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Innere und äußere Konflikte - was ist das eigentlich genau?

Begonnen von chaosqueen, 21. Oktober 2018, 12:15:52

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chaosqueen

Tja. Da sitze ich nun und versuche, Charakterbögen auszufüllen, die genau diese beiden Punkte enthalten (neben vielen anderen, natürlich) und stelle fest, dass ich gar nicht so genau weiß, was das nun eigentlich konkret bedeutet. Die Suche ergab, dass an allen Ecken und Enden im Forum von inneren und äußerem Konflikten die Rede ist, aber in meinem Kopf geht alles durcheinander.

Eine Bekannte von mir, die Kinderpsychologin ist, hat versucht, es mir zu erklären. Ich hab sie dann als "Taschenlampe im Nebel um Mitternacht im Winter" bezeichnet. Also immerhin habe ich eine grobe Idee.

Bisher dachte ich halt ... Ja, wenn ich genau darüber nachdenke, war mir bisher eben so gar nicht klar, was ein innerer Konflikt ist. Am ehesten noch "soll ich das Törtchen essen oder besser doch nicht?" Aber das scheint eigentlich nicht der Kernpunkt zu sein.

Eines der Beispiele für innere Konflikte, das wir erarbeitet haben, war folgendes: Jemandem wird ein bestimmtes Lebensmodell vorgelebt, welches er nun selbst anstrebt. Aber obwohl er es erreicht, macht es ihn nicht glücklich und er versteht nicht, wieso. Bis er sich bewusst darüber wird, dass er eben nur nachlebt, was ihm vorgelebt wurde, ohne sich jedoch die eigenen Bedürfnisse bewusst gemacht zu haben und nach diesen zu leben.

Was meine Bekannte noch nannte, waren typische kindliche innere Konflikte: Wenn ein Kind grundsätzlich mit den Eltern darum kämpft, nicht ins Bett gehen zu müssen, egal, ob es gerade müde ist oder nicht, dann besteht hier auch ein innerer Konflikt. Das Kind wehrt sich gegen etwas, ohne sich selbst "abzufragen", ob das, was von ihm verlangt wird, nun gut oder schlecht für es ist. Wenn ich sie richtig verstanden habe als Antwort auf eine nicht bedürfnisroientierte Ritualisierung durch die Eltern. In diesem Fall also " das Kind muss um sieben ins Bett", egal, ob es müde ist oder nicht. Weil das immer so gehandhabt wird, lehnt sich das Kind irgendwann gegen das Ritual auf, ohne zu prüfen, ob das, was eigentlich dahintersteht (müde --> schlafen) gerade passt oder nicht.

Äußere Konflikte finde ich einfacher, weil die eben in der Interaktion mit dem Umfeld bestehen. Kind will ein Eis, Mama sagt nein, Kind brüllt. ;)

Habt ihr villeicht noch einfachere / bessere Beispiele und Erklärungen für innere (und gerne auch äußere) Konflikte? Ich merke halt, dass meine Figuren oft in der Vergangenheit daran gescheitert sind, dass sie keinerlei innere Konflikte hatten - kein Wunder, wenn mir das Konzept bisher so fremd war (was nicht heißt, dass ich selber keine habe, aber mir fehlte die Verbindung).

Christian

#1
Falscher Thread. Kann weg.

Vidora

Ich denke, ein innerer Konflikt entsteht aus einem Widerspruch zwischen zwei (oder mehr) Parteien innerhalb der Figur. Zum Beispiel, wenn er verschiedene Wünsche/Ziele/Bedürfnisse hat, die sich im Bezug auf eine bestimmte Entscheidung nicht miteinander vereinbaren lassen. Ganz platt zum Beispiel sowas wie familiäre Pflicht versus eigene Träume. Wenn die Eltern des Helden wollen, dass der Held eine bestimmte berufliche Laufbahn einschlägt, den Betrieb übernimmt oder sonstwas in der Art, der Held das auch gerne erfüllen möchte, weil er seine Eltern liebt und das Andenken hochhalten möchte, aber gleichzeitig mit einem anderen Karrieretraum liebäugelt, dann stehen die Liebe und das Pflichtgefühl gegenüber der Familie im Konflikt mit den eigenen Vorstellungen.
Kann man aber natürlich mit verschiedenen Aspekten ausspielen, zum Beispiel Pflicht versus Bedürfnis, Bedürfnis versus anderes Bedürfnis, Angst versus Moral der Figur. Oder das Selbstbild des Helden. Vielleicht möchte er sich selbst als großen Wohltäter sehen und hadert mit einer Entscheidung, die sein Selbstbild dahingehend stören würde, weil er sie für egoistisch hält ... aber er müsste das machen, wenn er sein Ziel erreichen möchte, oder aus einer Verpflichtung heraus, oder aufgrund einer Angst, die ebenso groß ist, wie die Befürchtung, das Selbstbild anzukratzen.

