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Du willst Autor werden? - Dann sei bloß kein Ästhet

Begonnen von Feuertraum, 25. Oktober 2015, 11:18:44

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FeeamPC

Feuertraum- ist Ihnen schon mal der Gedanke gekommen, dass Ihr Nickname in diesem Forum genau diesem Zwiespalt entspricht?

Wallrabe

#16
Zitat von: Feuertraum am 26. Oktober 2015, 21:07:23Wenn Sie in ein Restaurant der gehobenen Klasse gehen, sich etwas zu essen bestellen, in dass der Koch aufgrund der Vorbereitung sehr viel Zeit investiert hat, und obwohl das Essen mundet, so ist der Teller doch nach 15 Minuten leergefuttert. Soll der Koch deswegen sagen: Och nö, wenn meine Kochkunst nach einer Viertelstunde vernichtet ist und somit nicht gewürdigt wird, warum soll ich dann noch Zeit in dieses Gericht investieren?

Selbstverständlich nicht. Aber der Vergleich mit dem Koch und seinem Gericht funktioniert gegenüber uns nicht. Jedenfalls soweit ich das sehe liegen hier ganz andere Grundlagen und Prioritäten vor gegenüber dem Erschaffen und "Konsumieren" eines Bildes oder Textes. Grob gesagt - die Qualität eines guten Kochs besteht darin - gut zu kochen. In aller Regel ist das Werk eines 5-Sterne-Kochs sehr viel "besser" als das eines Burger-Buden-Besitzers. Die Qualität des Kochs und seines Werkes wird nicht in der Dauer gemessen, die man braucht, um das Werk zu vertilgen, sondern wie "gut" das Essen ist. Das ganze folgt einem anderen Prinzip.


Zitat von: Feuertraum am 26. Oktober 2015, 21:07:23Wie ich schon sagte: die Buchstaben sprechen mich ästhetisch nicht an, so dass ich mir einrede, das, was ich geschrieben habe, ist nicht der Hit.

Wisst Ihr denn, was der Kern dieser Abneigung ist? Ist es das "reine Äußere" der Buchstaben, also das Schriftbild, ähnlich dem, was Nachtblick und Eluin geschrieben haben? Würde es etwas ändern, etwas am Schriftbild zu ändern?

Oder verstehe ich es richtig, dass Ihr im Grunde anstelle des schönen Bildes, welches zu betrachten man sich sehnt, nur Leinwand und Farbe seht - - anstelle des Textes, mit dem Ihr die Szene in Eurem Kopf erschaffen wollt nur die schnöde Form der Sätze und Formulierungen seht, das Konstrukt hinter der Fassade, die es eigentlich zu erschaffen gälte?

Zitat von: Feuertraum am 26. Oktober 2015, 21:07:23
Aber eben mein Sinn für das "Schöne" hämmert dagegen und "verlangt" von mir: Du musst! Und dieses Hämmern ist leider so laut und martialisch, dass es die leisen Argumente der Logik und Vernunft übertönt - und mich darum zweifeln lässt, dass ich was kann, egal, wie viele Menschen mich dafür  :pfanne: und mir sagen, dass ich sehr wohl was auf dem Kasten habe.

...man vor dem Panorama steht, die Leute neben einem mit dem Finger zeigen und sagen: "Oh, das ist echt schön, schau' die Landschaft. Oh, wie hübsch die Blümlein" Und man sie alle Narren schallen möchte, weil man selbst sieht, dass es gar nicht so hübsch ist, die Wiese Maulwurfhügel hat. Die Wolken gar nicht so fantastisch sind, das Reh ganz offensichtlich nicht glücklich, weil es nach seinem Kitz sucht, die Berghänge in der Ferne furchtbar kahl und lieblos, karg, ohne Schnee und Wald und man der einzige vor diesem Panorama scheint, der sieht was wirklich scheint?

