• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Wenn eine geliebte Figur sterben muss...

Begonnen von Ryadne, 27. August 2012, 12:01:45

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 5 Gäste betrachten dieses Thema.

Ryadne

Kennt ihr das? Da habt ihr eine tolle Figur, merkt richtig, wie sie die Sympathien der imaginären Leser erlangt und euch selbst immer mehr ans Herz wächst - und dann sieht der Plot ihren Tod vor.

Mir gehts gerade so, dass ein Typ, der eigentlich nur als Nebenperson gedacht war, im ersten Teil des Buches zum meiner Meinung nach sympathischsten Kerl weit und breit avanciert ist. Naja, und dann hab ich ihn umgebracht, sorry Yorn, aber die Handlung sieht das leider vor. Sein Tod liegt jetzt eigentlich schon ein paar Wochen zurück, aber ich fühle mich immer noch furchtbar, dass ich ihn einfach hab sterben lassen und überlege hin und her, wie er nicht doch noch überlebt haben könnte... Aber das gibt keinen Sinn, es wäre unglaubwürdig und würde überhaupt nicht ins Konzept passen, basta.

Leider geht es mir mit ihm nicht das erste Mal so. Mitunter mache ich mir sogar Sorgen um die Angehörigen, denen ich einfach so den geliebten Menschen wegnehme, grausam wie ich bin (also auch, wenn die Angehörigen gar keine Rolle spielen). Vielleicht sollte ich besser putzige Kinderbücher schreiben, in denen ein gefällter Baum der Höhepunkt an Dramatik ist. (Armer Baum.)

Naja, kennt ihr das? Ich hab irgendwo mal gelesen, dass Joanne K. Rowling weinen durchs Haus gelaufen sein soll, als sie Sirius umgebracht hat - ist das also normal, ja?  :bittebittebitte:

(Wie immer - hab keinen entsprechenden Thread gefunden, aber wusste auch nicht so recht, nach welchen Wörtern ich da suchen soll  ;))

Serafina

Ich weiß genau, wie du dich fühlst!
Zwar habe ich es noch nie getan, bin aber kurz davor, eine absolut sympathische und irgendwie mütterliche Person umzubringen. Sie hat zwar nur einen kleinen Part, aber irgendwie mag ich sie so gerne und die anderen Charaktere lieben sie auch und sind ein Stück weit von ihr abhängig. Ihr Tod ist aber leider absolut erforderlich für den weiteren Verlauf der Handlung.  :'( Jetzt habe ich schon seit bestimmt zwei Wochen nicht mehr an der Geschichte weitergeschrieben, weil ich mich einfach nicht dazu überwinden kann, sie sterben zu lassen...
Aber da muss man wohl einfach durch. Und es ist doch auch irgendwie schön, wenn die eigenen Charaktere einem so lebendig erscheinen und einem richtig ans Herz wachsen.

Nurelie

Oh  :'( Ich hab zwar selber noch keinen meinen Charakter umgebracht aber ich fürchte mich jetzt schon, weil einer der wichtigsten Charas in meinem Projekt muss sterben. Aber bei mir ist es nicht so der Verlust vom Chara sondern eher die Tatsache, dass ich meiner Prota damit die einzige Chance ihn kennen zu lernen nehme und ich Angst habe, dass sie mir das total übel nehmen wird.  :versteck: Naja, ich muss erstmal dorthin kommen.

Faol

Ich werde auch demnächst eine Person sterben lassen, die ich inzwischen sehr lieb gewonnen habe. Aber es war ja darauf angelegt, dass man sie lieb hat und sie dann stirbt. Und es wird noch schlimmer. Meine Prota wird ihn töten müssen um ihm vor schlimmeren zu bewahren. Ich werde so heulen bei der Stelle, aber trotzdem freue ich mich schon seit einige Zeit darauf. Ich mag dramatische Szenen.
Two roads diverged in a wood, and I -
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.
(Robert Frost - The Road Not Taken)

Rhi

Ich habe auch noch nie jemanden sterben lassen...puh, ich kann das aber nachfühlen.
Wenn ich Bücher gelesen habe, in denen eine Person, die man ins Herz geschlossen hat, stirbt, ist das erstmal ein riesiger Schreck. Aber ich denke, es ist auch immer sehr wichtig für eine Geschichte. Durch den Tod einer geliebten Person, lernt man die anderen Charaktere als Leser doch noch viel besser kennen. Außerdem muss die "getötete" Person ja nicht gänzlich verschwinden. Das ist doch das Tolle am Schreiben, wir können ihn an Hand von Erinnerungen der anderen Charaktere wenigstens ein bisschen am Leben lassen. Dann ist man zwar noch immer traurig, dass die Person als Lebender nicht mehr existiert, trotzdem kann sie ja noch immer ein Teil der Geschichte sein. Sie könnte ja auch in Träumen auftauchen, als eine Art Ratgeber oder so...

