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Unsicherheiten beim Schreiben

Begonnen von TheMadZocker, 15. Januar 2017, 21:19:11

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Fianna

Naja, unter "10 Überarbeitungsdurchgänge" verstehe ich, dass man dauernd ohne Ende umschreibt, sondern nach den ersten Überarbeitungsdurchgängen sich einzelne Punkte vornimmt, z.B.  Plot, Charakterdarstellung, Setting, Worldbuilding/historische Details, Füllworter/Adjektivitis... wenn mann dann noch die finale Überarbeitung nach den Betalesern einrechnet, da kommt man doch auf ziemlich viele Duechgänge (annähernd 10).

Araluen

#31
Man soll seinen ersten Entwurf ja auch mögen, die Geschichte, die man dabei erzählt hat. Nur halte ich es in den meisten Fällen und gerade auch bei mir persönlich für sehr hoch gegriffen, davon auszugehen, dass man diesen ersten Entwurf schon jemand anderen präsentieren kann und mit Begeisterungsstürmen rechnen darf (außer vieleicht ovn engen Fruenden und Verwandten, die eh alles bejubeln, was man schreibt. Natürlich gibt es auch ehrliche Freunde. Aber ganz ehrlich? Denen gibt man das Manuskript doch auch erst, wenn man es als fertig betrachtet ;)). Das Was, also welche Geschichte ich erzählen möchte, sollte von Anfang an stimmen und diese Geschichte sollte man auch lieben. In der Bearbeitung geht es dann vor allem um das Wie. Versteht der Leser, was ich sagen möchte? Halte ich den Spannungsbogen richtig? Sollte ich hier vielleicht eine Erklärung raus nehmen und an anderer Stelle dafür deutlicher werden? Was kann raus? (wohl die schwierigsten und schmerzhafteste Frage). Was muss noch rein? Nach dieser groben ersten Bearbeitung kommen noch weitere Feinheiten, die Fianna schon aufzählte. Da kommen durchaus mehrere Überarbeitungsrunden zusammen, erst recht, wenn man das Manuskript offiziell präsentieren möchte.

Letztlich schreibt aber jeder tatsächlich anders. Wenn ich 20 Minuten vor einem Satz sitze und über die Formulierung nachdenke, dann ist die Luft raus und ich mache das Dokument zu. Ich brauche einen Schreibfluss, um vorran zu kommen. Details kläre ich in der Überarbeitung über das Was und vor allem das Wie. Aber auch ich schreibe nicht meine komplette Geschichte im Grunde noch einmal neu. Das Bild des Rohdiamanten ist eigentlich sehr treffend. Die Geschichte wird geschliffen und poliert, bis sie endlich im perfekten Glanz erstrahlt. Strahlen kanna ber nur ein Diamant. Bei einem Kieselstein hilft auch der beste Schliff nichts.

Cailyn

Kerstin
Das mit dem Druck, den man sich auferlegt, sehe ich genauso. Ich selber denke beim Schreiben selten ans Veröffentlichen. Ich setze mir aber das Ziel, es nach bestem Wissen und Können zu schreiben und das Manuskript vor allem fertig zu kriegen. Und da tue ich natürlich dann schon so, als ob ich es für Leser schreiben würde und nicht nur für mich. Da ist dann die Grenze zum imaginären Lektor natürlich nur noch schwer zu ziehen  ;D.

