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"Hobbyschreiber" und Professionalität?

Begonnen von Fianna, 03. September 2012, 12:35:36

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Zit

Zitat von: Pestillenzia am 04. September 2012, 16:02:36
So unterschiedlich sind die Wahrnehmungen. Ich finde an dem Begriff "Schreiberling" nichts Abwertendes oder Negatives und hätte gar keine Probleme, mich selbst so zu bezeichnen.

Die Endung -ling ist ja eine Verniedlichung. Warum verniedlicht man Dinge? Und warum verniedlicht man sich selbst? Ich verstehe die Beweggründe, warum man sich, gerade als frischer Nachwuchs, davor scheut, mit Leuten wie Eschbach in einen Topf zu werfen. Allerdings halte ich das trotzdem für keine zu fördernde Selbsteinschätzung. Nur weil ich keinen Bestseller geschrieben habe oder bisher etwas veröffentlicht, ist das, was ich schreibe, doch nicht weniger wert oder hat keine Daseinsberechtigung. (Gerade wenn viele von den Punkten, die Linda aufgeführt hat, auch auf mich zutreffen; genauso wie ich irgendwann anfing, meine Ideen zu sortieren wie Grey meinte.)
Und auch wenn man noch viel zu lernen hat, muss man sich doch nicht verstecken und sich selbst eine Art Welpenschutz geben. Auf Dauer führt das zu keine Weiterentwicklung, wenn man sich selbst nicht für voll nimmt. Vorallem: Warum sollten dann andere einen für voll nehmen?

(Das andere Extrem völlig von sich überzeugt zu sein, mag aber auch nicht so ultra-erstrebenswert sein. ;D)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Pestillenzia

Zitat von: Zitkalasa am 04. September 2012, 16:39:03
Die Endung -ling ist ja eine Verniedlichung.

Ein Neuling ist doch auch kein "kleiner Neuer". Pfrüflinge werden auch nicht verniedlicht und ein Findling ist ein verdammt großer Steinbrocken... ;D
Deshalb kann ich mich dem so nicht anschließen.

Thaliope

Der Duden sagt zum "-ling" Folgendes:

Zitatkennzeichnet in Bildungen mit Adjektiven – seltener mit Substantiven oder Verben – eine Person, die durch etwas (Eigenschaft oder Merkmal) charakterisiert ist
Beispiel
Konservativling; Seichtling

Mit der Verkleinerungsendung "lein" hat das vermutlich nichts zu tun.

Es wird in der Regel tatsächlich pejorativ, also abwertend benutzt. Der "Schreiberling" ist im Duden als jemand definiert, der viel und schlecht schreibt. Ich hatte immer den Eindruck, dass etwas Selbstironie mitschwingt, wenn man sich selbst als Schreiberling bezeichnet - dass man sich nicht so wichig, nicht so ernst nimmt. Und das finde ich wiederum ziemlich positiv :)

LG
Thali

Ary

Zitat von: Thaliope am 04. September 2012, 17:56:05
Es wird in der Regel tatsächlich pejorativ, also abwertend benutzt. Der "Schreiberling" ist im Duden als jemand definiert, der viel und schlecht schreibt. Ich hatte immer den Eindruck, dass etwas Selbstironie mitschwingt, wenn man sich selbst als Schreiberling bezeichnet - dass man sich nicht so wichig, nicht so ernst nimmt. Und das finde ich wiederum ziemlich positiv :)

:) Mit genau diesem Augenzwinkern nenne ich mich oft selbst "Schreiberling". Um mich selbst wirklich als professionell bezeichnen zu können, habe ich zu viel Mist gebaut und bin gerade in der Phase, in der man aus Fehlern lernt. Was nicht bedeutet, dass ich nicht auf die professionelle Schiene will - und das verstehe ich so, dass ich mit dem Schreiben irgendwann so viel Geld verdiene, dass ich es wirklich als Halbtagsjob bezeichnen kann.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Angela

Ich empfinde Schreiberling nicht unbedingt abwertend oder als Diminutiv, eher als eigenes Wort wie Pfifferling. Da stelle ich mir immer so einen älteren Herren wie Bilbo vor, der mit einer Feder über das Papier kratzt.
Aber jeder wie er mag, wir sind ja nicht bei der Wortpolizei. 


Thaliope

Zitat von: Angela am 04. September 2012, 18:25:28

Aber jeder wie er mag, wir sind ja nicht bei der Wortpolizei.