Sprotte

Ich bringe so einiges aus meinem bunten Figurenbogen um. Aber es brauchte eine kleine Petition, damit ich einen väterlichen Freund meines Heldenpaares in "Cajan" nicht umbringe. Für mich war die Figur einfach über, und dann morde ich auch bedenkenlos. Ja, ich habe auch schon Hauptfiguren gekillt - war nur zu ihrem Besten.
Ehrlich? Mitunter freue ich mich auf solche Szenen.

Arcor

#6
Ich denke, ich werde hier in einigen Tagen nochmal eine detaillierte Antwort geben.
Bisher habe ich mehrere Tode von Personen (Protas zum Teil) geplant, bin in den Projekten aber noch nicht so weit gekommen. Nebenfiguren waren bisher kein Problem, aber die Protatode könnten richtig happig werden. *schluck*  :-\

Im Moment bin ich aber an einer KG dran, wo am Ende auch jemand stirbt, bzw. zum Tode verurteilt wird. Und während des Schreibens gewinne ich immer mehr den Eindruck, dass ein Perspektivwechsel von einer anderen Figur zu der, die am Ende stirbt, mehr Sinn macht und einfach packender ist. Mal sehen, wie ich mich dabei dann fühle - gut vermutlich nicht.

Aber manchmal ist der Tod einer Figur für die Story einfach unentbehrlich und dann muss man da als Autor auch durch. Wäre ja auch noch schöner, wenn man seinen Figuren den ganzen Mist einbrockt und dann selber nicht auch dran zu knabbern hätte.  ;)
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Alessa

Oh, und wie ich das nachfühlen kann. In meinem vorherigen Projekt habe ich auch eine Figur sterben lassen. Er war eigentlich als Nebenfigur geplant und hat sich dann so toll entwickelt, dass ich seinen Tod nur heulend hinter mich gebracht habe. Und ehrlich, ich überlege immer noch, ob ich ihn nicht wieder zurückhole.  ::)


Ryadne

Zitat von: Sprotte am 27. August 2012, 12:29:05
Aber es brauchte eine kleine Petition, damit ich einen väterlichen Freund meines Heldenpaares in "Cajan" nicht umbringe. [...]
Ehrlich? Mitunter freue ich mich auf solche Szenen.

Als ich dachte, du hättest den umgebracht, war ich dir auch ganz schön böse! Das ist, als würde Hohlbein Abu Dun (Chronik der Unsterblichen) umbringen. Naja, nicht ganz so schlimm, aber das ist so mein persönlicher Albtraum in Sachen Personen-aus-aktuellen-Reihen-die-sterben-könnten. Ebenso wie ich in solchen Momenten gar nicht mehr weiter lesen will, will ich auch manchmal gar nicht weiter schreiben, wenn ich jemanden umbringe. Okay, eine gewisse Aufregung ist in dem betreffenden Moment durchaus da und dann fließt es aus den Tasten... aber danach finde ich es ziemlich schlimm. Im Moment kann ich besagten Typ namens Yorn auch noch nicht mal in Erinnerungen weiterleben lassen, da die einzige Überlebende, die ihn kannte, ihr Gedächtnis verloren hat.  ::)
Aber es stimmt natürlich schon... Geschichten brauchen diese Dramatik, ohne kommt die Geschichte häufig nicht richtig in Gang. Richtig regt es mich beim Lesen aber auf, wenn im Prinzip schon alles gelaufen ist und dann im Endkampf die geliebten Figuren noch sterben müssen. Vor allem, wenn die Autoren dann noch einen Zwilling sterben lassen oder sowas.  :seufz:

Runaway

Glaubt mal, wenn euch selbst der Mord an euren Figuren schwerfällt, dann werden sie auch dem Leser sehr fehlen. Und das spricht eindeutig für die Figuren und ihre Qualitäten! Sprich: Ihr macht da sehr gute Arbeit, wenn es euch so schwer fällt.
Zu dem Schluß bin ich irgendwann gekommen. So ein Tod tut nur dann weh - sowohl Autor als auch Leser - wenn die Figur toll war.
Ich für meinen Teil hab's mal fertiggebracht, den Bruder der Heldin am Ende einer Trilogie noch sterben zu lassen. Sowas sitzt.

Merwyn

Ich laufe zwar nicht heulend durchs Haus, aber ein bisschen feucht werden meine Augen schon.
Egal, ob die Figur nun Haupt- oder Nebencharakter ist, es sind ja doch irgendwie alles meine Babys und die zu töten ist eben schwer.
Bei "Statisten" fällt mir das deutlich leichter, weil die eben auch in meinem Kopf mehr oder weniger gesichtslos sind und ja meistens sowieso nur gaaanz kurz auftreten.

