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Bastei Lübbe Academy

Begonnen von Grey, 04. Dezember 2012, 21:48:06

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TheaEvanda

#30
Ich habe das "Romanwerkstatt - wie sie ein richtig gutes Buch schreiben" - Seminar besucht.

Für mich enthielt das Seminar nichts wirklich Neues:
Verlagsstruktur, Arbeit eines Lektors, Entstehung eines Buchs, Buchwerbung pro und Kontra, Plotstruktur mit drei Akten, die Heldenreise, Grundlagen der Charakterisierung. Soziogramme zeichnen.
OK, letzeres kannte ich als Charakterisierungshilfe noch nicht, und das Beispiel mit dem Erfinder Jesus von Nazareth war einfach nur köstlich.

Aufgaben, an denen die anderen Teilnehmer geschwitzt haben, habe ich einfach nur runtergeschrieben.
Ein Pitch zu Zeit & Zufall nach Vorgabe? Da. Ich habe in der gegebenen Zeit neun Versionen geschrieben, hauptsächlich auf der Suche nach einer noch besseren Formulierung.
Den Plot des Romans auf Plotpunkte untersuchen? Hier PPI, und da die Katastrophe, und da PPII.
Die Idee aus Sicht der Hauptperson ins Schema der Heldenreise pressen? Ich hatte eine Stunde Zeit, also habe ich die gesamte Geschichte entsprechend dargestellt, nicht nur die Hauptpunkte. Und das hat nur deshalb so lange gedauert, weil mein Stift so unbequem in der Hand lag.
Eine gewisse Herausforderung war nur, eine auf fünf Akte geplante Geschichte in ein Dreiaktschema zu überführen - und das Soziogramm der Hauptfiguren so zu erklären, dass ich keine zwei Stunden dazu benötige.

Das Semininar war für mich nicht das Richtige - hauptsächlich deshalb, weil ich den Inhalt schon zur Genüge kannte. Aber auch mein Projekt ist schon deutlich weiter gediehen als dieses Seminar seine Teilnehmer je führen wollte. Ich benötige diese Strukturierungshilfen nicht mehr, dazu habe ich schon viele Bücher gelesen und mir die Zähne an den einschlägigen Übungsvorschlägen ausgebissen und viel daran gelernt. Für mich war es eher ein Repetitorium als eine Vorlesung mit neuem Stoff.

Hätte ich den Seminarplatz nicht gewonnen, hätte ich nie daran gedacht, mich in ein solches Seminar zu setzen. Leider hatte ich mit meinem Bauchgefühl recht - ich bin in einem Anfängerseminar einfach nicht mehr richtig und ermüde eher aus Unter- als Überforderung. Das ist schade und wird weder meinen tollen Mitseminaristen mit ihren ausgezeichneten Ideen noch den wirklich fähigen Dozenten gerecht.

Viel mitgenommen habe ich aus dem Einzelgespräch zu Expose und Leseprobe: Meine Vermutungen in Sachen "Genretauglichkeit" haben sich mal wieder voll bestätigt, und die Aussage "Twilight entsprach ursprünglich auch keinem Standardgenre" hat mich jetzt nicht so überzeugt. Natürlich würde ich gerne so berühmt werden wie Goethe und die Verkaufszahlen von JK Rowling haben - aber auch wenn ich voll von dem Projekt überzeugt bin, kenne ich die Realitäten des Markts. Die Anmerkungen zum Stil und der Szenenfolge, die auch bei uns im Autorenteam regelmäßig heiß beredet wird, waren sehr hilfreich - nicht zuletzt, da die Lektorin/Dozentin die Finger noch mal auf alle wunden Stellen gelegt hat und einige Anmerkungen in Hinsicht auf die Markttauglichkeit hatte.

Wann bringt also ein solches Seminar etwas?
* Wenn man Genre-Literatur schreiben möchte, aber keinen Zugang zu den Standard-Handlungsmustern findet (oder gefunden hat): Die Übungen helfen dabei sehr.
* Wenn man ein neues Projekt angedacht hat und zwei Tage ungestörte Plot- und Strukturarbeit brauchen kann.
* Wenn man eine ehrliche, privat geäußerte Meinung zur Verkäuflichkeit und zu Verbesserungspunkten des neuen Projekts braucht und mit der Antwort leben kann.

