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Kleinverlag vs. Selbstverlag

Begonnen von pink_paulchen, 16. März 2013, 18:38:08

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pink_paulchen

Ich bin nicht hundertprozentig sicher, ob hier der richtige Platz für dieses Thema ist - hier würde ich es aber suchen.

Ich frage mich, vor allem angesichts der zunehmend interessanteren Konditionen und einiger aktueller Erlebnisse, die andere hier berichten: warum will man sich überhaupt noch die aufwendige Verlagssuche antun?
Dieser ganze Post ist bewusst provokant, um meine Gedanken zu verdeutlichen. Eigentlich sehe ich das nicht so dramatisch und verstehe beide Seiten. Aber so bietet das Thema breitere Angriffsfläche für eure Meinung.

Wir stellen uns einen Autor mit beendetem Werk vor. Natürlich ist das Werk ganz ok, aber es wird wohl kein neues Lied von Eis und Feuer. Aber unser junger Autor ist absolut überzeugt, dass es zwischen Buchdeckel gehört, es ist sein Baby, er glaubt, dass die Welt es lesen will!
Voraussetzung, damit mein Post kein Quark ist: dieser Autor ist hochengagiert und hat auch Lust und Zeit sich zu kümmern - und zwar in beiden Fällen.
Nehmen wir weiter an, das er trotzdem nicht an Agenturen vermitteln konnte. Wir sind uns einig, dass das nichts über die Qualität aussagen muss. Vielleicht war es die falsche Zeit, oder die falsche Bewerbung oder ein unbeliebtes Subgenre. Der Weg zu Publikumsverlagen ist damit jedenfalls nahezu verbaut. Bleibt ihm die Wahl das Werk selbst zu verlegen oder einen engagierten Kleinverlag zu finden.
Ich gewinne mehr und mehr das Gefühl, dass ein Kleinverlag allerdings mehr Nach- als Vorteile bringt. (Achtung, Kleinverlag. Natürlich sieht es anders aus, wenn Heyne einen Erstling druckt)
- Zunächst mal steckt er eine Menge Zeit und Arbeit in Recherche und Bewerbung. Schließlich wird erwartet, dass das Werk ins Programm passt und die Bewerbung den konkreten Vorgaben genügt. Häufig hagelt es einige Absagen, bevor es doch klappt. Ich könnte mir vorstellen, dass in der Regel schon in dieser Phase die große Anfangseuphorie stark gedämpft wird.
- Dann wird er eventuell unter Vertrag genommen und ein langwieriger Entstehensprozess beginnt. Wenn es gut läuft, bekommt er ein tolles Lektorat, gefühlt häufiger ist das allerdings Durchschnitt. Will sagen: jemand aus dem Verlag, der sich berufen fühlt, liest das Buch und gibt seine Meinung dazu zurück. Meiner Meinung nach viel zu oft, ist es noch schlimmer: es findet gar kein Lektorat statt, oder das Werk wird sogar verschlimmbessert (im Sinne von: Fehler die keine sind, werden "korrigiert")
- In jedem Fall geht all das nicht von heute auf morgen. Das liegt natürlich daran, dass Kleinverlage nicht beliebig große personelle Ressourcen und gleichzeitig begrenzte Plätze für neue Veröffentlichungen haben.
- Das Buch erscheint dann, wenn es gut läuft mit ISBN und wird beworben. Dieser Faktor ist jedoch von Verlag zu Verlag wirklich dramatisch unterschiedlich. Manche kleinen Verlage tun quasi kaum etwas, andere reißen sich ein Bein aus und organisieren Lesungen, kümmern sich um Rezensionen und pflegen intensive Kontakte zu möglichen Lesern.
- Das letzte Problem ist der Verkaufspreis - ich verstehe, dass man mit kleinen Auflagen bei Druckereien auch keine Granatenpreise bekommen kann. Wenn jedoch ein 200 Seiten dünner Roman als Softcover 14,95 Euro kostet, dann nützt das Beinausreissen aus dem vorigen Punkt mal nix mehr.
- Es kann natürlich auch dramatisch schief gehen: der Vertrag wird von der Gegenseite ungünstig ausgelegt oder die Umsetzung gefällt einem nicht (ebook statt Print, Cover ist hässlich...). Auch die Abrechnung des Honorars läuft ja nicht immer automatisch so, wie sich der junge Autor das gewünscht hat. Trotzdem ist er für eine gewisse Zeit an den Verlag gebunden.

