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Umschreiben für den Erfolg - Pro und Contra

Begonnen von Farean, 12. Juli 2012, 15:19:52

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Farean

Stellt euch folgende Situation vor: ihr habt eine Geschichte fertiggestellt und seid damit glücklich und zufrieden. Ihr sendet sie zum Lektorat an einen Agenten oder Verleger. Zurück kommt die Antwort: "Wir würden die Geschichte nehmen, wenn Sie noch folgende Änderungen vornehmen: [...]"

Wie weit dürften solche Änderungswünsche gehen, damit ihr sie noch als zumutbar empfindet? Was ist mit euren persönlichen Zielen als Autor vereinbar und was nicht? Was wiegt im Zweifelsfall für euch schwerer: die künstlerische Integrität, eure unverfälschten Gedanken an den Mann zu bringen, oder die Berufsehre als professioneller Autor, liefern zu können, was verlangt wird?

Rigalad

#1
Zitat von: Farean am 12. Juli 2012, 15:19:52
Was wiegt im Zweifelsfall für euch schwerer: die künstlerische Integrität, eure unverfälschten Gedanken an den Mann zu bringen, oder die Berufsehre als professioneller Autor, liefern zu können, was verlangt wird?

Ich glaube für mich persönlich, dass sich das nicht ausschließen muss. Ich möchte Berufsautor werden, auf jeden Fall. Ich möchte nicht ausschließlich davon leben können, aber zumindest so gut, dass ich mir bequem einen Halbtagsjob leisten kann, ohne finanziell schlecht dazustehen.
Trotzdem sind mir meine Geschichten wichtig. Sehr sogar. Aber nachdem ich nun schon mit zwei sehr guten Agenturen Erfahrungen sammeln durfte - eine davon lieferte eher Anregungen, die andere lektoriert "richtig" -, kann ich zumindest sagen, dass niemand versucht hat, meine Geschichten in ihrer Essenz zu ändern. Alle Vorschläge, die ich erhalten habe, konnte ich guten Gewissens annehmen, denn: Sie haben das Buch besser gemacht. Sie haben es runder, sprachlich schöner, logischer und spannender gemacht. Man hat meine Schwächen herausgepickt und mich an ihnen arbeiten lassen. Jedes Buch hat bisher damit nur gewonnen und hinterher war ich noch glücklicher damit als zuvor. Und es waren immer noch meine Geschichte, meine Figuren, mein Schaffen. Dasselbe gilt übrigens auch für meinen veröffentlichten Vampirroman, den ich mit einer sehr netten Lektorin umsetzen durfte.
Natürlich muss man auch Glück haben, und einen Lektor, mit dem man auf einer Wellenlänge ist. Bisher hatte ich dieses Glück meistens. Und wenn man solche Lektoren erwischt, macht das Arbeiten an einem Roman wirklich großen Spaß.

Mein Fazit: Ich bin durchaus so fähig, Änderungen anzunehmen, als dass ich glaube, dass dadurch meine eigenen Schwächen ausgebügelt werden. Wenn ich einmal in die Situation geraten würde, dass man meine Geschichten so stark umbauen will, dass von ihrer Grundidee oder ihrer Einzigartigkeit nichts mehr übrig ist, würde ich aber darum kämpfen, andere Kompromisse zu finden.

Arcor

Das ist pauschal schwer zu beantworten. Es hängt sicherlich immer von der betroffenen Geschichte ab, aber ich versuch es trotzdem mal.

Zunächst würden mich Änderungsvorschläge sicher erst einmal treffen, gerade wenn sie relativ viel verändern würden. Das geht mir immer so. Dann denke ich schnell "Das passt nicht zu Geschichte, das mach ich nicht." Oftmals finde ich, bei logischem Bedenken der Argumente, dann doch irgendwann, dass Änderungsvorschläge mitunter angebracht sind, weil es so einfach nicht funktioniert.

Absolut vertretbar wären für mich solche Sache wie Kürzungen wegen des Tempos, Adjektive rausstreichen, sicherlich auch die ein oder andere Szene umschreiben oder gar rauslassen, weil sie überflüssig ist. Ich hätte daran zu knabbern, aber ich könnte mich vermutlich damit arrangieren. Wenn es gut begründet ist, würde ich den Sinn dahinter schon sehen. Es geht ja schließlich auch darum, Geschichten besser zu machen.

Wenn ich ganze Figuren rausstreichen soll, dann wäre bei mir sicherlich schon die Grenze erreicht, je nachdem ob es Protas, große oder kleine Nebenfiguren sind. Ohne bestimmte Figuren sind Geschichten einfach nicht mehr das, was ich mir ausgedacht habe.