Wann bringt es nichts?
* Wenn man schon erfolgreich mit Schema F gearbeitet und es verstanden hat.
* Wenn man das Projekt schon selbst erfolgreich mit Aktstruktur und Heldenreise sortiert hat.
* Wenn man ohne eine halbe Stunde persönliches Gespräch mit einem Lektoratsprofi auskommt.
* Wenn das jüngere Kind am Abfahrtstag mit Fieber im Bett allein lassen muss, das ältere Kind am Tag darauf krank wird und man zwei mal 450km Solo-Autofahrt an den zwei Seminartagen runterreißen muss.

Ich werde die Akademie in Sachen "Meisterkurs" im Auge behalten, aber für das Anfängerseminar war ich schon zu weit.

--Thea

P.S.: Zur Antwort auf Nadines alte Frage: Wolfenbüttel heißt nicht umsonst "Bundesakademie für kulturelle Bildung". Sie werden schwer vom Staat subventioniert.

serenade

Ich war im August beim "Open Day" der Academy und meine Meinung dazu ist ambivalent. Zum einen wirken die beiden Dozenten sehr nett und motiviert. Andererseits hatte ich den Eindruck, dass sich die Seminare größtenteils an absolute Neulinge richten, die die Branche überhaupt nicht kennen. Zum Beispiel wurde beim "Open Day" ausgiebig darüber informiert, dass man sich üblicherweise mit Leseprobe und Exposé bei einem Verlag bewirbt, und dass man das Manuskript bereits geschrieben haben sollte... Und Aussagen wie "Jeder kann Schreiben lernen" schrecken mich eher ab, einen Kurs der Academy zu besuchen - und dürften auch nicht gerade schmeichelhaft für die Verlagsautoren klingen.
Der "Open Day" war natürlich primär eine Werbeveranstaltung für die kostenpflichtigen Seminare der Academy, was a priori klar war und auch verständlich ist. Sehr positiv war, dass die Dozenten sich trotzdem viel Zeit für Nachfragen der Seminarteilnehmer genommen haben. Nachdem einige Fragen zum Schreiben von Exposés gestellt wurden, haben sie noch eine kleine Sonderlektion zu diesem Thema eingeschoben (Was gehört alles in ein Exposé, was nicht? Was sollte im Anschreiben stehen?). Auch hier gilt: Wenn man sich mit dem Thema bereits beschäftigt hat, war es nichts Neues - aber es war mehr als ich mir von einem "Open Day" erwartet hatte.

UlfFildebrandt

Ich wollte einen kurzen Überblick über einen anderen Kurs geben an der Bastei Lübbe Academy: "Horror Factory".

Der Workshop ist schon knapp ein Jahr her, aber da es ja immer noch ein paar Kurse gibt, die man buchen kann, wollte ich meine Eindrücke schildern. Es waren drei Tage in Köln und der Preis von 99 Euro entsprach auch nicht den 500 Euro, die für andere Kurse verlangt wurden. Deshalb hab ich mich angemeldet, denn bei einem Preis von 99 Euro dachte ich mir, dass ich auf jeden Fall etwas mitnehmen kann.

Am ersten Tag haben die Dozenten (Ann-Kathrin Schwarz, Jan Wielpütz, Helmut Pesch) über Bastei-Lübbe ganz allgemein gesprochen. Das war interessant, weil es Einblicke gibt, wie Bastei-Lübbe die Zukunft plant (neue Medien, eBooks usw.). Und zum anderen war es auch nett, Herrn Pesch über sein Tolkien-Wörterbuch reden zu hören. Das sind einfach Einblicke, die wirklich gut sind.

Im weiteren Verlauf entwickelte sich der Workshop mehr zu einem Expose-Workshop. Man musste wie bei solchen Workshops ein Expose und eine Textprobe einreichen. Jetzt kam der eingeladene Autor, Uwe Voehl, ins Spiel. Zusammen mit Jan Wielpütz, zerlegten sie die Exposes und gaben Hinweise, was funktioniert und was nicht funktioniert. Dabei haben sie auch Übungen verwendet wie das Erzählen des Exposes an den Nebenmann. Der Nebenmann musste dann der ganzen Runde die Geschichte in seinen Worten berichten. Das hatte ich bisher noch nie gemacht, denn so häufig findet man ja so große Kreise nicht, vor allen Dingen bekommt man durch die Wiedergabe eines dritten ein Gefühl, was die beeindruckenden Punkte in der eigenen Story sind.

Uwe und Jan haben am Anfang gesagt, dass Textprobe und Expose ungefähr gleichwertig behandelt werden, aber wie gesagt, es entwickelte sich mehr zu einem Expose-Workshop. Ich fand die Änderung nicht schlecht, denn ich habe selber bemerkt, dass ich dem Expose zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt habe. Uwe Voehl hat hinterher per Email noch seine ganzen Kommentar geschickt, so dass man auch zur Textprobe Feedback bekommen hat.

