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Innere und äußere Konflikte - was ist das eigentlich genau?

Begonnen von chaosqueen, 21. Oktober 2018, 12:15:52

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Alia

#15
Zitat von: chaosqueen am 21. Oktober 2018, 20:22:30
Interessant finde ich, dass ihr alle den inneren Konflikt mehr oder weniger als bewusst schildert. Das bringt mich zu der Vermutung, dass der Begriff in der Psychologie anders verwendet wird als in der Literatur.
Naja, ein versteckter innerer Konflikt äußert sich z.B. darin, dass man immer wieder auf die selben Typen reinfällt, immer wieder die selben Fehler macht, immer wieder an der selben Stelle scheitert oder etwas tut, was einem offensichtlich nicht gut tut. Man sabotiert sich selbst oder kneift im entscheidenden Augenblick.

All das sind potentielle Gründe, um sich fachliche Hilfe zu holen.

Die kleinen altäglicheren und offenen Konflikte landen nicht beim Psychologen. Sie eignen sich aber hervorragend um seinen Prota ein wenig zu quälen. Klar bekommt Luke seine Vision bevor seine Ausbildung bei Yoda abgeschlossen ist. Wann sonst? So ist er dann zwischen seine Freunde retten und die ganze Welt aufs Spiel setzen oder seine Ausbildung abschließen und evtl. die Freunde nicht mehr retten können, hin und her gerissen.
Der wirkliche innere Konflikt wird da in der Höhle schon angedeutet. Kann Luke der dunklen Seite widerstehen oder wählt er den einfachen Weg und wird wie sein Vater. Aber das ist da eher noch versteckt.

Die großen unbewussten Konflikte eignen sich nicht unbedingt dafür mehr Spannung in einen Roman zu bringen. Einfach, weil sie im Verborgenen ablaufen. Aber sie können einen Prota immer wieder scheitern lassen. Das ist dann der eine große (unerkannte) innerer Konflikt, der beseitigt werden muss, um ans Ende zu kommen.

Edit:
@KaPunkt: Genau! Das sind dann die großen Konflikte, die mit Charakterentwicklung zu tun haben. Das sind oft auch innere Konflikte, die aber die ganze Zeit unbewusst mit sich herumgeschleppt werden. Meist ist der Schlüssel ja sie zu erkennen. Sind sie einmal erkannt, ist die Lösung vermutlich einfach.

Kyvenn

Ich glaube auch, dass man Literatur und Psychologie in diesem Punkt voneinander trennen sollte. Die psychologische Ebene geht wahrscheinlich viel tiefer als das, was unsere Charaktere in Büchern ausleben.

Der innere Konflikt ist für mich etwas Bewusstes, weil er nur dann wirklich nagend (und spannend?) ist. In meiner aktuellen Geschichte kommt der Charakter in den Konflikt, dass er seine bisherigen Wertvorstellungen in Frage stellt - er macht es aktiv, das ist nichts, was irgendwie schleichend in ihm passiert. Damit der Leser verstehen kann, warum sie manchmal wie gelähmt dasitzt und nicht weiß, was sie tun soll, wenn sie in bestimmte Situationen gerät.

Diese "so etwas macht man nicht"-Beispiele (wie bei dir jetzt das Trinken) erlebt man aber doch auch bewusst, oder habe ich da etwas falsch verstanden? Man wurde so erzogen, dass man im Gehen nicht trinkt. Also macht man es nicht, aber es fällt einem auf, sobald jemand Anderes es macht. Da ist dir ja der Konflikt auch bewusst. :hmmm:

chaosqueen

@Kyvenn: Nein, meistens ist mir das nicht bewusst, ich bleibe nämlich in 90% der Fälle stehen, um zu trinken. Und zwar eben nicht, weil ich das so besser finde, sondern weil diese Konvention in mir ist. Und meistens nervt es mich dann, weil ich dadurch ja Zeit verliere, aber dass ich das bewusst darauf zurückführe, dass es mir anerzogen wurde und ich es nur deshalb nicht mache, ist mir dabei meistens nicht bewusst. Umgekehrt fühle ich mich "rebellisch", wenn ich im Gehen trinke, ohne weiter darüber nachzudenken, gegen wen oder was ich da rebelliere.
Bewusst geworden ist mir genau dieses Beispiel halt gestern beim Sport, weil ich eh gerade so viel über die inneren Konflikte nachgedacht habe durch meine Feststellung, dass ich gar nicht genau weiß, was damit konkret gemeint ist.

Hab übrigens gerade noch mal recherchiert und festgestellt: Wir sind mal wieder einem Anglizismus aufgesessen. Denn das, was im Englischen "inner conflikt" heißt und inzwischen bei uns als "innerer Konflikt" bezeichnet wird, wird eigentlich in der Literatur als "Innenkampf" bezeichnet. Und damit sind tatsächlich vor allem bewusste Sachen gemeint - also der Klassiker bei Spiderman, ob er nun MJ oder doch lieber den Bus voller Schulkinder rettet oder das von Alia benannte Problem bei Luke Skywalker.

Als (B)Innenkampf ist mir der Begriff in meinem Studium sogar irgendwann mal begegnet.

Trippelschritt

Das erklärt Einiges. Mich stören diese Angizismen auch gewaltig, auch wenn ich mich an das Handy mittlerweile gewöhnt habe. Aber Charaktere oder figuren sind nicht unbedingt "characters" He's quite a character kann einen ganz schön neben die Spur bringen, weil nicht alle Charaktere quite a character sein müssen.

Liebe Grüße
Trippelschritt