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Das Problem mit der Mitte oder "Warum komm ich jetzt nicht weiter?"

Begonnen von Ary, 01. Juni 2012, 21:20:49

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Tanja

Ich glaube, in Schreibratgebern stehen solche Tipps wie:

- genaue Planung einzelner Szenen, damit man bei der Vorarbeit schon merkt, wenn der Plot die Mitte nicht trägt

- Karteikarten mit Szenenbeschreibung hin und herschieben, bis sich eine logische Reihenfolge ergibt

- eine der Nebenfiguren aus dem ersten Drittel weiter ausbauen

- mehr Hindernisse für den Charakter, also in der Art der Heldenreise

Grüße
Tanja

K a t e

Ich kenne das Problem ziemlich gut.

Da ich selbst jemand bin, der einfach drauflos schreibt ohne sich davor irgendwelche Gedanken zu machen, passiert es mir öfters, dass ich dann in der Mitte völlig orientierungslos dastehe und mich frage "Mist. Warum kommt jetzt nichts?" :wums:
In solchen Fällen habe ich eigentlich eine recht effektive Methode gefunden, die zumindest mir ziemlich gut hilft.

Meistens lese ich mir dann noch einmal den Anfang durch, versuche die Gefühle zu finden, die ich damals gespürt habe, als ich voller Motivation in die Tastatur gehauen habe. Da ich das Ende schon immer vorher weiß, schreibe ich dann den Epilog, lese mir das ganze nochmal durch und überlege, was in der Zwischenzeit - also zwischen Anfang und Ende - noch alles passieren kann/muss.
Wenn mir dann immer noch nichts einfällt, schnapp ich mir meinen Zeichenblock und skizziere ein wenig die Protagonisten, Landschaften und Städte, die in meiner Geschichte vorkommen. Und irgendwann macht es dann Klick und es klappt wieder.

Fazit: Ich glaube, die beste Methode ist einfach, sich ein wenig abzulenken, die Geschichte noch einmal sacken zu lassen und möglichst nicht die ganze Zeit zu denken "Ich muss da jetzt aber weitermachen, ich muss jetzt weiterschreiben!". Klar, wenn man eine Deadline hat, steht man natürlich unter einem gewissen Druck, aber vielleicht schafft man es ja sich die Zeit zu nehmen, noch einmal über das Geschriebene nachzudenken und zu verinnerlichen. Und dann kommen die Motivation und die Ideen sicher weider. :jau:

Söfchen

Ich kenne das nur zu gut. Mir hängt meine Story seit längerem auch schon zum Hals raus. Vielleicht, weil ich schon so lange daran sitze und es mir nun zu langweilig geworden ist?

Am liebsten würde ich es auch liegenlassen. Aber das fänd ich wiederum auch doof, weil da schon so viel Arbeit drin steckt. Na ja, und ich finde auch, dass man etwas, was man angefangen hat, auch abschließen sollte.

zDatze

Ich kann leider auch so einige Projekte aufweisen, die im Mittelteil "verhungert" sind. Meist lag es daran, dass die Story nur so dahingeplätschert ist und mir dann mit der Zeit einfach die Motivation flöten gegangen ist. Das einzig Gute daran: Rückblickend lassen sich diese Romanfragmete wunderbar analysieren. ;D

Mir ist aufgefallen, dass ich meist den Kick verpasst habe, der mich durch den Mittelteil befördert. Dieser Knackpunkt liegt bei etwa 25-30% der Geschichte und wenn ich mir meine gescheiterten Versuche so ansehe, dann habe ich den meistens erfolgreich vermurkst oder wahlweise einfach ausgelassen. So gesehen ist es eigentlich kein Wunder, dass meine Geschichten ständig auf der Strecke geblieben sind. ::)

Franziska

Ich hatte das Problem auch gerade. Bei mir ist es so, dass ich nicht im Voraus alles plotten kann. Ich kennen den Anfang und den Schluss. Der Anfang schreibt sich meistens recht schnell und flüssig. Dann muss ich noch mal genau überlegen, wie es weitergeht, überarbeite den Anfang, schreibe weiter ... und dann stehe ich da und weiß nicht, wie es weitergeht.
So wie zDatze das beschreibt, ging es mir auch schon öfter. Mir hat es gerade geholfen, noch mal genau zu überlegen, worum es in der Geschichte eigentlich geht, und ob ich das auch bisher vermittelte habe. Dann hat es mir geholfen, einem Charakter einfach ein neues Aussehen zu geben. Klingt banal, kann aber manchmal wunder bewirken, wenn man mit einem Prota nicht zurecht kommt, dann ist meist etwas in ihm nicht stimmig.
Dann denke ich jetzt gerade auch darüber nach, was genau die Konfliktlinien sind, was ich recht schwer finde, da ich es wenig Action und viel Grübeleien meiner Protas gibt. Ich glaube, dass ein Grund bei vielen Projekten, die ich abgebrochen habe war, dass es keinen wirklichen Grundkonflikt gab, nur interessante Charaktere und eine interessante Ausgangssituation.

