen Genres oder in Nischen kann das ganze schon ganz anders aussehen, bzw. es sich noch mehr lohnen, zu einem Verlag zu gehen (beispielsweise Lokalkrimis) oder noch weniger lohnen, zu einem Verlag zu gehen (beispielsweise Lyrik).

Bei Ebooks sieht es anders aus (dank des Preisvorteils, den Selfpublisher vor Verlagen nunmal haben), aber auch da wissen große Verlage, das ein tolles Ranking nicht gleichbedeutend ist mit großen Verkäufen. Denn die Kostenlos-Downloads gehen sowohl in die Rankings als auch in die Novelrank-Verkaufszahlen ein. Und sind damit unrelevanter, als eine Kleinanzeige aus dem Jahre 1921. Denn Kostenlos-Downloads sagen gar nichts aus. Deswegen werden Lizenzen für Nur-Ebooks von unbekannten Autoren in Deutschland quasi nicht vergeben.


Vielleicht folgendes konkretes Beispiel: 96 Seiten, Kunstdruckpapier (ein Outdoorhandbuch), Spiralbindung, VK 12,90 Euro.
Dann könnte ich mit meinen Einnahmen vergleichen und mal sagen, wie viele mehr ich im Kleinverlag verkaufen müsste, damit ich mehr übrig hab.
Also nur kurz zwischendurch - ich wollte hier keine Kluft aufreißen, sondern lediglich eine sachliche vergleichende Sammlung von Argumenten anschubsen. Und auf gar nicht keinen Fall wollte ich das teilweise herausragende Engagement von ausgesuchten kleinen Verlagen herabwürdigen!Mit einer sehr zeitaufwändigen Kampagne habe ich in den ersten 6 Monaten vierstellige Verkaufszahlen erreicht. Im Zuge von derneuebuchpreis.de habe ich dann etwa verdoppelt, wobei ich da auch wirklich viel Arbeit in soziale Netzwerke gesteckt habe. Aktuell engagiert sich mein Druckdienstleister für mich (und andere ausgewählte Autoren) durch Versand von Infomaterial an mögliche Kunden und Rezensenten, Marketing-Coaching, Hilfe bei der Überarbeitung meiner Online-Präsenzen (Webseite, youtube Kanal, Facebook, Twitter...), Vermittlung von Artikeln an Presse/Rundfunk/Fernsehen und das Einstellen von Facebook-Ads.
Weil ich für ein neues Projekt aber trotzdem überlege, ob es in einem Verlag besser aufgehoben wäre - gibt es diesen Thread.Ja, das sagst du ja auch direkt danach: beim Publikumsverlag bin ich natürlich noch viel stärker an Vorgaben gebunden, aber natürlich wird auch ein Kleinverleger mir Vorgaben machen, denn schließlich erscheint das Buch mit seinem Logo und darum gebührt ihm auch die letzte Wahl. Wenn er mich beteiligt (in der Regel mehr als bei Publikumsverlagen), dann ist das schön, aber faktisch habe ich niemals die völlige Freiheit, wie im Selbstverlag. Der Vergleich war ja lediglich: Kleinverlag/Selbstverlag. Und dass daraus andere Nachteile entstehen, steht dann ja im Selbstverlag dabei. Weil sich natürlich auch viele übernehmen, in dem was sie glauben selbst zu können.Ich hab auch das unter "vielleicht" bereits einsortiert - obwohl ich gar nicht hundertprozentig überzeugt bin, dass es viele erfolgversprechende Werbemöglichkeiten gibt, die dem Selbstverleger komplett verbaut sind.  Das zählt nicht - das gibt es auch unter Selbstverlegern, meinem Gefühl nach sogar intensiver.
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pink_paulchen