Feuertraum

Zitat von: Wallrabe am 26. Oktober 2015, 22:48:36
Oder verstehe ich es richtig, dass Ihr im Grunde anstelle des schönen Bildes, welches zu betrachten man sich sehnt, nur Leinwand und Farbe seht - - anstelle des Textes, mit dem Ihr die Szene in Eurem Kopf erschaffen wollt nur die schnöde Form der Sätze und Formulierungen seht, das Konstrukt hinter der Fassade, die es eigentlich zu erschaffen gälte?

Genau das.


Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

HauntingWitch

@Dämmerungshexe: Ich möchte dir einen grossen Dank aussprechen, denn ich glaube, du hast gerade mein weiter oben beschriebenes Problem gelöst. :)

Zitat von: EluinIch glaube es ist beinahe unmöglich wirklich zu 100% das wiederzugeben, was man im Kopf hat.

Natürlich ist es das. Zum einen, weil einem teilweise einfach nicht die passenden Worte für etwas einfallen wollen. Ich habe vor Kurzem versucht, ein Gesicht ab einem vorgegebenen Foto zu beschreiben, als Übung. Es ging nicht. Das Foto des realen Menschen enthält so viele Details und Feinheiten, ich hatte das Gefühl, die Sprache hat gar nicht genug Worte für das alles. Zum zweiten kommt hinzu, dass sowieso jeder Leser ein anderes Bild im Kopf haben wird, egal, wie genau man etwas beschreibt. Um Wallrabes Beispiel aufzugreifen, ein blaues Hemd. Jeder von uns hat jetzt eine Vorstellung von diesem blauen Hemd. Nur, für den einen ist es hellblau, für den anderen dunkelblau mit Pünktchen, für den dritten ist es ein sattes Marineblau. Und der Schnitt des Hemdes wird auch dreimal unterschiedlich sein. Dass der Leser genau exakt das sieht, was man selbst sieht, passiert nicht.

Zitat von: Wallrabe am 26. Oktober 2015, 22:48:36
...man vor dem Panorama steht, die Leute neben einem mit dem Finger zeigen und sagen: "Oh, das ist echt schön, schau' die Landschaft. Oh, wie hübsch die Blümlein" Und man sie alle Narren schallen möchte, weil man selbst sieht, dass es gar nicht so hübsch ist, die Wiese Maulwurfhügel hat. Die Wolken gar nicht so fantastisch sind, das Reh ganz offensichtlich nicht glücklich, weil es nach seinem Kitz sucht, die Berghänge in der Ferne furchtbar kahl und lieblos, karg, ohne Schnee und Wald und man der einzige vor diesem Panorama scheint, der sieht was wirklich scheint?

So geht es mir sehr oft. Aber ich glaube, dann muss man sich von der Vorstellung lösen, dass es "schön" sein muss, es sehen, wie es ist und dann trifft das ein, was Dämmerungshexe sagt (das werde ich von jetzt an üben). Den traurigen Blick des Rehs als Teil des Bildes, wie es richtig und tatsächlich ist, zu begreifen, die kahlen Gipfel auf der anderen Seite, die Maulwurfshügel, die umgefallenen Bäume weiter unten, einzubeziehen und somit ein neues Gesamtbild zu erschaffen. Das hat dann zwar eine andere Ästhetik, als die, die meisten Leute sehen, aber es wir jenem, der es so sehen kann, viel länger bleiben.

Guddy

#19
Man weiß doch, was man selber schön findet, warum nicht auch genau das anstreben? Was der Leser sieht, dass er die Bilder anders sieht, ist ja klar und gar nicht meine Sorge, sondern dass es mir nicht gefallen könnte.
"Drauflosschreiben" ist nur der Anfang, danach kommt die Überarbeitung und wenn ich meinen eigenen Wünschen und Ansprüchen nicht gerecht werde, macht mir das ganze keinen Spaß mehr. Ich bin nicht erfolgs- sondern ergebnisorientiert und das Ergebnis ist mein kreatives Werk. Andere (Leser, Lektoren...) sind mir da erstmal egal.