Araluen

#3
Cathy Yardly hat es in "Rock your plot" für mich ganz anschaulich erklärt. Da spricht sie von externen Zielen und internen Zielen und den daran gekoppelten Konflikten, welche die Figur am Erreichen dieser Ziele hindern. Das äußere Ziel ist dabei messbar. Frodo soll den Ring ins Feuer werfen. Es ist leicht messbar, ob er es schafft oder nicht. Aus diesem angestrebten externen Ziel ergeben sich die entsprechenden Konflikte, die Frodo vom erreichen des Ziels abhalten: Nazgul machen Jagd auf ihn, das schwarze Tor ist verschlossen, er wird gefangen genommen, usw..
Interne Ziele befassen sich eher mit der emotionalen Ebene. Während bei den äußeren Zielen die Figur mit der Außenwelt interagiert, betreffen innere Ziele eben das Innenleben der Figur. Erfolg und Misserfolg sind nicht so leicht messbar, da jede Person eine individuelle Sicht auf solche Ziele hat. So bedeutet für jeden "ich will glücklich leben" etwas anderes.
Idealerweise stehen sich dann innere und äußere Ziele entgegengesetzt gegenüber, weil das noch mehr Konflikt schürt ;)

Und warum ich hier nur von Zielen rede? Weil Ziele und Konflikte in direkter Wechselwirkung stehen (und Cathy Yardly das Kapitel so aufgezogen hat, auf die ich mich ja beziehe) ;)

Fianna

Ich glaube, ich setze innere Konflikte oft im Zusammenhsng mit wesentlichen Figurenmerkmalen.
Das heisst, Erziehung, Ausbildung und so weiter bringen diese Konflikte mit sich. Bei den Steampunk-Medjay ist die Hauptfigur z.b. darauf trainiert worden, in verschiedene Rollen zu schlüpfen, deswegen hat sie ihre eigenen Reaktiomen und Gefühle verloren.

Man muss das keineswegs machen, aber wenn Du beim Plotten nicht nur die Ziele im Auge behältst, sondern auch die Ursprünge, fällt es Dir vielleicht leichter, innere Konflikre zu entwickeln.

Trippelschritt

Mein erster Tipp: Finger weg von Charakterbögen und Psychologen, wenn man ertwas verstehen will. Aber anfangen kann man durchaus et6was mit ihnen.

Die meisten Antworten sind schon gut und richtig gegeben. Da kann ich mich höchstens noch an einer Vereinfachung versuchen:
Beim äußeren Konflikt holst Du dir Deine Beulen, wenn Du gegen etwas rennst, das da irgendwo in der Welt herumsteht oder -läuft.
Beim inneren Konflikt kannst Du getrost sitzen bleiben und die Welt um dich herum vergessen. Die Arena ist in dir selbst.

Mein zweiter Tipp: Wenn jemand glaubt, den obigen Absatz verstanden zu haben, dann kann er sich an einen Psychologen wenden, der dann erklärt, dass das so einfach nun auch wieder nicht ist. Aber darum braucht sich ein Schriftsteller nicht zu kümmern. Denn der kommt irgendwann von selbst auf die Idee, dass in vielen äußeren Konflikten jede Menge Material aus inneren Konflikten drinsteckt und man in guten Geschichten wunderbar äußere und innere Konflikte kombinieren kann.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Angela

Der äußere Konflikt ist uns sicher allen klar.
Den inneren Konflikt verstehe ich so: Unser Verhalten/unsere Denkweise behindert uns, das zu tun, was getan werden muss. Das mag durch Faulheit, Angst, ein Vorurteil oder eine alte seelische Verwundung verursacht sein. Der Prota steht quasi im Kampf mit sich selbst.
Meine aktuelle Heldin weigert sich zum Beispiel lange, ihre Heldinnenrolle zu erfüllen, weil sie die Leute hasst, die sie retten soll. Erst als der äußere Konflikt sie wiederholt zwingt, sich auch innerlich mit ihrem Hass auseinanderzusetzen, kann sie sich weiterentwickeln und teilweise vergeben.