Shedzyala
Viele Überarbeitungen sind für mich tatsächlich normal. Es ist ja nicht so, dass ich alles 10 Mal neu schreibe. Aber nach dem Erstentwurf mach ich erstmal Pause und lasse das Baby ruhen. Dann lese ich es durch und achte mir nur den Inhalt. Und streiche sofort alles an, was nicht wirklich gut ist. Dann überarbeite ich mal Inhaltliches. Danach kommt die erste Beta-Leserunde. Zur Vorbereitung für die Beta-Leser (damit sie nicht über schlimmste Fehler stolpern) bügle ich schon mal ein paar Rechtschreibe- und Grammatikfehler aus (2. Überarbeitung). Wenn ich die Feedbacks zurückerhalte, wird der Inhalt wieder überarbeitet (3. Überarbeitung). Dann gehe ich den Text unter dem Gesichtspunkt "Aufbau, Absatzbildung, Kapiteleinteilung, Szenenanfang- und ende" durch (= 4. Überarbeiten). Dann folgen meist noch zirka 3 Durchgänge für Stil, Grammatik und Rechtschreibung. Insgesamt also etwa 7 Mal überarbeiten. Aber nicht jeder Durchgang dauert dann ewig lange. Für manches wie Textaufbau benötige ich nur 2-3 Stunden, während ich für den Stil schon mal mehrere Tage aufbringe.

Ich finde es toll, wenn jemand das nicht machen muss. Womöglich gibt es eben die Talentierten und die "Workers", wobei ich zu den Workers gehöre, die sich jeden Schritt noch erarbeiten müssen. Meine Hoffnung ist natürlich, dass ich nach dem x-ten Buch plötzlich von selber all diese Dinge gleich beim Erstentwurf integriere. Aber bis dahin ist es noch ein steiniger Weg. Aber es stresst mich auch nicht, dass es so ist, weil auch viele erfolgreiche Autoren noch auf diesem steinigen Weg sind.

Araluen
Ja, diesen Schreibfluss brauche ich auch dringend. Sonst wäre ich schnell mal blockiert und würde gar nicht mehr weiterschreiben.

TheMadZocker

Ich werde hier jetzt nicht auf alles eingehen können, also bitte verzeiht mir...

Dass es jedem Autor mal so ergeht, dachte ich mir schon irgendwo, weswegen ich die verschiedenen Lösungen recht interessant finde. Generell versuche ich gerade, etwas mehr Struktur in mein Leben zu bringen, da würde ein Plan zum Schreiben tatsächlich passen. Wie hieß das? Schneeflockenmethode? Cooler Name. :)
Gerade heute ist mir eine Idee für eine neue Geschichte gekommen - Figuren habe ich bereits. Gleich fängt auch schon meine Schreibzeit an; ich werde mich also an der ersten Lösung probieren, mir eine NaNo-Atmosphäre schaffen und einfach drauflos schreiben, etwa so, wie ich es vor 3 Jahren zum ersten Mal gemacht habe. Weiterhin habe ich beschlossen, alle meine (interessanten) Geschichten zu überarbeiten und neue Versionen zu schreiben. Irgendwie habe ich da gerade richtig Lust drauf! Vielen Dank an alle. :winke:

Ich lasse das hier noch ein bisschen offen, falls wer noch was ergänzen möchte. Sehen uns!

Culham

Also, ich kenne das Problem auch. Aber ich kann mich nur dem einen Tipp anschließen: einfach schreiben! Nur grob korrigieren und dann weiter machen. Korrekturen sind sooo viel leichter, wenn der Text erst mal steht. Es gibt so viel, was ich in das Buch einbauen möchte: Vorgeschichte der Charaktere, Hintergrund der Welt usw.
Die Gefahr dass alles an unpassende Stellen ist viel geringer, wenn man mehr Platz hat, wo es hin könnte.
Einfach akzeptieren, dass Stil und Ausdruck noch mies sind. Vertrau darauf, dass du es später noch hinbekommst.

Roca Teithmore

Hi ich denke das hier ist schonmal auf jedenfall gut:
Zitatch habe eine Welt erschaffen, die natürlich ihren eigenen Regeln folgt, eigene Kreaturen und Lebewesen beinhaltet und eine Rahmengeschichte hinzugefügt.

Ich verstehe das Problem nicht nur mit Perfektionismus, sondern auch das du scheinbar gar nicht so sicher bist, worüber du schreiben willst. Die Erstellung der Welt scheint ja bei dir im Vordergrund gelegen zu haben. Vielleicht kannst du einfach aus dem Twist angehen, was es für Historische ereignisse dort gab, was es für Geistergeschichten, Legenden etc dort gibt. Damit formst du dir die Welt A noch ein bisschen mehr und es hat viel Freiraum für experimente, was dir vielleicht den Druck rausnimmt, es sofort perfekt zu machen. - das kann nämlich niemand.
Auch Stefen King schreibt erstmal max 3 Monate was runter und fässt es dann min 6 Wochen nicht an, bevor er es Korrigiert und mit den Augen eines Fremden liest.