Zum Glück klappt es ja durchaus häufiger mal, dass ich meine eigenen Texte für mich passend und bilderhaft finde, sonst wäre ich nicht hier ;) Die Ästhetik einer Geschichte wird mir vermutlich immer wichtig bleiben und das finde ich auch, wenn ich so darüber nachdenke, ok.
Den inneren Lektor sollte ich aber dennoch häufiger ausknipsen, wenn es um erste Versionen eines Textes geht. Zumindest für den Nano! ;D

FeeamPC

Ein Text muss auch nicht ästhetisch sein, um den Leser zu überzeugen (natürlich ist es schön, wenn er beides ist, ästhetisch und überzeugend). Er muss Assoziationen und Emotionen wecken, und den Leser aus seiner eigenen begrenzten Gedankenwelt hinausführen. Dann wird der Leser- unbeschadet der tatsächlichen Worte- das Gefühl haben, etwas zu erleben, und dann ist damit für ihn das Leseerlebnis perfekt.

Guddy

Zitat von: FeeamPC am 27. Oktober 2015, 09:55:27
Ein Text muss auch nicht ästhetisch sein, um den Leser zu überzeugen (natürlich ist es schön, wenn er beides ist, ästhetisch und überzeugend). Er muss Assoziationen und Emotionen wecken, und den Leser aus seiner eigenen begrenzten Gedankenwelt hinausführen. Dann wird der Leser- unbeschadet der tatsächlichen Worte- das Gefühl haben, etwas zu erleben, und dann ist damit für ihn das Leseerlebnis perfekt.
Und genau das macht die Ästhetik einer Geschichte aus, finde ich :)

Szazira

Ich habe es bereits oft bedauert, dass ich Szenen oder Menschen nicht so exakt beschreiben kann, wie ich sie manchmal vor meinem inneren Auge sehe. Ich bedaure dann, dass ich nicht zeichnen kann um den Anderen genau jenes Bild genau so zu zeigen, wie ich es sehe. Auf der anderen Seite hat mich ein sehr guter Zeichner mal ausgelacht, als ich dies ansprach. Dieser meinte, seine Bilder werden nie wirklich so, wie er sie sich vorstellt und jeder würde etwas anderes sehen, weil jeder mit einem anderen Erfahrungsschatz an diese Bilder herangeht. Wir meinen nur das zu sehen, was Autor oder Zeichner aussagen wollte. So auch an die Bilder, die wir mit Worten malen. Ähnlich empfinde ich es auch mit anderen Kunstformen. Jede ist für eine bestimmte Übermittlung an Botschaft die Geeignetste.

Die Beschreibung der Szene oder Person soll Stimmungen oder Eindrücke von etwas hervorrufen, dafür sind die beschriebenen Elemente das Mittel, wie bereits mehrfach genannte blaue Hemd. Hier hilft Ihnen vielleicht die Unterscheidung, was essentiell ist für die Aussage, die Sie mit der beschriebenen Szene treffen möchten und was schmückendes Beiwerk ist, was man dem Leser überlassen kann. Das essentielle an Dalis Bild sind die zerfliesenden Uhren und einen grober Abriss der Landschaft, aber es ist nicht entscheidend wie sie im Detail aussieht.

Bei einem fremden Text haben Sie nicht die Vorstellung des Autors im Kopf, wie es aussehen sollte, sondern den Blick des Lesers, der die Szene dann mit dem anreichert, was für ihn noch nötig ist. Autoren sehen ihren Text immer anders, immer mit den Bildern, die sie vor Augen haben, wenn Sie schreiben. Mit dieser Beschränkung zu leben ist, denke ich, die größte Herausforderung beim schreiben.

Alana

Zitat von: Szazira am 27. Oktober 2015, 12:06:28
Mit dieser Beschränkung zu leben ist, denke ich, die größte Herausforderung beim schreiben.

