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Ein Hoch auf Schwarz Weiß und nieder mit Grau!! Oder ?

Begonnen von Feuertraum, 19. Mai 2007, 23:18:08

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Ryadne

Zitat von: Churke am 01. März 2012, 16:47:00
Ich denke, dass die Leute ganz einfach erwarten, dass es einen Guten gibt und einen Bösen. Das ist die unterbewusste Sehnsucht, sich mit dem Guten zu identifizieren. Ich leite daraus ab, dass auch Geschichten besser funktionieren und ankommen, wenn sie diese Erwartungshaltung bedienen. Gut gegen Böse. Man kann dieses Modell ja durchaus hinterfragen - aber die Fassade ist eben schwarz und weiß.

Genau das ist für mich der Grund, diese Erwartungshaltung nicht zu bedienen. Mag ich unterhalten? Sicher. Aber ich will auch die Phantastik dazu nutzen, den Menschen zum Nachdenken über eben solche Stereotype zu bringen, auch wenn das jetzt arg idealistisch klingt.

Snöblumma

Das mit der Erwartungshaltung ist eine Sache, aber ich würde die Vorliebe für Weiß/Schwarz, die bei vielen dann doch vorherrscht, vor allem mit Identifikation erklären. Wir wollen uns in den Geschichten, die wir lesen, doch gerne mit einer der Figuren identifizieren - und das geht viel besser, wenn diese Figur Ziele hat, die in unseren Augen gut, edel oder wenigstens verständlich sind. Darum funktionieren m.E. auch Charaktere mit Ecken und Kanten, solange ihre Ecken und Kanten verständlich sind und sich aus der Vorgeschichte der Figur logisch erklären lassen. Wenn wir vielleicht sogar Mitleid mit der Figur empfinden können, wenn wir merken, dass sie versucht, "gut und edel" zu sein, aber es aus bestimmten Gründen nicht kann, auch dann können wir mitfühlen und uns zu einem gewissen Grad mit der Figur identifizieren.

Aus demselben Grund glaube ich aber auch, dass reine, schablonenhafte Schwarzweißmalerei niemals einen guten Roman ergibt. Wir wissen instinktiv, dass niemand immer gut und edel und heldenhaft ist, dass jeder seine Schwachstelle und seine dunklen Flecken hat. So etwas liest man mal gerne zur seichten Unterhaltung (ich sage nur: diverse Abendserien und Romantikfilme... da würde ich das Prinzip genauso sehen), aber die wirklich ergreifende, spannende Literatur setzt da an, wo Brüche auftauchen.

Ich persönlich mag es, wenn die Figuren ihre Macken haben, mit sich selbst hadern und gelegentlich auch mal dazu gezwungen werden, Dinge zu tun, die eigentlich gegen ihre Überzeugung sind, um ihr Ziel zu erreichen. Dieses Ziel sollte dann aber schon eines sein, das ich nachvollziehen, verstehen und auch in einem gewissen Umfang gutheißen kann.

Was Lomax mit "Gleichmacherei" bezeichnet bzw. mit "Politische Correctness" kann ich auch nicht ab - ich kann es durchaus akzeptieren, wenn eine Figur schlicht und ergreifend schüchterner, arroganter, durchtriebener oder auch netter ist als eine andere. Nicht alles muss sich mit frühkindlichen Traumata erklären lassen. Aber in sich muss diese Figur logisch sein und auch die Brüche innerhalb der Figur und ihres Handelns dürfen nicht einfach so da sein, nur weil es dem Autor gerade in den Kram passte.

Alles grau in grau ist sicher auch nicht die Lösung - realistisch vielleicht? Figuren, die ihre Schwachstellen haben, mit ihren Brüchen konfrontiert werden und Dinge tun müssen, die sie nie tun wollten. Die sich mit Gegnern konfrontiert sehen, die der Leser und vielleicht sogar die Figuren selbst eigentlich verstehen können - und die sie dennoch bekämpfen müssen, aus guten, nachvollziehbaren Gründen. So ungefähr mag ich es am Liebsten :). Aber das ist meine ganz persönliche Vorliebe... und gelegentlich habe ich auch nichts gegen ein schön schwarzweißes Buch, bei dem das Happy End vorprogrammiert ist!

Darielle

#17
Wow, das ist ein spannendes Thema!
Ich persönlich arbeite auch lieber mit Grautönen, wobei beide Seiten ihre Faszination verdient haben.
Eine eindeutige Antwort wird es sicherlich nicht geben, aber um mich den wundervollen Beiträgen anzuschließen, gebe ich mal meinen Senf dazu.