Alia

Das "innere Team" von Friedemann Schulz von Thun finde ich sehr schön, um innere Konflikte plastisch darzustellen.
Ich habe bei innerem Monolog oder Charakterentwicklung auch schon so gearbeitet, dass ich erstmal geschaut habe, welche Teammitglieder sich denn zu der jeweiligen Frage im Prota zu Wort melden, welche Standpunkte sie vertreten und sie dann miteinander streiten lassen.
Diesen Dialog kann man dann ohne weiteres einschmelzen und einen inneren Monolog daraus gießen. Oder man hat eine Mannschaft beisammen, die dann die Handlungen des Prota steuert.

In unterschiedlichen Situationen werden dann auch unterschiedliche Teile der Mannschaft an vorderster Front stehen.

Wichtig in den inneren Konflikten ist dann, wer ist daran beteiligt und was haben die einzelnen Teammitglieder zu sagen.

Z.B.: Junge schießt Ball auf das Nachbargrundstück zu einem schrecklichen Nachbarn. Der Lieblingsgartenzwerg geht kaputt.

Schlottervorangst: Wenn der Nachbar das mitbekommt, dann gibt es so richtig Ärger PANIK
Papasöhnchen: Mein Papa macht das schon! Ich geh ihn fragen.
Ichkanndasschonalleine: Warum nicht einfach über den Zaun klettern und den Ball selbst holen?
Immergehtallesschief: Und genau dann kommt der Nachbar raus. Das ist doch immer so.
Papasöhnchen: Ich frage einfach Papa!
Ichkanndasschonalleine: Bist du blöd! Ich kann doch nicht wegen jedem Mist zu Papa rennen! Wir klettern da jetzt rüber. Und den dummen Zwerg schmeißen wir in den Gartenteich.
Tunichtgut: Genau! Und am besten schmeißen wir noch etwas anderes in den Teich. Der Nachbar hat das echt verdient.
Schlottervorangst: Aber wenn wir erwischt werden?
Immergehtallesschief: Wir werden bestimmt erwischt.
IchbineinguterJunge: Wir klingeln einfach und bitten den Nachbarn, dass wir den Ball holen dürfen. Den Zwerg könnten wir vom Taschengeld zahlen.
Alle anderen: Bist du total bescheuert?!

Trippelschritt

Ein sehr schönes Beispiel für einen äußeren Konflikt (Zwerg kaputt) und die Einbeziehung innerer Konflikte in den Lösungsversuch.

Aber das ist schon recht kompliziert als Antwort auf die Ausgangsfrage. Dafür super für die zu schreibende Geschichte.

Gratulation
Trippelschritt

Kyvenn

Innere Konflikte waren für mich immer etwas, dass man sich selbst irgendwo auferlegt. Als Beispiel etwa:

Beim Shoppen sehe ich eine Tasche, die ich wirklich haben will. Also wirklich, sie ist die Tasche, die ich schon immer haben wollte - und sie ist so verdammt teuer. So teuer, dass ich wohl erst einmal beim Essen einsparen muss, wenn ich sie mir holen will. Ich weiß, es wäre dumm, sie zu holen, aber ich will es eigentlich.

Der Konflikt besteht darin, dass man diese Tasche haben will, sie sich zwar theoretisch auch leisten könnte, aber irgendetwas hält einen doch zurück. Klar könnte man darüber streiten, dass jetzt in dem Beispiel das wenige Geld ein äußerer Konflikt ist, weil die Bedingung ja von außen kommt (wie bei intrinsischer und extrinsischer Motivation). Wenn man das aber auf den Aspekt herunterbricht, dass man ja theoretisch genug Geld für die Tasche hätte, hätte man wieder einen inneren Konflikt.