Ich sehe das überhaupt nicht als Beschränkung, sondern als einen der absoluten Pluspunkte beim Schreiben. Klar, es ist nicht immer leicht, rüberzubringen, was man im Kopf hat, aber andererseits reicht es eben, wenn man skizziert, die Vorstellungskraft des Lesers übernimmt den Rest. Nur deswegen kann man so herrlich mit der Wahrnehmung spielen. Das eröffnet Möglichkeiten, die andere Kunstformen nicht bieten.
Alhambrana

Feuertraum

Wallrabe hat mein Problem im Grunde genommen auf den Punkt gebracht: Es ist egal, ob ich eine Szene perfekt schreibe, es ist egal, ob ich Worte voller Poesie nutze oder eine einfache Sprache verwende, es ist egal, wie viele Details ich für die jeweilige Szene verwende: Weil es "nur" Buchstaben sind, ist es kein Bild. Und weil ich eben ein Bild im Kopf habe, diese Buchstaben aber kein Bild sind, kommen die Zweifel, dass ich nicht schreiben kann.
Und darum suche ich eben nach Tricks und Kniffen, wie man sich von dieser Vorstellung lösen kann, dass die Worte Worte sein dürfen und nicht Bilder sein müssen.

Als Leser lesen: Dumme Frage von mir, aber geht das überhaupt? Wenn ich lese (zumindest belletristisches Material), dann schaue ich trotzdem: Wie hat der Autor ein Problem gelöst? Wie sind die Charaktere gezeichnet? Oh, ein Wort, dass ich nicht kenne. Das übernehme ich in meinen Wortschatz. Und noch so einiges mehr.

LG
Feuertraum
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Wallrabe

#25
Zitat von: Feuertraum am 27. Oktober 2015, 14:34:01
Als Leser lesen: Dumme Frage von mir, aber geht das überhaupt? Wenn ich lese (zumindest belletristisches Material), dann schaue ich trotzdem: Wie hat der Autor ein Problem gelöst? Wie sind die Charaktere gezeichnet? Oh, ein Wort, dass ich nicht kenne. Das übernehme ich in meinen Wortschatz. Und noch so einiges mehr.

Als Autor den Leser mimen - nun, ein Stück weit geht es denke ich definitiv. Das "Problem" aber ist, dass man allein schon anders an etwas herangeht, weil man oft "mehr" sieht, als der, der sich noch nie mit dem Schreiben beschäftigt hat. Wie ein Architekt, der kaum anders kann, als bei einem auch nur halbwegs interessanten Bauwerk über die Statik oder die verwendeten Baustoffe nachzusinnen. Ganz davon zu schweigen, was er bei Gebäuden denkt, die seiner eigenen Feder entsprungen sind.

Ich schreibe 'den Leser mimen' weil man vermutlich als Autor schlicht nur sein Bestes tun kann bei sowas, sich vorzustellen, den Text wie ein Fremder zu lesen, der nur diesen Text hat, nur das weiß, was dort steht. Als Autor kann man versuchen, sich beim Lesen auf diese Schiene zu begeben? Man kann versuchen, alles andere auszublenden, was man eigentlich über die eigenen Zeilen und das was erzählt wird weiß. Und wie gut einem das gelingt, das dürfte wohl darüber entscheiden, wie klar einem dann auch wird, was der 'nackte' Text darstellt und was nicht.
Dann wird einem womöglich klar, dass der Mann ein blaues Hemd anhat - es aber als reiner Leser, wie Witch oben geschrieben hat, darüber hinaus alles mögliche sein kann. Als Autor hat man sich vielleicht alle möglichen Gedanken gemacht. Vielleicht spielt es nachher noch eine unfassbar wichtige Rolle, dieses blaue Hemd. Wenn man sich aber beim Gegenlesen klar macht, dass 'ich' im Moment einfach nur weiß, dass er Typ ein blaues Hemd an hat, dann ist man denke ich ein gutes Stück weit an der Position des reinen Lesers. Dass es mit zunehmend komplexen Sachen, die man schreibt natürlich zunehmend komplex wird, sich auf das reine Leserwissen zu beschränken, das ist offensichtlich, aber das Prinzip bleibt das gleiche

Zitat von: Feuertraum am 27. Oktober 2015, 14:34:01
Und darum suche ich eben nach Tricks und Kniffen, wie man sich von dieser Vorstellung lösen kann, dass die Worte Worte sein dürfen und nicht Bilder sein müssen.