Die Frage ist für mich: Was ist weiß und was ist schwarz? Zum einen hat ja, wie es bereits von einigen gesagt wurde, jeder Charakter der menschlich ist (bzw. tierisch) "gute" als auch "schlechte" Seiten. Somit kann ein Charakter nur grau sein, je nachdem wie ich ihn betrachte, ändert sich die Schattierung.
Was aber, wenn dieser Charakter in ein völlig neues, gesellschaftliches Muster integriert wird? Genau darin sehe ich das Problem. Es gibt Menschen, die leiden mit, wenn man ihnen erzählt, wie der Nachbar die ungewollten Katzen ertränkt hat. Wie herzlos. Und dann gibt es Menschen, die freuen sich, wenn in den Nachrichten steht: 100 Tote bei Bombenattentat. Die Gründe sind sehr vielfältig und je nach äußerem Normen- bzw. Werte-Rahmen schauen wir uns das Programm anders an.
Also ich lese persönlich so gut wie nie ein Buch das schon im Klappentext verspricht, dass in der Stadt Bla ein furchtbar grausamer Mörder umgeht und irgendeiner sich dazu berufen fühlt, diesen zur Strecke zu bringen - ganz gleich in welchem Setting. Das ist einfach nur platt und unterhält nicht. Ich möchte, wenn ich einen Roman vor mir habe, daraus lernen. Ich möchte ihn immer und immer wieder lesen können und jedes Mal darin etwas neues finden. Die Aussage "Gut ist besser als böse" ist dabei so monoton, dass man das Buch nach einem Mal lesen praktisch auswendig kennt. Vor allem, da ja dieses Motto unglaublich oft wiederholt und eingetrichtert wird.

Dann mal weg von dem bösen Menschen und der guten Seele. Ich arbeite eigentlich sehr gern mit inneren Konflikten. Eben gerade dann, wenn sich der Charakter entwickelt, wenn er sich neu orientieren muss, dann schaue ich ihn mir an und frage mich, was ich mir von dieser Entwicklung abschauen kann. Ich fand das unglaublich treffend in E. Georges "Wort für Wort", wo sie schreibt, die Figur macht die Geschichte und nichts sonst. Ok, dieser Ratgeber bezieht sich auf Krimis. Aber dennoch finde ich, dass sie Recht hat. Auch Fantasy sollte nicht nur wegen der blindmachenden, atemberaubenden neuen Welten geschrieben werden. Entdeckerdrang ist das eine, aber dabei den Antagonist als Person schablonenartig hinzustellen, nur damit der Leser den von Feuertraum im ersten Post beschriebenen Boxkampf verfolgen kann, ist eine andere Sache. Mich langweilen solche Handlungen total, darum würde ich auch nie solchen Sport wie Fußball oder Boxen gutheißen.
Es gibt so viele Alternativen zu dem "Der Gute gegen den Bösen". Das wollte ich damit sagen.

Ich weiß nicht, es ist vielleicht eine "Krankheit" bei mir, aber ich suche stets nach einem noch tieferen Sinn. Und genau darum interessiert es mich brennend, ob der Boxer eine persönliche Krise erlebt oder ob der Held aus dem Slum eine furchtbare Prüfung schaffen muss, um seine Familie ernähren zu können. Mit "nur schwarz" und "nur weiß" gebe ich mich nie zufrieden wenn ich lese. Vor allem nicht, weil ich als Leser unglaublich gern auf der Seite des Antas stehe. Aber eben auch, weil ich gern die unterschiedlichen Vorraussetzungen durchdenke und mich frage: Was wäre wenn die Figur nun nicht hier sondern in einer ganz anders aufgebauten Welt/Ordnung leben würde? Würden seine Handlungen für mich dann immer noch so nachvollziehbar, so gut bzw so schlecht sein?
Woher man nun erraten soll, ob fremde Leser ein solches anspruchsvolleres Werk lesen würden, kann ich nicht sagen. Ich schreibe einfach das, was ich gern lesen würde und bin damit bisher gut gefahren.
Mein persönliches Fazit. S/W ist langweilig und viel zu ausgelutscht, neue Ideen und komplexere Arrangements müssen her. Dabei reicht auch das einschlägige Grau nicht aus, vielleicht muss man sogar zu neuen Farben wechseln ohne dabei die Helligkeitsstufen zu übertragen.