Man lernte unabhängig von dem Fokus auf Horror-Literatur etwas für die eigene Entwicklung. Auch die Kontakte zu anderen Autoren sind wie bei Workshops in Wolfenbüttel sehr wertvoll.

Ein Schmankerl hatte der Workshop auch noch: Bastei-Lübbe hatte sich bereiterklärt, eine der Geschichten in der Horror-Factory-Reihe zu veröffentlichen. Das ist mittlerweile mit Diana Dark auch wirklich passiert. Ich konnte die Story nicht wirklich wiedererkennen, daher weiß ich nicht, was da alles hinter den Kulissen vorgegangen ist, aber jeder Teilnehmer hatte zumindest die Chance, seine Geschichte zu veröffentlichen.

Für einen Workshop für 99 Euro war also eine Menge drin. Das Argument mit dem Preis galt für diesen Workshop daher nicht.

Lamarie

Danke Tuoma, das klingt wirklich interessant!

Es scheint ja eher eine Art Workshop zu sein - ich denke oft macht so etwas mehr Sinn als ein längerer Kurs, einfach weil Schreiben dann doch etwas Kreatives ist, bei dem es schwierig ist, von nur einem Lehrer zu lernen.

UlfFildebrandt

Die ganze über war Uwe Voehl dabei, der ja auch viel Erfahrung hat, also Krimi, Science Fiction (erst letztens einen Perry Rhodan Neo) und diverse andere Sachen bei Bastei. Dann war auch Jan Wielpütz die ganze Zeit dabei. Am ersten Tag Herr Pesch, der auch einiges zu Fantasy zu sagen hatte (siehe Elfisch-Lehrbuch).

War also wirklich mehr ein Workshop. Man kann jetzt anmerken, dass eigene Schreibübungen gefehlt haben, aber das haben die Leiter ganz bewusst entschieden, denn es ging ihnen wohl darum, zu vermitteln, dass die Ideen das entscheidende sind und nicht, ob das Komma an dieser oder jener Stelle richtig ist (überspitzt dargestellt). Jetzt bitte nicht falsch verstehen, sie haben schon klargemacht, dass schon ein falsches Wort ausreicht, um den Leser aus der Story zu werfen, aber ihre Meinung war halt, dass erst einmal etwas zu verbessern da sein muss, bevor es an die Formulierung ging. Und vor allen Dingen, wie man die unglaublich vielen Ideen an den Mann bringt, denn meistens waren in den Exposés nicht zu wenig Ideen, sondern eher zuviele, die man nicht gescheit einordnen konnte.

Christian

Die Bastei Lübbe Academy ist übrigens derzeit geschlossen. Auf der Webseite heißt es, man wolle sich auf Master Classes mit Filmhochschulen und literarische Studiengänge konzentrieren. Es könnte aber möglicherweise daran liegen, dass die beiden Leiter der Academy, Ann-Kathrin Schwarz und Jan Wielpütz, sich selbständig gemacht haben.

FAQ Bastei Lübbe Academy
Meldung zur Bastei Lübbe Academy bei Autorenwelt

Mal sehen, ob und was da in Zukunft noch passiert.

Tika

Ich glaube, es wird eher umgekehrt ein Schuh draus. Läuft nicht, wird dicht gemacht und was nu? Wir machen uns selbstständig.

Angela

Ich kann die Webseite attraktive-texte.de nicht lesen, da sie sich bei mir unter Windows 8/Firefox nicht scrollen/schieben lässt.

FeeamPC

Läasst sich auch bei mir nicht schieben. Für Profis, die eine berufliche Webseite haben, ist das eine Todsünde, wenn die nicht in den wichtigsten Browsern einwandfrei läuft.

Christian

Zitat von: Tika am 19. Mai 2015, 09:40:32
Ich glaube, es wird eher umgekehrt ein Schuh draus. Läuft nicht, wird dicht gemacht und was nu? Wir machen uns selbstständig.
Das ist eine weitere Möglichkeit. Wer weiß. Aber ich mag da gar nicht allzu sehr spekulieren.

Hmm, attraktive-texte.de geht bei mir. Ich kann alles sehen, lesen und hin und her scrollen in Firefox, Chrome und Opera. Vielleicht liegt es an irgendeinem Script? Keine Ahnung. Bei mir ging zuerst in Firefox gar nichts, weil da erstmal per NoScript alles blockiert wird.