Was hier für Euch funktioniert, Feuertraum, das kann man als als Dritter nur unzulänglich erdenken - aber ein Ansatz wäre es vielleicht, zu versuchen, irgendwie so viel wie möglich Autoren-Wissen auszublenden. Das "einfachste" wäre wohl, würdet Ihr jemanden finden, dessen Urteil ihr so vertraut, dass Ihr für Euch selbst ins Reine kommt. Wenn Ihr mit einer Stelle einmal mehr unzufrieden seid, diese Person aber sagt - nein, die Stelle ist wirklich gut und zwar wegen dem und dem. Deine Bedenken sehe ich, aber wenn ich das so lese, dann sind sie nicht signifikant, stören nicht....

Jemand dessen Urteil es schafft, Eure Stimme des Zweifels szsg. zu befrieden und sie einlenken zu lassen, dass der geschriebene Absatz bis hin zum Buch vielleicht nach wie vor nach 'meinen' Maßstäben unendlich viel Luft nach oben hat und nicht so 100% astrein ist, auch nach dem zehnten Überarbeiten - dass der Absatz selbst für einen kritischen, ehrlichen Blick dieses Vertrauten letztlich so funktioniert, wie er es soll.

Ihr schreibt eine Szene, stellt ein Panorama dar. Ihr denkt, die Beschreibung ist unzulänglich. Der Vertraute sagt - vielleicht, aber es 'reicht'. Ihr seht nach wie vor, dass es womöglich besser gehen könnte. Aber auch wenn Ihr seht, sollte es nicht unter Umständen genügen dürfen, wenn quasi "alle anderen" mit dem Geschriebenen mehr als zufrieden sind? So wie ich es sehe seid Ihr momentan an dem Punkt, dass hier sehr oft schlicht der Gedanke kommt: Spielt keine Rolle, keinen Kompromiss, das ist doch Bullsh** hier. -- Wenn Ihr natürlich sagt, Ihr schreibt ausschließlich und nur für Euch selbst, auf Ewig - dann wird es schwierig.

Mir drängt sich just das Bild eines guten Königs auf, der sehr gerne Braten isst. Der Herrscher weiß, dass es da in der Rezeptur, die er ersonnen hat womöglich immer noch eine Menge Kniffe gibt, mit denen man den Braten zur Vollendung bringen könnte. Das gesamte Reich, samt Pöbel, Adel und Minister und die Herrscher von Außerhalb sagen jedoch, der Braten ist lecker. Und der engste Vertraute sieht das Hadern des Herrschers und räumt ein, dass er sich gut vorstellen könnte, dass der Braten noch in einer Form anders, vielleicht besser schmecken könnte. Aber er räumt auch ein, dass der Braten per se schon jetzt überdurchschnittlich gut ist. :P

Soll auch heißen, dass perfekt nicht gleich perfekt ist. Selbst wenn Ihr für Euer ganzes zehnbändiges Werk den vollendeten, perfekten Stand erreicht hättet... so könnte immer noch die halbe Welt kommen und sagen - nicht schlecht der Braten. Aber so ein Salat... wie hinlänglich bekannt ist - "perfekt" kann es letztlich ohnehin nicht werden, denn "perfekt" gibt es für so etwas subjektives wie einen Braten, ein Bild oder einen Text meiner bescheidenen Meinung nach nicht wirklich.