Ach ja, nochmal zu Churkes Aussage:
ZitatIch denke, dass die Leute ganz einfach erwarten, dass es einen Guten gibt und einen Bösen. Das ist die unterbewusste Sehnsucht, sich mit dem Guten zu identifizieren.

Ganz genau da liegt doch der Hund begraben. Warum erwarten die Menschen das denn? Weil sie es so gewöhnt sind. Weil es "schon immer" so war, dass die bösen einen eigentlich aussichtlosen Kampf gefochten haben und damit die Guten am Ende den Leser motiviert haben, sich selbst als Person mehr zu trauen und seine eigenen "Dämonen" auch bekämpfen zu können. Ein Glaube an das Gute bzw. an das Happy End ist vorgeprägt. Aber Prägung ist ein Lernprozess an dessen Anfang ein Lehrer steht.
Sicherheit ist das Stichwort. Wir möchten uns in Sicherheit wähnen, dass unsere eigene Auffassung unserer Person als Mensch nicht untergraben wird, wir gedemütigt werden und dass irgendwie doch eine gewisse anarchische Grundhaltung bewahrbar bleibt. Darum wünschen wir uns auch, dass der Held zu seiner Stärke findet und die Jungfrau rettet, die er dann auch bis zu seinem Lebensende liebt.

Aus meiner Sicht gibt es noch mehr Möglichkeiten. Man muss nur aus diesem alten Schema ausbrechen, neues wagen. Das erfordert Mut und es wird nicht immer von Erfolg gekrönt sein, aber irgendwo muss man auch ehrlich sein. Jeder Mensch hat seine Gründe für irgendetwas und so sollten auch die Charaktere in Geschichten ihre Gründe nicht einfach nur haben, weil wir ein Schema bzw. die Sehnsüchte der Leser befriedigen wollen. Ich bin mehr dafür den Menschen neue Wege zu zeigen. Ist halt meine Meinung.

[Edit.]
Snöblumma, ich wollte nochmal ganz kurz was anmerken.^^

ZitatAus demselben Grund glaube ich aber auch, dass reine, schablonenhafte Schwarzweißmalerei niemals einen guten Roman ergibt.
Die Frage ist hier, nach welchem Maß gehst du? Wir kennen allein aus dem Fantasy-Bereich etliche Beispiele, wo das funktioniert hat. Wo sich die Romane über und über gut verkauft haben und am Ende ist es doch wieder nur der bleibende Eindruck einer fremden Welt gewesen, der uns so fasziniert. Ich weiß nicht, ob man das jetzt so offen kritisieren sollte, aber ich habe mich zum Beispiel vor kurzem an die Eragon-Bände gesetzt, nachdem ich den ersten bereits für gut befunden hatte. Aber wenn man genau überlegt geht es nur darum: Der böse Galbatorix hat alle getötet, die Macht an sich gerissen und auf einmal ist er unfähig den einzigen aufstrebenden Konkurrenten auszuschalten, weil dieser Hilfe von den Feinden der Regierung bekommt. Aber eigentlich ist das unlogisch, die "Guten" haben sich ja nicht umsonst zurück gezogen, nämlich weil sie erkannt haben, dass sie unterlegen waren. Und trotzdem denkt man nicht darüber nach, man ist abgelenkt von dem - wie ich oben schon schrieb - Entwicklungsprozess des Protas in dem man sich wiederzufinden hofft. Und das ist ja nur ein Beispiel. Nimm Harry Potter, es ist das gleiche. Der Böse ist ein furchtbarer Schurke dessen Sicht gar nicht lohnt betrachtet zu werden. Zumindest scheint es so, weil ja alle diesen Charakter "gehasst" haben und den neuen Helden bewundert haben. Genau das mag ich nicht daran. Es ist wieder die Welt, dieses kleine Universum das uns vergessen macht, weshalb wir eigentlich gegen jemanden sind. Hauptsache erstmal draufhauen... Ich schweife schon wieder ab.  :zensur:

Churke

Zitat von: Darielle am 05. März 2012, 12:22:31

Die Frage ist für mich: Was ist weiß und was ist schwarz? Zum einen hat ja, wie es bereits von einigen gesagt wurde, jeder Charakter der menschlich ist (bzw. tierisch) "gute" als auch "schlechte" Seiten. Somit kann ein Charakter nur grau sein, je nachdem wie ich ihn betrachte, ändert sich die Schattierung.

