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Stern - Durchschnittlicher Schriftsteller-Verdienst

Begonnen von Kaeptn, 04. April 2008, 10:00:42

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JulyRose

Man muss ja auch nur die 12 bis 18 Bücher pro Jahr bei einem Verlag unterbringen. Nee, schon klar.

Manja_Bindig

Hm.
Wie gesagt, Tenry, die rechnung hinkt ziemlich. Bedenke auch, dass man über formulierungen grübelt. Einfach so runterschreiben und gut ist, ist eher selten der Fall. Und das Ergebnis ist meistens eher liderlich.
Schreiben brauch Zeit und lässt sich nciht in ein festes Stundenschema pressen. Mal schaff ich am Tag 1 Kapitel, mal brauch ich für die üblichen 4 Seiten den ganzen Tag.

außerdem... 12 bis 18 Bücher - Verlage werden da vorsichtig. Bloß nciht zu viel von einem Autor auf einmal. Hohlbein veröffentlicht wohl um die 5 Bücher im Jahr und das ist schon sehr viel. Es ist irgendwann eine Übersättigung da. Selbst wenn du das also hinbekämst und dazu ncoh einigermaßen ordentlich arbeitest - deine 12 - 18 Bücher werden wohl nciht in einem Jahr veröffentlicht.

Lomax

Zitat von: Tenryu am 11. September 2008, 14:11:48Die Schriftstellerei ist übrigens eine der wenigen Tätigkeiten, bei denen Aufwand und Ertrag von einender entkoppelt sind. Das heißt, daß man mit einer einmaligen Arbeitsleistung theoretisch unendlich lange unendlich viel Geld verdienen kann.
Nun ja, sehr theoretisch. Im Sinne eines beruflichen Lebensunterhalts ist das natürlich eine Milchmädchenrechnung - denn andernfalls müsste Lottospieler der vernünftigste Berufswunsch sein, weil man da ja (theoretisch) mit minimalem Aufwand maximalen Ertrag erzielen kann. Es bringt also nichts, auf das theoretisch Mögliche zu schauen; man muss schon die reale Verteilung betrachten, und in Bezug auf Lebensunterhalt vor allem den Teil des Gewerbes, der planbar ist.
  Und dazu muss man sagen: Gerade die absoluten Spitzentitel lassen sich nicht planen. Verlage würden es gerne, aber zum richtigen Bestsellerautor kann man nicht werden, indem man lernt und sich seine Karriere aufbaut. Man wird es dadurch, dass (mindestens) ein Buch "einschlägt", und damit es richtig einschlägt, müssen einige Dinge zusammenkommen, die man vorher nicht berechnen kann. Solche Fälle kann man also schlichtweg in der Betrachtung außen vor lassen, weil sie kaum etwas mit dem "Schriftsteller" als Beruf zu tun haben, sondern tatsächlich mehr mit einem Lotteriespiel.
  Was man durchaus in Maßen planen kann, ist eine "vernünftige" Karriere im Brot-und-Butter-Bereich der Literatur. Also solche Dinge, wie du sie oben mit dem Verhältnis Seiten-Arbeitsstunden-Stundenlohn durchgerechnet hast. Obwohl deine Zahlen dann auch sehr optimistisch sind. Dein Honorar entspricht 11% des Nettoverkaufspreis; das ist schon ein sehr gutes Honorar im Hardcoverbereich. 1500 ist im Hardcoverbereich schon eine recht hohe Auflage. Es gibt erheblich mehr Autoren und Bücher, auch im etablierten Bereich, als Hardcover Programmplätze und darin verkaufte Auflagen von 1500 Stück und mehr. Für den durchschnittlichen Satz des Autors musst du also mit niedrigeren Sätzen kalkulieren - entweder mit Taschenbuchsätzen oder mit niedrigeren Auflagen oder gar mit beidem ;) Wobei dann ja noch hinzukommt, dass je nach Aufwand des Titels auch die Rechnung von "2 Seiten pro Stunde" gar nicht mehr hinkommt.
  Und da kommt dann wieder der Faktor "Karriereplanung": Wenn ein Autor nicht gerade denn "Renner" landet, der ihn nach oben katapultiert, kann er durchaus erhoffen, durch Fleiß und solide Arbeit eine bessere Präsenz zu erzielen. Was dann aber wieder bedeutet, dass gerade der neu einsteigende Autor eher schlechtere Konditionen erwarten muss als in deiner Rechnung. Und vermutlich vor allem schon eine ganze Menge ganz umsonst geschrieben hat, bevor er das erste verkauft - was ja in einer betriebswirtschaftlichen Rechnung auch berücksichtigt werden muss.
  Zwölf Bücher und mehr pro Jahr ist auch keine realistische Zahl. Bei Heftromanen schafft man mehr - aber bei anderen Romanen werden die meisten Autoren allein vom Konzeptionieren her nicht so viel hinbekommen. Manche Dinge brauchen ihre Zeit, auch Ruhe- und Vorbereitungszeiten. Und man braucht Abnehmer. Wie viel genau man planen kann, hängt sehr davon ab, was man schreibt. Aber 4 kann man dann schon an der Obergrenze des möglichen ansiedeln, 2 Romane sind realistischer.
  Also, die Zahlen im Stern sind durchaus realitätsnäher und vor allem kaufmännisch aussagekräftiger als irgendwelche Gedankenspiele und Was-wäre-wenn-Szenarien. Aber natürlich sind es auch statistische Größen - was heißt, dass sie über den Einzelfall nichts aussagen.