Dass man überdies so einen Vertrauten selten findet, wenn überhaupt, der noch dazu die Macht hätte, Eure Zweifel zu zerstreuen, das brauche ich niemandem zu erzählen. Aber unter Umständen kommt jemand dem so nahe, dass er Euch weiterhelfen kann. Womöglich auch nur um Euch dahingehend zu inspirieren, selbst in diese Perspektive wechseln zu können. Damit Ihr selbst aus der Ego-Perspektive an Eure Texte herangeht. Aber wenn einmal mehr der Zweifel an Euch nagt, dass Ihr dann sagt - hey, das ist berechtigt, aber lass mich einmal einen Blick aus der dritten Person darauf werfen und sehen, ob es wirklich so schlecht ist.

Unter den zehn Punkten für Textüberarbeitung von Andreas Eschbach habe ich unlängst einen zumindest meinem Sinnen nach nicht üblen Rat gelesen(http://www.andreaseschbach.de/schreiben/10punkte/10punkte.html).

ZitatEinen Text laut vorzulesen ist der beste Test auf sprachliche Qualität, den es gibt. Nicht jeder Text, der gut laut zu lesen ist, ist gut – aber jeder Text, der nicht gut laut zu lesen ist, ist schlecht!

Ich bin nicht der Typ, der sich zum Guten wie zum Schlechten Schreibratgeber, Stiltipps etc. zu Herzen nimmt oder sich überhaupt groß damit beschäftigt mit solchen "Anleitungen". Ab und an kommt da der "Autorenhochmut", ich wüsste es eh am Besten, was soll mit da jemand Tipps geben :D
Aber ich habe mich dankenswerterweise doch ertappt und tue es zum Glück immer mal wieder, dass ich feststelle, wie manches doch gar nicht so dumm ist und auch jemand anderes außer mir offenbar ganz gute Einfälle und Tipps haben kann : D - so ich just auch diese "Probe" immer mal wieder gerne benutze, seit ich sie kenne. Vor allem dann, wenn ich selbst den Eindruck habe - 'Wie grauenhaft ist der Satz denn bitte. Oder der ganze Abschnitt hier, den ich gerade verbrochen habe.' Ich habe keine Ahnung, ob das jemandem sonst oder gar Euch, Feuertraum, bei dem Problem weiterhilft effektiv. Aber mir persönlich erleichtert das laute Lesen auch den Blick aus der dritten Person. Es wird mir einfacher, das ganze Hintergrundwissen zu ignorieren, das ich habe - macht es mir einfacher, nachzuvollziehen, welchen Eindruck und welche Bilder der Text vermittelt.

Ob das für Euch auch funktioniert oder absolut keinen Effekt hat oder alles nur 'schlimmer' macht, vermag ich nicht zu sagen. Aber das könnte letztlich der Trick sein - letztlich einfach nur den richtigen Hebel zu finden, um Perspektive und Zweifel Herr zu werden...

Entschuldigt diese Textungetüme hier im Thread -.-


Slenderella

Ästhetik ist ja etwas, das im Auge des Betrachters liegt - und ich bin entweder ein Klotz, oder ich sehe die in den meisten Texten nicht. Eher lege ich augenrollend weg, wenn der Hobbyautor besonders lyrisch und ästhetisch schreiben wollte, aber nichts vorwärts kommt.
Eine meiner Lieblingsreihen würde ich sogar als total simpel und "unästhetisch" geschrieben - Harry Potter. Da sind für mich kaum so Sätze drin, wo ich niederknien möchte. Da macht es einfach das Gesamtpaket und die Geschichte, die einfach zauberhaft ist.

Spontan habe ich auch kaum etwas im Regal, was ich als wirklich ästhetisch beschreiben würde. Es sind mehr einzelne Satzfragmente (ich kann ja den King nicht leiden, aber der Anfang von der Schwarze Turm gehört dazu), die als etwas Besonderes haften bleiben.

Wirklich ästhetisch schreibt in meinen Augen kaum ein Autor. Spontan (ohne Blick ins Regal) fällt mir nur Haruki Murakami ein, dem ich dieses Prädikat verleihen würde.
Ich brauch noch eine Katze
Und ein Beil wär nicht verkehrt
Denn ich gehe heute abend
Auf ein Splatter-Pop-Konzert