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Bibliothek: Bücher über Schreiben, Charakterbau, Plots und so weiter

Begonnen von Felsenkatze, 20. Mai 2011, 09:41:16

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Tinnue

ZitatIch finde "Fiktionales Schreiben" von Ron Kellermann sehr gut, dort geht er auf die Funktionen von Geschichte/Idee und die (wie er sie nennt) drei Werkzeugkisten der Dramaturgie ein (Konzept/Figuren/Struktur) - und dass alles versehen mit guten Schreib-Übungen, man wird immer wieder angehalten, an seinem Projekt bestimmte Dinge zu üben bzw. seiner Prota wichtige Fragen zu stellen.

Ron Kellermann? Ich wusste, dass er Drehbücher schreibt, aber ansonsten... Das ist ja was! Er hat an unserer Uni mal einen Kurs über Drehbuchschreiben gehalten.
:)

Debbie

Puh, in diesem Thema wollte ich was schreiben seit ich hier angemeldet bin  :versteck:  Jetzt bietet es sich gerade an, also nutze ich die Gelegenheit ...

Was Perspektive, bzw. generell Erzähltheorie angeht, fand ich "Einführung in die Erzähltheorie" von Martinez und Scheffel sehr aufschlussreich und verständlich. Ich würde es jedem empfehlen, der Probleme mit der Perspektive hat, bzw. sich etwas tiefer mit der Theorie auseinandersetzen möchte, ohne dabei gleich mit zuviel wissenschaftlichem Gedöns zugepackt zu werden  ;)
Den Inhalt findet man hier, bei "Blick ins Buch" -> http://www.amazon.de/Einf%C3%BChrung-die-Erz%C3%A4hltheorie-Mat%C3%ADas-Mart%C3%ADnez/dp/3406638600/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1363883234&sr=8-1

Dann werde ich mal noch schnell (oder auch weniger schnell) was zu ein paar anderen Schreibratgebern sagen, die ich so durchgeackert habe.

Meine Favoriten:

Characters & Viewpoint (O. S. Card): Wurde hier schon mehrfach genannt, und das absolut zurecht. Ich habe ein ganzes Regalfach voller Schreibratgeber aber das ist immer noch der beste. Warum? Card ist selbst erfolgreicher Autor, weiß also wovon er redet - und das merkt man dem Buch schonmal ganz deutlich an! Er hat eine sehr "leserorientierte" und psychologische Herangehensweise an Charakterentwicklung. Aber vor allem gibt er nicht nur charakter- und perspektivenspezifische Ratschläge, sondern auch ganz allgemeine und sehr wichtige Tipps zum Schreiben. Und das ganze präsentiert er dann so, wie er auch seine Romane schreibt - unterhaltsam, kurzweilig & einprägsam. Dieser Ratgeber ist m. E. sein Gewicht in Gold wert!
Auch hier wieder: "Blick ins Buch" für den Inhalt.

Dynamic Characters (Nancy Kress): Sehr gutes Buch zur analytischen und detailierten Ausarbeitung und Entwicklung von Figuren. Es werden so interessante Dinge wie die Bedeutung des Aussehens, der Herkunft (und deren Einfluss), Charakterisierung durch Dialog, etc. behandelt. Zudem enthält es einen sehr guten Charakterfragebogen, der zwar nicht so ausführlich ist, wie der hier im Zirkel, aber ein toller Ausgangspunkt zur Weiterentwicklung! Rundum ein gelungenes, lehrreiches und inspirierendes Buch, dessen Kauf sich in jedem Fall lohnt.

Description & Setting (Ron Rozelle): Ich liebe dieses Buch!  :wolke: Ich bin ein Ass wenn es um Dramatik, Subtext, Dialoge und Interatkion geht - aber was Beschreibungen angeht ... Sagen wir so, ihr wollt meine erste Grundfassung nicht lesen, wenn euch noch andere Dinge als Spannung und Dialog wichtig sind  ;) Und dann hab ich dieses Buch gefunden, dass meine Geschichte (ohne Übertreibung!) und meinen Stil gerettet hat. Rozelle ist ein Genie und Pedant wenn es um Beschreibung geht - genau das richtige für eine "Naturniete" wie mich. Seine Beispiele sind wahnsinnig inspirierend, seine Erklärungsweise eindringlich, seine Ratschläge zur Arbeitsweise erleuchtend. Nach jedem Kapitel gibt es eine Zusammenfassung (Exzerpt) des Inhalts, sowie entsprechende Übungen - alles perfekt aufeinanderabgestimmt! Von ihm hab ich die Idee für meinen Szenebogen (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,8416.msg268171.html#msg268171), den ich dann meinen Bedürfnissen entsprechend erweitert habe. Und was soll ich sagen? Meine Beschreibungen sind inzwischen wirklich großartig - der Mann ist ein Genie. Hab ich das schon gesagt?