Elena

Tenryu, in der Aufzählung hast du auch die Rock-(Pop-, Metal- ...)stars und die Schauspieler vergessen. Das ist viel aussichtsreicher als schreiben, denn wenn man mal die Anzahl der richtig reichen Rockstars und Schauspieler mit der Anzahl der richtig reichen Schriftsteller vergleicht, sieht man gleich, dass sich das Schriftstellern eigentlich gar nicht lohnt. 

Aufwands-/Ertragsmäßig ist es als Rockstar wohl am Günstigsten, da kann man auch theoretisch von einem Produkt ewig lange zehren. Und mal ehrlich, das Einspielen von 13, 14 Songs dauert doch, wenn man sich reinhängt, auch nur eine Woche ...

Tenryu

#19
Zitat von: JulyRose am 11. September 2008, 14:33:43
Man muss ja auch nur die 12 bis 18 Bücher pro Jahr bei einem Verlag unterbringen. Nee, schon klar.
Wieso nur bei einem?
Barbara Cartland ihre über 700 Romane ja auch unterbringen können. Und Hohlbein hat auch über 200 Bücher geschrieben. Selbst Karl May kam auf über 80 dicke Bände; und seine Reiseromane waren auch ziemlich rechercheintensiv.
Ich denke, es macht eben einen Unterschied ob man anspruchsvolle Literatur schreibt (aber solche Autoren leben eh mehr von Preisgeldern und Stipendien) oder ob man Unterhaltungsliteratur produziert.
Die Tatsache, daß es sehr produktive (und erfolgreiche) Autoren gibt, beweist, daß man so viele Bücher pro Jahr schreiben kann. Ob man auch alle verkauft bekommt, steht auf einem anderen Blatt. Aber wenn sie beliebt und erfolgreich sind, wird sich auch ein Verleger dafür finden.

Man darf nicht außer acht lassen, daß es viele Gelegenheitsschriftsteller gibt, und Leute die vielleicht nur ein einziges Buch geschrieben haben. Die verfälschen die Statistik. Man müßte sich schon mal den durchschnittlichen Verdienst jener Berufsschriftsteller anschauen, die das Hauptberuflich machen und entsprechend produktiv sind.
Denn diejenigen, die nicht (gut) davon leben können, werden sich einen anderen Beruf suchen und nur in ihrer Freizeit schreiben. Das ist doch wie mit jeder anderen Tätigkeit auch. Wer es als Sportler nicht regelmäßig auf das Siegerpodest schafft, der kann auch nicht davon leben. Und wer als Selbständiger mit seiner eigenen Geschäftsidee auf die Schnauze fällt, muß sich eben auch wieder einen Job als Angestellter suchen.

@ Elena: Ja aber diese Rock- und Showstars sind meist schwer drogensüchtig und so eine Konzerttournee ist doch viel anstrengender als ab und zu in einer Buchhandlung oder Schulklasse etwas vozulesen.  ;)

Maja

ZitatTenryu, in der Aufzählung hast du auch die Rock-(Pop-, Metal- ...)stars und die Schauspieler vergessen. Das ist viel aussichtsreicher als schreiben, denn wenn man mal die Anzahl der richtig reichen Rockstars und Schauspieler mit der Anzahl der richtig reichen Schriftsteller vergleicht, sieht man gleich, dass sich das Schriftstellern eigentlich gar nicht lohnt.