Ein weiteres Beispiel: Ein Freund, der mit dem Rauchen aufhören will, will eine Zigarette von dir haben. Du weißt, dass er eigentlich aufhören will, aber irgendwo stört es einen, weil man dann immer alleine rauchen gehen will. Aber andererseits willst du dem Freund dabei helfen, etwas Gutes für sich zu tun. Weil man aber gleichzeitig auch ein schlechter Mensch ist (in dem Beispiel), will man es aber auch nicht.

Alia

#10
Zitat von: Trippelschritt am 21. Oktober 2018, 15:40:11
Ein sehr schönes Beispiel für einen äußeren Konflikt (Zwerg kaputt) und die Einbeziehung innerer Konflikte in den Lösungsversuch.
Nein, eigentlich ist der kaputte Zwerg noch kein Konflikt. Das ist nur das Setting. Der äußere Konflikt entsteht erst dann, wenn eine weitere Person mitmacht und beide etwas unterschiedliches wollen.
Wenn der Junge z.B. zum Nachbarn geht, um den Ball bittet und anbietet den Zwerg zu bezahlen und der Nachbar einfach "Okay" sagt, gibt es keinen Konflikt.
Ein Konflikt ist immer ein Tauziehen. Zwei (oder mehr) Personen wollen etwas unterschiedliches.

Zitat von: Trippelschritt am 21. Oktober 2018, 15:40:11
Aber das ist schon recht kompliziert als Antwort auf die Ausgangsfrage.
Beim inneren Konflikt ist das Tauziehen mit sich selbst. Unterschiedliche Persönlichkeitsanteile haben unterschiedliche Lösungsideen und lehnen andere ab.

Es gibt immer eine Entscheidung, wo man mehrere Alternativen hat.
Ja oder nein
A oder B
A oder B oder C oder gar nichts
Und dann ist man innerlich zerrissen, weil man irgendwie beides will. Oder keins von beidem.

Mit dem inneren Team kann man dann den inneren Konflikt sichtbarer machen. Die unterschiedlichen Persönlichkeitsanteile haben unterschiedliche Ansichten. Man behilft sich also damit, dass ein innerer Konlikt zu einem äußeren wird und man ihn mit unterschiedlich agierenden Personen durchspielt.
Die verschiedenen Persönlichkeitsanteile entspringen der Geschichte der Person. Manche Teile kennt so gut wie jeder von uns. Andere sind eher individuell.

Alia

Und weil ich gerade nach einem inneren Konflikt entschieden habe, dass Hausarbeit weniger wichtig ist, als ein Forumsbeitrag noch "ein Bisschen" zu äußeren und inneren Konflikten.  ;) ;D

Äußere Konflikte:


Bei äußeren Konflikten sind 2 oder mehr Parteien an einem Konflikt beteiligt. Man braucht also mindestens zwei Personen(gruppen), ein Streitthema (das Seil zum Tauziehen) und unterschiedliche Ansichten/Interessen/Bedürfnisse. (beide ziehen in unterschiedliche Richtungen.)

Ein Konflikt kann auf mehreren Ebenen stattfinden.
- Sachebene, (Es geht um etwas konkretes. Man kann klare Pro und Kontra Listen machen)
- persönliche Ebene, (Hier geht es um Antipathie und Sympathie. Ich will jemanden unterstützen, den ich mag. Ich will jemandem schaden, den ich nicht mag. Es kann sein, dass es mir in der Sachebene total egal ist, wie der Streit ausgeht – aber ich bin immer dagegen, wenn X den Vorschlag macht/dafür, wenn Y den Vorschlag macht.)
- Machtebene (Ich will jemanden dominieren, jemandem schaden oder jemandem helfen, um eine Machtposition zu erreichen oder meine Position zu schützen. ZB: In der Sache hat X Recht. Ich habe eigentlich auch nichts gegen ihn, da er aber mein direkter Konkurrent ist, werde ich den Vorschlag natürlich ablehnen und schlecht reden.)