Building believable characters (Marc McCutcheon): In diesem Buch geht es nicht so sehr darum, wie man einen Charakter entwickelt, es dient hingegen v. a. als "Ideengeber". Das Buch besteht zu 2/3 aus Listen - Arten zu Sprechen, Arten zu Schauen, verschiedene Haartypen, Augen-, Nasen- und Gesichtsformen, Arten sich zu bewegen, Bewegungen nach Gefühlen sortiert, psychische Störungen, körperliche Krankheiten und Merkmale, und, und, und ... Und zu guter letzt sogar Listen von landesspezifischen Vor- und Nachnamen! Wer also nach Ideen für außergewöhnliche Charaktere und Eigenschaften sucht, nach "starken Verben" anstelle von "gehen" oder "schauen/blicken", der ist hier genau richtig. Ich habe nie bereut das Buch gekauft zu haben, auch wenn der Titel etwas irreführend ist, allerdings muss man schon sehr gut Englisch sprechen, bzw. schreiben, um aus dem Buch einen Nutzen ziehen zu können. Bei dem derzeitigen Einheitsbrei von YA Figuren würde ich dieses Buch gerne mal massenweise an diverse Autoren verschicken  :pfanne:
Und der Inhalt - ihr wisst ja ...  ;)

Scene & Structure (Jack Bickham): Kennt ihr das? Ihr lest ein Buch, oder eine Szene, die ihr selbst geschrieben habt, und offensichtlich ist damit alles in Ordnung - Grammatik, Rechtschreibung, Interaktion der Charaktere, Beschreibungen; alles enthalten. Und trotzdem stimmt irgendwas nicht ... Da kann dieser Ratgeber wahrscheinlich Abhilfe schaffen. Auch ein Buch, von dem ich mir wünschen würde, dass es mehr Autoren lesen ... Bickham behandelt detailiert, kurzweilig und verständlich den logischen Aufbau von Szenen und ganzen Romanen. Spannungsbogen, Szenenanfänge und -enden und logische Handlungsreihenfolge sind nur einige Themen denen er sich ausführlich widmet. Auch für Autoren, die instinktiv meist alles richtig machen eine lohnenswerte Lektüre!

The first five pages (Noah Lukeman): Gut, es handelt sich um einen amerikanischen Lektor, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es in deutschen Lektoraten nicht viel anders zugeht. Lukeman schilder zunächst, auf sehr schonungslose Weise, den Tagesablauf eines Lektors und was man bei einer Manuskripteinsendung alles falsch machen kann, und was auch immer wieder falsch gemacht wird. Dabei geht er auch auf die kleinen aber feinen Details ein, über die sich ein hoffnungsvoller Hobby-Autor so garkeine Gedanken macht. Sehr desillusionierend, aber auch sehr heilsam für jeden Schreiberling, der es ernst meint.
Hat das Manuskript es dann mal in die Hand des Lektors geschafft (was garnicht so einfach ist!), listet Lukeman die häufigsten Fehler eines Textes, die zur Ablehnung führen. Hier sind u. a. die berühmten 10 Punkte von Eschbach enthalten, aber auch noch andere Dinge. Lukeman nimmt die Fehler auseinander, sagt wie es richtig gemacht wird, gibt Beispiele an und rundet jeden Punkt mit entsprechenden Übungen ab. Ein Buch das man unbedingt mal vor einer Überarbeitung lesen sollte - und dann ruhig immer wieder.


Weitere Bücher die ich empfehlen kann:

Science Fiction & Fantasy (O. S. Card): Da ich Card für den Guru der Schreibratgeberautoren halte, darf dieses Buch natürlich nicht fehlen. Es ist nicht nur aufschlussreich, was die Differenzierung zwischen Sci Fi und Fantasy angeht, sondern beleuchtet auch die unterschiedlichen Plotarten des Fantasyromans und gibt Anregungen und Tipps, was beim Erschaffen einer Fantasy-Welt zu beachten ist. Jeder Tipp von Card ist ein wertvoller Tipp - insofern eine klare Kaufempfehlung, auch wenn das Buch eher allgemein gehalten ist.

