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Der Sidekick - Zum Totlachen?

Begonnen von Nayoni, 05. Mai 2012, 14:54:31

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Nayoni

Bevor ich mich mit dem Thema Kreatives Schreiben beschäftigt habe, kannte ich Sidekicks nur als ewige Trottel, die den Zuschauer/Leser zum Lachen bringen. Zumindest besaßen sie alle immer eine gute Portion Humor. Jetzt habe ich in einem Artikel gelesen, dass der Sidekick genutzt werden sollte, um den Helden zum Nachdenken zu bringen, quasi als Char, der alles in Frage stellt, auch mal weniger ehrenvolle moralische Positionen vertritt (die der Held nicht vertreten kann) und so die Handlung antreibt.

In meinem derzeitigen Plot gibt es keinen humorvollen Sidekick und so langsam habe ich das Gefühl, dass er doch arg fehlt. Da ich aber bereits 4 Chars habe, die ungemein wichtig sind, will ich eigentlich keinen fünften aufbauen, wohl aber könnte ich einem der vier ein bisschen Humor verpassen.

Wie handhabt ihr das? Was zeichnet euren Sidekick aus? Ist er zum Lachen oder eher von der nachdenklichen Sorte? Spielt Humor überhaupt eine Rolle in euren Geschichten?

Runaway

Ich hab IMMER einen Sidekick. Dem lag keine bewußte Entscheidung zugrunde, es passiert einfach immer wieder. Irgendwann ist es mir dann mal aufgefallen.
In meinen Fantasyromanen war es immer der beste Freund des Helden, in einer Geschichte jedoch fehlte der und übernahm der Held selbst manchmal diese Rolle. In meinem aktuellen Schätzchen ist es der Bruder des Helden.
Was also auffällt: Irgendwie sind das immer Jungs ... gut, meine Heldin hat auch eine Freundin, die ebenfalls einen prima Sidekick abgeben würde. Tut sie aber irgendwie nicht.
Bei mir ist es so, daß meine männlichen Helden gern dazu neigen, bierernst zu sein. Klar, wenn z.B. die Weltrettung auf den eigenen Schultern lastet?! Dann brauchen sowohl der Held als auch der Leser jemanden, der das Ganze auflockert und den Helden aus der Reserve lockt. Das ist extrem wichtig.

Trottel sind meine Sidekicks alle nicht. Sie sind lustig, aber keine Trottel. Humor haben sie alle, und zwar gewaltig, gar keine Frage. Zum Nachdenken bringen sie die Helden auf jeden Fall und das mit den weniger ehrenvollen moralischen Positionen stimmt bei zweien meiner drei Sidekicks auf jeden Fall.
Der erste war ein ganz integrer, wackerer Kerl, ein bodenständiger Koch, dem das Abenteuer überhaupt nicht liegt... irgendwie so ein bißchen wie Samweis ;)
Aber schon der zweite war der Sohn eines Auftragsmörders der Mafia, der aber das Herz am rechten Fleck hat und alles für seine Freunde tut - egal wie blutig.
Der dritte ist ein echter Weiberheld und ein Großmaul, aber auch er tut alles für seine Freunde.
Irgendwie bilden die so ein bißchen den Gegenpol zum Helden, finde ich.

Jedenfalls sind die ganz enorm wichtig und oft neben den Helden die beliebtesten Charaktere. Manchmal sogar noch beliebter als die Helden. Aber das ist okay.
Hilft das?

Arcor

Ich denke, Sidekicks brauchen keine Trottel zu sein. Humor können sie durchaus haben, aber sie sind ja primär dazu da, die Taten des Helden zu reflektieren, ihm einen Spiegel vorzuhalten, und ihn zu unterstützen. Freundschaft/Verwandschaft ist da natürlich eine gute Ausgangsbasis, wie Danis Beispiele ja zeigen.