Feli

Zitat von: Franziska am 19. Juli 2012, 13:07:32
Ich hatte das Problem auch gerade. Bei mir ist es so, dass ich nicht im Voraus alles plotten kann. Ich kennen den Anfang und den Schluss. Der Anfang schreibt sich meistens recht schnell und flüssig. Dann muss ich noch mal genau überlegen, wie es weitergeht, überarbeite den Anfang, schreibe weiter ... und dann stehe ich da und weiß nicht, wie es weitergeht.

Der Satz könnte von mir sein. Mir fällt ein toller Anfang und ein tolles Ende ein und die Mitte? ???


Grundkonflikt - das ist eine gute Idee - ich glaube, damit komme ich nun weiter.

Liebe Grüße

Feli

Söfchen

Zitat von: Franziska am 19. Juli 2012, 13:07:32
Ich hatte das Problem auch gerade. Bei mir ist es so, dass ich nicht im Voraus alles plotten kann. Ich kennen den Anfang und den Schluss. Der Anfang schreibt sich meistens recht schnell und flüssig. Dann muss ich noch mal genau überlegen, wie es weitergeht, überarbeite den Anfang, schreibe weiter ... und dann stehe ich da und weiß nicht, wie es weitergeht.
So wie zDatze das beschreibt, ging es mir auch schon öfter. Mir hat es gerade geholfen, noch mal genau zu überlegen, worum es in der Geschichte eigentlich geht, und ob ich das auch bisher vermittelte habe. Dann hat es mir geholfen, einem Charakter einfach ein neues Aussehen zu geben. Klingt banal, kann aber manchmal wunder bewirken, wenn man mit einem Prota nicht zurecht kommt, dann ist meist etwas in ihm nicht stimmig.
Dann denke ich jetzt gerade auch darüber nach, was genau die Konfliktlinien sind, was ich recht schwer finde, da ich es wenig Action und viel Grübeleien meiner Protas gibt. Ich glaube, dass ein Grund bei vielen Projekten, die ich abgebrochen habe war, dass es keinen wirklichen Grundkonflikt gab, nur interessante Charaktere und eine interessante Ausgangssituation.

Ich glaube, du bringst es auf den Punkt. So in etwa geht es mir auch, wobei ich einen Grundkonflikt habe, aber bisher habe ich den wohl nicht richtig gut ausgearbeitet.
Und bei mir gibt es auch viel Grübelei...

Arielen

Das Problem habe ich derzeit auch. ich weiß, wo es hingehen soll und wie der Roman ausgehen könnte, aber nicht, wie ich den kleinen Teil von vielleicht 20,30 Seiten gestalten soll, der die Leute dahin bringt, wo sie hin sollen, um das Finale einzuleiten. Und überspringen kann ich den auch nicht.
Alles liegt im Auge des Betrachters

Alana

Würde vielleicht eine Mind-Map helfen? Einfach mal alle Möglichkeiten visuell gegenüberstellen? Oder du benutzt einen Dummy für die 30 Seiten? Also eine Szene, die alle nötigen Informationen enthält und dir gerade einfällt, aus irgendwelchen Gründen aber nicht 100% passt, die du dann aber später ersetzen kannst? Ich hab das noch nie ausprobiert, aber vielleicht funktioniert es.
Oder du nimmst die offensichtlichste, langweiligste Möglichkeit, die dir einfällt und versuchst dann, jeden Teil davon Stück für Stück ins extreme Gegenteil zu verkehren oder ad absurdum zu führen. Vielleicht fällt dir dabei ein brauchbarer "Mittelweg" ein?
Alhambrana

Feli

Ich plotte nie ausführlich, die meisten Ideen kommen mir beim Schreiben.

Nachdem ich hier mitgelesen habe, ist mir noch eine gute Idee für eine "Mitte" gekommen.
Ich denke, eine meiner Ideen kann ich nun gut weiterentwickeln. :pfanne:


Also - vielen Dank!  :prost:

LG

Feli

Cairiel

Obwohl ich sehr ausführlich plotte, ist mir das Motivationsloch in der Mitte kein Unbekannter. Bei mir liegt es meistens daran, dass mir eine scheinbar bessere Idee kommt, die unbedingt geschrieben werden will, und mir zeitgleich auffällt, dass das Projekt doch mehr Aufwand benötigt, als in der Anfangseuphorie geglaubt. Die große Ungeduld mischt sich ein, Gedanken wie "Ach, da werde ich ja nie fertig" vergällen mir das Weiterschreiben. In der Zeit muss ich mich zum Schreiben zwingen und wenn ich über den steinigen Berg bin und das Ende in Sicht kommt, geht es wieder flott voran.