Ich fasse mal bewusst negativ zusammen: es vergeht in jedem Fall viel Zeit, wenn es ganz gut läuft hat man den Vorteil der Werbung und des Lektorats.

Im anderen Fall würde der junge Autor direkt selbst tätig. Er nähme Zeit und Energie statt für die Bewerbung und Verlagssuche und würde sich um ein Lektorat kümmern. Dafür zahlt er etwas, klar. Wobei man auch böse sagen könnte: 3 Tintenzirkelbetas sind schon mehr als manches Lektorat.
Er sucht sich Unterstützung für Cover und Satz/Layout und mit der ersten Euphorie ist das Werk fertig, bevor eben diese Euphorie verpufft.
Den Rest seiner Begeisterung für das Werk steckt er in Werbung.
Ich behaupte mal (aus eigener Erfahrung): Wenn das Buch taugt, und der Autor engagiert und überzeugt ist, dann kriegt er damit die investierten Einstiegskosten immer wieder heraus. Ich glaube ein Indie hat den Vorteil immer eine Spur verliebter in sein Buch zu sein, weil er eben alles an dem Ding selbst entschieden hat. Wie das Cover aussieht, welches Papier, welche Schrift, jedes Wort und schließlich auch den Preis.
Auch hier kann es dramatisch schief gehen. Dann kauft niemand das Buch. Er hat die Zeit und das Geld für die Veröffentlichung dann in den Wind geschossen - mehr nicht.
Meistens läuft das aber so: sein 200 Seiten Roman erscheint nach kurzer Zeit für 7 oder 8 Euro, er macht alle Bekannten/Verwandten/Freunde verrückt damit und reißt sich ein Bein aus. Er hat dann schon nach der ersten Werbewelle seine Investitionskosten wieder drin. Millionär ist er erstmal nicht, im Buchladen gibts ihn vermutlich auch selten. Aber einige wenige schaffen den Sprung von da zum Bestseller - oh, Moment. Das war doch drüben auch so? Das es nur einige wenige schaffen? ;)

Seht ihr das ein wenig so wie ich? Oder ist das alles Quatsch und ein selbstverlegtes Buch hat immer den Beigeschmack "Wollte halt niemand"?
Während ich das hier geschrieben habe, komme ich zum Schluss: je engagierter der junge Autor ist, desto sinnvoller scheint mir der Selbstverlagsweg zu sein. Dort kann er all sein Engagement ausleben und erlebt unmittelbar und direkt das Feedback.

*edit* nach dem posten auf facebook unterwegs finde ich diesen Beitrag:
ZitatSibylle Meyer
Ich bin gebeten worden, etwas über meine Erfahrungen mit AAVAA zu schreiben; das möchte ich jetzt hier gerne tun. Gleichzeitig stelle ich euch mal den zweiten Band von MIstakes vor.
Also AAVAA ist eigentlich kein schlechter Verlag. Sie sind dort aufgeschlossen und du hast zu keiner Zeit das Gefühl, dass sie versuchen dich zu übervorteilen. Allerdings, und das ist eben das Problem mit kleinen Verlagen, können sie die Bücher nur überteuert auf den Markt bringen. Im Falle von MIstakes heißt das: ich musste den Roman in zwei Teile teilen, was ich eigentlich nicht mochte. So sind es dann gerademal so um die 200 Seiten, die den stolzen Preis von 11.95 als Taschenbuch kosten. Zum zweiten ist der Nachteil, dass dort niemand deine Bücher lektoriert oder auch nur auf Tipp- bzw. Schreibfehler untersucht. Das alles bleibt beim Autor hängen. Also ganz genauso wie es auch bei KDP ist. Dafür wäre das Autorenhonrar aber bei KPD bei weitem höher.Die zweite, für mich durchaus negative Sache ist die, dass Kleinverlage wie AAVAA auch keine Werbung für dein Buch machen. Auch hier bleibt die gesamte Arbeit am Autor hängen, und die Buchläden wissen genauso wenig von deinem Buch, als wenn du es direkt selbst verlegst. Kurzum, ich versuche jetzt meine Bücher lieber als Indie herauszubringen. Mit den "normalen" Buchpreisen verkaufen sie sich einfach besser! Aber das bleibt schließlich jedem selbst überlassen. Wenn jemand andere Erfahrungen mit Kleinverlagen gemacht hat, wäre es super, wenn er das hier mal posten würde.
http://www.aavaa.de/mistakes-2-pdf?keyword=mistakes&category_id=0
Quelle

Runaway

Ich habe mir letztens auch noch ähnliche Gedanken gemacht. Konkret ging es um mein Fantasy-Epos, das schon ewig in der Schublade liegt und da nicht immer liegen soll, denn das Ding ist gut, aber eben High Fantasy und da rennen die Verlage ja im Moment schreiend weg.
Hab ich dann nämlich auch getestet: Ich hab einen Kleinverlag angeschrieben (natürlich ist das nicht repräsentativ, ich weiß, aber zu mehr kam es nicht mehr) und die Reaktion war: Schöne Idee, gut umgesetzt, aber High Fantasy geht ja gar nicht.