Wobei es bereits einen entscheidenen Unterschied machen kann, ihn überhaupt zu betrachten. Ich hatte da mal einen Ritter, der einer gruseligen Superschurkin als Sklave geschenkt wird. Er muss sich mit seiner Herrin auseinander setzen. Am Ende Schluss geht's auf die Waage und er stellt fest, dass er außer der falschen Religion nichts Schlechtes an ihr finden kann. Alles nur Propaganda.
Das lässt sich natürlich auch anders herum handhaben. Es gibt etliche Heilige, die verdammt viel Dreck am Stecken haben.

Zitat von: Darielle am 05. März 2012, 12:22:31

Ach ja, nochmal zu Churkes Aussage:
Ganz genau da liegt doch der Hund begraben. Warum erwarten die Menschen das denn? Weil sie es so gewöhnt sind.

Vielleicht aus dem selben Grund, aus dem wir uns - statistisch gesehen - bei einem WM-Spiel Deutschland vs. [Name einsetzen] mit den deutschen Kickern identfizieren und den Unparteiischen tendentiell der Parteilichkeit verdächtigen.
Sobald wir in einem Konflikt Partei ergreifen, werden wir zum Richter in eigener Sache und verlieren unsere Objektivität. Als Autor will ich nun gerade, dass sich der Leser mit einer Seite identifiziert. Ich will also, dass der Leser Partei nimmt und zur Partei wird. Es darf ihm nicht mehr egal sein, wer gewinnt. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen: Wenn der Leser die Intressen der Gegenseite als legitim anerkennt, habe ich mein Ziel verfehlt.
Das ist die Ausgangslage. Was ich daraus jetzt mache und wie sich das entwickelt, steht auf einem anderen Blatt. Wenn ich den Leser erst einmal so weit habe, dass er emotional auf der *richtigen* Seite steht, können sich daraus durchaus noch Überraschungen ergeben.

Melenis

Zitat von: Churke am 05. März 2012, 14:09:53
Als Autor will ich nun gerade, dass sich der Leser mit einer Seite identifiziert. Ich will also, dass der Leser Partei nimmt und zur Partei wird. Es darf ihm nicht mehr egal sein, wer gewinnt. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen: Wenn der Leser die Intressen der Gegenseite als legitim anerkennt, habe ich mein Ziel verfehlt.

Hm. Interessantes Thema.
Aber ich habe eine Frage zu der von mir zitierten Aussage:  Warum denkst du, dass du das Ziel verfehlt hast, wenn der Leser auf der Seite des "Bösewichts" steht? Ich für meinen Teil sehe das nicht so streng. Ich denke sogar, dass es ganz gut ist, wenn man nachvollziehen kann, ja, vielleicht sogar mit dem Antagonisten mitfühlen kann. Wenn Antagonisten mysteriös, interessant sind, neugierig machen, dann kann es dir als Autor doch eigentlich egal sein, ob ich jetzt lieber mit dem Anta als mit dem Protagonisten mitfiebere - hauptsache, man fiebert mit und möchte den Roman lesen. Ich liebe all meine Charaktere; ob böse oder gut, mir ist es wichtig, dass meine Charaktere bei den Lesern ankommen. Da bilden meine Antagonisten keine Ausnahme.
Um zum eigentlichen Thema zurückzukehren: Bist du dann für die rein "schwarzen" Antagonisten? Das zumindest liest sich aus dem Zitat so heraus.

Das Schwarz-Weiß-Grau Thema interessiert mich auch deshalb, weil es in meinem aktuellen Plot eine sehr große Rolle einnimmt. Immerhin geht es in dem Projekt um Engel, Dämonen, den Teufel persönlich und Menschen, die sich mittendrin befinden. Jetzt stellt sich mir die Frage: Was ist gut, was ist böse? Wie stellt man am besten dar, ohne es zu direkt zu zeigen? Ich möchte keine einfache Schwarz-weiß Malerei, das wäre zu langweilig und so würde mein Plot auch nicht funktionieren. Wie kann ich z.B erklären, dass ein Wesen, das von Gott erschaffen wurde, um zu helfen, trotzdem so etwas wie Hass empfinden kann, ohne dass das Wesen aus seiner Rolle fällt, also trotzdem noch "gut" ist? Oder wie kann man dem Leser ein Wesen näherbringen, obwohl es alles daran setzt, gehasst zu werden? Und dann, natürlich, die alles entscheidende Frage: Will überhaupt jemand so etwas lesen? Möchte der Leser nicht viel eher leichte Kost, also doch die reine Schwarz-Weiß Malerei? Wozu die ganze Mühe also, wenn es dann doch niemanden interessiert?

