• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Amazon eröffnet deutsches Verlagsprogramm

Begonnen von cryphos, 13. März 2014, 14:56:11

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

cryphos


Sternsaphir

#1
Finde ich ehrlich gesagt überhaupt nicht gut.
Davon mal abgesehen mache ich um Amazon ohnehin einen großen Bogen, nicht nur wegen seiner Saison-Arbeiter-Politik und seiner Steuertrickserei. Ich hab einige selbstständige Händler im Freundeskreis, die durch die Billig-Konkurrenz von Amazon schwer zu knabbern haben und als sie versuchten, über Amazon etwas zu verkaufen, erhielten sie regelrechte Knebelverträge mit hohen Provisionen, keinerlei Kundenkontakt und der Auflage, die Warenpreise bei Amazon stets unterhalb der eigenen Shop-Preise zu halten.
Und mein kleiner Lieblingsbuchladen musste vor einigen Jahren schließen, weil die Leute sich zwar die Bücher im Laden angeguckt haben (gern auch mit einer Tasse Kaffee), sie aber letztendlich online bei Amazon bestellten.


absinthefreund

Die Nachricht habe ich auch schon gelesen und wurde sofort von düsteren Zukunftsvisionen heimgesucht. Finde ich alles andere als gut, vor allem, dass da Leute mitmachen, wie ein ehemaliger Suhrkamp- bzw. Dumont-Lektor. Wie tief kann man sinken? :nöö:

Zitat von: Sternsaphir am 13. März 2014, 15:20:14
Und mein kleiner Lieblingsbuchladen musste vor einigen Jahren schließen, weil die Leute sich zwar die Bücher im Laden angeguckt haben (gern auch mit einer Tasse Kaffee), sie aber letztendlich online bei Amazon bestellten.
Kann ich nicht wirklich verstehen. Warum macht man sich die Mühe, in eine Buchhandlung zu gehen, um dann doch bei amazon zu bestellen? Den wenigsten Leuten ist leider auch nicht klar, dass viele, viele Buchhandlungen eine eigene Online-Bestellfunktion haben, die amazon in nichts nachsteht. Ich finde, das sollten Buchhandlungen ihren Kunden öfter und deutlicher mitteilen. So wie die Möglichkeit, in einer Buchhandlung eBooks zu kaufen, das bieten ja auch viele an.

Sternsaphir

Zitat von: absinthefreund am 14. März 2014, 11:01:10
Kann ich nicht wirklich verstehen. Warum macht man sich die Mühe, in eine Buchhandlung zu gehen, um dann doch bei amazon zu bestellen? Den wenigsten Leuten ist leider auch nicht klar, dass viele, viele Buchhandlungen eine eigene Online-Bestellfunktion haben, die amazon in nichts nachsteht.

Man kommt ja meist beim Bummeln/Einkaufen an einem Buchladen vorbei und schaut dann rein.
Ich hab selbst solche Gespräche zwischen Kunden mitgehört, die dann so ähnlich klangen:
"Das Buch klingt gut. Das hol ich mir!"
"Ja, aber schau erstmal bei Amazon, da bekommst Du es bestimmt billiger!"

Amazon macht keine Beratungen, die man halt in anderen Läden oder kleineren Shops bekommt. Dafür zahlt man halt ein zwei Euro mehr für den Service. Aber das wollen die Kunden ja nicht. Sie nehmen sich also die Beratung oder gucken sich das Produkt in Läden an und kaufen dann dort, wo es am billigsten ist.

Wenn ein Buchladen einen eigenen Online-Bestellservice hat, sollte er das wirklich auch bewerben, da stimme ich Dir voll zu. Ich weiß, dass der kleine Laden damals keinen hatte, aber dafür jedes Buch besorgen konnte, was man haben wollte, und die Lieferzeit meist nur einen Tage betrug, dann konnte man es abholen.

Szazira

Eine Freundin machts umgekehrt, sie schaut sich den Amazon-Wunschzettel von Leuten an und bestellt dann bei ihrem Lieblingsbuchladen.  ;D
Gibt viel zu wenige Kunden von dieser Sorte.

Es denkt mittlerweile fast jeder bei "Buchbestellung" an Amazon. Das ist fast schon soweit wie "Gibst du mir bitte ein Tempo." als synonym für "Gibst du mir ein Taschenbuch."

Bewerben von Online-Shops ist eine Sache, aber man sollte auch den Bekanntheitsgrad des Ladens erhöhen.

Pygmalion

Naja, ist es denn echte Konkurrenz, wenn das weiterhin nur über Amazon zu beziehen ist und nicht auch in den Buchhandel kommt?