Was das angeht, sollte man keine Pop/Rocksongs singen, sondern sie schreiben. Dann verdient man auch an jedem Cover, das von einem Lied aufgenommen wird, an jeder Top40-Band, etc.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Tenryu

#21
Zum Thema Einkommensstatistik: Ich erinnere mich, vor einiger Zeit eine Statistik gelesen zu haben, aus der hervorging, wie wenig die armen Schweizer Bauern verdienen: (rund 4000 Fr.), was weniger ist als ein Fabrikarbeiter hat. Wenn man sich die Zahlen aber genauer anschaute, dann konnte man sehen, daß das nicht das Familien-, sondern das pro-Kopf -Einkommen ist. So daß man von mind. dem Doppelten als Familieneinkommen ausgehen kann. Hinzu kommt, daß der Bauer im eigenen, großen, freistehenden Haus, wohnt, der Fabrikarbeiter aber in einer kleinen Mietwohnung und daß dieser seine Lebensmittel nicht selber anbauen kann sondern für teuer Geld einkaufen muß.

Langer Rede kurzer Sinn: Traue nur Statistiken, die du selber gefälscht hast.  :engel:

Manja_Bindig

Zitat von: Tenryu am 11. September 2008, 15:10:21

@ Elena: Ja aber diese Rock- und Showstars sind meist schwer drogensüchtig und so eine Konzerttournee ist doch viel anstrengender als ab und zu in einer Buchhandlung oder Schulklasse etwas vozulesen.  ;)

@Tenryu: Ohne bestreiten zu wollen, dass Konzerte anstrengend und sehr nervenzermürbend sind - wie viele Lesungen hast du gehalten, um das beurteilen zu können? Lesungen sind SEHR anstrengend.

Du hast Barbara Cartland und Hohlbein erwähnt - vergiss nciht, dass von Frau Cartland noch heute romane unter ihrem Namen erscheinen, obwohl sie schon längst selig entschlafen ist. Jemand schreibt einfach unter ihrem Namen - und auch Hohlbein hat seine Ghostwriter, die teilweise mit ihm verwandt sind. Plus, dass man sich schon einen Namen gemacht haben muss, um solche Veröffentlichungszahlen zu rechtfertigen. Ein kleiner Autor bekommt diese Möglichkeit nicht. Nicht, bis er einen Kassenschlager und darauf folgend weiterhin solide Verkaufszahlen liefert. Überleg mal, wie lang Hohlbein schon im Geschäft ist. Wenn man bedenkt, dass einige seiner Bücher wahrschienlich wenigstens in Zusammenarbeit mit seiner Frau und seiner tochter entstanden, erklärt sich die Masse natürlich.


Tenryu

Du hast recht. Ich spreche da nicht aus eigener Erfahrung. Ich meinte auch nur, daß ein Autor normalerweise nicht wochenlang durch die Lande zieht und jeden Tag woanders auftreten muß, weil Schriftsteller in der Regel nicht so viele Auftritte haben wie Musiker.

Da es eben so unterschiedliche Verhältnisse gibt, vom Einmal-Autor bis zum Fließband-Bestseller-Produzenten, kann man einfach keine vernünftigen Statistiken machen, bzw. sind diese in ihrer Aussage beliebig.

Lomax

Zitat von: Tenryu am 11. September 2008, 15:10:21
Die Tatsache, daß es sehr produktive (und erfolgreiche) Autoren gibt, beweist, daß man so viele Bücher pro Jahr schreiben kann.
Sorry, diese Argumentation ist komplett unwissenschaftlich. Die von dir genannten Fälle liegen im Promillebereich, und wenn du ableitest, dass "man" das kann, weil diese wenigen Fälle es können, hat du damit sozusagen 99,99... deiner empirischen Messungen als "Messfehler" in den Mülleimer geworfen und nur die behalten, die deine Theorie bestätigen. Ich hoffe mal, du arbeitest an der Uni nicht auch so ;D
  Um aus diesen wenigen Einzelfällen eine allgemeine Aussage ableiten zu können, müsstest du die Kausalitäten analysieren und belegen können, dass die Majorität der Fälle nicht durch systemimmanente Faktoren daran gehindert wird, ebenso produktiv zu sein (und nicht etwa diese wenigen Fälle aufgrund besonderer, aus dem Rahmen fallender Umstände dazu befähigt werden, was zunächst ja mal wahrscheinlicher scheint). Solange man das nicht belegen kann, kannst du die statistische Aussage nicht auf diese Weise umgehen und einfach nach belieben Einzelfälle herauspicken und für "einzig relevant" erklären.