DEckel

Vielleicht habe ich das falsch verstanden, aber viele scheinen ja sehr strukturiert von Vorne nach Hinten zu schreiben...

Ich bin da mehr der Chaos-Schreiber. Zuerst schreibe ich den Anfang, dann das Ende, damit ich weiß wo ich hin will (wobei sich das durchaus noch ein wenig ändern kann).
Und dann schreibe ich Schnipsel und Schnipsel und Schnipsel die immer größer werde und sich irgendwann verbinden :)

Insofern habe ich keine wirkliche Mitte, aber es kann trotzdem mal passieren dass ich mittendrin in ein Loch falle. Meistens hilft es dann jemandem das geschriebene vom Anfang bis zur ersten Lücke zu schicken. Der prügelt mich dann dazu weiterzuschreiben, weil ich ihm natürlich nicht erzähle was nach der Lücke passiert  :pfanne:

Cairiel

#42
Zitat von: DEckel
Vielleicht habe ich das falsch verstanden, aber viele scheinen ja sehr strukturiert von Vorne nach Hinten zu schreiben...

Ich bin da mehr der Chaos-Schreiber. Zuerst schreibe ich den Anfang, dann das Ende, damit ich weiß wo ich hin will (wobei sich das durchaus noch ein wenig ändern kann).
Und dann schreibe ich Schnipsel und Schnipsel und Schnipsel die immer größer werde und sich irgendwann verbinden :)
Ich bin auch ein "Chaos-Schreiber", wie du das nennst. Mit der Mitte meinte ich in meinem Beitrag nicht die plottechnische Mitte, sondern die ungefähre Hälfte des Manuskriptes, also wenn ich vom Fertigkeitsgrad her bei der Hälfte angekommen bin.
... Huff, ich glaube, ich leg mich wieder schlafen.  ;D

Hanna

Ich habe auch eher ein Problem mit dem letzten Drittel. Und bei mir ist ziemlich eindeutig woher das kommt. Nähere ich mich dem Ende eines Buches, weiß ich zum Einen, dass ich Abschied nehmen muss (loslassen ist nicht so mein Ding  ;) ), zum Anderen aber auch, dass der Zeitpunkt näher rückt, das Buch zu verwerten. Es ist also die Angst vor Erfolg/Misserfolg. Ich muss mich bewerben und kassiere wieder Absagen ... oder schlimmer noch: Zusagen! *panik*

Das überlagert dann für eine Weile mein Schreiben. Andere Projekte, die noch am Anfang stehen, erscheinen mir auf einmal reizvoller. Oder ich lasse das Schreiben gar ganz und hasse es eine Weile und mich selbst auch am allermeisten. Andererseits weiß ich auch, dass das vorüber geht. Zumindest bei mir. Ich schreibe Romane seit ich dreizehn war. Und in der Regel schreibe ich sie zuende. Dass ich ein angefangenes Buch nicht beende, ist bei mir die absolute Ausnahme. Irgendwann ist der Punkt überwunden und dann rausche ich nur so durch bis zum Ende.

Manchmal habe ich auch das Gefühl, dass mir das Buch über den Kopf wächst. Wie Lavendel erwähnte - zu viele lose Enden. Und nun? Ich plane zwar immer sehr detaillreich, aber manchmal entwickelt sich das Buch doch anders als geplant. Da hilft dann wirklich nur, sie noch einmal hinzusetzen und zu gucken, was man schon geschafft hat und wo man hin will. Manchmal arbeite ich in dieser Phase mein Exposé aus. Das hilft, wieder den Blick für die ganze Story zu schärfen und sich nicht in Detaills zu verlieren. Und man hat eine unangenehme Aufgabe, die am Ende des Buches lauert, bereits hinter sich gebracht.
#notdeadyet

pink_paulchen

Zitat von: Hanna am 10. August 2012, 10:51:50
Ich habe auch eher ein Problem mit dem letzten Drittel. Und bei mir ist ziemlich eindeutig woher das kommt. Nähere ich mich dem Ende eines Buches, weiß ich zum Einen, dass ich Abschied nehmen muss (loslassen ist nicht so mein Ding  ;) )

Davor habe ich schon jetzt, bei knapp der Hälfte Angst. Irgendwo habe ich mal ein Zitat gelesen "Einen Roman zum Verleger zu schicken, ist wie wenn du dein Kind in den Hof schickst, um es zu erschießen". Eine fast überhaupt nicht überzogene und ziemlich gute Metapher fand ich!