Und verweigern würde ich mich, wenn so viele Änderungsvorschläge kommen, dass die Geschichte schon nahezu das Genre wechselst, also einen Dark Fantasy Roman z.B. harmloser, freundlicher und womöglich auch epischer zu gestalten. Ebenso krasse Änderungen, was das Ende und das Schicksal einzelner Figuren betrifft. Ich würde nur unter sehr großer Überzeugungsarbeit eine Figur sterben oder überleben lassen, für die jeweils das andere geplant war. Das Grundgerüst einer Geschichte sollte auf jeden Fall unangetastet bleiben. Ansonsten kann man auch gleich eine ganz neue Geschichte schreiben.
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Ary

Mit kleinen Änderungen konnte ich auch immer leben. Sowas wie "Kapitel X ist zu weitschweifig, da ist zu wenig Tempo drin, kannst du da kürzen" kann ich ohne Probleme umsetzen, denn bei sowas bin ich selbst sehr betriebsblind und ich kenne meine schwafelige Ader. Oder sowas wie "die Heldin ist zu alt für ein Jugendbuch, kannste die zwei, drei Jahre jünger machen" - sicher mit Arbeit verbunden, aber okay, wenn's dann besser passt.
Wo ich schnell knatschig werden würde, sind meine geliebten Männerpärchen - wenn mir der Verlag gesagt hätte, klar machen wir das Buch, aber nur, wenn du aus einem deiner Männer eine Frau machst... weiß nicht, ich glaube, da hätte ich mich gesperrt. lag vielleichtaber auch daran, dass das so eine Herzblutgeschichte war, deren ursprung ganz weit zurückgeht und sehr persönlich ist.
Handlungsstränge streichen oder gravierende Änderungen an den Protagonisten vornehmen  - da bräuchte es schon eine sehr gute Begründung. Wenn ich das Gefühl hätte, dass dann für mich die Geschichte nicht mehr stimmig ist, würde ich davon Abstand nehmen.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

K a t e

ZitatWie weit dürften solche Änderungswünsche gehen, damit ihr sie noch als zumutbar empfindet?

Wenn es zum Beispiel heißt "Bitte umschreiben sie diese Szene/schwächen sie diese Beschreibung etwas ab", dann würde ich das schon in Ordnung finden. Aber wenn sie einen Änderungswunsch haben, der etwas an meiner Geschichte - dem Handlungsablauf oder dem Charakter einer bestimmten Person - ändern würde, würde ich es nicht mehr in Ordnung finden.

Sicher möchte ich eines Tages eine meiner Geschichten veröffentlichen, aber natürlich "meinen" möglichst unverfälschten Roman.
Zwar bin ich noch nie in der Situation gewesen, aber ich denke, so in der Art würde ich handeln, sollte ich vor die Wahl gestellt werden.

Sven

#5
Hi Farean,

Wahrscheinlich wird man immer irgendwo etwas umschreiben müssen. Man sollte den Leuten, die etwas geändert haben wollen, natürlich vertrauen. Kann man das nicht, wird man mit der Geschichte nie glücklich werden.
Die Änderungswünsche sollte man sich auf jeden Fall durch den Kopf gehen lassen. Manchmal ist man als Autor zu verbohrt, um die Verbesserung zu erkennen.
Ich wurde gerade erst gebeten, etwas in meinem aktuellen Exposé zu ändern. Die Änderung sollte die Komplexität herunterschrauben. Leider wäre dadurch die Hauptmotivation meines Antagonisten verloren gegangen. Außerdem ein großes Stück Ekelfaktor. Der Grund für diese Änderung war nachvollziehbar, war mir aber zu viel. Also habe ich einen Gegenvorschlag gemacht, der das Problem auf andere Art gelöst hat. Die Agentur war zufrieden, ich war zufrieden und jetzt kann ich noch ekeligere Dinge in der Geschichte tun  ;D
Man muss nicht alle Änderungen annehmen. Man arbeitet zusammen an einem Roman. Du als Autor, bist aber derjenige, der am Ende entscheidet. Dein Name steht über der Geschichte und du wirst dafür  verantwortlich gemacht. Nicht der Lektor und nicht der Verlag.