Jein ... Natürlich sind die Konnotationen - also was man mit einem Wort verbindet, welche Bilder man vor sich sieht etc. - bei vielen Leuten unterschiedlich. Aber die Denotation - also die Bedeutung im engeren Sinne - ist eigentlich schon in Wörterbüchern festgelegt. Das ist weniger eine Sache des Gefühls oder des Mögens ... Und wer "Schreiberling" ausschließlich positiv versteht, kennt einfach die offizielle Bedeutung nicht.

Das mag jetzt für viele Korinthenkackerei sein - und vor allem vom Thema hier wegführen - obwohl, eigentlich führt es auch wieder hin - denn gerade als Autor oder Schreiberling sollte man sich meiner Meinung nach über die genaue, konkrete Bedeutung von Wörtern informieren - und sich nicht nur auf sein Gefühl verlassen.

So, und jetzt geb ich hier aber auch endlich mal Ruhe ...
LG
Thali

Zit

Irrtum, sry. ;D Ich fasse es aber dennoch als "Verniedlichung" auf. Sonst wäre man ja nur Schreiber. (Was zumindest mal ein tatsächlicher Beruf war, aber nur zum Teil etwas Selbst-Verwirklichendes hatte sondern halt Dienstleistung war. So oder so nimmt man sich mit dieser Bezeichnung zurück.)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Aphelion

Ich bezeichne mich auch oft als "Schreiberling", weil mir das "Schaut mal, wie extrem professionell ich bin, voll der große Autor und schon nächste Woche bin ich reich und berühmt - ach ja, Verlage, ich bewerbe mich nicht, sondern schreibe auf meine kostenlose werbunggepflasterte Homepage einen Hinweis, dass ihr mich anschreiben dürft, wenn ihr mich verlegen möchtet"-Gehabe, auf das ich immer wieder stoße, einfach nur auf die Nerven geht. Und mit solchen Leuten möchte ich nicht in einen Topf geworfen werden. Zudem kann eine Prise Selbstironie nie schaden. Es macht vieles einfacher, wenn man sich selbst nicht so ernst nimmt. ;)

"Schreiberling" hat für mich zwar eine "niedere" Konnotation, aber gerade dadurch auch eine sehr ironische: Niemand, der sich für das Super-Mega-Hyper-Genie oder den garantierten (!!!1!11!einself) Bestseller-Autor von morgen sieht, würde sich so bezeichnen.

Linda

Zitat von: Thaliope am 04. September 2012, 16:31:40
So. Jetzt hab ichs auch kapiert. Ich glaube, diese beiden Begriffsunterscheidungen fliegen hier ein bisschen durcheinander, kann das sein?
LG
Thali

Danke, Thali.
Das ist zumindest das, wovon ich rede ...

Zanoni

Zitat von: Aphelion am 04. September 2012, 20:28:32Es macht vieles einfacher, wenn man sich selbst nicht so ernst nimmt. ;)

Das scheint mir der allerwichtigste Satz in diesem Thema zu sein!  8)