Ich denke so Kurzgeschichten helfen dir A die Routine rein zu bekommen, jeden Tag ein bisschen was zu schrieben, B deine Welt besser kennen zu lernen, C deinen Schreibstil zu finden und D vielleicht sogar CHaraktere/Situationen erschaffen über die du gerne etwas längeres schreiben würdest.

Also dass wären meine Tipps in diesem Fall.

Trippelschritt

Ob das jetzt unserem MadZocker hilft, was ich hier zu sagen habe, möchte ich hier mal dahingestellt lassen, aber eines fällt mir immer wieder auf. Es gibt unter den Schreibanfängern und Hobbyschreiber, eine ungemein große Zahl an Bauchschreibern. Unter fertigen Autoren ist diese Zahl aber erheblich kleiner. Und das gibt mir zu denken, denn eine Erklärung fällt schwer. Möglichkeiten sind:
- Bauchschreiberautoren outen sich nicht. Deshalb glaubt man, es gäbe so wenig davon.
- Bauchschreiberjungautoren scheitern, weil sie damit nicht umgehen können oder aus was für Gründen und deshalb bleiben vorwiegend Planschreiber übrig.
- Bauchschreiberjungautoren sind gar keine Bauchschreiber, sondern verstehen vom Schreibhandwerk noch zu wenig und verwechseln Nichtwissen mit Bauch und Intuition.

Egal, was davon zutrifft, es ist kein kurzer Weg, bis man sich sicher sein kann, ob man Bauchschreiber, Planschreiber oder etwas dazwischen ist. Bauchschreiberei betrifft den Weg oder die Art der Ideenfindung oder die Art, wie Ideen wundersam im Kopf auftauchen. Der Bauchschreiber hat kaum Probleme, seine erste Fassung einfach herunterzuschreiben, weil die Ideen beim Schreiben einfach nur so strömen. Dass die erste Fassung dann nicht mehr als nur vorläufig ist, darf einen nicht wundern, muss aber nicht so sein. Stephen King braucht nicht mehr als nur eine oder zwei Überarbeitung und die betreffen mehr den Stil als die Struktur. Sagt er.

Also Vorsicht mit dem Bekenntnis: Ich bin ein Bauchschreiber. Es kann ein Irrtum sein. Ein recht guter erster Test ist, wenn man eine Idee hat, die einen so richtig packt und wenn man sich dann hinsetzt und losschreiben will, und es kommt nix. Tja, dann scheint der Bauch verstopft zu sein und man macht sich bessert einen Plan.

Frohes Schaffen
wünscht
Trippelschritt


Zit

#37
Hm, nachdem ich dieses Video von Rachel Stephen gesehen habe, glaube ich auch, dass dieses Plotter/Pantser-Ding zu sehr bemüht wird. Jeder hat eine andere Herangehensweise. Es gibt kein Patentrezept wie man zu seiner fertigen Geschichte kommt. Jemand, der unsicher ist, daher in eine Kategorie zu stecken, die klingt, als gäbe es nur entweder-oder, halte ich für falsch. Besser ist es, verschiedene Tools und Herangehensweisen anzulesen und zu testen, um den eigenen Worklflow zu finden.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Evanesca Feuerblut