Ich bin allerdings auch der Meinung, dass man richtige Sidekicks nur braucht, wenn man einen ganz klaren Haupthelden hat, auf dem der Fokus liegt. Sobald man mehrere gleichberechtigte Hauptfiguren hat, finde ich, kann man nicht mehr von wirklichen Sidekicks sprechen. Dann hat man eine Riege Hauptpersonen und eine Riege Nebenfiguren darunter. Und da braucht man sie auch nicht mehr so stark, vor allem, wenn die Hauptfiguren auch miteinander interagieren und nicht alle eigene Handlungsstränge haben.

Ich habe persönlich tendenziell eher gleichberechtigte Hauptfiguren und wenige bis keine Sidekicks. Allerdings stimmt es schon, dass die, die man dafür halten kann, eher der humorvollen Art sind und mitunter auch etwas trottelig.  :)
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Linda

Ich finde schon den Begriff Sidekick grässlich und Artikel, die mir sagen, was ich wie und warum mit meinen Figuren machen soll, erst recht  ;)

Ich habe nur Figuren. Jede davon dient der Geschichte (und in Grenzen sich selbst). Keine davon dient primär dazu, eine andere Figur heldenhafter, moralischer oder sonstwie dastehen zu lassen. Das erinnert mich höchstens an gewisse TV-Serien um griechische Sagenhelden, bei denen ich die Aufgabenteilung immer schon fragwürdig fand.
Können bitte Drehbuch-Regeln und schreiberische Kreativität wieder in ihre eigenen Startlöcher gehen?

Humor ist bei mir übrigens meistens etwas versteckt, oft auch indirekt oder ironisch. Dazu braucht es keine klamaukige Nebenfigur.

Natürlich kann man Figuren grundsätzlich als Vertreter für bestimmte Ansichten oder Haltungen konzipieren. Aber bitte nicht eindimensional, sondern nur als Faden in einem komplexen Charktergeflecht, sonst sieht man durch die Figurenkonstellation noch den Hammer oder die Säge des Autors blitzen, die doch tunlichst im Werkzeugkasten verschwinden sollten.  :psssst:

HauntingWitch

Zitat von: Linda am 05. Mai 2012, 18:38:27
Ich finde schon den Begriff Sidekick grässlich und Artikel, die mir sagen, was ich wie und warum mit meinen Figuren machen soll, erst recht  ;)

Ich habe nur Figuren. Jede davon dient der Geschichte (und in Grenzen sich selbst). Keine davon dient primär dazu, eine andere Figur heldenhafter, moralischer oder sonstwie dastehen zu lassen.

Das unterschreibe ich voll und ganz.

Was mir auch auffällt, ist, dass es in vielen Geschichten (seien es Bücher, TV-Serien, Filme) eine treue Seele im Hintergrund gibt, die zwar nicht besonders wichtig zu sein scheint, aber ohne die doch etwas fehlen würde. Bei meinen Skripten halte ich es genauso - wenn ich überhaupt denke, dass einer, den man wirklich "nur" als Sidekick bezeichnen kann, notwendig ist. Natürlich könne diese auch lustig, unmoralisch oder was auch immer sein, aber das ist immer nur ein Aspekt ihres Charakters. Nur Humorfaktor oder gar blosser Antrieb für die Geschichte, so wie in Nayonis Post beschrieben, sind sie bei mir nie. Aber bei treuen Seelen bin ich der Überzeugung, dass manch ein Hauptcharakter sie braucht.

Chris

Hallo,

"klassische" Sidekicks, so wie ich sie kenne und verstehe, haben die Aufgabe / Funktion, ein Defizit des Helden auszugleichen und ihn zu erden, z. B. bringt Robin etwas Leichtigkeit ins Leben des eher düsteren Batmans. Sie machen den Helden menschlicher und geben ihm jemanden, um den er sich sorgen kann - ganz deutlich in "Herr der Ringe".

Von daher glaube ich nicht, dass Sidekicks Trottel oder humorvoll gezeichnet sein müssen, sondern den Helden oder die Heldin ergänzen sollten. Allerdings finden sich viele (für meinen Geschmack zu viele) "lustige" Sidekicks, z. B. Huggy-Bear bei Starsky & Hutch.