Lomax

Zitat von: Zitkalasa am 04. September 2012, 13:47:51Ich stimme Lomax da zu, wenn er sagt, dass er den Begriff im Sinne des Finanzamts auffasst, das tue ich genauso. Was mir mehr Bedenken gibt, ist, dass ganz allg. in unserer Gesellschaft der Wert* einer Tätigkeit/ eines Dings durch den finanziellen Gewinn, den diese Tätigkeit/ dieses Ding erzielt, ermittelt wird. Beispielsweise kann ich mir auch anders nicht erklären, warum mir immer wieder Menschen begegnen, die gemeinnützige Arbeit belächeln.
...
Genauso stimme ich Malinche zu, wenn sie den Begriff Hobby mit Zielsetzungen verbindet. Und gerade der Begriff Hobby wird mit einem nicht finanziell gewinnorentierten Handeln gleich gesetzt, imo.
Fairerweise muss man natürlich anmerken, dass selbst das Finanzamt bei seiner strikt an den Einnahmen orientierten Definition von "Hobby" die "Motivation" nicht ganz ausklammert - für eine gewisse Zeit wird auch akzeptiert, dass keine Einnahmen reinkommen, solange nur eine "Gewinnerzielungsabsicht" angenommen werden kann. Nur wenn die Zeitspanne zwischen Aufwand und Einnahmen zu lang wird, wird dann halt ganz pragmatisch erst mal das ganze als Hobby eingestuft - selbst wenn die Gewinnerzielungsabsicht immer noch vorhanden sein mag und vielleicht sogar irgendwann doch einmal realisiert wird.
  Das zeigt natürlich schon, dass die Grenze nicht immer so klar zu fassen ist, wie man es gerne hätte, und vielleicht auch nicht jedem Einzelfall gleichermaßen gerecht wird. Aber da die KSK mit ihren "Berufsanfängerjahren" ein ganz ähnliches Prinzip verfolgt, denke ich mal, dass es einfach der beste und praktikabelste Ansatz zu einer Trennung von "Beruf" und "Hobby" ist, den man hat.
  Insofern mache ich mir weder viele Gedanken noch ein schlechtes Gewissen, wenn ich diese Begriffswahl übernehme, sofern ich einfach Wahrnehmungen beschreibe, die von den geschäftlichen Gesichtspunkten des Schreibens abhängen. Ich sage dazu, wer sich von dem Begriff "Hobbyautor" beleidigt fühlt und damit signalisiert, dass er sich nicht als Hobbyisten sieht, sondern professionell sein will, der muss das dann erst recht wegstecken können. So ist halt das Geschäftsleben ... das zwar alle Beteiligten ihre Befindlichkeiten haben, aber nicht jeder immer darauf Rücksicht nimmt und das man trotzdem weiterhin professionell miteinander kommunizieren können muss  :snicker:
Zitat von: Thaliope am 04. September 2012, 16:31:40So. Jetzt hab ichs auch kapiert. Ich glaube, diese beiden Begriffsunterscheidungen fliegen hier ein bisschen durcheinander, kann das sein?
Jo, ohne Zweifel. Wie Zanoni schon aus der Wikipedia ganz richtig zitiert hat - all diese Dinge werden gerne mit dem Begriff "professionell" konnotiert und schwingen immer auch mit, wenn der Begriff fällt. Wie Grey widerum richtig festgestellt hat, ist diese Vorstellung von "professionell" hinterfragbar und mehr ein Gefühl als eine gute Begriffsdefinition, weswegen ich halt das rein kaufmännische Verständnis jederzeit vorziehe.
  Aber, wie man merkt, die ideelle Besetzung der Begriffe hat doch jeder auch im Hinterkopf. Da muss man halt am Kontext unterscheiden, welches Verständnis von "professionell" oder "Hobby" jetzt gemeint ist (und meistens wird das aus dem Kontext auch klar genug), und sollte sich dann auch nach Möglichkeit nicht über die Bedeutung aufregen, um die es gerade nicht geht.

Thaliope

Zitat von: Lomax am 04. September 2012, 21:23:36

  Aber, wie man merkt, die ideelle Besetzung der Begriffe hat doch jeder auch im Hinterkopf. Da muss man halt am Kontext unterscheiden, welches Verständnis von "professionell" oder "Hobby" jetzt gemeint ist (und meistens wird das aus dem Kontext auch klar genug), und sollte sich dann auch nach Möglichkeit nicht über die Bedeutung aufregen, um die es gerade nicht geht.

Ach Lomax, das ist doch mal ein schönes und vor allem konstruktives Abschlusswort dazu :)

@Linda: Freut mich  :knuddel:

Nebeldiener

Dann schliesse ich mich auch mal der Diskusion hier an:

Ich finde nicht, dass sich Hobbyautoren und Profiautoren darinn unterscheiden, dass die Profiautoren schon eins oder mehrere Bücher veröffentlicht haben, oder jetzt davon leben können.

Hobbyautoren sind für mich solche Menschen, die nur ab und zu schreiben (zu denen ich gerade gehöre). Als Beispiel nenne ich jetzt einmal meine Mutter. Sie würde gerne schreiben, sagt aber, dass sie im Job zu sehr ausgelastet sei und schaut deshalb am Abend lieber Fernseh oder liest ein Buch.
Für mich sind Hobbyautoren, die ab und zu schreiben (auch, wenn sie super Texte verfassen würden), aber gut damit leben können, wenn sie das z.B. nur eine Stunde im Monat machen.

Ein Profiautor ist für mich jemand, der unbedingt schreiben muss. Also ein Mensch der, egal wie anstrengend sein Job ist, unbedingt (fast) jeden Abend schreiben muss oder an seinem Roman arbeiten muss, weil es ihn so in den Finger juckt.

Klar gehört auch können dazu, um ein Profiautor zu sein. Wenn Menschen aber unbedingt schreiben müssen, um durch den Altag zu kommen und trotzdem (noch) nicht gut im Schreiben sind, sind sie in meinen Augen keine Hobbyautoren. Dann sind sie eher etwas dazwischen oder angehende Profiautoren.

Wenn ein Mensch ein Buchveröffentlicht, ist er ja nicht mehr Autor als vorher. Wenn es so wäre, könnte jeder das Veröffentlichen seines Buches selber bezahlen und sich Profiautor schimpfen.

Für mich macht die Zeit, die er in sein Hobby / seine Berufung steckt, den Unterschied von Hobbyautor zu Profiautor(richtiger Autor) aus.

Lg Nebeldiener