@Sternsaphir: Also Saisonarbeiter sind jetzt ja kein Amazonproblem, jede Versandfirma stellt zu Weihnachten kurzfristige Arbeiter ein. Ich verstehe auch nie die Streikenden da, ich finde 10 Euro für ungelernte! Lagerkräfte schon nicht so schrecklich, dass man da jetzt dauernd drüber schimpfen müsste. Ich finds sogar fast dreist, dass die für eine ungelernte Tätigkeit mehr verlangen, als mancher kriegt, der studiert hat. Das Nicht-Steuern-Zahlen Problem ist auch keins von amazon, sondern unserer Gesetzgebung. Die nutzen da einfach jedes legale Schlupfloch. Übrigens tut das so ziemlich jede größere Firma,  sehr viele sitzen in Luxemburg, Holland oder in Belgien, woe die Besteuerung einfach viel günstiger für sie ist.

Nichtsdestoweniger ist amazon auch nicht unbedingt immer günstiger als andere Händler, was mich doch erstaunt, vor allem, wenn die solche Verträge abschließen, wie du beschrieben hast...

Bücher bestelle ich da einfach trotzdem gerne, weil amazon fast immer das hat, was ich haben will. Der Buchladen fast nie. Wenn ich also in den Buchladen laufen muss, um ein Buch zu bestellen, aus welchem Grund sollte ich es dann nicht direkt selbst bestellen? Ich glaube nicht, dass amazon wirklich Buchläden Pleite macht, das spielt da vielleicht mit rein, aber eher halte ich die mangelnde Reaktion auf Amazon, ebooks und generell eine sich verändernde Welt für ausschlaggebend. Immerhin wird immernoch der Großteil der Buchverkäufe über den stationären Handel getätigt. Dass in unserer Welt kleine Buchläden auf der Strecke bleiben, leigt wohl eher daran, dass sie von anderen großen Buchläden an Angebot hoffnungslos überboten werden. Aber das ist der Lauf der Zeit, so wie auch alle kleinen TanteEmma Läden nach und nach verschwunden sind, verschwinden eben jetzt die kleinen Buchläden...


cryphos

Bei der Ankündigung von Amazon bin ich sehr Zwiegestalten.
Einerseits erhoffe ich mir davon, dass das Verlagswesen in Deutschland wachgerüttelt wird und man sich von den verkrusteten Strukturen endlich löst um agiler auf dem Markt zu agieren.
Andererseits geht es hier um Amazon, das Ziel ist dort immer eine Monopolstellung. Sei es beim Kindle (kooperiert in keiner Weise mit epub und anderen nicht Amazon Formaten, Audible mit dem proprietären Format für Hörbücher, Marketplace mit der strikten Preis- und Marketingpolitik). Monopole sind nie gut für die freie Wirtschaft und zwängen die Kunden in eine ungesunde Abhängigkeit. Mit den eBooks haben sie es schon fast geschafft.
Viele eBooks gibt es nur bei Amazon, weil sich der Rest angeblich nicht rentiere. Damit schaffen Autoren, Selfpublisher und Verlage die eBooks exklusiv bei Amazon anbieten ihre eigene Nemesis.
Wenn jetzt noch der Amazon-Verlag dazukommt, baut Amazon das Monopol noch weiter aus und schafft es wahrscheinlich in absehbarer Zeit das deutsche Verlagswesen an den Rand des Zusammenbruchs zu treiben.
Wäre schön wenn ich mich gerade im letzten Punkt irrrte.

Isabel

Zitat von: Sternsaphir am 14. März 2014, 11:39:13
Ich hab selbst solche Gespräche zwischen Kunden mitgehört, die dann so ähnlich klangen:
"Das Buch klingt gut. Das hol ich mir!"
"Ja, aber schau erstmal bei Amazon, da bekommst Du es bestimmt billiger!"

Amazon macht keine Beratungen, die man halt in anderen Läden oder kleineren Shops bekommt. Dafür zahlt man halt ein zwei Euro mehr für den Service.

Die gesetzlich festgeschriebene Buchpreisbindung sorgt in Deutschland dafür, dass Bücher überall dasselbe kosten - ob bei Amazon, bei einem großen Filialisten oder dem häufig angeführten kleinen Lieblingsbuchladen um die Ecke. Deswegen ist es ein Irrtum, dass bei Amazon Bücher grundsätzlich günstiger sind als anderswo.

Es sei denn natürlich, man versucht das Buch als gebrauchtes Exemplar, das zum Wiederverkauf angeboten wird, online billiger zu bekommen. Das ist wiederum etwas Anderes.