Ob man einen Sidekick braucht und wie man ihn oder sie nutzt, hängt für mich ganz von der Geschichte ab. Sidekicks können entlasten, weil sie die Aufmerksamkeit vom Helden nehmen und damit Spannung zurücknehmen oder aufbauen. Ich jedenfalls möchte sie nicht missen  :).

Liebe Grüße
Chris

Romy

#6
Ich habe längst nicht in jedem Roman Sidekicks, vielleicht ungefähr in der Hälfte, aber genau nachgezählt habe ich nicht. ;D
Meist handelt es sich um den/die beste/n Freund/in oder Schwester/Bruder/Cousin/Cousine.

Wo ich über die Frage gerade so nachdenke fällt mir auf: Ist mein Prota ein eher ernster, nachdenklicher Charakter, dann ist der Sidekick ziemlich locker, lässig und witzig. - Ist mein Prota hingegen selbst ein ziemlich lässiger Typ, dann ist der Sidekick eher ernst.
Das plane ich allerdings nicht von vornherein so, sondern der Charakter ergibt sich bei meinen Figuren meisten während des Schreibens ganz von selbst, in einem gewissen Umfang jedenfalls, weil eine ungefähre Vorstellung habe ich natürlich auch schon vorher. Aber es scheint ganz natürlich zu passieren, dass sie sich gegenseitig ergänzen und wenn man mal darüber nachdenkt, dann erlebt man das im wahren Leben in seinem Freundes- und Bekanntenkreis ja auch häufig. Es ist natürlich eine gemeinsame Schnittmenge Freundschaftsbasis da, aber in vielen Dingen ergänzt man sich dann.
Sidekicks die Trottel wären habe ich aber keinen einzigen, die werden von mir ähnlich liebevoll behandelt wie die Protas selbst. :D

Oft habe ich in meinen Romanen aber auch zwei (oder mehr) gleichberechtigte Protas, die vielleicht anfangs ihren eigenen Handlungsstrang haben, aber dann zusammentreffen und miteinander agieren. In solchen Fällen habe ich dann auch keine richtigen Sidekicks, sondern die Protas unterstützen sich halt gegenseitig.
Oder was ich in einem angefangenen (und derzeit auf Eis liegenden) Roman gemacht habe: Am Anfang wird eine junge Frau mit ihren beiden besten Freundinnen eingeführt und man kann denken: Die beiden sind die Sidekicks der ersten. Aber dann trennen sich die Wege der drei sehr bald und jede bekommt ihren eigenen Handlungsstrang, in dem sie die Prota ist. Schließlich treffen sie wieder zusammen, wobei die eine auf einmal auf der anderen Seite steht. Wo wir dann bei den unterschiedlichen moralischen Positionen wären. - Die anderen beiden wussten von vorneherein, dass die dritte diese andere Position vertritt, haben deshalb auch selbst über nachgedacht, hätten aber nie geglaubt, dass ihre Freundin ernst macht.


Zum Thema Sidekicks und Helden gibt es auch einen netten parodistischen Film. Ein bißchen trashig, aber trotzdem sehr lustig, wie ich finde: Sky High --> Trailer

Linda

#7
Mich stören diese amerikanischen "Regeln" ziemlich (auch ein Grund, wieso ich normalerweise den Handwerks-Bereich komplett ignoriere). Und scheinbar bin ich damit nicht allein. Der genannte Film von Romy ist dafür ein gutes Beispiel (die Figuren werden nach einem Aufnahmetest der Schule in Helden/Alleskönner und Sidekicks/Looser selektiert).