Wie gesagt, ein interessantes Thema. Also ich persönlich stehe auf schillernde Charaktere mit einem regen Innenleben, egal, ob sie nun auf der falschen Seite stehen oder nicht... nichts ist so ätzend wie ein lebloses Püppchen, das den ganzen Tag von einem anderen leblosen Püppchen schwärmt...

Liebe Grüße

Darielle

Melenis, das kann ich gut nachvollziehen. Meine Favoriten sind meist die Antagonisten, eben weil sie meist dunkel und geheimnisvoll (weil mit scheinbarer gefährlicher Ausstrahlung ausgestattet oder einfach miserabel entwickelt) sind. Dass ein Leser pauschal den Prota lieben muss, kann man also nicht so ganz sagen. Auch Nebenfiguren spielen da eine Rolle. Ich erinner mich an einen historischen Roman über eine Frau, die man eigentlich mögen sollte und dann habe ich aber festgestellt, dass ich ihren späteren Ehemann viel mehr mag. Zeitweilig war er auch eine Art Anta, obwohl er nichtmal böse war... Dennoch denke ich, dass Churke das anders meinte. Ich hab das so verstanden, dass - wir gehen davon aus, dass die Antagonisten alle furchtbar böse sind - der Leser damit konform geht und akzeptiert, dass zum Beispiel der Anta einen irre grausamen Mord begeht und dadurch der Leser  nicht mehr mit der leidenden sterbenden Prota mitfiebert. Insofern wäre das natürlich richtig, aber nicht jeden Anta kann man eben über einen Kamm scheren. Es gibt eben auch welche, die gute Seiten haben und wo der Leser sich ebenfalls damit identifizieren kann. Anders ist es, wenn man nun Moralapostel sein möchte als Autor und dem Leser vermitteln möchte: Der Anta bringt jemanden um, der ist gaaaanz böööse und du darfst das nicht gut finden. Bis zu einem gewissen Grad und je nach Zielgruppe (junge Erwachsene zB.) kann man das durchaus so halten, aber irgendwie finde ich auch, dass der Leser ein bisschen selbst entscheiden soll. Man kann es so oder so nicht kalkulieren, was der Leser nun toll findet. Selbst die erfolgreichsten Autoren schreiben ihr Konzept anders als es dann aufgenommen wird. Oder?  ???

Zu der Frage wie man S/W mit Engeln und Teufeln zeigt ohne zu nah heranzuzoomen... Nunja, es ist zweifelsohne ein interessantes Unterfangen. Es gibt sicherlich Leute, die eher leichte Kost mögen, aber Vielleser kann man glaub, damit nicht zufrieden stellen. Es kommt also auf die Zielgruppe an, der du die Aufgabe stellen möchtest. Ich hatte eine ähnliche Diskussion vor kurzem mit Ilargi. Es wurde unter anderem auch gesagt, dass Leser, die vor allem religiös vorgeprägt sind, mit solcher Materie Probleme haben können, wenn du nun die Charaktere nicht wie gehabt in S/W darstellst. Aber man sollte natürlich auch solche Leser einbeziehen, da sie einem doch auch recht nützliche Kritik geben können, selbst wenn man die Figuren grau gestaltet.
Natürlich kannst du in deiner Version ein eigentlich durch und durch gutes Wesen auch hassen lassen, aber dann muss klar sein, ob Hass in deinen Augen bzw. im Setting als eine positive Eigenschaft gilt. Da kann man seinen Leser überraschen, sollte sich aber nicht wundern, wenn man scharf kritisiert wird (die Moralapostel eben). Ebenso kann eine eher extrovertierte, dreiste/freche Figur den Leser gerade mit dem hohen Maß an Selbstbewusstsein beeindrucken sofern sie nicht übermäßig arrogant erscheint. Solche Dinge würde ich wirklich an der Zielgruppe festmachen und ggf. auch Freunde/Bekannte aus der Zielgruppe fragen, wie sie sich mit der Idee anfreunden könnten. Ich persönlich bin da auch noch völlig unerfahren, was so viel heißt wie: Ich mache einfach so wie ich es mir grade denke und hoffe darauf, dass mein doch eher wenig mainstreamlastiges Projekt am Ende doch noch Fans findet.