Beste Grüße,
Sven

Luna

#6
Zitat von: Arcor am 12. Juli 2012, 15:36:34
Absolut vertretbar wären für mich solche Sache wie Kürzungen wegen des Tempos, Adjektive rausstreichen, sicherlich auch die ein oder andere Szene umschreiben oder gar rauslassen, weil sie überflüssig ist. Ich hätte daran zu knabbern, aber ich könnte mich vermutlich damit arrangieren. Wenn es gut begründet ist, würde ich den Sinn dahinter schon sehen. Es geht ja schließlich auch darum, Geschichten besser zu machen.
Bei solchen Sachen würde ich auch mit mir reden lassen. Das sind ja eher so stilistische Sachen.
Aber solche Sachen wie z. B.: da muß aber ein Love Interest, mehr Romantik, ein Vampir/Gestaltwandler etc mit rein, lass den Assasinen weg etc. sonst verkauft sich das nicht :hand:. Also, wenn die Änderungswünsche in meine Geschichte, meine Handlung oder meine Charaktere, wie ich sie mir erdacht habe, eingreifen, mir vorschreiben, was ich noch zu schreiben habe, um anzukommen, das geht für mich gar nicht. Das ist dann nicht mehr meine Geschichte.

Aphelion

Meiner Meinung nach dürfen Änderungen so weit gehen, wie ich selbst noch den Eindruck habe, es verschlechter die Geschichte nicht. Das ist natürlich sehr allgemein gehalten, aber konkreter zu werden finde ich schwer.

Ein Beispiel: Das Setting einer Geschichte ist etwas Elementares, finde ich; aber wenn die Geschichte in meinen Augen nicht schlechter wird, wenn sie an einem anderen Ort spielt, dann sehe ich darin kein Problem. Wenn ich aber zum Beispiel die politische Situation in einem bestimmten Land indirekt thematisieren möchte (oder Vorurteile darüber) und *dann* ein Orts- oder Nationalitätswechsel stattfinden soll, dann ist das schon ein Problem.

Ich hätte auch kein Problem damit, wenn aus einer klassischen SciFi-Geschichte eine Steampunk-Geschichte werden soll, wenn ein Charakter (nicht) überleben soll, wenn eine Szene mit dem Inhalt X eingebaut werden soll - so lange, wie es für die Geschichte selbst einen Sinn ergibt. Markttauglichkeit muss kein Widerspruch zu Kreativität und guten Inhalten sein.

Wenn ich mir meine Manuskripte ansehe, dann fällt mir immer wieder auf, was ich alles hätte anders machen können. Nicht im Sinne von Überarbeiten und Verbessern, sondern einfach *anders* machen. Das geht mir auch beim Plotten so: Je länger ich über einem Plot brüte, desto mehr Variationsmöglichkeiten fallen mir ein. Oft schließen sie sich jedoch gegenseitig aus.

Es gibt so viele Abzweigungen, die eine Geschichte nehmen kann, ohne die Authentizität zu verlieren; aber auch manche Wegeskrümmungen, die sie verbiegen und zerbrechen würden.

Möglicherweise gibt es aber auch Verhandlungsspielräume. Man kann auch sagen: "Ich habe hier noch drei weitere Möglichkeiten ausgearbeitet, was halten Sie davon?" Vielleicht hat man dann Glück. Die Geschichte wird dann zwar geändert, aber auf eine Art und Weise, die immer noch zu ihr passt. Auch Lektoren und Verleger sind Menschen und damit auch genauso unterschiedlich, wenn man sie miteinander vergleicht. Bei manchen wird man bei alternativen Vorschlägen auf ein promptes "nein" stoßen. Manchen gefällt es jedoch ausdrücklich, wenn Autoren Initiative zeigen und sich auch mit Änderungswünschen konstruktiv auseinandersetzen.

Leo

Hatten wir so ein Thema nicht schonmal?

Man sollte wohl wissen, was man überhaupt will: um jeden Preis veröffentlicht werden oder um jeden Preis seinen eigenen Kopf durchsetzen. Außerdem kann man glaube ich auch keine pauschale Grenze festlegen; zum einen gibt es Geschichten, die einem mehr am Herzen liegen, als andere, zum anderen kann man einem Vorschlag gut oder vollkommen idiotisch finden.

Jedes Projekt hat für mich immer eine oder mehrere Kernideen, die es ausmachen. Gehen diese verloren, ist das Projekt nicht mehr das, was es ursprünglich sein sollte - was auf der anderen Seite auch nicht zwingend schlecht sein muss, manche Ideen entwickeln sich in eine andere Richtung und gewinnen dadurch! Wenn aber ein Lektor/ Agent aus meinem Werk etwas machen will, was es einfach nicht ist, würde ich definitiv aus der Sache aussteigen. Nur wenn ich selber finde, dass die Änderung eine gute Idee ist, würde ich mal darüber nachdenken.