Zitat von: treogen am 23. März 2013, 15:26:42
Bei allem, was sich über 500 mal verkauft hat, besteht übrigens eine mittelgroße Wahrscheinlichkeit, dieses Buch im Anschluß noch in einer Lizenz bei einem großen Verlag (Lizenz per 50/50) unterzubringen (kenn ich einige Autoren, die genau diesen Weg gegangen sind). Und beim nächsten Buch kann der Autor direkt bei dem Verlag ankommen. Und die Autoren, die nicht in Lizenz unterkommen, haben trotzdem bei der nächsten Verlagsbewerbung große Chancen beim Großen.
Echt? Das ist ein spannender Punkt, der noch gar nicht auf meinem Schirm gelandet war. Und der Kleinverleger kriegt dann vom Publikumsverlag eine Einmal-Ablöse? Oder er verdient an der Auflage ein paar Prozent mit? Wie geht denn sowas? Oder heißt "50/50", dass der Gewinn zwischen Kleinverlag/Publikumsverlag und Autor aufgeteilt wird?
Wenn ich mir aber die Autoren ansehe, die ich so lese - dann verschweigen die entweder frühere Kleinverlagsveröffentlichungen unter einem Pseudonym, oder ich hab einfach zufällig solche noch nie recherchiert.
Wie kommt denn so ein Kontakt zustande? Gehen Publikumsverlage auf Kleinverlage zu und sagen: hey, du verkaufst ja xy ganz prima - sollen wir da kooperieren? Oder ist es andersrum? Dass der Kleinverlag fragt?

treogen

Grr - schöner Beitrag ... weg!  :brüll:

Zitat von: pink_paulchen am 23. März 2013, 15:34:12
Oder heißt "50/50", dass der Gewinn zwischen Kleinverlag/Publikumsverlag und Autor aufgeteilt wird?

Jepp, das heißt es. Möglich ist alles zwischen 10 und 90 %, durchgesetzt haben sich 50%.

Zitat von: pink_paulchen am 23. März 2013, 15:34:12
Wenn ich mir aber die Autoren ansehe, die ich so lese - dann verschweigen die entweder frühere Kleinverlagsveröffentlichungen unter einem Pseudonym, oder ich hab einfach zufällig solche noch nie recherchiert.

Mhh. ok - 3 Sekunden nachgedacht, 3 Beispiele gefunden.

1.) Tanya Carpenter. Tochter der Dunkelheit erschien erst im Sieben Verlag, 2 Jahre später verkauften die die Lizenz an Diana (Random House). Obs gleich zu Diana geklappt hätte? Oder mit einer Selbstverleger-Vergangenheit? Unwahrscheinlich.
2.) Oliver Plaschka. Debüt bei Feder & Schwert, der 3. Roman kam bei Klett-Cotta heraus. Ob der als Selfpublisher von Klett-Cotta genommen worden wäre? Wahrscheinlich wäre er nicht mal bekannt genug geworden, den Deutschen Phantastik Preis zu gewinnen.
3.) die Orgel-Brüder. Kurzgeschichten-VÖs in Kleinverlags-Anthos (unter anderen in meiner Klabauterkatze). Danach Debüt-Roman aus der Kalten bei Piper. Ob es ohne den Lerneffekt und die Motivation durch die Kleinverlags-VÖs geklappt hätte? Ich weiß es wirklich nicht.

Sicher, wenn ich im von dir im ersten Thread zitierten Aavaa Verlag veröffentlicht hätte, dann würde ich das auch verschweigen.
Aber wenns jemand wie F&S, Wurdack oder Atlantis wären - ich wäre stolz.

Zitat von: pink_paulchen am 23. März 2013, 15:34:12
Oder ist es andersrum? Dass der Kleinverlag fragt?

Der Kleinverlag wird aktiv.
Und hat dabei natürlich nochmal eine ganz andere Handhabe, als ein Autor.