Churke

Zitat von: Melenis am 05. März 2012, 15:40:00
Warum denkst du, dass du das Ziel verfehlt hast, wenn der Leser auf der Seite des "Bösewichts" steht?

Ich habe geschrieben, dass sich der Autor mit einer Seite identifziert. Ich habe nicht gesagt, welche Farbe die Seite haben soll und es ist mir auch egal. Das entscheidet der Autor. Wenn sich der Leser auf die Seite des Bösewichts schlägt, ist das völlig legitim - aber das geht nur, wenn es es diesen reizvollen Bösewicht auch gibt.

Zitat von: Darielle am 05. März 2012, 16:07:07
Dennoch denke ich, dass Churke das anders meinte. Ich hab das so verstanden, dass - wir gehen davon aus, dass die Antagonisten alle furchtbar böse sind - der Leser damit konform geht und akzeptiert, dass zum Beispiel der Anta einen irre grausamen Mord begeht und dadurch der Leser  nicht mehr mit der leidenden sterbenden Prota mitfiebert.

Na ja, also in einer Sache reden wir aneinander vorbei. Die Parteinahme für die Guten ist für mich ein Spiel, bei dem auch mit Täuschungen gearbeitet werden kann. Der Leser nimmt die Perspektive des Protagonisten ein - aber wer sagt, dass diese Perspektive objektiv und richtig ist?
Ich habe z.B. eine Antagonistin, die führe ich so ein: "Sie hatte eine potthässliche Undercut-Frisur." Dann weiter: "Sie stammte in der zwölften Generation von Schwerverbrechern und Heldentoten ab."
Buhuu, zum Gruseln. Der Protagonist hat halt so seine Vorurteile. Die werden eine Weile gefüttert und dann... Der Vorteil davon ist, dass man einer Figur mit relativ wenig Aufwand Licht, Schatten und Dreidimensionalität verpassen kann. Man braucht dann weniger darüber nachzudenken, warum der Bösewicht auf einmal Gutes tut.

Darielle

Churke, ein wenig verwirrst du mich.^^ Aber ich glaube, ich verstehe immerhin, dass es dir nicht nur um Schwarz oder Weiß geht, sondern beide unabhängig von der Farbe zu deffinieren.
Ich hab jetzt grade so einen Fall, ich schreibe über einen Anta, der ist erstmal von der Beschreibung her ohne Motivation. Aber der Punkt daran ist, diesen Anta gibt es in der Wirklichkeit so, also zumindest die Handlungen und ich kenne die Person zu wenig, um sagen zu können: Darum hat er/sie das so gemacht und genau darum empfindet er/sie sein Handeln nicht als negativ. Ich habe einfach nur die Beschreibung, Anta tut das und das und aus Sicht des Protagonisten (bzw. in diesem Fall mehrere) ist das sehr schlimm. Die Protagonisten sind mental auch gar nicht in der Lage zu verstehen, warum Anta so handelt.

Und hier fällt es mir schwer, dem Leser ein Bild zu vermitteln. Ich möchte nicht sagen: Anta ist böse, weil... Ja, nun kenne ich aber die Hintergründe noch gar nicht, die das ganze Bild wahrscheinlich verändern würden, die Perspektive verschieben. Darum bleibt mir nichts anderes als sehr deutlich mit S/W zu arbeiten, denn auch wenn die Möglichkeit für Grau besteht, ich kann es nicht einbauen, weil ich es einfach nicht kenne. Die Fantasie wäre eine Möglichkeit, Grau doch noch lebendig zu bekommen, aber dann ist fraglich, ob da die Logik gewahrt bleibt. Aus meiner Sicht als Autor kann ich nicht sagen "Ja, ich stehe voll hinter dem Grau", sondern ich muss sagen "Ich kann es anbieten, damit der Leser ein objektiveres Bild bekommt". Deffinitiv ist hier aber die Logik an erster Stelle und die sagt mir ganz klar: Das Anbieten von Grau bekommst du nicht hin.

Wahrscheinlich kommt es einfach auf den Fall an, ob man nun Grau oder S/W verwendet. Man sollte nur darauf achten, es nicht zu einseitig zu belasten und den Eindruck zu erwecken, dass man keine andere Option sieht. Spannend ist dabei auf jeden Fall zu ergründen, welche Perspektiven es gibt, die ich nicht gleich auf den ersten Blick wahrnehme. Das aber dem Leser auch zu vermitteln, damit dieser im Text selbst suchen kann, ist mir momentan eine Nummer zu hoch. Es bleibt bei Schwarz und Weiß.