Bei kleineren Sachen hingegen darf man wohl nicht pingelig sein, wenn man vorhat, sich vermarkten zu lassen. Es gibt Szenen, die ich schon von mir aus noch einmal neuschreibe, weil ich beim Schreiben spontane Ideen hatte, die sich letztendlich als Bockmist herausgestellt haben; bei manchem bin ich mir nicht sicher, ob ich das wirklich so stehen lassen sollte, und dann gibt es noch diese Szenen, an denen ich sehr hänge, die aber nicht (mehr) hineinpassen und/ oder komplett überflüssig sind - da bleibt mir leider nichts übrig, als kurzen Prozess zu machen. Ich sammle diese Outtakes dann in einem eigenen Dokument und gedenke ihrer beizeiten.

Lange Rede, kurzer Sinn: Solange ich die Änderungen nachvollziehen und befürworten kann oder sie nur unwesentliche Elemente der Geschichte betreffen, hätte ich kein Problem damit, wenn es der Geschichte meiner Auffassung nach schadet allerdings schon.

Zanoni

Wie immer im Leben: Kommt auf den jeweiligen Einzelfall an.

Man kann doch zwischen vier Arten von Änderungswünschen unterscheiden:
1. zwingend erforderlich (z.B. Rechtschreibung, Grammatik)
2. juristisch notwendig (z.B. Verwendung von realen Namen, bekannten Marken u.v.m.)
3. Empfehlungen aus Erfahrung (z.B. Dramaturgie, Plot, Thema usw.)
4. persönlicher Geschmack (z.B. Prämisse, Handlungsbogen, Figurentwicklung u.v.m.)

Bei 1. sollte man am besten überhaupt keine Diskussionen beginnen.
2. kann ein gefährlicher Punkt sein, weil mit sehr hohem Risiko verbunden. Also auch hier ist eher Zurückhaltung angesagt.
Beim 3. Punkt beginnt es diskutabel zu werden. Allerdings würde ich zunächst auch hier davon ausgehen, dass die Empfehlenden etwas mehr Erfahrung besitzen und nicht ohne Grund eine andere Vorgehensweise empfehlen. Schließlich sind sie natürlich auch an einem bestmöglichen Arbeitsergebnis interessiert. Insofern empfiehlt es sich, erst einmal darauf zu vertrauen.
Und über 4. kann man natürlich am heftigsten streiten.

Insofern kann man eigentlich nur nach dem Gefühl gehen. Hat man ein gutes Gefühl bei der Sache, oder ein schlechtes? Wenn Verlage/Lektoren und Autoren einigemaßen ähnlich ticken und ein gutes Verhältnis besteht, dann kann man sicherlich über alles reden. Aber wenn man das Gefühl bekommt, nicht mehr wirklich hinter dem zu stehen, was man macht (bzw. machen soll), dann sollte man darüber nachdenken, ob man überhaupt mit den richtigen Partnern zusammenarbeitet.

Zit

In welche Kategorie würdest du Formulierungsvorschläge einordnen, Zanoni?

Im Grunde muss ich sagen, dass ich bei allem erstmal mit mir reden lasse. Allerdings denke ich, dass die Ausgangsfrage nicht ganz so allgemein beantwortet werden kann. Es gibt auch keine Regel, ab wann ich auf was allergisch reagiere. Selbst wenn es zu Wortsubstitutionen kommt, hängt es auch wieder vom speziellen Fall und Umfang ab. (Irgendein Beispiel, das nicht real sein muss: Mir jedes jedoch, dennoch, etc. in ein aber umzuwandeln, wäre mir persönlich zu viel und unverständlich.) Was ich allerdings sehr begrüße, sind historische Fehler, die man mir ankreidet oder Logikbrüche und dann (Verbesserungs)Vorschläge macht. Da würde ich auch immer drauf hören, aber nicht unbedingt komplett so lösen wie vorgeschlagen.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Kisara


Formulierungen würde ich am ehesten in Kategorie 1 sehen - aber auch da kommt es drauf an, was der Lektor beabsichtigt. Soll es nur kompliziert wirken, oder ist das Geschriebene wirklich etwas verdreht? Man wird leicht betriebsblind, wenn man einen Text ein Dutzend mal und öfter gelesen hat.

Im Großen stimme ich Zitkalasa da zu - Logikfehler oder historische Unstimmigkeiten sollten nicht passieren und jeder Autor eigentlich dankbar sein, wenn jemand aufzeigt: das und das ist unlogisch; das und das hat man schon 100x gelesen.
Denn selbst wenn man alles für´s veröffentlichen tun würde, man muss doch als Schreiber hinter seinem Werk immer noch stehen können, zumindest meine Meinung.