Plot (Ansen Dibell): Geht sehr schön auf die Details von Planung und Plotaufbau ein. Abgesehen von den vielen guten Tipps, ist das Buch für mich auf immer wieder eine Quelle der Inspiration, da es wunderbar nützliche Varianten und Möglichkeiten aufzeigt. Wenn ich ein Plot-Problem hatte, hat mir das Lesen dieses Ratgebers immer geholfen. Also auch für dieses Buch eine klare Kaufempfehlung, selbst wenn man eigentlich keine Probleme mit dem Plotten hat.

Beginnings, Middles and Ends (Nancy Kress): Wo sollte man anfangen? Was macht den perfekten ersten Satz aus? Wann und wie schnell müssen welche Infos vermittelt werden? Wie gestalte ich eine interessante und fesselnde Mitte nach einem spannenden Auftakt? Was gehört alles in den Anfang, die Mitte - was muss/sollte ich mir fürs Ende aufbewahren? Was macht ein Ende zu einem zufriedenstellenden Ende? Wie gestalte ich ein offenes Ende, ohne den Leser zu enttäuschen? Und so weiter und so fort ... Wer also Probleme mit der Aufteilung seines Plots hat, oder sich schon immer eine der oberen Fragen gestellt hat, ist hier genau richtig. Auf jeden Fall empfehlenswert!

Wort für Wort (Elizabeth George): Habe ich mir auf Empfehlung von Alana besorgt  :vibes: - und es auf keinen Fall bereut. Die Arbeitsweise von EG ist sehr interessant, manchmal außergewöhnlich und gerade deshalb ist auch für "alte Hasen" noch der ein oder andere Rat dabei. Ihre Beispiele zur Veranschaulichung sind sehr gut gewählt und machen Lust auf mehr. Eine ausgesprochen kurzweilige Lektüre, die mich dazu gebracht hat die Inspector Lynley Reihe anzufangen. Und was soll ich sagen - die Frau kann einfach schreiben! Auch wenn es ein paar Formulierungen in ihren Büchern gibt, die mir aufstoßen (weil zu platt oder klischeehaft), sind es doch sehr, sehr wenige. Und in "Wort für Wort" bringt sie viele grundlegende Regeln so gut auf den Punkt, wie ich es sonst nur von Card kenne. Ich hab zwar nicht sehr viel markiert (das Buch besteht allerdings auch zu einem guten Viertel aus Beispieltexten), aber die Markierungen, die ich gemacht habe, waren wertvoll und landen auf meiner "How to do"-Liste. Kaufempfehlung!

Conflict, Action & Suspense (William Noble): Hat m. E. die sehr negativen Rezensionen auf amazon nicht wirklich verdient - gut, der Autor gibt z. T. wenig empfehlenswerte Beispiele, aber er erklärt auch, wie man die Mitte spannend hält, welche Effekte und Mittel man anwenden kann, gibt gute und schlechte Beispiele an, gibt Tipps zu Cliffhangern, etc.. Vielleicht ist nicht alles aus diesem Buch verwendbar, aber das, was verwendbar ist, ist definitiv interessant und nützlich. Wenn jemand Probleme damit hat, Spannung aufzubauen oder zu halten, würde ich ihm das Buch auf jeden Fall empfehlen!

The Complete Guide to Writing Fantasy (Park & Dullemond): Ich hab noch die ältere Auflage des Buches. Gute Anflaufstelle für Websites zu diversen Fantasy-Themen, sowie im Großen und Ganzen nützliche Aneinanderreihung von Dingen über die man sich bei der Erschaffung seiner Welt Gedanken machen sollte. Das Buch ist v. a. geeignet für High Fantasy Autoren mit klassischem, mittelalterartigem Setting. Da das bei mir nur bedingt der Fall ist, waren für mich nicht alle Kapitel relevant, dennoch waren einige nützliche Denkanstöße und Tipps dabei. Da die Kapitel von unterschiedlichen Autoren verfasst sind, variiert auch der Schreibstil zwischen laaaaangweilig und unterhaltsam.
Die Inhaltsangabe gibt's hier: http://www.amazon.com/Complete-Guide-Writing-Fantasy-Vol/dp/1896944094/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1363890199&sr=8-1&keywords=Complete+guide+to+writing+fantasy