Allgemein kann man sagen, dass Verleger ein unwahrscheinlich gutes Netzwerk haben. Ein besseres, als vielen Autoren bewußt ist.
Genauso, wie sich Verleger darüber austauschen, dass der Autor einfach unmöglich ist und im Lektorat sich komplett querstellt und man diesen deswegen auch gar nicht in die nähere Auswahl einbeziehen sollte, genauso tauschen sie sich über Chancen oder erfolgreiche Projekte aus.
Und schwupps, schon passieren einfach irgendwelche Dinge.
Beispielsweise vor 2 Jahren, als sich einfach aus dem Nichts heraus ein amerikanischer Verlag bei einer mir befreundeten Verlegerin (die leider mittlerweile aufgegeben hat) gemeldet hat und eine KG in einer amerikanischen Antho haben wollte. Klar, mehr als je ein Belegi für Verlag und Autor war nicht drin - aber heee: Kurzgeschichte. Nach Amerika.
Oder beispielsweise vor 2 Wochen - da habe ich mich mit Ernstl vom Wurdackverlag unterhalten. Rausgekommen ist was ganz witziges, nämlich die Überlegung, in einem Bereich, in dem wir beide noch Lücken haben, uns zusammentun werden. Was draus wird, ist eine andere Frage - aber wenn es wird, wirds für die betroffenen Autoren megageil. Und nein, ein Selfpublisher hätte das definitiv Probleme, in dem Bereich was zu machen.
Oder auf der LBM - wurden wir von einem Verlag angesprochen. Man fände unser Programm geil und wolle es mehr pushen und damit für unsere Bücher was aufziehen. Kosten? Null Euro, wenn für uns was rauskommt, eine kleine Spende. An die Firma wäre kein Selfpublisher rangekommen, denn welcher Selfpublisher stellt sich mit seinem eigenen Kabinett auf die LBM?

Verlage machen grundsätzlich weitaus mehr, als wie man als (nichtinvolvierter) Autor sieht. Das wird man erst erkennen, wenn man bei einem engagierten Kleinverlag unter Vertrag ist.
Aber so ist das halt - viele reden nicht über das, was hinter den Kulissen abläuft. Sie müssen es auch nicht. Denn der Erfolg gibt den beständigen recht: Sie werden auch in Zukunft genügend gute Autoren bekommen. Auch ohne "Wir machen am meisten für unsere Autoren"-Werbung. Das kann man sich nämlich wirklich schenken und stattdessen lieber "Wir machen die besten Bücher"-Werbung ordern. Da haben die Autoren, die man unter Vertrag hat, mehr davon.
www.verlag-torsten-low.de

Phantastik vom Feinsten

Grummel

ZitatAuch ohne "Wir machen am meisten für unsere Autoren"-Werbung. Das kann man sich nämlich wirklich schenken und stattdessen lieber "Wir machen die besten Bücher"-Werbung ordern. Da haben die Autoren, die man unter Vertrag hat, mehr davon.
Ein sehr wahres Wort. :jau:
"Kaffee?"
"Ja, gerne."
"Wie möchtest du ihn?"
"Schütte ihn mir einfach ins Gesicht!"

Ryadne

Zitat von: pink_paulchen am 23. März 2013, 15:34:12
Wenn ich mir aber die Autoren ansehe, die ich so lese - dann verschweigen die entweder frühere Kleinverlagsveröffentlichungen unter einem Pseudonym, oder ich hab einfach zufällig solche noch nie recherchiert.

Eigentlich gilt das auch für einige Ex-Otherland-Autoren, oder? Also Stephan R. Bellem, Robin Gates und so. Wobei der Fall da nochmal anders liegen mag, weil Ueberreuter den Verlag einfach komplett übernommen hat.

Fianna

Hab auch eins: Melanie Metzenthin, "Die Sündenheilerin", Historischer Roman bei Piper, vorher Anthos z.b. beim Wurdack.

Alana

Ein sehr bekanntes Beispiel ist Eragon. Wenn ich mich recht erinnere, hatte die Eltern des Autors das Buch selbst verlegt und sind damit durch die Schulen gezogen, bis es von einem großen Verlag gekauft wurde.
Alhambrana