Kann ich mir nix für kaufen! Und da ich in der Vergangenheit sowohl Books on Demand als auch Kleinverlag schon mal ausprobiert habe, muß ich sagen: Ich würde jederzeit wieder Selfpublishing bevorzugen.
Wieso? Weil BoD gut umsetzbar war und ich meine Kosten wieder reingeholt hab (360 Euro waren das seinerzeit), ich hab Erfahrungen gesammelt und hatte das befriedigende Erlebnis, etwas zwischen Buchdeckel zu pressen, das sogar gelesen wird. Nicht oft, aber immerhin!
Mit meinem (unseriösen) Kleinverlag hingegen bin ich böse auf die Schnauze gefallen: Ein Text wurde nach drei Jahren ohne Druckfreigabe gedruckt, ich hab nicht mal eine Ausfertigung unseres Vertrages zurückerhalten, im Text waren Fehler (das Lektorat war ein böser Witz) und die Materialqualität war auch nicht sooo doll.
Das hab ich mit BoD alleine besser hingekriegt und die Hammer-Verkäufe sind auch nicht dabei rumgekommen. Nicht zu vergessen, daß ich nie Tantiemen bekommen habe.

Natürlich sind nicht alle Kleinverlage so. Aber ich hab ja letztens mal CreateSpace ausprobiert und muß sagen: Das toppt BoD. Würde ich noch mal Indie-Publishing mit Buchdeckeln und nicht digital anstreben - ich würde es über CreateSpace machen. Einfach weil einem auch kaum Kosten entstehen und die Qualität der Bücher wirklich spitze ist. Der Herstellungspreis ist auch top. Ich hab 700 Seiten für gut 8 Euro gekriegt - BoD konnte damals 300 nicht unter 12 Euro.
Werbung machen kann man auch alleine ganz gut - und dann läuft die Kiste doch. Oder man geht eben wirklich gleich den digitalen Weg und versucht es mit einem günstigen ebook. Da gibt's ja auch diverse Erfolgsgeschichten.

Natürlich gilt das alles für Sachen, die man eben anderweitig nicht unterbringt. Und ich hab wegen meinem Epos keine weiteren Verlage mehr angeschrieben, weil meine Agentur es jetzt erst mal prüft. Und was da noch alles kommt, muß ich jetzt sehen.

Luna

#2
Zitat von: Dani am 16. März 2013, 19:19:05
Hab ich dann nämlich auch getestet: Ich hab einen Kleinverlag angeschrieben (natürlich ist das nicht repräsentativ, ich weiß, aber zu mehr kam es nicht mehr) und die Reaktion war: Schöne Idee, gut umgesetzt, aber High Fantasy geht ja gar nicht.
Ich kenne mich zwar nicht aus, aber nach allem, was ich gehört und mitbekommen habe, ist dieses High Fantasy Bashing bei vielen Verlagen und Agenturen wohl gang und gebe. Genau solche Sprüche machen mich immer verdammt wütend :brüll:. Das ist der Grund, warum ich auf solche Verlage/Agenturen nicht allzugut zu sprechen bin. Es ist nur dann leider so, dass ich mich für Selfpublishing auch verdammt gut selbst vermarkten müsste und ich fürchte, dass ist noch sowas, was mir überhaupt nicht liegt  :seufz:. Aber sollte ich jemals in diesem Leben soweit sein, dass ich mal ans Veröffentlichen denken kann, würde ich eindeutig auch Create Space oder diese Amazon eBooks bevorzugen, statt an High Fantasy abgeneigte, bzw. nur auf den Markt schielende Türen zu klopfen. Na ja, ich sehe wohl im Moment wieder viel zu schwarz.