The Key (James N. Frey): Gutes Buch für Autoren die sich für die Struktur der Heldenreise interessieren oder ihr Werk auf entsprechende Elemente abklopfen möchten. Frey geht auf die einzelnen Stationen der Heldenreise, sowie ihren üblichen "Darsteller" ein. Was ich daraus gelernt habe? Das mein Plot in großen Teilen der klassischen Heldenreise entspricht und einige Figuren auch der klassischen Rollenverteilung. Was aber für mich noch interessanter war: Es stimmt nicht alles überein, viele Dinge hab ich angewandelt; Stationen abgewandelt oder ausgelassen und viele Charaktere ambivalenter als ihre klassischen Typen entwickelt. Auf jeden Fall ein interessantes Buch, auch wenn ich mit Frey's reißerischem Stil immer noch meine Probleme habe  ::)


Was ich bedingt empfehlen kann:

Stein on Writing (Sol Stein): Nachdem ich sooooooviel gutes über dieses Buch gelesen habe, musst ich es natürlich haben. Leider blieb mir der "Aha-Effekt" in diesem Fall verwehrt  :-\  Ich konnte aus dem Buch leider nichts Neues mitnehmen, da ich nahezu zu jedem Thema bereits vorher ein ausführlicheres Buch gelesen hatte. Insofern: Breitgefächert aber (für mich) leider viel zu allgemein. Gut für Schreibratgeber-Neulinge.

Wie man einen verdammt guten Roman schreibt (James N. Frey): Mein allererster Schreibratgeber - und schon damals fand ich darin nicht viel Neues. Der einzige Tipp, den ich aus diesem Buch nützlich fand, war die Charaktere auf die "Psychiater-Couch" zu setzen. Aber dafür gibt's ja im TZ sogar einen eigenen Thread  :ätsch: Enthält grundlegende Tipps und geht auf die wichtigsten Grundregeln ein. Vielleicht ein gutes Anfänger-Buch ...

The Complete Guide to Writing Fantasy II: Band zwei des oben erwähnten Ratgebers. Warum ist dieser hier gelandet? Weil zu viel aus dem ersten Band wiedergekäut wird. Ich glaube es waren noch ein, zwei interessante Kapitel dabei, aber das war's auch schon. Vielleicht bin ich aber auch nicht die richtige Zielgruppe  ???

Writing dialogue (Tom Chiarella): Über einige (schlechte) Beispiele konnte ich mich wirklich amüsieren - ansonsten konnte ich aus dem Ratgeber leider nichts mitnehmen. Aber da, wie schon gesagt, Dialoge eine meiner leichtesten Übungen sind, bin ich da wohl nicht wirklich ein Gradmesser. Hier liegt noch ein zweites Buch über Dialoge, dass ich demnächst anfangen will - ich werde dann über Unterschiede berichten  ;)


Absolut abraten würde ich von:

Creating Character Emotions (Ann Hood): Tolle Einleitung, und dann? Das unsinnigste, verwirrteste und sich permanent wiederholende Gequatsche über Emotionen, das ich jemals lesen musste! Zuerst warnt die Autorin vor Klischees, und wendet sie dann selbst an  ???  Platt, wiederkäuend, beschränkt und langatmig. Nach dem ersten Kapitel, und einigen Stichproben in weiteren Kapiteln, konnte ich mich nicht mehr überwinden weiterzulesen. Psychologie für Grundschüler!

Inner Drives (Jaye Smith): Aufgrund der guten Kritiken, hab ich mich zum Kauf verleiten lassen. Ich glaube ich habe zwei Kapitel geschafft - dann ging mir die pseudoesoterische Psychoanalyse gewaltig auf den Keks. Wenn man sowas mag, vielleicht empehlenswert - für alle anderen: Rausgeschmissenes Geld!