Außerdem wird auf die Frage Held/Sidekick auch gut bei einem Roman von China Mieville eingegangen, "UnLonDon" - wo "sidekick" als Heldenbegleiter übersetzt wurde und - Achtung Spoiler, die Heldenbegleiterin zur Heldin in Vertretung wird, als die prophezeihte Heldin gleich zu Beginn aus dem Spiel genommen wird.
Im ursprünglichen Kontext, also abseits dieser Drehbuchwerkstätten, kommt der Begriff aus dem Slang und heißt sowas wie Kumpel, Kumpan (und eben nicht dauergrinsendes, debiles, ewig zu rettendes Anhängsel)

Mein Lieblingsbeispiel dafür, dass es auch im Drehbuchbereich hervorragend ohne zementierte Rollen geht, ist da mal Star Wars (alte Trilogie, obwohl es auch bei der neuen klappt), bekanntermaßen ein in der Wolle gefärbtes Beispiel für Campbells Monomythos / Heldenreise (wie Joseph Campbell selbst es meinte). Für die einen ist Luke Skywalker der Held, und Han Solo der Sidekick, für die anderen ist es umgekehrt. Ich denke eher, dass sie zwei gleich starke, sehr unterschiedliche Figuren sind, die immer füreinander in die Bresche springen (Buddies auf Neudeutsch). Warum sollte einer auf die Rolle des Ablegers beschränkt bleiben?
Und genau das versuche ich auch zu erreichen. Für meine Texte zumindest gilt eher: jeder ist der Held ins einer eigenen Geschichte. Es hängt also alles sehr stark von der Perspektive des Erzählers ab. Warum sollte ich meine Figuren in ein Korsett zwängen, das ich selbst nicht anziehen würde?

Ich denke bei Figuren wie Robin von Batman daher eher, dass sie die Identifikation des Zuschauers erleichtern sollen, wenn der Held so heroisch/düster/kaputt oder sonstwas ist, dass kein Normalsterblicher Zugang zu ihm finden kann.

Ansonsten fürchte ich übrigens, dass Tolkien im Grabe rotieren würde, wenn man Samweis als Frodos Sidekick bezeichnen würde. Natürlich hatte er ein Vorbild für Sam, nämlich einen Typ "Offiziersburschen", wie er ihn selbst im Feld kennengelernt hat, einen grundsoliden Briten aus der Arbeiterklasse. Und diesen Kriegsbezug hat er auch nie geleugnet.

Mit einem ironischen 'just my 2 cents',

Linda

Romy

Sky High ist auf keinen Fall ernst zu nehmen. Der Film macht sich über die ganzen tollen "Regeln" ziemlich lustig. Gerade deshalb ist er ja so sehenswert, wie ich finde. ;D


Luke Skywalker und Han Solo würde ich auch als gleichstarke und gleichwichtige Figuren sehen. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass einer der Sidekick des anderen sein könnte. :no:
Hingegen würde ich behaupten, dass Chewbacca Han Solos Sideckick ist. Die beiden sind unzertrennlich und was würde Han nur ohne ihn machen? Der eine ist ohne den anderen nicht wirklich vollständig.

Farean

#9
Zitat von: Linda am 05. Mai 2012, 18:38:27
Ich finde schon den Begriff Sidekick grässlich und Artikel, die mir sagen, was ich wie und warum mit meinen Figuren machen soll, erst recht  ;)
Zitat von: HauntingWitch am 05. Mai 2012, 20:26:59
Das unterschreibe ich voll und ganz.
Ich auch.

Ich bin im Kopf mal ein paar Beispiele von Geschichten aus verschiedenen Genres und Medien durchgegangen und zu dem Schluß gekommen, daß ich mit dem Konzept des Sidekick absolut nichts anfangen kann. Besonders deutlich wird das für mich anhand von Charakteren, die verschiedenen Interpretationen unterworfen wurden, so daß sie mal eine eigenständige Rolle spielen und mal die eines Sidekick.

Ein sehr bekanntes und sehr augenfälliges Beispiel ist da für mich tatsächlich Goofy aus den Micky-Maus-Geschichten. ;) Dieser Charakter wurde von unterschiedlichen Zeichnern und Szenaristen sehr unterschiedlich umgesetzt. Meistens stellt er tatsächlich nichts weiter dar als den Trottel vom Dienst, den Pausenclown, den Idioten als Kontrastprogramm zum klugen Micky, sprich: den Sidekick.