Runaway

Vielleicht tust du das wirklich. Ich hab, mit dieser Erfahrung im Hinterkopf, beim ersten Telefonat mit meiner Agentur angefragt, ob die sich vorstellen könnten, auch das Fantasy-Epos zu vertreten.
Und soll ich dir was sagen? Das Interesse war da! Da kam überhaupt kein Bashing, im Gegenteil.
Was dabei rauskommt, weiß ich natürlich noch nicht, sie gucken es sich jetzt erst mal an.

Luna

Das wäre echt toll :). Dann drücke ich Dir mal kräftig die Daumen :jau:. Ich habe erst letztens nur hier irgendwo wieder etwas gelesen von wegen wir schauen sehr auf Marktauglichkeit. Einerseits verständlich, die müssen sich eben auch über Wasser halten, andererseits ist mir das doch irgendwie unangenehm aufgestoßen. Ich kann es mir auch nicht so genau erklären.

Ryadne

Seitdem die Selbstverleger in meinem Umfeld nur so aus dem Boden sprießen, habe ich mir diese Frage auch manchmal gestellt, aber für mich finde ich den Kleinverlagsweg derzeit am besten und ich bin froh, ihn gewählt zu haben. Ich muss dazu sagen, dass ich mich mit dem Thema Selbstverlag nicht intensiv auseinandergesetzt und nicht alle Möglichkeiten durchgerechnet habe. Aber die Vorteile eines Kleinverlags sind für mich bislang:

1. Ich muss nicht von allem Ahnung haben und auch nicht bereit sein, mich mit allem auseinander zu setzen. Stattdessen werde ich automatisch in die Materie eingeführt und kann das Fachwissen und die Erfahrung des Verlegers mit meinem eigenen Know-How verbinden, um es mal idealtypisch auszudrücken.

2. Sicher verfügt auch die Selbstverleger-Szene über ihre eigenen Netzwerke, aber durch den Verlagskontakt habe ich einige neue und hilfreiche Kontakte aufgebaut, die ich nicht missen möchte - angefangen beim Verlag selbst.

3. Ob nun zu Recht oder zu Unrecht, auf mich wirkt es, als es mache es immer noch mehr Eindruck, wenn man sagen kann, dass man in einem Verlag veröffentlicht. Allein in meinem nicht besonders literarisch orientierten nicht-virtuellem Umfeld gibt es eine Handvoll Leute, die im Selbstverlag Bücher rausgebracht haben, aber wenn man sagt, dass man in einem Verlag veröffentlicht, sorgt das schon noch für ein zusätzliches "Oh!", auch wenn es z.B. um Lesungen geht. Und ich vermute, dass es bei zukünftigen Agentur- oder Verlagsbewerbungen auch besser ankommt... kann mich da aber auch irren, die Selbstverlegerei wird angesehener, vielleicht wird das bald schon sogar als sehr positiv angesehen. Auch manche etablierte Autoren wie z.B. Kai Meyer machen sich dafür inzwischen ja zumindest in Teilen stark.

4. Zumindest bei meinem Erstling brauche ich einfach auch die Bestätigung, dass das Werk einem Verleger gut genug gefällt, dass er das Risiko einer Veröffentlichung eingeht. Das mag jetzt blöd klingen, aber es gibt mir einfach eine mentale Rückversicherung, dass ich mit meinem persönlichen Geschmack nicht total schief laufe, wenn ihr versteht, was ich meine. Klar mag ich es selbst gerne und es gab auch überzeugte Betaleser, aber eine Bestätigung von jemanden zu bekommen, der bereit ist, sich zeitlich und finanziell in das Werk reinzuhängen, ist eine ganz andere Sache.

Bei alldem ist mir natürlich bewusst, dass man mit einer Kleinverlagsveröffentlichung auch auf die Nase fallen kann und mag sein, dass ich meine Meinung irgendwann ändere, wenn ich mehr Erfahrung habe. Aber derzeit würde ich für längere Veröffentlichungen auf jeden Fall wieder den Weg einer (Klein-)Verlagsveröffentlichung wählen, solange es mir möglich ist.