Bianca Jones

Danke für den Kommentar, Coppelia - hast natürlich Recht, was das Alter der Theoretiker angeht. Wahrscheinlich ist es wirklich so, jeder übernimmt die Begriffe, aber wirklich gecheckt hats keiner. Ich hab das ganze Thema während der Uni echt immer gemieden und jetzt muss ich es halt wirklich verstehen, um es auch richtig umsetzen zu können. Ich werde mir auf jeden Fall mal die "Erzählsysteme" besorgen. Das andere Buch gibts wahrscheinlich nur auf Englisch, gell? Ich find das ja sehr beeindruckend, wie viele von euch das auf Englisch lesen können.... Da reichen meine Kenntnisse echt nicht aus  :versteck:

Ja, genau, der Ron Kellermann, Tinnue - und wie war der so in "live"? Er bespricht auch ganz ausführlich das Script zu "Gegen die Wand" weil er das mit dem Regisseur gemeinsam geschrieben hat, wenn ich das noch so richtig in Erinnerung habe...

Genau, Martinez/Scheffel kenne ich auch noch, Debbie. Die erklären das wirklich gut, muss ich mir auf jeden Fall noch mal anschauen. Ach, wie gesagt, ich hab ein kleines Uni-Erzählperspektive-Bestimmen-Trauma. Aber mit euren tollen Tipps komme ich da hoffentlich bald drüber weg!

Schönen Tag noch,

Grüßle,
Bianca

Waffelkuchen


Ich habe mir letzte Woche "Plot & Structure" von James Scott Bell aus der Reihe "Write Great Fiction" gekauft. Ich hatte immer wieder Probleme, weil meinem Plot in der Buchmitte irgendwie die Puste ausgegangen ist und ich dann ratlos davor stand. Daraus habe ich geschlussfolgert, dass Plot und Struktur wohl so mit meine größten Schwächen beim Schreiben sind, und das wollte ich vor der Planung vom NaNo dringend ausmerzen. Vorbemerkung: Es gibt meines Wissens keine deutsche Übersetzung.

Bell ist ein Verfechter der Drei-Akt-Struktur und beschreibt, was Anfang, Mitte und Ende jeweils auszeichnet und welche Funktionen sie erfüllen müssen. Zudem beschreibt er, dass es zwischen Beginn und Mitte sowie zwischen Mitte und Ende jeweils eine "Tür" gibt. Die erste Tür bezeichnet ein Ereignis, durch das der Prota aus seiner gewohnten Welt gerissen und mit seinem Widersacher quasi zusammengekettet wird - er kann nicht mehr zurück. Die zweite Tür ist ein Ereignis, dass unweigerlich zum großen Finale führt, auch hier gibt es kein Zurück mehr.
Außerdem gibt es Anregungen zur Gestaltung von Subplots und Charakterentwicklung, eine Umsetzung der Drei-Akt-Struktur für sehr lange Romane, Tipps zum Überarbeiten eines Plots nach dem ersten Entwurf und vieles mehr. Seine Thesen illustriert er mit vielen Beispielen aus Romanen, was ich hilfreich fand. Außerdem gibt's Übungen am Ende jedes Kapitels und vor allem zahlreichen Vorschlägen für Plot- und Brainstormingmethoden. Man merkt zwar, dass Bell selbst Thriller schreibt (zum Teil auch an der Auswahl der Beispiele), das hat aber für mich den Lerneffekt nicht geschmälert.

Auch, wenn nicht alles neu für mich war und ich bei vielem gedacht hab "ja, ist doch klar", habe ich trotzdem das Gefühl, viel Neues mitgenommen zu haben; vor allem ein neues Bewusstsein dafür, wie(so) Geschichten funktionieren und Methoden, die ich ausprobieren will. Gerade plotte ich mit einer seiner Methoden und das klappt bisher sehr gut. Insgesamt kann ich das Buch also empfehlen, vielleicht vor allem, wenn man noch nicht viel oder gar nichts zu dem Thema gelesen hat.
Ich heb mein Glas und salutier dir, Universum / Dir ist ganz egal, ob und wer ich bin
Fremde - Max Herre, Sophie Hunger