Es gibt aber auch einige wenige Geschichten von herausragenden Zeichnern wie z.B. Romano Scarpa, der nicht nur die Genialität von Micky als Detektiv stark beschnitt, sondern auch Goofy als Charakter sehr aufwertete. Goofy blieb trottelig und alles in allem nicht gerade der hellste; aber er bekam definitiv sein eigenes Spotlight und genug Persönlichkeit, um als vollwertiger Protagonist angesehen zu werden und nicht bloß als "Mickys Sidekick". Und genau diese Geschichten habe ich als Jugendlicher mit Begeisterung gelesen und lese sie heute noch gern mal. ;) Mittlerweile verstehe ich auch immer besser, wieso.

Was die Geschichten von Scarpa aber auch aufzeigen (womit ich den Bogen zurück zum Eingangsposting schlagen möchte): Es wirkt sich immer zehnmal besser als jeder humorige Sidekick aus, wenn der heldenhafte Protagonist schon nicht ganz so bierernst angelegt wird. In Scarpas Geschichten hat auch Micky seine sympathischen Schwächen, über die man als Leser schmunzeln und herzhaft lachen kann. Um also, Nayoni, deine Frage zu beantworten:
Zitat von: Nayoni am 05. Mai 2012, 14:54:31
In meinem derzeitigen Plot gibt es keinen humorvollen Sidekick und so langsam habe ich das Gefühl, dass er doch arg fehlt. Da ich aber bereits 4 Chars habe, die ungemein wichtig sind, will ich eigentlich keinen fünften aufbauen, wohl aber könnte ich einem der vier ein bisschen Humor verpassen.

Wie handhabt ihr das? Was zeichnet euren Sidekick aus? Ist er zum Lachen oder eher von der nachdenklichen Sorte? Spielt Humor überhaupt eine Rolle in euren Geschichten?
Humor spielt immer eine Rolle. Selbst im düstersten, härtesten, erbarmungslosesten Szenario, denn ohne Kontraste wird jedes Szenario dröge. Sidekicks gibt es bei mir nie, dafür aber sehe ich zu, daß ich an jedem meiner Charaktere auch komische Seiten kennenlerne - sympathische Schwächen und so etwas. Und Humor entwickelt sich am besten, wenn er sich "zwischen den Charakteren" abspielt, nicht nur "um einen Charakter herum".

In einem meiner frühesten Romane hatte sich ganz von selbst ein hübscher Running Gag ergeben. Zu meinen Charakteren gehörten ein Dieb sowie ein ehrenhafter Paladin namens Hontariel. Der Dieb hatte die saloppe Angewohnheit, den Paladin mit "Hont" abzukürzen, was unweigerlich von letzterem ein genervtes "Hon-ta-ri-el" nach sich zog, manchmal auch mitten in einer spannungsgeladenen Action-Szene. Diese kleine Schrulle hat mehr von meinen Betalesern zum Lachen gebracht als die humorigen Einlagen, die ich vorher lang und breit ausgearbeitet hatte. ;)

Alana

@Farean: Ich finde auch, dass Humor wichtig ist und in so ziemlich jedes Buch gehört. Dosis und Färbung kann man diskutieren, aber ein Buch ganz ohne Humor wirkt einfach nicht stimmig auf mich.

In meinem aktuellen Projekt habe ich, ganz ohne das zu planen, einen Sidekick eingebaut. Er ist der beste Freund meiner Prota und dient dazu, inneren Monolog zu vermeiden, ihr den Kopf zurecht zu rücken, und ja, auch mal Witze zu machen. Das war so  nicht geplant, sondern hat sich einfach so ergeben.
In ihrer Freundschaft mit ihm und daran, wie sie sich wandelt, wird aber auch die Charakterentwicklung der Prota deutlich gemacht. Und wenn sie mit ihm zusammen ist, kann ich dem Leser eine Seite von ihr zeigen, die sie vor anderen Charas, besonders vor ihrem Love Interest (schrecklich, klingt so degradierend, gibt es dafür eigentlich ein ordentliches, deutsches Wort?) sehr lange nicht ausleben kann. Leider trifft der Begriff Side-Kick im Moment noch völlig auf ihn zu, denn er hat in der Geschichte bisher keine andere Daseinsberechtigung, als meiner Prota zur Hand zu gehen. Eigentlich würde ich das gerne ändern, aber ich fürchte, das passt nicht zum Plot, also wird er vielleicht damit leben müssen.
Alhambrana