Was Aavaa angeht: Nach allem, was ich von diesem Verlag gehört und persönlich mitbekommen habe, würde ich nicht sagen, dass man den als repräsentativ für einen Kleinverlag ansehen sollte. Siehe dazu auch den Thread hier. Als ich mich selbst bei Aaavaa beworben habe, war mir auch von Anfang an klar, dass wenn ich mich für diesen Weg entscheide, ich bereit sein muss, sehr viel selbst zu leisten.

pink_paulchen

Das mit dem Erstling finde ich tatsächlich ein gutes Argument - wenn man da von jemandem die Bestätigung bekommen hat, dass es ein schönes Buch ist, fühlt man sich auf jeden Fall wohler, als wenn man ohne Erfahrung direkt und alleine den Sprung ins kalte Wasser wagt.
Aber andersherum: hey, wenn es dann mit dem Erstling im Selbstverlag plötzlich total toll klappt: dann ist das Glücksgefühl auch heftiger glaub ich :)

Cairiel

Zitat von: pink_paulchen am 16. März 2013, 20:43:15
Das mit dem Erstling finde ich tatsächlich ein gutes Argument - wenn man da von jemandem die Bestätigung bekommen hat, dass es ein schönes Buch ist, fühlt man sich auf jeden Fall wohler, als wenn man ohne Erfahrung direkt und alleine den Sprung ins kalte Wasser wagt.
Aber andersherum: hey, wenn es dann mit dem Erstling im Selbstverlag plötzlich total toll klappt: dann ist das Glücksgefühl auch heftiger glaub ich :)
Das glaube ich nicht. Ich glaube nicht, dass man es an der Art der Veröffentlichung festmachen kann, wie glücklich man beim Erstling ist. Über die Veröffentlichung (sofern sie reibungslos verlaufen ist) freut man sich vermutlich immer, bei einem unerwarteten Erfolg ebenfalls. Da ist es denke ich völlig egal, ob im Selbstverlag oder Kleinstverlag erschienen.

Das Thema beschäftigt mich zugegebenermaßen auch schon länger. Ich habe derzeit zwei Manuskripte, bei denen für mich eine Selbstveröffentlichung infrage käme: Nummer eins lehnen die Verlage ab, da schwieriger Stoff, ich selbst bin allerdings davon überzeugt - übrigens auch die, die es ansonsten bisher zu lesen bekommen haben.
Bei Nummer 2 fällt die Werbung als Verlagsleistung weg, weil es schon anderweitig beworben wird/wurde. Bleibt nur noch das durchschnittliche Lektorat - und, was eingangs in meinen Augen vergessen wurde - die Abnahme des finanziellen Risikos.

Das ist auch der Grund, warum ich mich letztendlich dazu entschieden habe, mich mit letzterem an einen Verlag zu wenden. Ich kann und will es mir als relativ mittelloser Student, der sich wackelig halbwegs auf eigenen Beinen hält, nicht leisten, in finanzielle Vorleistung zu gehen. Da ist es mir im Moment noch lieber, ich bekomme hinten raus weniger, muss aber nichts zahlen. Selbst bei einer EBook-Veröffentlichung brauche ich immer noch ein vernünftiges Cover und eventuell ein Lektorat.
Ganz zu schweigen davon, dass ich es mir sparen kann, mich mit dem Selbstveröffentlichungskram auseinanderzusetzen. Wie Ryadne in ihrem ersten Punkt schrieb, kann ich mich zurücklehnen und vieles den Verlag regeln lassen. Gerade in meinem speziellen Fall, wo auch noch so etwas wie eine Co-Autorenschaft vorliegt, die das Ganze komplizierter macht, ist mir das eine Erleichterung. Ich habe, so zumindest mein Gefühl, den Kopf freier und kann mich mehr aufs Schreiben konzentrieren.

Wie es mit dem anderen Werk aussieht, weiß ich noch nicht. Vielleicht werde ich da sogar den Selbstveröffentlichungsweg gehen, nur um es mal ausprobiert zu haben - und um das in meinen Augen durchaus lesenswerte Manuskript doch noch aus der Schublade zu bekommen.

Churke

Wenn man die Leute in der Kulturredaktion auf eine Besprechung anspricht, kommt immer erst mal die Frage: "Was issen das für nen Verlag?"  ::)
Nun ist ein Kleinverlag wahrscheinlich nicht das, was man dort hören möchte. Aber ich glaube, gefühlsmäßig provoziert "Selbstverlag!" ein "Wa? Schon wieder einer?"

Meine Meinung über Redakteure ist nicht die beste, wie man vielleicht merkt. Aber das ändert nichts daran, dass man auf solche mehr oder weniger Leute angewiesen ist.