Deswegen wären Punkt 3 und 4 für mich nur eine Diskussionsoption. Eine Bekannte hatte einen Verlag gefunden, leider war ihr Protagonist homosexuell - weil man das als "potentiell Käufer-abschreckend" empfand, sollte sie das ändern und seinen Lebensgefährten in eine Lebensgefährtin ändern. Diese Bekannte entschied nicht zu veröffentlichen.
Ich hätte es genauso gemacht, aber das sind Fragen, die sich jeder selbst stellen und auch selbst beantworten muss. Eine allgemein gültige Linie gibt es wohl einfach nicht. Von daher hat an dieser Stelle wohl Zanoni Recht, wenn das Gefühl einem sagt, dass man die richtigen Leute hat, dann kann man zumindest über sehr viel nachdenken und diskutieren.

(Und ja, mir kommt der Thread auch sehr bekannt vor  :hmhm?: )

Zit

Ja, die Sache mit den homosexuellen Charakteren hatten wir auch schon mal explizit und ich finds schade, dass sich da "der" Markt so scheut, wenn es nicht gerade Coming of Age-Dinge sind. Ich bin mir aber nicht so sicher, ob ich da so Probleme damit hätte. Kommt sicher darauf an, welche Rolle der Partner des Protas spielt bzw. überhaupt die Sexualität. Aber ist halt so eine Sache, wo jeder seine eigene Schmerzgrenze hat. Ich würde mich auch nicht komplett dagegen stellen sowas zu ändern. (Wünschenswert wäre, wenn ein Verlag fordert, den heteros. zu einem homos. Charakter zu machen. ;D Aber das wird wohl noch Jahrzehnte dauern.)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Debbie

@alle die gerade ein Deja vu hatten:
Wir hatten das Thema kürzlich schon mal hier: http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,4675.0.html   ;)

Farean

#14
Zitat
Mit kleinen Änderungen konnte ich auch immer leben.
Dem würde ich mich gern anschließen, habe allerdings für mich persönlich die Erfahrung gemacht: so was wie eine "kleine" Änderung gibt es nicht. Denn wenn es tatsächlich nur eine "Kleinigkeit" wäre, könnte man im Gegenzug genausogut den Lektor fragen, warum man es nicht einfach lassen kann, wie es ist.

Zunächst einmal, was das Handwerkliche betrifft, scheinen wir uns ja einig zu sein: hier lassen wir alle mit uns reden. Sprachliche Nachbesserungen - geschenkt. Rechtschreibung und Grammatik sowieso, falls da peinlicherweise Fehler auftauchen sollten, aber auch die geschliffene Metapher, in die man sich als Autor so sehr verliebt hat, gehört auf den Prüfstand, wenn sie den Lektor eher verwirrt.

Auch solche Sachen wie das Tempo einer Szene, struktureller Aufbau, die Ausarbeitung des Spannungsbogens: das alles sind Dinge, über die hier, glaube ich, jeder mit sich reden läßt. Recherche, logische Fehler usw.: auch kein Thema.

Der empfindliche Punkt aber ist der Inhalt. Ich glaube, hier scheiden sich die Geister. Sobald die eigentliche Handlung angetastet werden soll, spalten wir Autoren uns auf in "Idealisten", die keine Änderungswünsche akzeptieren, und "Professionelle", die bereit sind, zu liefern, was verlangt wird.

Am Inhalt zeigt sich für mich am deutlichsten, daß es so etwas wie eine "kleine" Änderung nicht gibt. Verlangt der Lektor Änderungen am Inhalt, dann verlangt er nicht mehr und nicht weniger als eine andere Geschichte. Es ist eine Geschichte, die deiner ähnlich ist, oberflächlich gesehen vielleicht sogar zu 99% deckungsgleich, aber es ist nicht mehr deine.

Und ob ich als Autor dazu bereit bin, eine andere Geschichte handwerklich in Worte zu gießen als meine eigene, hängt in meinen Augen stark davon ab, was meine primäre Zielsetzung ist: geht es mir primär um die Anerkennung als veröffentlichter Autor oder um das Erzählen meiner Geschichte?

Für mich selbst habe ich die Erfahrung gemacht, daß es mir vor allem um die Geschichte selbst geht. Sie zu ändern, um veröffentlicht zu werden, läuft also direkt meiner primären Zielsetzung zuwider. Umschreiben für den Erfolg wäre somit zwar nicht verwerflich, aber gemessen an meinen Absichten ganz einfach nicht zielführend.