Ich glaube durchaus, dass "Bauchschreiber trauen sich nicht zu outen" auch sehr oft zutrifft. Im Rahmen von "Authorwing" mentoriere ich zwei Jungautorinnen und kriege auch sonst einiges mit. Und dieses "Ich bin Bauchschreiber, kann ich damit eigentlich überhaupt ein Buch schreiben oder muss ich zwingend plotten?" ist genauso verbreitet wie "Ich habe mal gesagt, dass ich nach Bauch schreibe und mir kam dafür viel Verachtung entgegen".
Mein erstes Buch schrieb ich nach Plan und scheiterte. Es wurde zwar fertig, aber ich habe ein halbes Jahrzehnt gebraucht, um daraus was Brauchbares zu machen.
Die nächsten neun schrieb ich nach Bauch und machte dabei zwar einiges an Quatsch, aber hey, ich bekam insgesamt neun Bücher fertig damit. Und ich habe das Schreiben dabei NICHT gegen Ende glühend gehasst. Und ich habe danach NICHT ein ganzes Jahr lang gar nicht mehr geschrieben, weil ich so frustriert war. Also... funktionieren tut es schon und für mich persönlich besser, als stur nach Plan zum Abhaken.
Jetzt suche ich mir einen goldenen Mittelweg, mit dem ich ein paar der Fehler vom Bauch vermeiden kann, ohne den völlig verkopften Frust wieder reinzukriegen. Es ist ein Prozess.

Aber ich glaube auch, dass die meisten Leute irgendwo dazwischen sind.

Falls es Madzocker oder anderen Autor*innen hier hilft: Ich habe 14 Bücher geschrieben (noch keins davon ist veröffentlicht, aber das kommt dieses Jahr noch) und ich bin immer noch dabei, die perfekte Balance zwischen Bauch und Plan zu finden. Eine, die für mich perfekt funktioniert.
Sehr oft kommt Unsicherheit daher, dass irgendwas oder irgendwer suggeriert, man müsste vom ersten Buch an genau wissen, wie man am Besten schreibt und es sofort perfekt machen. Und dann sein Leben lang nach genau DIESER Methode schreiben.
Wenn man das Ganze entspannter angeht und sich einsieht, dass - auch wenn man auf besagtem Weg das eine oder andere fertige Buch produzieren mag - trotzdem der Weg beim Schreiben das Ziel ist, fallen viele Unsicherheiten weg.
Sie werden schlicht irrelevant.

"OMG, mache ich alles richtig?" ist die falsche Frage. Denn es gibt schlicht kein richtig oder falsch. Es gibt nur ein "Jetzt mach erstmal fertig, dann kannst du es hinterher immer noch erstmal furchtbar finden. Und mit etwas Abstand feststellen, dass es gar nicht mal so schlimm ist und immerhin ist jetzt was da zum Arbeiten."
Jeder Weg ist erlaubt, solange am Ende erstmal ein Buch rauskommt.
Und je mehr Erfahrung man hat, desto brauchbarer wird dieser Erstentwurf. Und wie sammelt man Erfahrung? Ausschließlich durch machen :). Also macht.

Zit

Zitattrotzdem der Weg beim Schreiben das Ziel ist, fallen viele Unsicherheiten weg. (...) Jeder Weg ist erlaubt, solange am Ende erstmal ein Buch rauskommt.

Hm, meiner Meinung nach widerspricht sich das. Wenn der Weg das Ziel ist, dann muss dabei nicht zwangsläufig ein Buch heraus kommen.
Jeder muss für sich den Grad zwischen Planen und freiem Schreiben finden, um effizient zur fertigen Geschichte zu kommen. Alles andere ist doch nur pathetisch.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Evanesca Feuerblut

Für mich ist nicht das konkrete Buch das Ziel. Ich schreibe auf dem Weg zig Bücher, aber ich bin darum noch lange nicht da :D

Zit

Ach so, dann habe ich falsch verstanden. Ich dachte, du sprichst von einem Buch, nicht von der Entwicklung als Schriftsteller allgemein. :)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Evanesca Feuerblut

Kein Problem :). Mir ging es wirklich um das Gesamte. Und da denke ich daran, wie gut es mir getan hätte, wenn mir jemand die Unsicherheiten ausgeredet hätte, als ich am Anfang stand und von einer Schreibkrise zur nächsten hastete.
Darum gebe ich so gerne weiter, was ich seitdem darüber gelernt habe.