Maja

ZitatJa aber diese Rock- und Showstars sind meist schwer drogensüchtig und so eine Konzerttournee ist doch viel anstrengender als ab und zu in einer Buchhandlung oder Schulklasse etwas vozulesen.

Ich glaube, der Anteil alkoholkranker oder depressiver Autoren ist mindestens so hoch. Wenn nicht höher, denn sie stehen weniger im Rampenlicht und es fällt nicht auf, wenn sie kaputtgehen.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Tenryu

Warum versteht man mich immer miß?
@ Lomax: Ich habe diese "Einzelfälle" nicht als einzig relevante angeführt, sondern lediglich um aufzuzeigen, daß die tatsächlichen Verhältnisse eben auch solche Extreme einschließen (über deren Auftretenshäufigkeit kann und habe ich keine Aussage gemacht), so daß eine Statistik, die nur einen Durchschnitt (wie immer man den errechnet haben mag) angibt, keinerlei verwertbare Aussage enthält.

Lomax

Zitat von: Tenryu am 11. September 2008, 15:35:13Warum versteht man mich immer miß?
Keine Sorge, ich habe dich nicht missverstanden - ich habe dir nur widersprochen ;D
Zitat von: Tenryu am 11. September 2008, 15:35:13Ich habe diese "Einzelfälle" nicht als einzig relevante angeführt, sondern lediglich um aufzuzeigen, daß die tatsächlichen Verhältnisse eben auch solche Extreme einschließen
Du hast aus diesen Einzelfällen eine allgemeine Aussage abgeleitet - recht deutlich zu erkennen an dem "man". Und genau das ist eine unzulässige Operation, die deine Aussage in Frage stellt, weil ...
Zitat von: Tenryu am 11. September 2008, 15:35:13..., so daß eine Statistik, die nur einen Durchschnitt angibt, keinerlei verwertbare Aussage enthält.
... so eine Statistik ja gerade dazu dienen kann, unzulässige Schlussfolgerungen, die man aus auffälligen Einzelfällen ableitet, richtigzustellen. So gibt es im Lotto ja auch die spektakulären Gewinne, und wer mitspielt, hat die natürlich vor Augen. Trotzdem entspricht die Statistik, die nur den Durchschnitt angibt, meist viel eher dem, was "man" zu erwarten hat, wenn man Lotto spielt - liefert also eine bessere Entscheidungsgrundlage als die auffälligen Einzelfälle.
  Ich wollte also nur darauf hinweisen, dass die Einzelfälle, die du genannt hast, nicht etwa geeignet sind, die Statistik in Frage zu stellen - sondern dass sie stattdessen aus gutem Grund Einzelfälle sind, die sich im statistischen Mittel nicht bemerkbar machen.

Falckensteyn

Zitat von: Tenryu am 11. September 2008, 15:17:15
Ich erinnere mich, vor einiger Zeit eine Statistik gelesen zu haben, aus der hervorging, wie wenig die armen Schweizer Bauern verdienen: (rund 4000 Fr.), was weniger ist als ein Fabrikarbeiter hat. Wenn man sich die Zahlen aber genauer anschaute, dann konnte man sehen, daß das nicht das Familien-, sondern das pro-Kopf -Einkommen ist. So daß man von mind. dem Doppelten als Familieneinkommen ausgehen kann.

Das bezweifle ich aber sehr. Eine CH-Bauernfamilie wird sicherlich nicht durchschnittlich CHF 96'000.-- brutto pro Jahr verdienen. Egal ob Fabrikarbeiter oder Bauer, beide Berufsgattungen haben es sicherlich nicht einfach. Insbesondere in Zeiten wie diesen, wo die Benzinpreise ins Unermessliche steigen und auch die übrigen Lebenshaltungskosten steigen. Einer solchen Statistik würde ich tatsächlich nicht trauen!