Und schließlich ist Verlegen eine kaufmännische Tätigkeit. Auch ein Kleinverlag hat seine Vertriebskanäle, über die er ein paar hundert Stück absetzen kann. Im Selbstverlag musst man den ganzen Laden selbst schmeißen. Das fängt ja schon mal bei der Frage an, wer das lektoriert (und wenn nur die Fehler raus müssen) oder photoshoppen kann. Wer hinter jede Liste einen Haken setzen kann, dem wünsche ich viel Erfolg im Verlagsgeschäft.  :engel:

Runaway

Zitat von: pink_paulchen am 16. März 2013, 20:43:15
Das mit dem Erstling finde ich tatsächlich ein gutes Argument - wenn man da von jemandem die Bestätigung bekommen hat, dass es ein schönes Buch ist, fühlt man sich auf jeden Fall wohler, als wenn man ohne Erfahrung direkt und alleine den Sprung ins kalte Wasser wagt.
Aber andersherum: hey, wenn es dann mit dem Erstling im Selbstverlag plötzlich total toll klappt: dann ist das Glücksgefühl auch heftiger glaub ich :)
Nee, so hab ich damals mit meinem BoD-Erstling nicht gedacht. Mein Gedankengang war eher andersherum: Mir war klar, wie schwer es ist, einen Verlag zu finden. Und daß man sich dabei blutige Nasen holen kann, obwohl man gute Arbeit geleistet hat. Damals hatte ich auf diesen Frust keine Lust. Ich wollte lieber im Alleingang einen Text auf den Markt werfen, um von den Lesern zu erfahren, ob der was taugt oder nicht.
Und meine Erfahrung war rundheraus positiv, auch wenn man den Freunde- und Bekannten-Bonus abzieht. Danach war ich gewappnet, um mir blutige Nasen zu holen.

Zitat von: Ryadne am 16. März 2013, 20:36:25
3. Ob nun zu Recht oder zu Unrecht, auf mich wirkt es, als es mache es immer noch mehr Eindruck, wenn man sagen kann, dass man in einem Verlag veröffentlicht. Allein in meinem nicht besonders literarisch orientierten nicht-virtuellem Umfeld gibt es eine Handvoll Leute, die im Selbstverlag Bücher rausgebracht haben, aber wenn man sagt, dass man in einem Verlag veröffentlicht, sorgt das schon noch für ein zusätzliches "Oh!", auch wenn es z.B. um Lesungen geht.
Die Erfahrung hab ich nicht gemacht. Solange nicht Heyne, Lübbe, dtv oder sonstwas draufsteht, beeindruckt das in meinem Umfeld irgendwie kaum einen, weder BoD noch Kleinverlag.
Allerdings wissen die meisten auch überhaupt nicht, daß es neben Heyne, Lübbe und dtv auch noch was anderes gibt ...  :omn:

Kaeptn

#10
Ich denke die wesentlichen Punkte wurden genannt. Wer sich selber verlegen will muss
a) Lust, Zeit und Talent(!) haben, sich um alles selber zu kümmern
b) ein Selbstvermarktungstalent haben
c) Geld zu investieren (und ggf. auch zu verlieren) bereit sein

Ich bin ja bei 2 Kleinverlagen und man darf einfach nicht unterschätzen, was die alles leisten. Lektorat, Korrektorat, Satz, Cover, Auslieferung uswusf und vor allem Investition. Neben der Investition in Illustrator (bei mir Cover und Karte) ist das vor allem der Druck und ggf. Werbemittel. Der Verlag trägt das gesamte finanzielle Risiko.
Man darf sich das "selber kümmern" auch nicht zu rosarot malen. Wenn man selber Dienstleister anheuert für Satz, Cover, Korrektorat, kann man mit denen auch jede Menge Ärger haben und nachher viel Geld für wenig Leistung bezahlt haben.

Und was den Printpreis angeht war BoD bei mir nie konkurrenzfähig und Bookshouse hat CreateSpace gerade gekickt, weil es Beschwerden wegen der Qualität der Bücher gab, von daher bin ich da auch skeptisch. Wenn überhaupt käme für mich nur eine eBook-Selbstveröffentlichung in Frage.

Man sollte seinen Kleinverlag mit Bedacht wählen, ich denke wir haben hier einige Kleinverleger im Forum, denen ich ohne Vorbehalte meine Geschichten anvertrauen würde und auch über Koios und Bookshouse kann ich hinsichtlich der Gestaltung der Bücher eigentlich nur Positives vermelden.
Aber wer davon träumt, dass sein Buch bei Thalia & Co in Stapeln zum Verkauf ausliegt, der wird weder mit Kleinverlegern noch als Selbstverleger glücklich und kann in beiden Fällen nur hoffen, dass es ein erster Schritt auf der Autorenkarriereleiter ist.