Ein vordergründiger Sachkonflikt kann auch einen versteckten persönlichen Anteil haben oder es geht (auch) um Macht. Es können auch alle drei Ebenen miteinander verflochten sein.
Wenn ein Konflikt die Ursache eigentlich auf der persönlichen Ebene (Ich hasse X!) oder auf der Machtebene (Ich will die Beförderung zum Kommandanten!) hat, wird die Lösung auf der Sachebene immer nur kurzfristig sein, da der eigentliche Konflikt ja nicht gelöst wurde.

Ein Konflikt kann
- offen
- versteckt/schwelend

sein.

Konflikte auf der Sachebene sind eher offen, die beiden anderen Ebenen verstecken sich gerne und sind die ganze Zeit unterschwellig vorhanden, bis sie irgendwann dann so eskalieren, dass sie offen zu Tage treten.

Ein Konflikt kann
- spontan entstehen und eskalieren (Die letzte Actionfigur kaufe ich!)
- sich langsam entwickeln.

Ein Konflikt kann gelöst werden durch:
win-win (der Konflikt wird bedürfnisorientiert gelöst, so dass alle Bedürfnisse erfüllt werden.)
win-lose (Einer bekommt alles/viel – der andere nichts/wenig)
lose-lose (verbrannte Erde – am Ende verlieren alle. Aber auch: Kompromiss: Am Ende haben beide nachgegeben und einen Teil verloren.)


Die Konfliktparteien:
Zwei oder mehr einzelne Personen
Eine Gruppe und ein Mitglied der Gruppe
Zwei oder mehr Gruppen

Die Betroffenen:
Das sind nicht immer die Konfliktparteien. Beispiel: Die Herrscher streiten, die Völker leiden. Oder Eltern streiten und Kinder leiden.

Die Handelnden:

Auch das sind nicht immer die Konfliktparteien. Beispiel: Die Soldaten in der Schlacht haben untereinander eigentlich keinen Konflikt, agieren aber den der Herrscher aus.

Die beteiligten Dritten:

neutral: Versucht zu vermitteln und zu lösen (oder versucht sich rauszuhalten)
parteiisch: unterstützt eine Partei
egoistisch: stachelt beide an (wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte)

Mögliche Lösungen:

- Aufgeben
- Kapitulation
- Flucht
- Kampf
- Kompromiss
- Konsens

Mögliche Strategien:
- Zwang/Gewalt
- Vermeidung
- Nachgeben
- Zusammenarbeit

Mögliche Konflikte:
Zielkonflikte:
Die Ziele der beiden Parteien schließen sich aus oder sind entgegengesetzt.
Beispiel: die einen wollen den König stürzen, die anderen beschützen den König
Einer will den Ring zerstören – Einer will ihn nutzen

Beim Schreiben: Typischer Antagonist-Protagonist Konflikt

Wegekonflikte:
Man ist sich über das Ziel einig, aber nicht darüber, wie es erreicht werden soll.
Beide wollen Gerechtigkeit: Selbstjustiz – Anzeige
Beide wollen den Feind besiegen: offener Kampf – Hinterhalt
Beide wollen Geld für einen Neuanfang: Diebstahl – ehrliche Arbeit

Beim Schreiben: Die Konflikte können immer gut innerhalb der Gruppe um den Prota oder Anta entstehen.

Ressourcenkonflikt:
Man kann begrenzte Ressourcen nur für eine Sache nutzen und es gibt Streit über die Verteilung.
Die Streitkräfte mit Geld ausstatten oder die Stadt wieder aufbauen
Die teure Tasche kaufen oder das Geld zum Leben verwenden
Das Land für Braunkohleabbau nutzen oder den Wald stehen lassen
Alles alleine essen oder das Brot teilen

Beim Schreiben: Ressourcenkonflikte können immer gut eingebaut werden. Wenn man etwas sehr verknappt (Geld, Personen, Land, Essen, etc.) wird es immer zum Streit darum kommen, wie man es nutzt. Je wichtiger die Güter für die Parteien sind und je knapper, desto heftiger der Streit.