In einer Geschichte bin ich auch soweit gekommen, dass ich einen der wichtigen Nebencharas umbringen musste. Ich habe mich nicht lange dagegen gewehrt, weil es für den Plot eben notwendig ist, aber denken tue ich mir schon oft: Mensch, das ist so fies von mir, wenn sein Opa das noch erleben würde... (der Opa kommt in der Geschichte übrigens auch mit keinem Wort vor ;))

Ich glaube aber auch, wenn es dem Autor schon schwer fällt, wird es die Leser zumindest nicht völlig kalt lassen.
Dabei finde ich es aber oft übertrieben, wenn die Figur sozusagen einen "Heldentod" stirbt, der für die Story nicht zwingend nötig gewesen wäre. Grad die "kleinen, nebensächlichen Tode" nehmen mich oft am meisten mit, die kommen unerwarteter.
Was allerdings Sirius Black in Harry Potter angeht, weil das erwähnt wurde, den Tod fand ich zum Beispiel vollkommen affig. Ich habe bis zum Ende des Buches nicht verstanden, ob er nun tot war oder nicht. Das mit dem "hinter den Vorhang fallen und nicht mehr auftauchen" war mir einfach zu schwammig.
Deshalb bitte, auch falls es wirklich "nur" ein Scheintod werden soll, macht es glaubwürdig. ;)

Berjosa

Wenn dem Autor/der Autorin beim Schreiben der Tod einer Figur nahe geht, dann kann er/sie/es vermutlich auch die Reaktionen der anderen Figuren darauf angemessen beschreiben. Die Freunde usw. bringen dann wohl eher etwas mehr heraus als: "Koch, ein Gedeck weniger heute Abend!"
Ich habe nämlich oft das umgekehrte Problem, vor allem beim Krimis schreiben: Eine Figur ist als Mordopfer vorgesehen - muss ja, ist schließlich ein Krimi -, also liegt sie irgendwann tot in der Bibliothek und die Geschichte nimmt ihren fahrplanmäßigen Lauf. Da muss ich mir und damit den Hinterbliebenen manchmal ziemlich auf die Pelle rücken, damit sich das ganze nicht wie eine Runde Cluedo liest.

Ary

Ich töte nicht gern Figuren. Aber wenn mir beim Schreiben der Tod nahegeht, mir beim Lektorat die Lektorin fast durchs Email-Postfach gekrochen kommt und Leute, die das Buch gelesen haben, sagen: "Wie konntest du nur?" - dann ist die Szene gut und sie passt. Allerdings töte ich wirklich nur plotrelevant und nicht, weil eine Figur irgendwann einfach "übrig" ist. Da kann man sie auch anders aus der geschichte vreschwinden lassen.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

K a t e

Ich überlege mir immer ganz genau, ob und wie eine Figur sterben muss. Den ersten Tod, den ich geschrieben habe, war der einer Hauptfigur und die Heldin der Geschichte war in ihn verliebt. Und ich hab mich auch ein wenig in diese Figur verguckt und konnte deswegen ziemlich gut nachvollziehen, wie sie sich fühlt und ich hab die Szene mindestens fünf Mal umgeschrieben, bis ich wirklich zufrieden war.

Aber ich hasse es, wichtige Figuren sterben zu lassen, die mir ans Herz gewachsen sind. Aber manchmal ist es einfach für den Plot notwendig, aber sträuben tue ich mich immer dagegen. :seufz:

Aber wenn einer meiner Protas sterben muss, dann muss es dramatisch sein, als andere käme mir nicht richtig vor. Manchmal sitze ich dann selbst vor dem Bildschirm und kämpfe gegen die Tränen, wenn meine Lieblinge sich verabschieden... :'(

Ach, ich werd schon wieder ganz traurig. :seufz:

Chris

Ich drücke mich immer ganz lange vor dem Mord ...
Bei meinem letzten tragischen Toten habe ich zwei Wochen lang jeden Tag in meinen Kalender geschrieben:
"Figur töten!"
"Figur heute töten!!!"
"Figur heute endlich umbringen!!!"

... jetzt kann ich nur hoffen, dass ich den Kalender nie verliere!  ;)

Ich bin mir sicher, dass nur ein Tod, der mir nahegeht, auch bei den Leserinnen und Lesern zu tiefen Gefühlen führen kann.

Liebe Grüße
Chris

PS: Nur nebenbei: Ganz blöd ist das allerdings für Lesungen - wenn ich einen Kloß im Hals spüre, weil mein Liebling gleich sterben wird, erschwert das das Lesen schon.  ;)