Maria

Also ich bin zuerst ein Verlags-suchender Autor. Für mich ist es aufgrund des Zeitdrucks durch meinen Brotberuf einfach Gold wert, wenn sich jemand anderer um Lektorat, Satz, Layout, ISBN und all das kümmert.
Ich habe bei Kleinverlagen gute wie schlechte Erfahrungen gemacht, meine beiden aktuellen Aeternica und Machandel-Verlag kann ich empfehlen, Arcanum bzw. Scratch derzeit eher weniger.
Ich habe auch schon an Selbstverlag gedacht (für meine Haiku zum Beispeil) oder falls ich wirklich mal ein Schubladenbaby habe, das mir am Herzen liegt, ich aber niergendwo unterbringe, aber meine beiden Schubladenroman sind Kinder/Jugend-Bücher und noch nicht aus der Betaphase heraus, daher ist die Frage im Moment nicht akut.


treogen

Darauf gibt es eine ganz eindeutige Antwort: kommt drauf an.

Auch heute noch spricht BoD (bzw. dessen Mutter Libri) von 15 Verkäufen je Titel und Jahr über BoD (wobei ausschließlich jene Titel gemeint sind, die auch wirklich kaufbar sind).
Dazu zählen alle Verkäufe: Tante Emma "Gedichte für den Strickabend am offenen Feuer" genauso wie Opa Erichs "Erinnerungen an Stalingrad", BoD-Bestseller und Titel von Verlagen, die über BoD drucken.
Und diese Zahlen sind meiner Meinung nach auf die gesamte Selfpublishing-Szene herunterbrechbar (Ausnahme: Ebooks).

Will ein Selbstverleger da nicht zum Durchschnitt gehören, muss er eine ganze Menge an Kompetenzen mitbringen, die ein Kleinverlagsautor nicht zwangsläufig braucht (zumindest nicht, wenn er an einen guten gerät).
Leider gibt es keinen Kleinverlage-TÜV, über dem man erfährt, ob der Verlag gut ist. Deswegen gibt es auch bei Kleinverlagen keine Garantie dafür, dass es nicht bei den obligatorischen 15 Exemplaren bleibt.

Allerdings gibt es ein paar Faktoren, anhand derer man als Autor das Risiko minimieren kann. Ein Verlag, der länger als 3 Jahre existiert, lebt wahrscheinlich nur deswegen noch, weil er bei der Verlagsarbeit nicht ganz schlecht ist.
Regelmäßige Veröffentlichungen über Jahre hinweg, verbunden mit einem ausgeprägten Profil deuten ebenfalls darauf hin, dass da kein Rookie am Werk ist.
Gleichzeitig ist das aber auch wieder das Manko. Solche Verlage haben recht schnell Stammautoren und die freien Programmplätze sind schon Jahre zuvor belegt (wir haben beispielsweise vor kurzem den letzten offenen Roman-Slot für 2015 vergeben und fangen langsam mit der Planung von 2016 an). Als Neuautor kommt man da teilweise genauso schwer rein, wie in größere Verlage.

Ich selbst habe ja ebenfalls als Selbstverleger gestartet. Es ist ein ziemlicher Schleif - anders kann man es wirklich nicht sagen. Ich habe es selbst unterschätzt (das gebe ich gerne zu). Mittlerweile habe ich mir einiges an Wissen angeeignet, einige Kontakte aufgetan, einige Vertriebskanäle erschlossen. Klar, 8 Jahre Dauerwerben müssen ja irgendwann mal Erfolg zeigen.
Deswegen belustigt es mich auch immer, wenn ich dann höre, dass man für das bissl, was Kleinverlage leisten, ja gleich selbstverlegen könnte - das kriegt man auch so hin. Ich kenne keinen frischstartenden Selbstverleger in der Phantastik-Ecke, der bereits aufgrund der Vorbestellungen 150 Printexemplare verkauft bekommt. So etwas kommt erst dann, wenn man Kontinuität beim Werben und Veröffentlichen zeigt.
Und genau da hapert es bei den meisten Selbstverlegern.
Wer seine ganze Kraft ins Vermarkten steckt, dem wird die Energie zum schreiben fehlen. Wer seine ganze Power ins Schreiben steckt, der kann beim Vermarkten nicht gut sein. Und wer beides so halbwegs betreibt ... naja, ihr kennt ja den Spruch mit den 2 Hochzeiten.
Das ist übrigens auch der Grund, warum "Dunkel über Daingistan 4" bis heute auf Eis gelegt ist. Ich habe mich entschieden - für das Verlegen und gegen das Schreiben. Wenn ich den Roman schreiben täte, würde der Verlag für 1 Jahr auf Sparflamme laufen. Und das wäre für unseren Verlag ein Image-Schaden, den ich nie wieder reparieren könnte.