Wertekonflikt:
Hier streitet man um ideelle Güter: Religion, persönliche Überzeugungen, Werte
Kompromisse sind hier schwer möglich. Es werden meist Maximalpositionen vertreten.
Beispiel:
Heilige Kriege, Kampf gegen Ungläubige, Rechts gegen Links, Pro und Kontra Abtreibung oder Todesstrafe

Beim Schreiben: Will man verschiedene Völker oder Gruppen gegeneinander aufhetzen, eignet sich so ein Konflikt immer. Auf der individuellen Ebene können zB die Protas den Konflikt überwinden, es entsteht dann jedoch oft ein neuer Konflikt z.B. zwischen dem Prota und der zugehörigen religiösen
Gruppe.


Keine Konflikte sind:
Ein riesiger Berg ist meinem Prota im Weg.
Mein Prota muss über eine Wand klettern.
Das Tor ist verschlossen.
Etwas geht kaputt.

Das sind Probleme oder Hindernisse. Sie eignen sich hervorragend zum Protas quälen, sind aber keine Konflikte. Äußere Konflikte entstehen immer nur zwischen zwei (oder) mehr Personen.


Innere Konflikte:

Das ganze spielt sich jetzt nicht mehr zwischen zwei Leuten ab, sondern in einem Kopf.

Hier wird idR in drei große Bereiche unterteilt:

- Annäherungskonflikt (Ich will...)
- Vermeidungskonflikt (Ich will nicht...)
- Annäherungs-Vermeidungskonflikt (Mischung)

Bei Annäherungskonflikten habe ich die Wahl zwischen zwei (oder mehr) Alternativen, die ich beide möchte, aber von denen ich nur eins erreichen kann. Ich kann an diesem Abend ins Kino gehen oder ins Theater. Ich kann mir von den 30 Euro die Schuhe kaufen oder die Tasche.

Bei Vermeidungskonflikten habe ich die Wahl zwischen (zwei oder mehr) unangenehmen Alternativen, die ich beide nicht möchte, von denen ich aber eine wählen muss.
Ich muss mich entweder der Polizei stellen oder für die Mafia arbeiten.
Ich muss entweder den Erpresser bezahlen oder zu meinem Fehler stehen.

Annäherungs-Vermeidungskonflikte sind noch tückischer. Eine Wahl zieht nicht nur eine positive, sondern auch eine negative Konsequenz mit sich, egal wie ich mich entscheide.
Ich verzichte auf den leckeren Kuchen und habe langfristig Erfolg auf der Waage.
Ich esse den leckeren Kuchen und habe langfristig noch mehr Kilos auf den Rippen.
Ich lerne für die Prüfung und verzichte auf die Party oder gehe hin und lerne nicht.

Die Konflikte können ähnlich angelegt sein, wie die zwischen zwei Personen. (s.o.)

Ich kann entweder Ziel A oder Ziel B erreichen.
Ich kann das Ziel entweder auf Weg A oder Weg B erreichen.
Ich kann meine Ressource entweder für A oder B einsetzen.
Ich kann entweder Wert A oder Wert B gerecht werden – aber nicht beiden.


In der Regel ,,kämpfen" zwei Teile der Persönlichkeit – manchmal auch mehr – miteinander.
Der Teil, der vorausschaut und langfristig plant gegen den, der kurzfristig denkt und im Jetzt lebt.
Der Teil, der sich gruppenkonform verhalten will gegen den, der eigene Prinzipien für wichtiger hält.
Der Teil, der sich gegen Autoritäten auflehnt gegen den, der eigene Bedürfnisse im Auge hat.
Der Teil, der logisch analysiert, gegen das Bachgefühl.
Der Teil, der den Eltern gefallen will, gegen den, der für sich selbst einsteht.
Das Rollenbild ,,Mutter" gegen das Rollenbild ,,Arbeitnehmerin".
Der Teil, der merkt, wie krank man ist, gegen den, der Wert auf seine Arbeitsstelle legt.

Silvia

Wow! Das ist doch mal eine tolle Auflistung. Dafür hat sich die Vermeidung der Hausarbeit doch wirklich gelohnt!  :D  :jau:

chaosqueen

Wow, danke euch allen für eure Beiträge! Gerade die extrem differenzierte Auflistung von Alia gefällt mir auch sehr gut.