Farean

Zitat von: Alana am 06. Mai 2012, 14:44:02
Love Interest (schrecklich, klingt so degradierend, gibt es dafür eigentlich ein ordentliches, deutsches Wort?)
"Angebeteter" vielleicht?

Ich benutze aber selbst auch das Wort "Love Interest". ;) Wobei ich nur Sprechweisen wie "er ist das Love Interest von..." vermeide und stattdessen eher zu Formulierungen neige wie "Für ... fungiert er als Love Interest".

Zitat von: Alana am 06. Mai 2012, 14:44:02
Leider trifft der Begriff Side-Kick im Moment noch völlig auf ihn zu, denn er hat in der Geschichte bisher keine andere Daseinsberechtigung, als meiner Prota zur Hand zu gehen. Eigentlich würde ich das gerne ändern, aber ich fürchte, das passt nicht zum Plot, also wird er vielleicht damit leben müssen.
:hmmm: Wenn ich so drüber nachdenke, habe ich vor allem in meinem letzten Projekt immer extrem dagegen angearbeitet, daß ein Charakter auf eine bestimmte Funktion reduziert war. Sobald meine Prota mit ihrem "Love Interest" gemeinsam unterwegs war, habe ich die beiden mit Situationen geradezu beschmissen, in denen sie sich jeder einzeln immer wieder als vollwertige Charaktere beweisen konnten; mein Unterbewußtsein war da penibelst darauf bedacht, beiden ungefähr die gleiche Portion Spotlight zu gönnen.

@Alana: Was hat denn dein "Sidekick" so an Motivationen, außer als guter Freund(?) bei der Prota zu bleiben und ihr beizustehen? Wo bietet sich ggf. sogar Konfliktpotential zwischen den beiden? Und was hat er so an Fähigkeiten, die die Prota nicht hat? Kannst du dir eine (in den Plot passende) Situation vorstellen, in der sie allein mit ihrem Können aufgeschmissen wäre und es eine Fähigkeit des Sidekick ist, die ihnen beiden den Arsch rettet? Oder vielleicht sogar eine (ebenfalls in den Plot passende) Situation, in der beinahe alles den Bach runter geht, weil sie ihn völlig selbstverständlich als "braven Sidekick" behandelt und ihm das total gegen den Strich geht?

Alana

@Farean: Geplant ist auf jeden Fall, dass er auch was leistet, was ihr so nicht eingefallen wäre und Konflikte gibt es natürlich auch immer wieder. Ich will ihn jetzt auch nicht mit Gewalt in eine größere Rolle pressen, aber ich habe einfach das Gefühl, dass er im Moment noch etwas eindimensional ist. Deine Fragen werde ich demnächst mal überdenken, das sind sehr gute Ansatzpunkte, danke!
Alhambrana

Lemonie

Ich frage mich gerade beim Durchlesen des Threads, wie genau eigentlich ein "Sidekick" definiert ist? Ich meine - ein Freund des Helden, der vielleicht etwas gegensätzlich ist und dadurch die Handlung vorantreibt, aber eben nicht der Protagonist ist, ist ja keine Seltenheit und ohne irgendwelchen Regeln zu folgen bauen ja viele automatisch solche Figuren in ihre Geschichten ein. (Ich meine hier jetzt schon öfter gelesen zu haben, dass jemand "Sidekicks" in seinen Geschichten hat, ohne sich da vorher Gedanken drüber gemacht zu haben  ;))
Sowas wie ein "Idiot vom Dienst", der das Ganze nur lustiger gestalten soll und sonst fast keinen anderen Sinn in der Geschichte hat, wirkt auf mich immer eher lächerlich.