Ein anderer Punkt, den startenden Selbstverlegern nur selten bewußt ist, ist der Freund-Faktor beim Erstling.
Der Erstling wird von vielen Bekannten, Verwandten, Freunden vielleicht noch gekauft, eingeschweißt und sicher verwahrt, auf dass er nach dem Tode des Verfassers mit Gold aufwiegbar wäre. Bei den Nachfolgern jedoch zeigen viele Freunde und Bekannte erstaunlicherweise oft absolutes Desinteresse.
"Ich hab doch schon was von dir." Den Satz hören Selbstverleger viel zu häufig. Wenn man dann nicht schafft, an ECHTE Käufer, ECHTE Leser, ECHTE Kunden zu kommen, dann wird das Selbstverlegen richtig ... traurig. Fast zum Heulen.
Genau an der Stelle kommt die Kompetenz von (seriösen, guten) Kleinverlagen zum Tragen. Sie agieren mit richtigen Kunden, sie rechnen nicht auf die Verwandtschaft.

Die Vorteile des Selbstverlages liegen auf der Hand:
Keine Verträge, die einen benachteiligen.
Kein Cover, welches einem mißfällt.
Kein Klappentext, hinter dem man nicht steht.
Man ist sein eigener Herr (nun - abhängig davon, was für eine Person man ist, kann das positiv oder auch negativ sein).

Selbstverlegen ist ein Abenteuer. Ein spannendes noch dazu. Und mittlerweile nicht mal mehr ein sonderlich kostspieliges.
Wer den Mut dazu hat, wer die Kompetenz dazu hat, wer es sich zutraut ... why not.
Es kann genauso schief gehen wie anderswo.

Wer wirklich selbst verlegen will, dem gebe ich einen Rat:
Seht euch als "Selbstständige" an. In dem Wort steckt nämlich, wie ihr es als Selbstverleger machen müsst.
"Selbst" und "Ständig".
Dann funktionierts auch.
www.verlag-torsten-low.de

Phantastik vom Feinsten

Bianca Jones

Guten Morgen!

Ich diskutiere über diese Thema wirklich oft mit meinem Mann (der für den Selbstverlag gerade im Bereich E-Book ist) und auch in einem Schreibseminar kam das Thema letztens auf. Ich fand den Gedanken der Selbstveröffentlichung anfangs auch sehr reizvoll - quasi als Plan B wenn gar nix anderes klappt - aber mittlerweile denke ich, ich bin da nicht der Typ für. Man muss viele Kontakte haben, um den Text gut vermarkten zu können. Und was ich noch wichtiger finde, ist das fehlende Lektorat bzw. das man wirklich sehr viel Geld für ein gutes bezahlen muss und das ist, wie Cairiel schon sagte ja auch Aufgabe des Verlags. Sicher kann man über die Qualität von Lektoraten allgemein streiten und vielleicht bin ich da auch noch naiv, aber für mich gehört dieser gemeinsame Überarbeitungsprozess, der die Geschichte im besten Fall noch besser macht, auch zu Schreiben dazu. Zumindestens stelle ich mir das so vor  ;) Aber ich bin immer wieder beeindruckt von Autoren, die das alles selbst geregelt bekommen!

Grüßle,
Bianca

FeeamPC

Dieses Selbstverlegen zumindest im Ebook-Bereich ist Rosinenpickerei- als Kleinverlag würde ich einen derartigen nur-print-Vertrag-und-dem-Autor-die- Ebook-Rechte-überlassen nicht machen, aus einem ganz einfachen Grund:
Um konkurrenzfähige Preise zu den Großverlagen zu haben, muss ich bei meinen Mini-Auflagen bei Print extrem knapp kalkulieren. Die Ebook subventionieren quasi den Print, ohne Ebooks hätte ich rote Zahlen.
Mag sein, dass das besser wird, wenn der Verlag genügend regelmäßig kaufende Fans hat, aber noch ist das nicht der Fall.
Heißt also, da ich den Verlag zwar aus Spaß, aber nicht aus lauter Menschenfreundlichkeit mache und doch am Ende ein kleines bischen verdienen möchte, dass ich von meinen Autoren beide Rechte brauche.
Und ich schätze, das dürfte auch einigen anderen Kleinverlagen so gehen.