Interessant finde ich, dass ihr alle den inneren Konflikt mehr oder weniger als bewusst schildert. Das bringt mich zu der Vermutung, dass der Begriff in der Psychologie anders verwendet wird als in der Literatur (peinlich, dass ich beides studiert habe und trotzdem keine klare Vorstellung von der Bedeutung des Begriffes habe). Meine Bekannte hat den inneren Konflikt als etwas geschildert, das unbewusst in einem abläuft. Beispiel Schlafen gehen: Das Kind lehnt sich grundsätzlich auf, weil es "gelernt" hat, dass es das tun muss, so dass es auch dann nicht freiwillig ins Bett geht, wenn es eigentlich müde ist. Das läuft aber unterbewusst ab, so dass das Kind absolut überzeugt behauptet, es sei nicht müde, selbst wenn ihm die Augen zufallen.

Oder eben das klassische Lebensmodell "Ausbildung, Heiraten, Haus bauen, Kinder bekommen" - das trifft auf mich persönlich tatsächlich extrem zu. Ich komme aus einer Akademikerfamilie. Für mich war völlig klar, dass ich Abitur mache und studiere. Ich hätte wahnsinnig gerne nach der Zehnten die Schule verlassen und eine handwerkliche Ausbildung gemacht, aber da ich ja "wusste", dass das quasi undenkbar ist, habe ich es nicht mal versucht. Und nach dem Abi war auch völlig klar, dass ich studieren werde. Und zwar natürlich eines der klassischen Fächer wie Medizin, Jura etc. Ich habe im Laufe meines Studiums haufenweise Studienfächer kennengelernt, von denen ich vorher noch nie gehört hatte (und die mich sicher auch interessiert hätten).
Bis 30 war ich ganz sicher, dass ich bald heirate, ein Haus baue oder kaufe und dann Kinder bekomme. Obwohl ein Teil von mir mich immer alleine oder mit einem Kind durch die Weltgeschichte hat reisen sehen. Aber das geht ja nicht, das passt ja nicht ins Bild.
Aktuell "lerne" ich gerade, dass es totaler Blödsinn ist, dass ich einen 0-Stunden-Job machen "muss", um etwas wert zu sein. Dass ich nicht im Alter am Hungertuch nagen werde, wenn ich mich entscheide, Teilzeit zu arbeiten und dafür doch wieder meiner Kreativität Raum zu geben.

Das alles sind meine inneren Konflikte, die mir lange Zeit nicht bewusst waren und nach denen ich dennoch gelebt habe. Ich habe mich verbogen, weil ich glaubte, so sein zu müssen, ohne auf meine echten Bedürfnisse zu hören.

Das sind jetzt alles sehr "große" Themen. Aber gerade diese "so etwas macht man nicht"-Konventionen können auch im sehr Kleinen innere (unbewusste) Konflikte auslösen. Zum Beispiel, dass man sich nicht traut, mit den Fingern zu essen, obwohl es alle anderen auch gerade machen. Oder im Gehen zu trinken (wie oft wurde mir als Kind eingebläut, das nicht zu tun! Ich habe heute noch ein schlechtes Gewissen, wenn ich es doch mache, was vor allem beim Sport immer wieder vorkommt. Und ich kann es, ohne mich zu verschlucken, ich bin erwachsen, ich belästige niemanden damit - ich müsste kein schlechtes Gewissen haben!).

Spannend. Bringt mich gerade aber wirklich extrem weiter, dieser Thread. Danke bis hier und allen, die sich auch zukünftig daran beteiligen! :)

KaPunkt

Genau.
Deshalb überlappt sich für mich der Innerer Konflikt ganz stark mit der Inneren Entwicklung, also damit, dass die Figur ihr Verhalten ändert / etwas lernt im Verlauf der Handlung und diese Erkenntnis im besten Fall noch hilft, den äußeren Konflikt zu lösen.
Ich halte es aber trotzdem für sinnvoll im Kopf zu trennen zwischen der Psychologischen Definition und der Definition/Nutzung in der Literatur. Man muss vielleicht nicht zu tief in die kindliche Seele des Prota klettern, um einen inneren Konflikt zu finden. (P.S.: Teks Innere Konflikt / Entwicklung hat mit ihrem überhöhten Anspruch an sich selbst zu tun)

Liebe Grüße,
KaPunkt
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)