Joban

Ich habe vor einer Weile "Der Roman - Planen, Schreiben, Veröffentlichen" von Arwed Vogel (Dozent für Kreatives Schreiben in München und selbst Autor) gelesen. Das Buch gliedert sich grob in drei Teile: Zuerst geht es um Grundsätzliches zum Schreiben (warum schreibt man, was es zu Schreibregeln zu sagen gibt etc.), dann um den Schreibprozess selbst (Ideen, Erzählperspektive, Figuren, offenes und geplantes Erzählen usw.) und zuletzt um die Arbeit als Autor und das Veröffentlichen (Zeitmanagement, verschiedene Manuskriptfassungen, Wege zum Verlag). Es ist nicht allzu lang und hätte aus meiner Sicht ruhig länger und ausführlicher sein können, aber es ist dennoch interessant und aufschlussreich zu lesen (vor allem für weniger erfahrene Schreiber, wobei auch diejenigen mit mehr Erfahrung sicher einiges mitnehmen können). Besonders interessant finde ich die Ausführungen des Autors zu Schreibregeln/-methoden (z.B. dass nicht alles für jeden funktioniert) und vor allem zum geplanten und offenen Erzählen (z.B. dass man nicht auf jeden Ratschlag zum Thema Planung hören sollte und auch mehr oder weniger intuiv ohne große Planungen schreiben kann, wenn man damit zurechtkommt). Arwed Vogel schreibt im ganzen Buch auch über seine eigenen Schreiberfahrungen und darüber, dass Schreiben vor allem Praxis ist.
Ich würde das Buch auf jeden Fall empfehlen, es hat mir interessante neue Einsichten gebracht, wenn es vielleicht auch nicht der allerausführlichste Schreibratgeber ist.

Lorelei

Buchtipp, für alle, die des Englischen mächtig sind:

The Weekend Novelist Writes A Mystery - von Rober J. Ray und Jack Remick

Es handelt sich um eine Art Schreibkurs. Das Buch verspricht einen an die Hand zu nehmen und über jede Menge Übungen im Verlauf von 52 Wochenenden zu einem fertigen Thriller/Krimi zu coachen. Es geht dabei vorwiegend um Charakter-Building, Plotting und das Planen von Szenen.
Es ist mir zwar nicht gelungen, damit einen Roman zu schreiben, weil mein Arbeits- und Familienleben dazwischen kam, aber viele der Übungen habe ich gemacht und fand sie sehr erhellend. Ich habe reichlich Notizen und Ideen für einen Roman gesammelt, und bin überzeugt, dass das Material gut genug ist, dass ich damit ein Buch schreiben kann (sobald ich ein paar andere Projekte abgearbeitet habe).

Die Übungen haben zT den Zweck, kreative und analytische Elemente zu verknüpfen. Man schreibt zum Beispiel Träume für den Protagonisten und den Mörder, sowie fiktive Interviews mit einzelnen Charakteren oder überlegt sich Objekte, mit denen man Veranlagung oder Gemütszustände von Charakteren illustrieren/unterstreichen kann. Am Ende hat man regelrechte "Leitmotive" für die Charaktere. Der Beispiel-Plot, der immer wieder herangezogen wird, um die Techniken zu illustrieren, hat mich nicht restlos überzeugt, aber wie gesagt, nach der Lektüre des Buches hatte ich ein fettes Notizbuch voller Ideen und Szenen.


Es gibt ein Buch mit dem Titel The Weekend Novelist  vom gleichen Autor, das nicht so sehr auf Mystery/Thriller fixiert ist. Das habe ich allerdings noch nicht beendet. Das stellt allerdings eine interessante Technik vor, die ich schon mal mit großem Erfolg bei einer Fanfiction eingesetzt habe. Die Technik heißt Spinning down the page:
Man schreibt quasi im Telegram-Stil, ohne Satzzeichen, jeder Gedanke bekommt eine neue Zeile, manchmal steht nur ein Wort in der Zeile - fast als müsste man einen Film so schnell transkribieren, wie man ihn sieht.
Dabei kommt die kreative Hirnhälfte in Fahrt. Das subjektive Gefühl von Geschwindigkeit erhitzt gewissermaßen das Eisen das man im Feuer hat. Dialogfetzen, Gestik, Setting, alles mit so wenig Worten wir möglich.
Das Ausformulieren kommt später.

Ich war erst skeptisch, aber man nimmt tatsächlich Fahrt auf und kann sogar Schreibblockaden durchbrechen. Am Ende hat man eine ganz grobe Skizze, wo die Reise hingeht mit den allerwichtigsten Eckpunkten.

tldr: Ich fand beide Bücher nützlich und inspirierend - und auch nicht so belehrend, wie manche Ratgeber.