Zitat von: LindaIch denke bei Figuren wie Robin von Batman daher eher, dass sie die Identifikation des Zuschauers erleichtern sollen, wenn der Held so heroisch/düster/kaputt oder sonstwas ist, dass kein Normalsterblicher Zugang zu ihm finden kann.

Genau das denke ich auch. In vielen Geschichten gibt es ja Helden, mit denen man als Leser/Zuschauer nichts anfangen könnte, und die vielleicht ein bisschen abgehoben vom normalen menschlichen Leben sind. Ein "Sidekick", der da mehr "Innenansicht" hat und den Held eventuell sogar noch menschlicher macht, macht es dann für den Leser einfacher (und führt dann auch dazu, dass der Leser den Held trotzdem mag, weil der Freund/Verwandte/was auch immer (Sidekick eben :P) ihn mag und man seine Ansichten irgendwann teilt.)
Ein gutes Beispiel für sowas, woran ich bei dem Thema denke, ist John Watson bei Sherlock Holmes.


Zitat von: FareanWenn ich so drüber nachdenke, habe ich vor allem in meinem letzten Projekt immer extrem dagegen angearbeitet, daß ein Charakter auf eine bestimmte Funktion reduziert war. Sobald meine Prota mit ihrem "Love Interest" gemeinsam unterwegs war, habe ich die beiden mit Situationen geradezu beschmissen, in denen sie sich jeder einzeln immer wieder als vollwertige Charaktere beweisen konnten; mein Unterbewußtsein war da penibelst darauf bedacht, beiden ungefähr die gleiche Portion Spotlight zu gönnen.

Das kenne ich. ;) Es kann sein, dass Charaktere für den Handlungsverlauf eines bestimmten Projektes eben eine spezielle Funktion haben (Sidekick, Love Interest, was auch immer), aber "hinter" der Geschichte sind sie ja vollwertige Charaktere (ansonsten sollte man sie nochmal überdenken) und ich versuche auch immer, sie auch so rüberzubringen. Es spricht ja nichts dagegen, vor allem bei längeren Werken, mal eine Nebenhandlung einzubauen, in denen sie wichtiger werden oder in denen mal näher auf sie eingegangen wird (z.B. auf die Vergangenheit oder so).

Farean

Zitat von: Lemonie am 06. Mai 2012, 16:55:08
Es kann sein, dass Charaktere für den Handlungsverlauf eines bestimmten Projektes eben eine spezielle Funktion haben (Sidekick, Love Interest, was auch immer), aber "hinter" der Geschichte sind sie ja vollwertige Charaktere (ansonsten sollte man sie nochmal überdenken)
Genau das ist es, was (zumindest meinem Bauchgefühl nach) den Sidekick zum "Sidekick" macht: Er ist eben kein vollwertiger Charakter. Nimm ihm den großen, heroischen Protagonisten weg, und von ihm bleibt nichts übrig, das der Erwähnung in einem Roman wert wäre. Daher habe ich auch eine so große Abneigung gegen den bloßen Begriff "Sidekick".

Und aus genau diesem Grund sträubt sich in mir alles, Watson als "Sidekick" von Holmes zu bezeichnen. In vielen Verfilmungen, Spinoffs und sonstigen Adaptionen ist er auf diese Rolle reduziert worden, ja. In den Originalgeschichten von Arthur Conan Doyle dagegen war Watson doch sogar der Ich-Erzähler, ein gestandener Mann, hat als Arzt in der Armee des British Empire gedient, besaß Kampferfahrung und hatte mehr als genug eigene Fähigkeiten, um in kritischen Augenblicken die Nerven zu behalten und richtig zu handeln. Man kann ihn höchstens mit derselben Berechtigung als "Holmes' Sidekick" bezeichnen, mit der man Holmes als "Watsons Plothook" bezeichnen könnte.